0. Vorbemerkung
Der Stein, den Daniel mit "150 Jahre Kommunistische
Partei - Thesen" ins Wasser geworfen hat, hat Kreise gezogen.
Die direkten schriftlichen Reaktionen sind auf 130 Seiten Kommunistische
Streitpunkte dokumentiert. Die Streitpunkte wurden in einer Auflage von
je ca. 100 Exemplaren unter die Leute gebracht, die Nr.1 mußte bereits
nachgedruckt werden. Zusätzlich sind die Streitpunkte in einer Online-Version
zugänglich unter den Adressen: http://www.members.partisan.net/streitpunkte/
und http://members.aol.com/streitpkte/
Außerdem wurden die Streitpunkte vom Marxistischen Zirkel in
Hamburg in das von ihm eingerichtete Archiv und in den Katalog für
Offene Kommunistische Foren übernommen und sind hier als WordPerfect-Datei
oder -Ausdruck erhältlich, bzw. auf einer CD-ROM mit dem Archiv für
Offene Kommunistische Foren. Kontakt: Jens Ollesch, postlagernd, D-20099
Hamburg 101, Telefon/Modem:+49-(0)40-502893, Fax: +49(0)89-6661765407,
eMail: JOllesch@csi.com, Homepage:
http://ourworld.compuserve.com/homepages/jollesch/
Darüber hinaus gibt es eine Reihe mündlicher Reaktionen.
Der Beitrag über die Lebenden und die Toten
wurde von mehreren Zeitschriften/Zirkularen nachgedruckt, darunter von
der Zeitschrift "Marxistische Kritik", aus Nordbayern, in deren Umfeld
sich ein Offenes Kommunistisches Forum Süd gebildet hat.
In Kiel, Uelzen und Hamburg hat es mehrere Treffen der im Norden ansässigen
Teilnehmer an der Debatte der "Kommunistischen Streitpunkte" gegeben, die
sehr stark bestimmt waren von unterschiedlichen Sichtweisen der Streitpunkte-Debatte
- grob vereinfacht gesagt zwischen den alten "Übergängern" einerseits
und den neu Hinzugestoßenen andererseits.
Bei den erstgenannten herrscht eine gewisse Skepsis gegenüber
dem Streitpunkte-Projekt vor, die m.E. aus einer verzweifelten Suche nach
kurzfristig herstellbarer organisierter kommunistischer Praxis herrührt
und unter der Oberfläche schon seit dem Beginn unseres gemeinsamen
Projektes schwelt; eine Skepsis, die ständig auf der Suche nach Anzeichen
dafür ist, daß "wir" möglicherweise "doch nicht das Gleiche
wollen", die den "Unterschied (zwischen) einer 'Programmdebatte' und einem
Seminar über Grundlagen der Kritik der politischen Ökonomie"
(DD: By The Rivers Of Babylon) verabsolutiert und zur Scheidelinie macht
zwischen auf revolutionäre Praxis ausgerichteter, schnell zum organisierten
politischen Eingreifen vordringender Programmdebatte und dem "...doch nur
linker Debattierklub". Diese das "wir" infragestellende Skepsis - die Aufteilung
in ein kleines "wir" (Übergänger-Kern) und ein "die anderen"
zielt auf eine ganze Reihe von Teilnehmern an der Debatte. Daraus entsteht
die Neigung, die Debatte für tot zu erklären, bevor sie überhaupt
begonnen hat. Wo stehen wir denn in der Debatte? Es sind Thesen in die
Welt gesetzt worden, die eine Reihe von Antithesen hervorgerufen haben.
Die Papiere stehen sich schroff gegenüber - die eigentliche Debatte,
das aufeinander beziehen und der sich wechselseitig beleuchtenden Positionen,
die eigentliche Debatte kann doch jetzt erst beginnen. Nicht mehr allein
die Thesen, wie wir es im "Vorweg zu den Thesen etc."
vorgeschlagen hatten, sondern nur noch die Thesen einschließlich
aller darauf reagierenden Beiträge können Grundlage der Debatte
sein. Die Thesen für sich genommen können tatsächlich nur
die Grundlage für eine neue anachronistische Sekte abgeben.
Um die vorliegenden Texte bearbeitbarer zu machen, werde ich im folgenden
versuchen, eine thematisch gegliederte Konsens-Dissenz-Liste (ist mir leider
nicht geglückt, muß nachgeholt werden) herzustellen, anhand
derer die Debatte auf dem kommenden Treffen und darüber hinaus geführt
werden kann. Auf den oben angedeuteten Dissenz über Charakter, Ziel
und Zeitrahmen der programmatischen Debatte hoffe ich im Rahmen dieser
Liste noch einmal inhaltlicher argumentierend zurückkommen zu können.
1. Sicht auf die Geschichte des Kommunismus
Zwi Schrittkopcher formuliert in "Wider den erschlichenen
>Kommunismus<" am klarsten die Aufgabe: "...eine Selbstkritik des
wissenschaftlichen Communismus an seiner eigenen utopisch-kommunistischen
Vorgeschichte bis heute, seinen theoretischen und praktischen Illusionen,
Verstellungen und Verirrungen, mit einem Wort: an seiner bisherigen Unreife."
Meines Erachtens verfolgt Zwi diesen Ansatz im Weiteren nicht radikal
genug:
Der hervorragende Hinweis auf die "'KP'-Religon" muß weiter gefaßt
werden: Es gilt, alle Götter des Kommunismus zu schlachten!
Und Zwi spaltet in dem Bestreben, den Kommunismus - wenigstens in C-Schreibweise
- rein zu halten, einen Communismus-als-Religion zu erhalten, Stalin
und das, was sich "Sozialistische Staaten" nannte, von der Geschichte des
Kommunismus/ Communismus ab. Das ist zu einfach. Es ist ja alles noch viel
schlimmer: Die Greuel, die Zwi beschreibt, sind eben nicht das Machwerk
einer neuen "Klasse von Bürokraten", Fratze des Kapitalismus in einer
staatskapitalistischen Ausprägung, sondern ein Ergebnis des Kommunismus
als
der unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung!
Auch für die "Kommunistische Partei" (auch im weiten, vom "Manifest"
abgesteckten Sinne) als der Partei des menschlichen Fortschritts gilt die
Marxsche Feststellung:
"Erst wenn eine große soziale Revolution die Ergebnisse
der bürgerlichen Epoche, den Weltmarkt und die modernen Produktivkräfte
gemeistert und sie der gemeinsamen Kontrolle der am weitesten fortgeschrittenen
Völker unterworfen hat, erst dann wird der menschliche Fortschritt
nicht mehr jenem scheußlichen heidnischen Götzen gleichen, der
den Nektar nur aus den Schädeln Erschlagener trinken wollte."
MEW 9, S.226 - das ist nicht als Entschuldigung oder Apologie gemeint,
sondern zunächst als Tatsachenfeststellung.
Eine "Geschichte des Kommunismus" existiert überhaupt
nur als ein Moment innerhalb der menschlichen Vorgeschichte, eben einer
Geschichte, die wie Engels sagt, von objektiven fremden Mächten beherrscht
wird, die noch nicht unter der Kontrolle der Menschen selbst sind1,
und ist mit allen übrigen Momenten dieser Vorgeschichte untrennbar
verzahnt.
In einem bisher unvollendet gebliebenen Versuch zu einem Beitrag zur
"Geschichte des Kommunismus" habe ich im letzten Jahr diese Verzahnung
wie folgt dargestellt:
"150 Jahre nach dem Kommunistischen Manifest rufen wir die
Kommunisten in aller Welt auf, Bilanz zu ziehen, unsere Aufgaben aktuell
ins Auge zu fassen.
Warum? - Die Zielstellung des Kommunismus, "eine Assoziation, worin
die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwickung
aller ist", ist nach wie vor nicht erreicht;
die Praxis des Kommunismus hat in der Vergangenheit regelmäßig
nicht zur Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse im Sinne
seiner Zielstellung geführt, sondern zur Auflösung seiner Zielstellung
durch die gesellschaftliche Wirklichkeit. Diesem Phänomen gilt es
nachzuspüren, seine Ursachen aufzudecken und Konsequenzen zu ziehen,
um den Kommunismus heute geschichtsmächtig zu machen.
...
Die Bilanz hätte nachzuzeichnen die Entwicklung des modernen -
mit dem Kapitalismus sich entwickelnden - Kommunismus als wirkliche Bewegung
und die Entwicklung der Bedingungen dieser Bewegung, die in den jeweiligen
realen Voraussetzungen liegen.
Erste Gedanken dazu im Folgenden:
Von der Wortbedeutung her sind Sozialismus und Kommunismus gleichbedeutende
Ausdrücke, die soviel wie Genossenschaftlichkeit, Gemeinschaftlichkeit,
Gesellschaftlichkeit bedeuten.
Als Idee von einer besseren Welt, vom selbstbewußt freiwilligen
Zusammenleben und -arbeiten der Menschen, ohne Gewalt über- und ohne
Klassenschranken untereinander existiert der Kommunismus schon sehr lange.
In der Zeit der Herausbildung der bürgerlichen Gesellschaft bis
zur französischen Revolution erscheint der Kommunismus zum einen in
Form theoretischer Kundgebungen: im 16. und 17. Jahrhundert als utopische
Schilderung idealer Gesellschaftszustände, dann im 18. Jahrhundert
schon direkt in der Form erster kommunistischer Theorien.
Zum zweiten erscheint er in der Form religiöser, sozialer und
politischer Bewegungen, die - in der einen oder anderen Form an kommunistischen
Idealen orientiert - versuchen, praktische Veränderungen der Lebensumstände
herbeizuführen.
