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Cajo Brendel`s Homepage

Alles was Links ist

wird im November 1998 eingeladen:

Cajo Brendel

ein holländischer Rätekommunist und Zeuge des Jahrhunderts
kommt nach Köln, Dresden und Berlin

Vorträge, Gespräche und Diskussionen in Berlin, Dresden & Köln finden statt am

Donnerstag, 5. November 1998, 19.30 Uhr,
Humbold-Universität  (Raum s. Foyer Hauptgebäude):
Rätekommunismus kontra Bolschewismus
Zu Geschichte und Positionen der
Gruppe Internationaler Kommunisten (GIK)

Freitag 6. November 1998
im El Locco, Kreuzberg Straße 43 (S- u. U-Bahn Yorkstr.)
Die Spanische Revolution
Ihr Scheitern und die Lehren
Buffet ab 19.00 Uhr, Beginn 20.00 Uhr

Sonntag  8. November 1998, um 19.30 Uhr
im "Haus der Begegnung", Großenhainer Str. 93 01 127 Dresden
Tel: 0351- 8 58 38 0119.30 Uhr,
Was ist Rätekommunismus

Dienstag, 10. November 1998, 19.30 Uhr
im Haus der Demokratie in der Friedrichstraße  (U-Bahn Französische Straße)
geht es in einer Podiumsdiskussion um die Frage:
Die Internationale erkämpft das Menschenrecht?
Zur Perspektive der Linken am Ende des XX. Jahrhunderts

Es diskutieren
Cajo Brendel
Bernd Gehrke (Vereinigte Linke)
Frieder Otto Wolf (Grüne)

Dienstag, den 17.  November 1998, 19.30 Uhr.
TTE-Bücherei, Melchiorstr. 3, im Bürgerzentrum Alte Feuerwache  Köln
Lesung bzw. Veranstaltung
Rätekommunismus kontra Bolschewismus



Holländische Kommunisten, allen voran Anton Pannekoek und Herman Gorter, gehörten neben Rosa Luxemburg und anderen deutschen Kommunisten wie Otto Rühle schon seit Beginn der 20er Jahre zu den Kritikern der Leninschen Parteipolitik und setzten sich intensiv mit dessen theoretischen Anschauungen auseinander. Sie werfen ihm vor, schon bald nach der russischen Revolution von 1917 die Sowjets aufgelöst zu haben. Diese ursprünglich spontan von streikenden Arbeitern gebildeten Räte, denen auch aus dem Weltkrieg zurückkehrende Soldaten angehörten, sollten jene Organe sein, durch die die Arbeiter und Bauern sich von den feudalen und kapitalistischen Fesseln hätten befreien können. Ihnen sollte alle Macht gehören. Nachdem aber sämtliche politische Gegner ausgeschaltet waren, übernahm die Kommunistische Partei allein die Kommandoposten und verurteilte die Räte zur Bedeutungslosigkeit.

Im Gegensatz dazu beharrten die kommunistischen Kritiker der Bolschewiki darauf, daß nur die Arbeiter selbst sich von Ausbeutung und Unterdrückung befreien könnten. Wenn sich dagegen eine revolutionäre Avantgarde an die Spitze der Gesellschaft stelle, übernähmen schließlich sie die Position der bisherigen Machthaber.

Was bei Lenin schon angelegt sei, habe schließlich Stalin mit der brutalen Kampagne zur Kollektivierung der Landwirtschaft und einer ohne Rücksicht auf Verluste durchgeführten Industrialisierung praktisch ins Werk gesetzt. Mit Sozialismus oder gar Kommunismus hat diese Entwicklung aus rätekommunistischer Sicht nicht das geringste zu tun. Der so genannte proletarische Staat, die angebliche Diktatur des Proletariats, sei lediglich eine Diktatur über das Proletariat. Die Arbeiter blieben lohnabhängig, Partei und Staat übernähmen die Funktionen, die zuvor der zaristische Verwaltungsapparat und die Kapitalisten ausgeübt hatten.

