Ministerpräsidenten-
beschluß und Berufsverbote


Infolge der StudentInnenbewegung kam es in der BRD zu einer Renaissance des Kommunismus und anderer revolutionärer Ideologien. Zur Jahreswende 1970 gründeten sich zahlreiche K-Gruppen und erweiterterten neben der DKP/SEW das politische Spektrum revolutionärer/radikaler Organisationen. Wenngleich sie untereinander in scharfer ideologischer Abgrenzung standen, machte der Staatsapparat zwischen ihnen keine Unterschiede, sondern schuf sich mit dem Ministerpräsidentenbeschluß vom 18.2.1972 ein Instrumentarium zur beruflichen Vernichtung im öffentlichen Dienst beschäftigter KommunistInnen.

Aus der Sicht der damals regierenden Sozialdemokratie ("Mehr Demokratie wagen" Willy Brandt) kam die Bedrohung besonders aus den geisteswissenschaftlich orientierten Studiengängen und hier insbesondere aus dem Bereich der Lehramtsstudiengänge. Dort hatten nämlich die K-Gruppen bis 1975 die politische Hegemonie an vielen BRD-Hochschulen. So verfügte zum Beispiel der MSB/Spartakus (DKP nah) 1971 allein über 100 von 425 VDS-Mandaten (Dachverband der Studentenvertretungen)./1/ Auf der anderen Seite gab es in den 70er Jahren im staatlichen Bildungswesen eine hohe Nachfrage an Personal. Mit dem Ministerpräsidentenbeschluß als "Rechtgrundlage" - weit unterhalb der Grundrechtsebene - konnten nun kommunistische (oder solche, die man dafür hielt) BewerberInnen ausgefiltert bzw. später wieder aus dem Dienst entfernt werden.

Bei den Innenminsterien der Landesregierungen wurden sogenannte "Landeskommissionen"/2/ eingerichtet, deren einziger Zweck es war, von den Geheimdiensten erhobenes Material aufzubereiten und der jeweiligen Behörde als Hintergrundmaterial zur Verfügung zu stellen. In diese Unterlagen gab es für die Betroffenen keine Akteneinsicht und die Beweislast kehrte sich um. Diesen Behörden wurde auch gern von rechten Profs und anderen staatstragenden Kräften mit denunzierenden Informationen zugearbeitet.

Allein in den ersten drei Jahren des Inkraftretens des Mininisterpräsidentenbeschlusses wurden 30.000 Menschen gesinnungsüberprüft. /3/

Vorläufer des Mininisterpräsidentenbeschlusses

Der Ministerpräsidentenbeschluß

Dokus aus der Überprüfungs- und Anhörungspraxis der Behörden

Flankierende Maßnahmen

  1. Languth, Gerd; Protestbewegung, Köln 1983, S.166
  2. Aktionskomitee gegen Berufsverbote, Bd. V, Westberlin 1977, S.2ff
  3. ID-Archiv im IISG, Schwarze Texte, Amsterdam 1989, S.14