Diese beiden Seiten, die theoretische und die praktische, entwickeln
sich in ganz enger Verbindung und Verzahnung mit der Entwicklung des Bürgertums
und seiner Ideologie im Kampf gegen die feudale Macht von Klerus und Adel,
gewissermaßen als Über-sich-hinaustreiben bürgerlicher
Theorie und Praxis.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickeln dann Saint-Simon, Fourier
und Owens ihre sozialistischen und kommunistischen Systeme; Fourier und
Owens versuchen ihnen durch die Macht des Beispiels, durch Gründungen
kommunistischer Gemeinwesen, zum Durchbruch zu verhelfen.
Marx und Engels entwickeln dann ihre Konzeption von Kommunismus sowohl
in Anknüpfung, als auch in Abgrenzung von diesem utopischen Kommunismus,
in seiner Aufhebung im Hegelschen Sinn.
Wie machen sie das? - Indem sie die historische Betrachtungsweise in
den Kommunismus einführen.
Engels charakterisiert in der Schrift "Die Entwicklung des Sozialismus
von der Utopie zur Wissenschaft" die 3 großen Erfinder kommunistischer
Systeme folgendermaßen: "Der Sozialismus ist ihnen allen der Ausdruck
der absoluten Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit und braucht nur entdeckt
zu werden, um durch eigene Kraft die Welt zu erobern; da die absolute Wahrheit
unabhängig ist von Zeit, Raum und menschlicher geschichtlicher Entwicklung,
so ist es bloßer Zufall, wann und wo sie entdeckt wird." Und in der
"Deutschen Ideologie" schreiben Marx und Engels : "Der Kommunismus ist
für uns nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal,
wonach die Wirklichkeit sich zu richten haben wird. Wir nennen Kommunismus
die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt. Die Bedingungen
dieser Bewegung ergeben sich aus der jetzt bestehenden Voraussetzung."
Was bedeutet das?
1. Von der Seite der Möglichkeit her: Die Bedingungen der kommunistischen
Bewegung liegen in dem jeweils erreichten Zustand der gesellschaftlichen
Verhältnisse. Je nach dem erreichten Zustand wird der Kommunismus
als praktische Aufhebungsbewegung diese oder jene Form annehmen. Die Systeme
von Owens, St-Simon und Fourier werden zu historischen Ausdrucksweisen
des Kommunismus, die ihre Form dem Entwicklungsniveau der bürgerlichen
Gesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts verdanken.
Im Abschnitt über den kritisch-utopistischen Sozialismus und Kommunismus
wird das im Kommunistischen Manifest ausführlich dargestellt (MEW
4, S. 489 ff): (...)
Natürlich gilt die Abhängigkeit von den historischen Bedingungen
ebenso für die frühere, wie für die gesamte nachfolgende
Entwicklung des Kommunismus. Für den rohen Kommunismus z.B. der Babouvisten
zur Zeit der französischen Revolution hat Marx das in den philosophisch-ökonomischen
Manuskripten dargestellt, wo er sagt, in dieser seiner ersten Gestalt ist
der Kommunismus nur eine Erscheinungsform von der Niedertracht des Privateigentums,
das sich als das positive Gemeinwesen setzen will (MEW EB I, S. 534 ff).
Für
den Kommunismus der letzten 150 Jahre muß die Herausarbeitung seiner
notwendigen Beschränktheit, muß seine historische Relativierung
erst noch geleistet werden; die hier entwickelten Thesen sollen dazu Anregungen
liefern.
2. Von der Seite der Notwendigkeit her: Die gesellschaftlichen Verhältnisse
erzeugen die Kommunistische Bewegung, das reale Leben drängt zum Kommunismus
hin, der Kommunismus wird mit der Entwicklung des Kapitalismus zur Notwendigkeit.
Auch dieses ist historisch im Einzelnen herauszuarbeiten und aus den heutigen
Verhältnissen ist ein kommunistisches, revolutionäres Programm
auf der Höhe der Zeit zu entwickeln. Dies kann nur gelingen auf der
Basis einer Bilanz des bisherigen Kommunismus, die die objektiven Gründe
für seine jeweiligen Beschränktheiten, bzw. der Beschränktheiten
der einzelnen Teilbewegungen, in die er zerfallen ist, analysiert und so
die Voraussetzungen schafft, um den Kommunismus als aufs Ganze gerichtete
Gesamtbewegung zu rekonstituieren - frei von den historisch obsoleten Beschränktheiten
seiner Geschichte, allein noch behaftet mit den notwendigen Beschränktheiten,
die sich aus seinen heutigen realen Voraussetzungen, dem heutigen Erkenntnishorizont,
ergeben.
(Das Problem der Notwendigkeit: Als naturgesetzlichen Zwang gibt es
sie nicht, sondern nur als Notwendigkeit für menschliche Entwicklung.
Diese muß aber von der Identität Mensch-Gesellschaft her entwickelt
werden.)"
Von diesem Ansatz her halte ich die erste von Daniels Thesen für hilfreich
- wenngleich mit einem falschen geschichtsdeterministischen Zungenschlag
behaftet, der bei Daniel leider ein durchgängiges Motiv ist -, weil
sie einen Hinweis gibt auf die enge Verzahnung der Entwicklung des Proletariats
mit der der Bourgeoisie, auf die Verzahnung von proletarischer (sozialer)
mit bürgerlicher (politischer) Revolution, von kommunistischer mit
bürgerlicher Theoriebildung, von "wissenschaftlichem Communismus"
mit allen kleinbürgerlichen, Bourgeois-, Staats- und Kathedersozialismen,
von denen er wie Zwi und DD fordern, sich bewußt abgrenzen soll.
Während Daniel hier - wenn auch in verquerer, die Geschichte zum
Subjekt machender (und damit in geschichtsfetischisierender, schlecht-moralischer,
unmenschlicher) Weise - den Blick auf die realen Zusammenhänge ermöglicht,
wird Zwi mit seiner der vermuteten Dockerillschen Kontinuitätsbetonung
entgegengesetzten "radikalen Diskontinuität"2
tendentiell ahistorisch und schneidet uns auf diese Weise von der Analyse
der realen Zusammenhänge ab, ohne die der Kommunismus erneut zur reinen
Betroffenheitspolitik verkommen muß, die dann sehr schnell sich wandeln
kann in Fischer/Scharpingsche Durchsetzungspolitik dessen, wovon die imperialistischen
Stammpolitiker nur zu träumen wagten.
Es gilt Kontinuität und Diskontinuität zusammenzudenken,
die fließenden Übergänge und gegenseitigen Beeinflussungen
zwischen den sich antagonistisch gegenüberstehenden Polen zu erkennen
und nicht mit dem Mythos der reinen Lehre, die nur eine reine Leere
ist, zu überdecken und zu leugnen.
Wir müssen feststellen:
1. Auch die ersten zwei der drei Bestimmungen,
die Marx vom Kommunismus als dem positiven Ausdruck des aufgehobenen Privateigentums
gibt3,
sind keine Gespenster der Vergangenheit, sondern zugleich Gegenwart und
Zukunft des Kommunismus.
2. Alle besonderen Ausformungen, die der Kommunismus
als wirkliche Bewegung angenommen hat, gerade auch die, die sich in Antikommunismus
verdreht haben (ich nehme hier nicht nur den Stalinismus mit ins Boot,
auch die Sozialdemokratie, überhaupt alle Kinder der wirklichen Bewegung)
zeigen, das der Kommunismus als wirkliche Bewegung eben nicht autark ist
und auch nie werden kann, daß es bei der von DD und Zwi geforderten
bewußten "Abgrenzung gegen den utopischen Bougeois-Sozialismus, Staats-,
Katheder-Sozialismus ...4"
nicht um die "Wiedereinführung" des wissenschaftlichen Communismus
als autarker reiner Lehre gehen kann, sondern nur um den Kampf um das erforderliche
Maß an Autonomie - und zwar als permanente Aufgabe, als ständige
wissenschaftliche Anstrengung und Sisyphos-Arbeit, die ständig anarbeitet
gegen die optischen Täuschungen der Fetischformen; optische Täuschungen
wirken bekanntermaßen auch bei Menschen, die die zugrundeliegenden
Sehgesetze kennen.
Wie insgesamt eine Tendenz besteht, Geschichte zu schematisch und linear
interpretiert als eine Abfolge streng getrennter Phasen zu sehen (z.B.
Ursprüngliche Akkumulation - Produktion des absoluten Mehrwerts -
Produktion des relativen Mehrwerts) während tatsächlich lediglich
eine Verlagerung der Schwergewichte stattfindet (also obwohl heute die
Produktion von relativem Mehrwert das Zentrum kapitalistischer Akkumulation
bildet, die beiden "älteren" Formen durchaus noch ihren Platz haben),
ebenso sind utopischer Sozialismus, Lassalleanertum usw.usf. - obwohl theoretisch
längst geschlagen - praktisch durchaus präsent, werden in neuen
Formen immer wieder hervorgetrieben.