Mit dieser Haltung grenzten sich die Rätekommunisten nicht nur von den großen kommunistischen Parteien ab und wurden von ihnen als Feinde der Sowjetunion und damit auch als eigene Gegner betrachtet. Sie standen ebenso im Gegensatz zu anderen oppositionellen Strömungen, wie etwa dem Trotzkismus, der darauf beharrte, die Arbeiter in Rußland hätten die ökonomische Macht nicht nur übernehmen, sondern auch behaupten können, obwohl sie auf politischem Gebiet durch den stalinistischen Apparat entmündigt worden seien. Die Trotzkisten begründeten dies damit, daß schließlich keine Konterrevolution stattgefunden habe, und die Betriebe nicht reprivatisiert worden wären, demnach also noch immer den Arbeitern gehörten.

Großen praktischen Einfluß haben die Rätekommunisten unter der Arbeiterbewegung nicht gewinnen können. Es bleibt ihnen aber das Verdienst, auf die negativen Seiten der Entwicklung in den Ländern des "real existierenden Sozialismus" hingewiesen zu haben und nicht der Versuchung erlegen zu sein, alles, was dort vorging, zu rechtfertigen, um nicht die kommunistische Idee in Verruf zu bringen, wie das andere linke Gruppen und Parteien praktiziert hatten. Ob der rätekommunistische Ansatz auch heute noch geeignet ist, die vergangene und vor allem die künftige Entwicklung einschätzen zu können, läßt sich vielleicht im Gespräch mit Cajo Brendel herausfinden, den seine unerschütterliche Haltung erstaunlich fit bleiben ließ. Daß er gerade seinen 83. Geburtstag feiern konnte, merkt man ihm jedenfalls nicht an.

cajo brendel, geboren 1915 in Den Haag (Niederlande). Wächst in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Sein Vater geht in der Weltwirtschaftskrise bankrott. Nach dem Verlassen des Elternhauses schlägt er sich abwechselnd als Arbeiter oder Arbeitsloser durch, kann durch günstige Umstände auch einige Zeit studieren. Anfangs hegt er Sympathien für den Trotzkismus, schließt sich dann aber 1934 als Neunzehnjähriger der holländischen Gruppe Internationaler Kommunisten (GIK) an, die rätekommunistische Positionen vertritt. Nach der Rückkehr aus deutscher Kriegsgefangenschaft lebt er in Amersfoort und arbeitet als Journalist in Utrecht. Von Anfang 1952 bis Ende 1954 ist er einer der Redakteure der holländischen Zeitschrift Spartacus. Seit 1965 Mitherausgeber der Monatsschrift Daad en Gedachte.

Veröffentlichungen in deutscher Sprache u.a.: Kritik der Leninschen Revolutionstheorie, Braunschweig (1958); Henriette Roland Holst als Voluntaristin, Einführung zu ihrer Broschüre "Die revolutionäre Partei", Berlin (1972); Lenin als Stratege der bürgerlichen Revolution, in: Schwarze Protokolle, Nr. 4, Berlin (1973); Autonome Klassenkämpfe in England 1945-1972, Berlin (1974); Die "Gruppe internationale Kommunisten" in Holland. Persönliche Erinnerungen aus den Jahren 1934-1939, in: Jahrbuch Arbeiterbewegung. Theorie und Geschichte 2 (1974); Über die wirklichen Lehren des Rotterdamer Hafenstreiks, in: Die soziale Revolution ist keine Parteisache, nr. 1 (1971); Betrachtungen zum jüngsten Bergarbeiterstreik in Großbritannien, in: Die Aktion, nr. 2 (1985); Wen oder was vertritt Gorbatschow? Zum Wesen der Perestroika, in: Die Aktion (1989); Anmerkungen zur Neuformierung der revolutionären Linken, in: Die Aktion (1994)

ViSdP Thomas Klein


Bei Infopartisan.net sind folgende Texte von Cajo Brendel online erhältlich:

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