2. Sicht auf "Kommunistische Partei"
Zwi tut Daniel sicher Unrecht, wenn er ihm einen Begriff
von Kommunistischer Partei unterstellt, der sich an den "historisch-empirischen
Gebilden, welche sich KP nennen"5,
orientiert. Schon in der Überschrift (150 Jahre...) spannt Daniel
den Bogen 70-Jahre-weit über diese Gebilde hinaus. Dennoch ist Zwis
Intevention an diesem Punkt ungeheuer wichtig, denn sie bringt eine notwendige
Problematik in die Debatte ein, die Daniel - mit Ausnahme der Überschrift
- nicht explizit anspricht. Gruppe Arbeitermacht kritisiert
Daniel: "Neben der Aufgabe der Zerschlagung des bürgerlichen Staates
und seiner Ersetzung durch einen Rätestaat fehlt in den programatischen
Eckpunkten daher auch die Notwendigkeit der Partei, und damit das zentrale
Subjekt, der Akteur, der sich diese strategische Zielsetzung bewußt
setzt und sie in der Klassenbewegung formuliert bzw. vorantreibt."6
und versucht diese Lücke zu füllen:
"Die Notwendigkeit der Zerschlagung des bürgerlichen Staates,
des Kampfes um die politische Macht im Staat, als Vorbedingung für
die Erreichung dieser neuen Stufe des Übergangs zum Kommunismus, bedeutet,
daß das Proletariat als revolutionäre Klasse nur siegreich sein
kann, wenn es politische Partei (national wie international) wird. Die
höchste Form der Selbstorganisation der Arbeiterklasse ist daher die
politische Kampfpartei, die zwar auch aus der Organisation der Klasse im
Produktionsprozeß erwächst (bzw. darin ihre Basis, Verankerung
hat), aber die klare Vorstellung davon hat, daß der Klassenkampf
des Proletariats als Kampf um die Diktatur des Proletariats und zur Eroberung
der Staatsmacht geführt werden muß: 'Die Kommunisten sind also
praktisch der entschiedenste, immer weiter treibende Teil der Arbeiterparteien
aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des
Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen
Resultate der proletarischen Bewegung voraus. Der nächste Zweck der
Kommunisten ...: Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisieherrschaft,
Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat.' (MEW 4, S. 474).
Es ist wichtig, daß für Marx hierbei die kommunistische Partei
als TEIL der Arbeiterklasse und ihrer realen Bewegung zur Selbstorganisation
verstanden wird, der entschiedenste, bewußsteste und internationalistischste
Teil dieser Bewegung. Einerseits ist es für die Klasse unmöglich
ohne diesen Teil ihre historische Bewegung zum Kommunismus auf die neue
Stufe der Diktatur des Proletariats zu heben (Eroberung der politischen
Macht), andererseits kann die Partei nur als Teil der realen Bewegung des
sich selbst organisierenden Proletariats zu dessen Instrument für
die Eroberung der Macht werden. Beides bedingt sich und ist letztlich die
Einheit des revolutionären Proletariats, das seine historische Mission
erfüllt."7
Es ist schon merkwürdig, wie selektiv Gruppe Arbeitermacht hier zitiert:
Warum sind bei Gruppe Arbeitermacht die Kommunisten der entschiedenste
Teil der Arbeiterklasse (!)? - Weil sie zwar auch ihre Basis, Verankerung
hat, aber (dennoch?) "die klare Vorstellung davon hat, daß
der Klassenkampf des Proletariats als Kampf um die Diktatur des Proletariats
und zur Eroberung der Staatsmacht (durch die Partei!?!) geführt werden
muß." Dieses haben die Kommunisten bei Marx und Engels den übrigen
proletarischen Parteien durchaus nicht voraus. Heißt es doch in der
im Zitat ausgelassenen Stelle: "Der nächste Zweck
der Kommunisten ist derselbe wie der aller übrigen proletarischen
Parteien: Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz der Bourgeoisieherrschaft,
Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat."8
Bei Marx und Engels sind die Kommunisten der entschiedenste Teil der Arbeiterparteien
weil: Sie
"sind keine besondere Partei gegenüber den andern Arbeiterparteien.
Sie haben keine von den Interessen des ganzen Proletariats getrennten
Interessen.
Sie stellen keine besonderen Prinzipien auf, wonach sie die proletarische
Bewegung modeln wollen.
Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen
Parteien nur dadurch, daß sie einerseits in den verschiedenen
nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der
Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats
hervorheben und zur Geltung bringen, andrerseits dadurch, daß sie
in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat
und Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung
vertreten."9
In der von Gruppe Arbeitermacht vertretenen Vorstellung von der Kommunistischen
Partei als Instrument des sich selbst organisierenden Proletariats
für
die Eroberung der Macht ist die von Zwi kritisierte Vorstellung von
der Partei als Repräsentant des Proletariats bereits angelegt.
Wie diese "instrumentelle Logik" sich umdreht, zeigt Werner Imhof am
Beispiel der KPD zwischen 1918 und 1921.10
Die gegen "kommunistische" Stellvertreterpolitik gerichtete Argumentation
von Werner Imhof und Zwi, das Beharren auf dem "Die Befreiung der Arbeiterklasse
muß das Werk der Arbeiterklasse selbst sein", muß heute mit
aller Entschiedenheit betont werden.
Allerdings bleibt der dagegengesetzte Verweis auf Räteorganisation
als originär proletarischer Organisationsform "von unten" blass und
unbefriedigend.
Das zentrale zugrundeliegende Problem, daß sich allerdings einer
theoretischen Lösung apriori weitgehend entzieht, ist meines Erachtens
das Folgende: Das Ziel der kommunistischen Bewegung, den "Sprung der Menschheit
aus dem Reiche der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit" (Engels, s.
Fußnote 1) zu bewerkstelligen, steht in ständigem Konflikt
mit den zur Erreichung dieses Zieles einsetzbaren Mitteln, die eben innerhalb
des Reiches der Notwendigkeit ausgebildet werden und nur Mittel innerhalb
dieses Reiches der Notwendigkeit sind, die also auch die Tendenz haben,
sich in "objektive, fremde Mächte" zu verwandeln. Dies betrifft sämtliche
Organisations- und Kampfformen des Proletariats, einschließlich der
politischen Formen des Staatswesens, Noch-Staates oder Halb-Staates der
Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Kommunismus, dessen sozialer
Inhalt in der Marxschen Formel von der revolutionären Diktatur des
Proletariats zusammengefaßt ist. Alle Mittel, Organisations- und
Kampfformen sind entweder historisch von anderen Klassen, insbesondere
von der Bourgeoisie übernommene, nur notdürftig den anderen Zielen
und Aufgabenstellungen angepaßte, oder aus der unmittelbaren Notwendigkeit
heraus von der Arbeiterklasse selbst entwickelte, sogar unsere begrifflichen
und kategorialen Apparate stammen aus dem Reich der Notwendigkeit und haben
auch nach dieser Seite hin keine Spur von Perfektion oder Reinheit, sondern
sind nur sehr unvollkommene Instrumente, die ständig selbst revolutioniert
werden müssen.
Ich stoße also auch hier beim Punkt "Sicht auf 'Kommunistische
Partei'" wieder auf das gleiche Kernproblem wie vorher beim Punkt "Sicht
auf Geschichte des Kommunismus": auf das Problem der Wirkung der aus der
kapitalistischen Vergesellschaftung hervorgetriebenen Fetischformen auf
den Kommunismus selber, noch nicht als bloß kleine Muttermale, sondern
noch als lebensbedrohende Mißbildungen des Embryos. Daß Zwi
unser Augenmerk auf diese Frage lenkt, macht seinen Beitrag zentral für
die Debatte. Wobei es mir allerdings wichtig erscheint, die genetische
Verbindung der Fetischformen, durch den sich ihr "Verblendungszusammenhang"(Zwi)
erst erklärt, noch deutlicher herauszuarbeiten. Hier ein Versuch dazu
von mir aus einem (noch nicht fertiggestellten) UZ-Artikel : "... Doch
zuerst einmal zu den Gründen, warum Marx, Engels und Lenin sozialistische
Gesellschaft und Warenproduktion für unvereinbar hielten.
Ein Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage steckt bereits
in dem zitierten Satz von Engels: 'Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel
durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt und damit die
Herrschaft des Produkts über den Produzenten.'
Es fällt auf, daß Engels hier nicht die mit der Besitzergreifung
der Produktionsmittel durch die Gesellschaft unmittelbar verbundenen Wirkungen
betont, nämlich die Aufhebung der ökonomischen Ursachen der antagonistischen
Klassenteilung und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, sondern
eine weitere Wirkung, die Aufhebung der Herrschaft des Produktes über
den Produzenten. Was ist damit gemeint? Sehen wir uns das Zitat im Zusammenhang
an. Da heißt es weiter: 'Die Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen
Produktion wird ersetzt durch planmäßige bewußte Organisation.
Der Kampf ums Einzeldasein hört auf. Damit erst scheidet der Mensch,
in gewissem Sinn, endgültig aus dem Tierreich, tritt aus tierischen
Daseinsbedingungen in wirklich menschliche. Der Umkreis der die Menschen
umgebenden Lebensbedingungen, der die Menschen bis jetzt beherrschte, tritt
jetzt unter die Herrschaft und Kontrolle des Menschen, die nun zum ersten
Male bewußte, wirkliche Herren der Natur, weil und indem sie Herren
ihrer eigenen Vergesellschaftung werden. ... Die objektiven, fremden Mächte,
die bisher die Geschichte beherrschten, treten unter die Kontrolle der
Menschen selbst. Erst von da an werden die Menschen ihre Geschichte mit
vollem Bewußtsein selbst machen, erst von da an werden die von ihnen
in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets
steigendem Maße auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben. Es
ist der Sprung der Menschheit aus dem Reiche der Notwendigkeit in das Reich
der Freiheit.'
Dieser Aspekt des Kommunismus, Herren der eigenen Vergesellschaftung
zu werden, ist mit fortbestehender Warenproduktion schlichtweg unvereinbar.
Marx zeigt im 1. Kapitel des Kapitals, daß die ganze Crux der Warenproduktion
darin begründet liegt, daß im Rahmen einer gesellschaftlichen
Arbeitsteilung privat produziert wird. Die Privatarbeiten bedürfen
- um sich als Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit zu erweisen - der
Vermittlung durch den Austausch ihrer Arbeitsergebnisse, d.h. der Verwandlung
ihrer Arbeitsprodukte in Waren.
Als Waren nehmen die Arbeitsprodukte einen Doppelcharakter an, nämlich
Gebrauchswert und Wert zu sein. Durch diesen Doppelcharakter der Ware erscheint
das arbeitsteilige gesellschaftliche Verhältnis der Produzenten zueinander
als gesellschaftliche Eigenschaft ihrer Produkte, die erst sichtbar wird,
wenn sich die Produkte auf dem Markt begegnen, im Wertgesetz, in den Wertformen,
im Tauschwert. Die Produkte entfalten dadurch ein Eigenleben, bewegen sich
in Formen und nach Gesetzen, völlig unabhängig vom Willen ihrer
Produzenten. Das nennt Marx den Fetischcharakter der Warenwelt.
Nun ist der Arbeitsprozeß in einer erweiterten Betrachtungsweise
nicht allein Produktionsprozeß von Gebrauchsgegenständen, sondern
zugleich Aneignungsprozeß der Natur und Reproduktionsprozeß
der Gesellschaft. Das heißt, nicht nur die einzelnen Gebrauchsgegenstände
verselbständigen
sich in einer warenproduzierenden Gesellschaft gegenüber den sie produzierenden
Menschen und werden vom Objekt zum Subjekt des gesellschaftlichen Prozesses,
auch die weiteren Produkte der menschlichen Arbeit, die Gesellschaftsorganisation
selbst, die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen wir leben, und
unsere gestaltete Umwelt nehmen uns gegenüber den Charakter einer
fremden, uns beherrschenden Macht an. Die Gesellschaft erscheint nicht
als "Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung
für die freie Entwicklung aller ist", sondern als etwas von den Gesellschaftsindividuen
getrenntes und abstrakt gesetztes, als äußere Zwangsvergesellschaftung,
die ihren Ausdruck in den Individuen fremd gegenüberstehenden Gesellschaftsorganen
wie dem Staat finden, wo sich im Zweifelsfall das abstrakte "Allgemeinwohl"
auch auf Kosten der freien Entwicklung eines jeden durchsetzt, wo der menschliche
Fortschritt noch, wie Marx sagt, "jenem scheußlichen heidnischen
Götzen gleicht, der den Nektar nur aus den Schädeln Erschlagener
trinken wollte.'(MEW 9, S.226) ..."(bitte entschuldigt die Dopplungen bei
den Zitaten, aus Zeitgründen habe ich die Passage nicht noch einmal
umgeschrieben).
Was ich hier im Hinblick auf den Anlauf zu einer kommunistischen Gesellschaft
ab 1917 geschrieben habe - und ich halte die Deutung als Anlauf, als Eintritt
in die revolutionäre Übergangsperiode zwischen kapitalistischer
und kommunistischer Gesellschaft und Steckenbleiben in ihr, somit als "nicht-zustande-gekommener-Kommunismus",
nach wie vor für die realitätstüchtigste - gilt natürlich
ebenso für unsere Verhältnisse.
Die Antwort auf die von Werner Imhof in den "Antithesen"
aufgeworfene Frage, wie die Kluft zwischen objektiven und subjektiven Voraussetzungen
des Kommunismus11
(im "Nachtrag" korrigiert und weiter ausgeführt12)
zu erklären sei, kann meines Erachtens nur hier, bei der Wirksamkeit
der durch den kapitalistischen Vergesellschaftungsprozeß erzeugten
Fetischgestalten gefunden werden. Wenn ich Zwi richtig verstehe, meint
er, daß diese Kluft wächst: "Je reifer das Gesellschaftsindividuum
für die communistische Produktionsweise ist, um so unreifer droht
das gesellschaftliche Individuum in der Partikularität seiner
hochentfremdeten Bilderproduktion zu werden."13
Werner Imhof hält dagegen, daß dieser Schein sich in der historischen
Betrachtung auflöse.14
Herauszufinden, durch welche objektiven Ursachen die jeweiligen historischen
Beschränktheiten des Kommunismus bedingt wurden, ist m.E.erstrangiges
Arbeitsfeld in der mit der programmatischen Debatte zu entwickelnden Kooperation.
3. Die Fetischformen: Warenfetisch
- Geldfetisch - Kapitalfetisch - Staatsfetisch - Gesellschaftsfetisch
Ich plädiere dafür, um eine Antwort auf Werner Imhofs "Zwei Fragen"15
zu finden, die Analyse der Fetischformen bis zum Gesellschaftsfetisch voranzutreiben.
In meinen Anmerkungen zu dem Text von Fiete Krumm, den wir vor einem Jahr
diskutiert haben, habe ich einen Vorstoß in diese Richtung unternommen:
"... Fiete Krumm reißt einen Graben auf zwischen Individuum und Gesellschaft,
setzt das Individuum gegen die Gesellschaft und ordnet dem Individuum die
konkrete Arbeit und der Gesellschaft die abstrakte Arbeit zu:
'Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft... Dies ist die
unmittelbare gesellschaftliche Form der abstrakten Arbeit: gleiche Arbeit
= Arbeit unterschiedslos als Summe der einzelnen Arbeiten. Durchschnitts-Arbeitskraft.
Verrichtet wird die Arbeit aber als einzelne. Die Proportion, in der der
Tauschwert erscheint, subsummiert folglich die einzelne Arbeit der gesellschaftlichen.'
Wer denkt, die Sache im Griff zu haben, weil er in seinen lichten Momenten
Warenfetisch, Geldfetisch, Kapitalfetisch und Staatsfetisch zu durchschauen
meint, bleibt mit netter Regelmäßigkeit am Gesellschaftsfetisch
hängen, sei es auf die Art eines Fiete Krumm, der die Individualität
seiner Gehirnakrobatik vor gesellschaftlicher Subsumtion meint schützen
zu müssen, sei es in Form des Kommunismus Stalinscher Prägung,
der mit dem unheilvollen Wort von der 'Hauptproduktivkraft Mensch' das
Individuum wirklich einem abstrakten Gesellschaftsbegriff subsummiert,
den Produzenten zur Produktivkraft degradiert und entsprechend vernutzt.
Eingeschobene Anmerkung und Erläuterung:
Ich betone diesen Aspekt, weil die 'Hauptproduktivkraft Mensch' mir
nicht nur bei DKP-Mitgliedern entgegentritt, die sich dabei ungeheuer humanistisch
vorkommen, sondern weil sie - in anderer Form - auf dem OKF-Seminar mit
Hans Heinz Holz auch aus dem Kreis der Übergänger aufs Panier
gehoben wurde, hier als Erste Produktivkraft Mensch, mit der unter Stalin
so furchtbar umgegangen worden sei.
So sehr ich die Intention dieser Äußerung teile, so sehr
will ich diese Formulierung kritisieren, nicht nur weil sie auf der moralischen
Ebene bleibt, sondern weil durch die Formulierung bereits der Weg zur adäquaten
Kritik verbaut wird:
Wenn man von dem Menschen als der ersten Produktivkraft spricht, stellt
sich die Frage nach dem besitzanzeigenden Genitiv: Wessen Produktivkraft?
- Im Kapital untersucht Marx hauptsächlich die Produktivkraft
der
menschlichen Arbeit; hierum kann es sich hier nicht handeln, der Mensch
kann nicht eine Produktivkraft seiner eigenen Arbeit sein. Auf dieser Betrachtungsebene
ist der Mensch der Produzent und die Produktivkräfte seiner Arbeit
sind die Fähigkeiten, Fertigkeiten, Hilfsmittel, die er sich im historischen
Prozeß erworben hat. Produktivkraft des Kapitals wird in diesem
Zusammenhang auch nicht gemeint sein; bleibt die Bestimmung des Menschen
als erster Produktivkraft der Gesellschaft.
Damit setzt diese Begrifflichkeit eine Betrachtung voraus, die Gesellschaft
abstrakt, losgelöst von den Individuen auffaßt und damit gerade
die Möglichkeit bietet, der Gesellschaft ein Primat gegenüber
den Individuen zu geben, den Menschen vom Produzenten zur Produktivkraft
der Gesellschaft zu degradieren, ihn wie eine Produktivkraft - und sei
sie auch die erste - zu benutzen.
In den ökonomisch-philosophischen Manuskripten schreibt Marx:
'Die gesellschaftliche Tätigkeit und der gesellschaftliche
Genuß existieren keineswegs allein in der Form einer unmittelbar
gemeinschaftlichen Tätigkeit und eines unmittelbar gemeinschaftlichen
Genusses... Allein wenn ich wissenschaftlich etc. tätig bin,
eine Tätigkeit, die ich selten in unmittelbarer Gemeinschaft mit andern
ausführen kann, so bin ich gesellschaftlich, weil als Mensch
tätig. Nicht nur das Material meiner Tätigkeit ist mir - wie
selbst die Sprache, in der der Denker tätig ist - als gesellschaftliches
Produkt gegeben, mein eignes Dasein ist gesellschaftliche
Tätigkeit; darum das, was ich aus mir mache, ich aus mir für
die Gesellschaft mache und mit dem Bewußtsein meiner als eines gesellschaftlichen
Wesens.
... Es ist vor allem zu vermeiden, die 'Gesellschaft' wieder als Abstraktion
dem Individuum gegenüber zu fixieren. Das Individuum ist das
gesellschaftliche
Wesen. Seine Lebensäußerung - erscheine sie auch nicht in
der unmittelbaren Form einer gemeinschaftlichen, mit andern zugleich
vollbrachten Lebensäußerung - ist daher eine Äußerung
und Bestätigung des gesellschaftlichen Lebens. Das individuelle
und das Gattungsleben des Menschen sind nicht
verschieden, so sehr
auch - und dies notwendig - die Daseinsweise des individuellen Lebens eine
mehr besondre oder mehr allgemeine Weise des Gattungslebens
ist, oder je mehr das Gattungsleben ein mehr besondres oder allgemeines
individuelles Leben ist.'(MEW EB1, S.538f)
In der warenproduzierenden Gesellschaft erscheint den Menschen ihre eigne
Gesellschaftlichkeit als äußerlicher Zwang, als Sachzwänge
ihrer Produktion, daher äußert sich der Gesellschaftsfetisch
in der Fixierung von Gesellschaft als Abstaktion den Individuen gegenüber."
Zwi greift diesen Ball in den Streitpunkten noch mit
einer gewissen Portion Skepsis auf und entdeckt diesen Fetisch bei Lenin:
"LENINS Kommunismusvorstellung (...) kommt im
wesentlichen nicht über die Selbstdisziplinierung des warenproduzierenden
homme
bourgeois (Bauer und Lohnarbeiter) durch den staats-politischen
homme
citoyen (Staats-Partei-Arbeiter) hinaus: "Das 'Kommunistische'
beginnt erst dort wo die Subbotniks aufkommen, d.h., wo in großem
Ausmaß unendgeldliche, von keiner Behörde, von keinem
Staat genormte Arbeit von Einzelnen [! nicht etwa: der Gesellschaft
selbst in Assoziations-, Kooperationsformen, die jegliche Staatlichkeit
hinter sich lassen] zum Nutzen der Gesellschaft [einer gigantischen, staatsmonopolistischen
Art Aktiengesellschaft, die diesen Einzelnen gegenübersteht als abstrakt-besonderes
Gemeinwesen über ihnen, dessen Nutzen allein diese Arbeitsbienen verinnerlicht
hätten: wenn es so etwas wie "Gesellschafts"-Fetischismus geben sollte,
hier haben wir ihn!] geleistet wird. [Und nun rückt
LENIN
ausdrücklich präzisierend von der historisch-materialistisch
konkretisierenden Russland-Perspektive eines
MARX
ab - die er immer ko-menshevistisch ignoriert hat -, von der echten rudimentären
radikalen Basis-Kooperation direkt-communistischer Gesellschaftlichkeit
auf kapitaltechnologischer Stufenleiter: denn wo bliebe da der Staat, seine
Partei?!:] Das ist nicht die nachbarliche Hilfe, wie es sie auf
dem Lande stets gegeben hat, sondern im großen organisierte und
unendgeltliche
Arbeit für gesamtstaatliche Bedürfnisse. Daher wäre
es richtiger, wenn das Wort ' kommunistisch' nicht nur zur Bezeichnung
der Partei [weil dieser Kern, dieses Rückgrat des "Sovjet"-Staates,
diese "Wir sind der Staat = das Proletariat"-Gemeinschaft ja bereits diese
Art Kommunismus darstellt, verkörpert und vorlebt - aufgrund des Brotkartenmonopols
und der TsheKa z.B. - als wahrhaft materielle und ideelle kommunistische
Nomenklatura!] sondern auch auf solche wirtschaftlichen Erscheinungen
in unserem Leben, und ausschliesslich auf sie, angewandt würde, bei
denen etwas Kommunistisches praktisch verwirklicht wird." (LENIN:
REFERAT ÜBER DIE SUBBOTNIKS, DEZEMBER 1919) Also ausschliesslich
auf ökonomische "Erscheinungen" unentgeltlicher Arbeit (Mehrarbeit
natürlich) Einzelner für den bereits "kommunistischen" Parteimonopol-Staat."16
Ich denke, Zwi hat hier nur zur Hälfte recht,
sieht nur eine Seite der Medaille und bleibt selbst - in entgegengesetzter
Form - dem Gesellschafts-Fetisch verhaftet, den er bei Lenin völlig
zu Recht ausmacht. Das dem-Gesellschaftsfetisch-Aufsitzen, das bei Lenin
ein ziemlich durchgängiger Zug ist, zeigt sich an dieser Stelle in
dem instrumentellen Herangehen an die Subbotniks vom Gesichtswinkel der
abstrakten von den Subbotniki getrennten Gesellschaft, von den "gesamtstaatlichen
Bedürfnissen", nicht jedoch in der Formulierung "unentgeldliche, von
keiner Behörde, von keinem Staat genormte Arbeit von Einzelnen" auf
die Zwi abhebt, und die er interpretiert als Gegensatz zu Assoziations-
und Kooperationsformen. Lenin charakterisiert die Subbotniks als "bewußte
und freiwillige Initiative"17,
darauf weist das "von Einzelnen" hin, und sieht ihre Hauptbedeutung in
der "ungeheure(n) Erhöhung der Arbeitsproduktivität"18,
(= Produktivkraft der Arbeit, hier genau in der oben kritisierten gesellschaftsfetischistischen
Verdrehung!). Man muß Lenin jedoch schon zugestehen, daß er
soviel von der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie verstanden
hat, daß er Produktivität - oder Produktivkraft der Arbeit nicht
verwechselt mit Intensität der Arbeit oder gar in eins setzt mit Mehrarbeit,
wie Zwi meint, Produktion von absolutem Mehrwert, wozu allerdings die ebenfalls
von Lenin in diesem Zusammenhang gebraucht Formulierung "... leisten ohne
jede Bezahlung Überstundenarbeit ..."19
verleiten könnte. Nein, gerade die bewußte, selbstorganisierte,
freiwillige Kooperation ist es, die nach Lenin hier neue Produktivkräfte
in Gang setzt; erstes Morgendämmern der travail attractif:
"Gegenüber der kapitalistischen Arbeitsproduktivität bedeutet
der Kommunismus eine höhere Arbeitsproduktivität freiwillig,
bewußt, vereint schaffender Menschen, die sich der vorgeschrittenen
Technik bedienen. Die kommunistischen Subbotniks sind außerordentlich
wertvoll als faktischer Beginn des Kommunismus, und das ist eine ganz große
Seltenheit, denn wir befinden uns auf einer Stufe, wo 'lediglich die ersten
Schritte zum Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus gemacht werden'
(wie es sehr richtig in unserem Parteiprogramm heißt)."20
In Majakowskis Lied vom Subbotnik heißt es:
"Und unsern Schweiß / den heischt kein Geheiß / wir spenden
ihn gerne und stolz / In unsre Waggons / auf unserm Geleis
/ verladen wir unser Holz. // Das Holz zu verladen / das Räderwerk
jagen / damit es noch heut den Transport schafft / durch unsere
Steppen / das Unsere tragen / in jede frierende Ortschaft."
In diesem: "Wir fragen nicht lange nach Erlaubnis,
Bezahlung usw., wir tun einfach, was notwendig21
ist" der Eisenbahnarbeiter der Moskau-Kasaner Strecke hat Lenin völlig
zurecht eine Keimzelle kommunistischer Gesellschaft gesehen, hier werden
ganz punktuell alle Fetischformen durchbrochen - selbst mitten in der größten
Not des "Kriegskommunismus" deutet sich hier schon im Keim die richtige
Gegenstrategie zu Daniels falschem "Gleicher Arbeitszwang für alle"22
an. Doch der im Majakowski-Lied ganz konkrete Begriff von Gesellschaft:
"wir und jede frierende Ortschaft", dieses Moment der unmittelbaren
Identität von Gesellschaft und Individuum, daß in diesem Aneignungsprozeß
ans Licht bricht, diese Arbeit nicht "für die Gesellschaft", sondern
"als die Gesellschaft" wird bei Lenin gesellschaftsfetischistisch umgedreht:
"Der Kommunismus beginnt dort, wo einfache Arbeiter in selbstloser Weise,
unter Überwindung harter Arbeit sich Sorgen machen um die Erhöhung
der Arbeitsproduktivität, um den Schutz eines jeden Puds Getreide,
Kohle, Eisen und anderer Produkte, die nicht den Arbeitenden persönlich
und nicht den ihnen 'Nahestehenden' zugute kommen, sondern 'Fernstehenden',
d.h. der ganzen Gesellschaft in ihrer Gesamtheit, den Dutzenden und Hunderten
Millionen von Menschen, die zunächst in einem sozialistischen Staat
vereinigt sind und später in einem Bund von Sowjetrepubliken vereinigt
sein werden."23
Lenin trennt hier "einfache Arbeiter" von ihrem gerade sich manifestierenden
Selbst als Gattungswesen, als das gesellschaftliche Wesen, indem er ihnen
die "ganze Gesellschaft in ihrer Gesamtheit", für die sie "selbstlos"
arbeiten, gegenüberstellt. Selbstlos ist diese Arbeit nur aus der
Perspektive des Selbst des bürgerlichen Privateigentümers. Aber
auch Zwi kann seine Kritik nicht wenden, das neue positive Moment der Subbotniks
als Ausdruck eines neuen Selbst nicht herausarbeiten, bleibt noch in der
Dichotomie von Individuum und Gesellschaft befangen.
4. Die Voraussetzungen des Übergangs in eine kommunistische
Gesellschaftsformation
Traditionell werden diese Voraussetzungen in objektive (Produktivkraftentwicklung)
und subjektive (Entwicklung des Proletariats zur Klasse für sich)
unterteilt, wobei von den objektiven konstatiert wird, sie seien längst
reif, ja überreif, während die subjektiven Voraussetzungen eher
zu schwinden scheinen (vgl. oben das Ende vom Abschnitt 2: Sicht auf "Kommunistische
Partei). Daniels Thesen gehen m.E. von einer solchen Sicht aus und formulieren
die Aufgabe an "die Kommunisten", die subjektiven Voraussetzungen schnellstmöglich
zu entwickeln, bevor diese sich verbreiternde Kluft unüberbrückbar
wird. Dabei werden aber die objektiven Gründe für die fehlenden
subjektiven Voraussetzungen nicht analysiert, aus der Betrachtung ausgeklammert.
Was bleibt, ist die Konstatierung von Oberflächenphänomenen,
die interpretiert werden als Verrat, Versagen, Konterrevolution. Auch Zwi
bleibt bei seiner Abrechnung mit dem "östlichen Kommunismus" auf dieser
Ebene, obwohl er an anderen Stellen seiner "ersten spontanen Vorüberlegungen
zu einer Entgegnung" aus meiner Sicht den Schlüssel - oder zumindest
dessen Rohling - liefert für eine materialistische Erklärung
dieser Oberflächenphänomene. Daniels ungeduldige Forderung, die
Arbeit an der Bildung des "subjektiven Faktors" unverzüglich aufzunehmen,
ohne zuvor die objektiven Gründe für das konstatierte subjektive
Versagen des bisherigen Kommunismus herausgearbeitet zu haben, führt
zurück in den alten scheinrevolutionären Voluntarismus. Werner
Imhof formuliert - im Gegensatz zu Daniel - die Aufgabe, die in der Tat
vorrangig anzugehen ist: "Daß die Arbeiterbewegung bzw. ihr radikaler
Flügel bisher immer nur eine staatssozialistische Interpretation der
Marxschen Kapitalkritik hervorgebracht hat, muß selbst marxistisch,
also materialistisch, erklärt werden. Lag es daran, daß die
Interpretationsmacht in der Hand von Intellektuellen lag, die aufgrund
ihrer sozialen Stellung und Erfahrung die fortschreitende Vergesellschaftung
der Arbeit nicht (richtig) erkennen konnten? Oder lag es an den Formen
und dem Grad der Vergesellschaftung selbst? Oder an was sonst?
Ich kenne bisher keine schlüssige Antwort 24
und habe auch selbst keine parat. Solange diese Frage aber offen ist, solange
muß auch die Zukunft des Kommunismus als offen betrachtet werden.
"Es genügt nicht, daß der Gedanke zur Verwirklichung drängt,
die Wirklichkeit muß sich selbst zum Gedanken drängen." (Marx)
Offenbar war das "Drängen" der Wirklichkeit in der Vergangenheit nicht
stark genug, um das zur Verwirklichung drängende Denken auf die richtige
Spur zu führen. Das aber hieße, daß die objektiven Voraussetzungen
des Kommunismus - entgegen Marx' eigener Auffassung - noch gar nicht ausgereift
waren. Denn von der Reife der objektiven Voraussetzungen kann man vernünftigerweise
nur reden, wenn sie die Entwicklung der subjektiven Voraussetzungen zumindest
nahelegen. Das hieße dann aber auch, daß unsere heutige Situation
nur paradox erscheint, daß tatsächlich erst heute die
objektiven Voraussetzungen reif genug sind oder werden, um die Entwicklung
der subjektiven Voraussetzungen zu gestatten, und daß dazu der bisherige
Kommunismus auch erst restlos scheitern mußte ..."25
Während Daniel die subjektive Reife am Höhepunkt
politisch-revolutionärer
Aktivität des Proletariats festmacht und folglich die Frucht am Baum
1917 - 1921 für reif erklärt, danach beginnt in seiner Sicht
das Stadium der Überreife, die in Fäulnis übergeht, und
auch bei Zwi der sich vervollkommnende kapitalistische Verblendungszusammenhang
das Wachsen des Proletariats zur Klasse für sich mehr und mehr verhindert,
könnten sich nach Werner Imhofs Ansatzpunkt jetzt überhaupt erst
die Möglichkeit herausbilden, diesen Nebelvorhang umfassend zu zerreißen.26
Ansatz: Der Übergang zum Kommunismus kann nur
als bewußter und planmäßiger Selbstaufhebungsprozeß
des Proletariats gelingen; und zwar nicht bewußt von irgendeiner
"Führung" der Klasse, von irgendwelchen Vordenkern gelenkt, sondern
von der gesamten Klasse, von jedem Klassenindividuum bewußt herbeigeführt.
Mir ist völlig klar, daß mir jetzt sofort idealistische Traumtänzerei
vorgeworfen wird, aber ich bleibe dabei: Wenn das idealistische Traumtänzerei
ist, ist der ganze Kommunismus idealistische Traumtänzerei. Die Kritik
am ganzen paternalistischen Kommunismus, an der Erziehungsdiktatur des
ganzen bisherigen Staats- und Parteikommunismus findet sich vorweggenommen
- und auch gleich mit dem einzig möglichen Lösungsansatz versehen
in Marx' 3. Feuerbachthese: "Die materialistische Lehre, daß die
Menschen Produkte der Umstände und der Erziehung, veränderte
Menschen also Produkte anderer Umstände und geänderter Erziehung
sind, vergißt, daß die Umstände eben von den Menschen
verändert werden und daß der Erzieher selbst erzogen werden
muß. Sie kommt daher mit Notwendigkeit dahin, die Gesellschaft in
zwei Teile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben
ist. (Z.B. bei Robert Owen.)
Das Zusammenfallen des Änderns der Umstände und der menschlichen
Tätigkeit oder Selbstveränderung kann nur als revolutionäre
Praxis gefaßt und rationell verstanden werden."27
Der alte, der historische Kommunismus hat sich wesentlich entwickelt
vom Standpunkt der abstrakt gefaßten Gesellschaft und damit korrespondierend
vom Standpunkt des von seiner Gesellschaftlichkeit losgelösten Klassenindividuums.
Er hat die Praxis gespalten in die großen, hehren, gesellschaftlichen
Ziele, denen gegenüber der einzelne ein Nichts ist, und in den "Kampf
ums Teewasser", der an der persönlichen Betroffenheit gerade des seiner
Gesellschaftlichkeit entfremdeten Klassenindividuums ansetzt.
Der neue Kommunismus wird auszugehen haben von einem Standpunkt, der
die Gesellschaft konkret faßt, als das gesellschaftliche Individuum.
Daniels "Gleicher Arbeitszwang für alle" ist
der Standpunkt des rohen Kommunismus, "die Bestimmung des Arbeiters wird
nicht aufgehoben, sondern auf alle Menschen ausgedehnt"28;
zur nachgeordneten Umwandlung von travail repulsif in travail
attractif ist dann sogenannte "Erziehung" nötig, die den Menschen
einredet, dieser Zwang sei Freiheit, und dann, irgendwann einmal, wenn
das geglückt ist, könne man übergehen zu dem Grundsatz:
"Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!"
Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus: Mit dem Übergang von der
Warenproduktion zu unmittelbar gesellschaftlicher Produktion löst
sich die Warenform der Arbeit als kapitalistische Lohnarbeit, lösen
sich sämtliche Fetischformen auf, verwandelt sich die Arbeit von travail
repulsif in travail attractif, wird die Teilnahme an der notwendigen
Arbeit gemäß den eigenen Fähigkeiten zum Bedürfnis,
weil in dieser Arbeit das gesellschaftliche Individuum sich selbst als
das Gattungswesen ausdrückt. Ein "Zwang zur Arbeit" macht nur noch
Sinn im Sinne von: "Anerkennung produktiver Arbeit als der Naturbedingung
menschlicher Existenz", nicht aber in dem Sinn, daß die abstrakt
gefaßte Gesellschaft, in Form von selbsternannten Repräsentanten
der abstrakten Gesellschaftlichkeit, gegenüber den dadurch von ihrer
Gesellschaftlichkeit losgelösten Individuen Zwangsmittel einsetzen.
Die Analyse der Entwicklung der objektiven und subjektiven
Bedingungen und ihrer Wechselwirkung für den Übergang in eine
kommunistische Gesellschaftsformation kann ich an dieser Stelle nur ganz
allgemein mit Klaus Herrmann als Aufgabenstellung für unsere zu entwickelnde
Kooperation einfordern: "Ungleicher Tausch und Werttransfers, die Unterbrechung
der zyklischen Bewegungen des Kapitals durch Weltkriege und ihre Abschwächung
durch Staatseingriffe, schließlich die gesteigerte Produktivkraft
der Arbeit mit ihren Folgen für die Zusammensetzung der Arbeiterklasse
wie für die Gesamtzusammensetzung des Kapitals nach seinem konstanten
und variablen Bestandteil - das sind die von den realen Verhältnissen
als Jahrhunderttatsachen sich aufdrängenden Themen, denen sich eine
Debatte um die Reformulierung des kommunistischen Programms zu stellen
hat, will sie nicht bei der Rekapitulation einiger allgemeiner Wahrheiten
des Marxismus stehenbleiben."29
5. Gedanken zur verstärkten Kooperation
(Das folgende ist eine etwas ältere nicht überarbeitete Formulierung,
bei der ich - insbesondere was das darin zum Ausdruck kommende Verhältnis
von Partei und Klasse betrifft - nicht sicher bin, ob das so richtig ist.)
Ich gehe aus von dem Ziel, von dem ich annehme, daß es in der
folgenden Formulierung unser gemeinsames ist: Den Kommunismus als wirkliche
Bewegung, die - geboren aus den gegenwärtigen Bedingungen - die gegenwärtigen
Verhältnisse in ihrer Totalität aufhebt, stärker sichtbar
zu machen, zu rekonstituieren, zu befördern, zu stärken.
Diese Bewegung besteht, aber sie besteht nicht als bewußte, einheitlich
und organisiert handelnde Kraft, sie hat nicht den erforderlichen Grad
an Autonomie, sondern ist selbst in ihren bewusstesten Teilen in bürgerlicher
Ideologie gefangen.
Bewußtlos wird sie von der Entwicklung des Kapitalismus immer
wieder hervorgetrieben
- als objektiver Vergesellschaftungsprozeß
- als Notwendigkeit für die Arbeiterklasse, für die Durchsetzung
auch nur ihrer unmittelbaren Lebensinteressen organisiert zu handeln.
Darum geht es zuerst um die Formierung des Kommunismus zur Kommunistischen
Partei ( - im weitesten Sinne) - als Mittel um die Bildung des Proletariats
zur Klasse für sich zu befördern.
Diese Partei kann höchstwahrscheinlich nicht aus den Splittern
und Restbeständen der historischen kommunistischen Bewegung synthetisiert
werden, sondern muß sich völlig neu bilden. Ihre Hauptaufgabe
wird eine theoretische sein, nämlich das Selbstbewußtsein des
revolutionären Proletariats zu entwickeln.
Das heißt aber auch, daß der Parteibildungsprozeß
selbst im Wesentlichen über die Erarbeitung und Verbreitung theoretischer
Klarheit laufen wird.
Da wir selbst durch unsere persönliche Geschichte in unserem Denken
stark beeinflußt sind von den strategischen Überlegungen und
Glaubenssätzen des historischen Kommunismus, d.h. des bürgerlichen?
Parteikommunismus in seinen unterschiedlichsten Prägungen, wird der
Weg zu theoretischer Klarheit für uns nur über die radikale Kritik
des historischen Kommunismus laufen können.
Alle Interventionsversuche, die wir heute starten, müssen zwangsläufig
mit den historisch obsoleten Beschränktheiten aus der Geschichte des
Kommunismus behaftet bleiben, solange wir die notwendige Beschränktheit
des Kommunismus der letzten 150 Jahre, seine historische Relativierung
nicht herausgearbeitet haben.
Daher hat diese Arbeit in meinen Augen erste Priorität. Den erfolgversprechensten
Ansatz hierzu bildet in meinen Augen die Debatte, die sich in den KOMMUNISTISCHEN
STREITPUNKTEN spiegelt.
Zentraler inhaltlicher Punkt dabei ist in meinen Augen:
Der neue Kommunismus ist
- im Gegensatz zum historischen Kommunismus nicht vom Standpunkt der
abstrakt gefaßten Gesellschaft und damit korrespondierend vom Standpunkt
des von seiner Gesellschaftlichkeit losgelösten Klassenindividuums
zu entwickeln,
- sondern von einem Standpunkt, der die Gesellschaft konkret faßt,
als das gesellschaftliche Individuum.
Daraus ergibt sich für mich folgende arbeitstechnische Prioritätenliste:
1. "Streitpunkte-Debatte"
In die Überführung des Ansatzes und zarten Pflänzchens
der Kommunistischen Streitpunkte in eine tatsächliche sich aufeinander
beziehende und sich gegenseitig konstruktiv wendende Debatte setze ich
die größten Hoffnungen. Ich schlage vor, in Kassel auch über
die technische Seite des Weges zu tatsächlicher Kooperation in der
programmatischen Debatte zu sprechen. Gleichzeitig möchte ich die
auf dem letzten Treffen geäußerte Formulierung noch einmal ins
Gedächtnis rufen: "Die programmatische Debatte auch als therapeutische
führen!"
2. "OKF-Projekt"
Die OKF-Struktur ist der m.E. erfolgversprechenste formale Rahmen,
in dem sich die Erarbeitung theoretischer Klarheit - nicht als akademisches,
sondern auf kommunistische Praxis ausgerichtetes Projekt - entwickeln kann.
Die aktuelle Aufgabe ist nicht die Gründung einer "Internationalen
Arbeiterkommunistischen Partei", sondern die internationale Vernetzung
von kommunistischen Organisationskernen und Individuen über OKF-Strukturen
um das Zentrum eines inhaltlich-programmatischen Klärungsprozesses,
wie er mit der Streitpunkte-Debatte angestoßen wurde. Ich schlage
vor, auf dem kommenden Treffen zu diskutieren, ob und wie wir die Kommunistischen
Streitpunkte in eine sich ausweitende OKF-Struktur einbinden wollen.
3. Arbeit in den traditionellen historischen Zusammenhängen
(in meinem Fall in der DKP)
Statt eigener Formulierungen Klaus Hermanns Worte: "Ich zweifle nicht
daran, daß der Platz revolutionärer Marxisten in allen fortschrittlichen
Bewegungen ist, so wie es das Manifest von 1848 zu seiner Zeit und auf
seine Weise gefordert hat. Für das, was an eigenständiger Organisierung
nötig ist, bieten Foren, Clubs, Zirkel, wo immer möglich eng
miteinander vernetzt, den geeigneten Rahmen. Für Marx und Engels war
die Organisationsfrage kein Dogma und ich kann keinen vernünftigen
Grund erkennen, warum wir ein solches daraus machen sollten. Was die Rolle
des Störenfrieds in der PDS betrifft, so hat mich nur mein labiler
Gesundheitszustand genötigt, davon (vorerst oder endgültig?)
Abstand zu nehmen."30
Grober unabgestimmter Tagesordnungsvorschlag für das Treffen
am 16.-18.4.99:
Freitag, 16.4. ab 19.00 Uhr:
- Diskussion und Festlegung einer Tagesordnung
- Wo stehen wir nach den ersten zwei Nummern der "Kommunistischen Streitpunkte"?
- Hat die Debatte, wie sie sich in den Streitpunkten niederschlägt
einen realen Bezug zum politischen Handeln der Debattenteilnehmer?
- Die programmatische Debatte und der NATO-Krieg gegen Rest-Jugoslawien
Samstag, 17.4. tagsüber:
Der mit der Tagesordnung festgelegte inhaltliche Schwerpunkt - Auf
dem letzten Treffen hatten wir als Schwerpunktthema anvisiert: "Sowjetunion
& Co, was war das: Staatskapitalismus oder degenerierte Arbeiterstaaten?"
Samstag, 17.4. abends:
Die weitere Entwicklung der programmatischen Debatte - zeichnet sich
eine inhaltliche Struktur, eine Abfolge der zu bearbeitenden Themen ab?
Sonntag, 18.4. vormittags:
Sind die Formen, die wir gewählt haben, die richtigen, wie können
sie weiterentwickelt werden? Wie stellen wir uns zu dem Vorschlag, uns
mit unserer Debatte und den Streitpunkten in den Rahmen der Offenen Kommunistischen
Foren zu begeben?
* Dieser Beitrag ist ursprünglich
zur Vorbereitung des Treffens des Streitpunkte-Kreises am 16.-18.4.99 geschrieben
worden und trug die Überschrift: "Gedanken zur Vorbereitung der Debatte
am 16.-18.4.99 ... und darüber hinaus"
1
"Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft
ist die Warenproduktion beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts
über den Produzenten.
Die Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen Produktion wird ersetzt
durch planmäßige bewußte Organisation. Der Kampf ums Einzeldasein
hört auf. Damit erst scheidet der Mensch, in gewissem Sinn, endgültig
aus dem Tierreich, tritt aus tierischen Daseinsbedingungen in wirklich
menschliche. Der Umkreis der die Menschen umgebenden Lebensbedingungen,
der die Menschen bis jetzt beherrschte, tritt jetzt unter die Herrschaft
und Kontrolle des Menschen, die nun zum ersten Male bewußte, wirkliche
Herren der Natur, weil und indem sie Herren ihrer eigenen Vergesellschaftung
werden. ... Die objektiven, fremden Mächte, die bisher die Geschichte
beherrschten, treten unter die Kontrolle der Menschen selbst. Erst von
da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewußtsein selbst
machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen
Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch die von ihnen
gewollten Wirkungen haben. Es ist der Sprung der Menschheit aus dem Reiche
der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit." MEW 19, S.226
2 Kommunistische
Streitpunkte 2, S. 55, Sp. 2
3
"Der Kommunismus endlich ist der positive Ausdruck des aufgehobnen Privateigentums,
zunächst das allgemeine Privateigentum. Indem er dies Verhältnis
in seiner Allgemeinheit faßt, ist er
1. in seiner ersten Gestalt nur eine Verallgemeinerung und Vollendung
desselben; als solche zeigt er sich in doppelter Gestalt: einmal ist die
Herrschaft des sachlichen Eigentums so groß ihm gegenüber, daß
er alles vernichten will, was nicht fähig ist, als Privateigentum
von allen besessen [zu] werden; er will auf gewaltsame Weise von Talent
etc. abstrahieren. Der physische, unmittelbare Besitz gilt ihm als einziger
Zweck des Lebens und Daseins; die Bestimmung des Arbeiters wird nicht aufgehoben,
sondern auf alle Menschen ausgedehnt; das Verhältnis des Privateigentums
bleibt das Verhältnis der Gemeinschaft zur Sachenwelt; endlich spricht
sich diese Bewegung, dem Privateigentum das allgemeine Privateigentum entgegenzustellen,
in der tierischen Form aus, daß der Ehe (welche allerdings eine Form
des exklusiven Privateigentums ist) die Weibergemeinschaft, wo also das
Weib zu einem gemeinschaftlichen und gemeinen Eigentum wird, entgegengestellt
wird. Man darf sagen, daß dieser Gedanke der Weibergemeinschaft das
ausgesprochne Geheimnis dieses noch ganz rohen und gedankenlosen Kommunismus
ist. Wie das Weib aus der Ehe in die allgemeine Prostitution, so tritt
die ganze Welt des Reichtums, d.h. des gegenständlichen Wesens des
Menschen, aus dem Verhältnis der exklusiven Ehe mit dem Privateigentümer
in das Verhältnis der universellen Prostitution mit der Gemeinschaft.
Dieser Kommunismus - indem er die Persönlichkeit des Menschen überall
negiert - ist eben nur der konsequente Ausdruck des Privateigentums, welches
diese Negation ist. Der allgemeine und als Macht sich konstituierende Neid
ist die versteckte Form, in welcher die Habsucht sich herstellt und nur
auf eine andre Weise sich befriedigt. Der Gedanke jedes Privateigentums
als eines solchen ist wenigstens gegen das reichere Privateigentum als
Neid und Nivellierungssucht gekehrt, so daß diese sogar das Wesen
der Konkurrenz ausmachen. Der rohe Kommunist ist nur die Vollendung dieses
Neides und dieser Nivellierung von dem vorgestellten Minimum aus. Er hat
ein bestimmtes begrenztes Maß. Wie wenig diese Aufhebung des Privateigentums
eine wirkliche Aneignung ist, beweist eben die abstrakte Negation der ganzen
Welt der Bildung und der Zivilisation, die Rückkehr zur unnatürlichen
||IV| Einfachheit des armen und bedürfnislosen Menschen, der nicht
über das Privateigentum hinaus, sondern noch nicht einmal bei demselben
angelangt ist.
Die Gemeinschaft ist nur eine Gemeinschaft der Arbeit und die Gleichheit
des Salairs, den das gemeinschaftliche Kapital, die Gemeinschaft als der
allgemeine Kapitalist, auszahlt. Beide Seiten des Verhältnisses sind
in eine vorgestellte Allgemeinheit erhoben, die Arbeit als die Bestimmung,
in welcher jeder gesetzt ist, das Kapital als die anerkannte Allgemeinheit
und Macht der Gemeinschaft.
In dem Verhältnis zum Weib, als dem Raub und der Magd der gemeinschaftlichen
Wollust, ist die unendliche Degradation ausgesprochen, in welcher der Mensch
für sich selbst existiert, denn das Geheimnis dieses Verhältnisses
hat seinen unzweideutigen, entschiednen, offenbaren, enthüllten Ausdruck
in dem Verhältnisse des Mannes zum Weibe und in der Weise, wie das
unmittelbare, natürliche Gattungsverhältnis gefaßt wird.
Das unmittelbare, natürliche, notwendige Verhältnis des Menschen
zum Menschen ist das Verhältnis des Mannes zum Weibe. In diesem natürlichen
Gattungsverhältnis ist das Verhältnis des Menschen zur Natur
unmittelbar sein Verhältnis zum Menschen, wie das Verhältnis
zum Menschen unmittelbar sein Verhältnis zur Natur, seine eigne natürliche
Bestimmung ist. In diesem Verhältnis erscheint also sinnlich, auf
ein anschaubares Faktum reduziert. Inwieweit dem Menschen das menschliche
Wesen zur Natur oder die Natur zum menschlichen Wesen des Menschen geworden
ist. Aus diesem Verhältnis kann man also die ganze Bildungsstufe des
Menschen beurteilen. Aus dem Charakter dieses Verhältnisses folgt,
inwieweit der Mensch als Gattungswesen, als Mensch sich geworden ist und
erfaßt hat; das Verhältnis des Mannes zum Weib ist das natürlichste
Verhältnis des Menschen zum Menschen. In ihm zeigt sich also, in[wie]weit
das natürliche Verhalten des Menschen menschlich oder inwieweit das
menschliche Wesen ihm zum natürlichen Wesen, inwieweit seine menschliche
Natur ihm zur Natur geworden ist. In diesem Verhältnis zeigt sich
auch, in[wie]weit das Bedürfnis des Menschen zum menschlichen Bedürfnis,
inwieweit ihm also der andre Mensch als Mensch zum Bedürfnis geworden
ist, inwieweit er in seinem individuellsten Dasein zugleich Gemeinwesen
ist.
Die erste positive Aufhebung des Privateigentums, der rohe Kommunismus,
ist also nur eine Erscheinungsform von der Niedertracht des Privateigentums,
das sich als das positive Gemeinwesen setzen will.
2. Der Kommunismus a) nach politischer Natur demokratisch oder despotisch;
b) mit Aufhebung des Staats, aber zugleich noch unvollendetem und immer
noch mit dem Privateigentum, d.h. der Entfremdung des Menschen, affiziertem
Wesen. In beiden Formen weiß sich der Kommunismus schon als Reintegration
oder Rückkehr des Menschen in sich, als Aufhebung der menschlichen
Selbstentfremdung, aber indem er das positive Wesen des Privateigentums
noch nicht erfaßt hat und ebensowenig die menschliche Natur des Bedürfnisses
verstanden hat, ist er auch noch von demselben befangen und infiziert.
Er hat zwar seinen Begriff erfaßt, aber noch nicht sein Wesen.
3. Der Kommunismus als positive Aufhebung des Privateigentums als menschlicher
Selbstentfremdung und darum als wirkliche Aneignung des menschlichen Wesens
durch und für den Menschen; darum als vollständige, bewußt
und innerhalb des ganzen Reichtums der bisherigen Entwicklung gewordne
Rückkehr des Menschen für sich als eines gesellschaftlichen,
d.h. menschlichen Menschen. Dieser Kommunismus ist als vollendeter Naturalismus
= Humanismus, als vollendeter Humanismus = Naturalismus, er ist die Wahrhafte
Auflösung des Widerstreites zwischen dem Menschen mit der Natur und
mit dem Menschen, die wahre Auflösung des Streits zwischen Existenz
und Wesen, zwischen Vergegenständlichung und Selbstbestätigung,
zwischen Freiheit und Notwendigkeit, zwischen Individuum und Gattung. Er
ist das aufgelöste Rätsel der Geschichte und weiß sich
als diese Lösung.
||V| Die ganze Bewegung der Geschichte ist daher, wie sein wirklicher
Zeugungsakt - der Geburtsakt seines empirischen Daseins - so auch für
sein denkendes Bewußtsein die begriffne und gewußte Bewegung
seines Werdens, während jener noch unvollendete Kommunismus aus einzelnen
dem Privateigentum entgegenstehenden Geschichtsgestalten einen historischen
Beweis, einen Beweis in dem Bestehenden für sich sucht, indem er einzelne
Momente aus der Bewegung (Cabet, Villegardelle etc. reiten besonders auf
diesem Roß) herausreißt und als Beweise seiner historischen
Vollblütigkeit fixiert, womit er eben dartut, daß die unverhältnismäßig
größre Partie dieser Bewegung seinen Behauptungen widerspricht
und daß, wenn er einmal gewesen ist, eben sein vergangnes Sein die
Prätention des Wesens widerlegt.
Daß in der Bewegung des Privateigentums, eben der Ökonomie,
die ganze revolutionäre Bewegung sowohl ihre empirische als theoretische
Basis findet, davon ist die Notwendigkeit leicht einzusehn.
Dies materielle, unmittelbar sinnliche Privateigentum ist der materielle
sinnliche Ausdruck des entfremdeten menschlichen Lebens."
[Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844,
(MEW Bd. 40, S. 534 ff.)]
4
Kommunistische Streitpunkte 2, S. 12, Sp. 2
5
Kommunistische Streitpunkte 2, S. 13
6
Kommunistische Streitpunkte 1, S. 62, Sp. 2
7
ebenda
8
MEW Bd. 4, S. 474
9
ebenda
10
Kommunistische Streitpunkte 1, S. 50
11
Kommunistische Streitpunkte 1, S. 48
12
Kommunistische Streitpunkte 2, S. 3f
13
Kommunistische Streitpunkte 2, S. 13
14
Kommunistische Streitpunkte 2, S. 4,
illustriert in "Antithese IV", Kommunistische
Streitpunkte 1, S. 48ff
15Kommunistische
Streitpunkte 1, S. 48
16
Kommunistische Streitpunkte 2, S. 30
17
Lenin: "Die große Initiative" zit. nach "Lenin über die Gewerkschaftsbewegung",
Berlin 1959, S. 822
18
ebenda, S. 826
19
ebenda
20
ebenda, S. 827
21
die Bedeutungswandlung des Begriffspaares von Notwendiger Arbeit und Mehrarbeit
in dem Übergangsbereich von travail repulsif zu travail attractif
wäre getrennt zu diskutieren. Unter Voraussetzung der Aufhebung der
Warenproduktion würde die notwendige Arbeit gleichbedeutend sein mit
der zur einfachen Reproduktion erforderlichen Arbeit, die Mehrarbeit wäre
die Arbeit, die der erweiterten Reproduktion dient.
22Kommunistische
Streitpunkte 1, S. 8
23
Lenin a.a.O.
24
Fußnote im zitierten Text: Nur zur Klarstellung: Das Problem ist
nicht, zu begreifen, warum die Masse der Lohnabhängigen nicht "spontan"
kommunistisches Bewußtsein entwickelt. Das Problem ist, warum auch
die Minderheit marxistisch gebildeter Arbeiter und Intellektueller - von
Ausnahmen abgesehen - über staatssozialistische Konzepte nicht hinauskam.
25Kommunistische
Streitpunkte 1, S. 51
26
In diesem Zusammenhang könnte es sich lohnen, einmal den Ansatzpunkt
näher zu untersuchen, den Loren Goldner in: "Der Kommunismus ist die
materielle menschliche Gemeinschaft - Amadeo Bordiga heute", Beilage zu
Wildcat-Zirkular 46/47, vorstellt: Goldner geht aus vom ursprünglichen
Bildungsprozeß des Proletariats und weist darauf hin, daß die
Verwandlung von BäuerInnen in ArbeiterInnen und die Durchkapitalisierung
der Landwirtschaft in den meisten entwickelten kapitalistischen Staaten
erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts zum Abschluß
gekommen ist, daß unter diesem Gesichtspunkt, alles was wir als entwickelten
Kapitalismus, gar - nach Lenin als höchste Phase, ja bereits faulenden
Kapitalismus ansehen, noch Entstehungsprozeß des Kapitalismus war.
27
Marx: Thesen über Feuerbach, MEW Bd. 3, S. 533f; letzter Absatz in
der nicht von Engels redigierten Fassung, MEW 3, S.6
28
Marx, s. Fußnote 3
29Kommunistische
Streitpunkte 2, S. 7
30Kommunistische
Streitpunkte 2, S. 9 |