Für Brot sorgen und genug demolieren ...
Die Frage
ist also nach allem nicht, ob wir in diese Sfäre (Recht,
Staatlichkeit, Politik) hineingehen müssen oder dürfen
- die ja zugleich jeweils alltags-, lebensweltlich und
historisch omnipräsent sind, wie oben gezeigt -, sondern
ob wir als communistische Revolutionär/inn/e/n auch
jemals rechtzeitig noch lebend herauskommen, aus dem noch
staatlichen Transformationsvehikel, das sich selbst
zerstören muss (teste "postsozialistische"
Gesellschaften!), abspringen, das Trojanische Pferd
Politik denn auch mitsamt dem feindlichen Lager
zerstören können - oder wie alle reformistischen
"Realpolitiker/innen" und
"Verantwortungsethiker/innen" als
parlamentarisch-zivilgesellschaftliche Kretins &
Kretinen in dieses Lager eingehen - oder, wie die BOLSHEVIKI nach ihrem
schlechten Anfang, schliesslich als Revolutionäre darin
umkommen werden. Zum ersten und zum letzten mal hat LENIN diese
entscheidende wissenschaftliche Einsicht in seinen
Vorarbeiten zu STAAT UND REVOLUTION selbst formuliert
mit der kürzesten, treffendsten und prägnantesten
dialektischen Fassung, die es dafür gibt: "Diktatur
des Proletariats = Nichtstaat". Noch
in STAAT
UND REVOLUTION knüpft er richtig und vorwärtstreibend,
vom "Realsozialismus" bis zuletzt uneingeholt,
an die Unterscheidung von ENGELS an, wonach die Diktatur des
Proletariats - in Gestalt allererst der modellhaften Commune
- im Deutschen begrifflich korrekt nicht als
"Staat" zu bestimmen sei, ist doch "die
Diktatur des Proletariats / die Commune schon kein Staat
im eigentlichen Sinne Mehr". LENIN sah klar, dass er
es automatisch auch gleich mit dem
"Anarchismus"-Vorwurf zu tun hatte, wogegen er
prompt theoretisch souverän auf "den Anarchisten
Marx" zurückverweist. Vor allem der Zurück-zu-MARX!-Wissenschaftler MAXIMILIEN RUBEL hat später
akribisch nachgewiesen (in: MARX CONTRE LE MARXISME oder in: MARX ALS
THEORETIKER DES ANARCHISMUS) - in aller gebotenen Härte gegen
die idealistischen Anarchisten, vor allem gegen BAKUNIN -, dass und wie
die ganze MARXsche Theoriebildung in der Frage der
Staatlichkeit und Politik sämtlichen anarchistischen
Theorien, Idealen und Utopien materialistisch,
"historistisch" den Schneid abkauft, indem sie
- ganz im Gegensatz zu deren idealistischem Voluntarismus
- den historischen Übergang zur Zerstörung des Staats
schlechthin und seine Zersetzung, Auflösung, Ersetzung
durch Commune, Assoziation, Selbstverwaltungsformen der
freien und selbstbestimmten Produzent/inn/en radikaler
und konkreter als sonstwer vor und nach MARX entwickelt hat.
Hier endlich direkt angesetzt zu haben bleibt - aber
leider nur für diesen einzigen historisch-theoretischen
Augenblick! - eine der echt communistisch-revolutionären
Leistungen LENINs, dem in der Folge allerdings - zeitbedingt
unschuldig - dieser dialektische Ariadnefaden theoretisch
und praktisch wieder verlorenging: wie STALIN nach ihm, denkt LENIN sehr bald nur noch
in termini der sogenannten "proletarischen"
bzw. "sozialistischen Staatsmacht" und ihrer
bedingungslos-einsinnigen "Stärkung" um jeden
Preis, "Festigung" usw. ihres zentralistischen
Ausbaus gegen alle, aber auch alle Ansätze und
Machtorgane der Arbeiterklasse selbst.
Noch während der 1920er Jahre war der Funke des Kampfes
um den proletarisch-revolutionären Anteil des BOLSHEVIKischen Denkens,
einmal dem Januskopf des großen Polit-Dialektikers LENIN entsprungen, nicht
so einfach auszutreten: der wissenschaftliche Communismus
wehrte sich gegen seine Einbalsamierung im
religiös-konterrevolutionären Mausoleum des
"Leninismus". Den am bürgerlichen,
herkömmlichen, d. h. akademischen Positivismus
orientierten "Rechtswissenschaftlern" ( G. LUKÁCS hat übrigens in
seinem oben zitierten Hauptwerk Bd. II S.189-194 an CARL SCHMITT versus HANS KELSEN gezeigt, dass es
gar keine Rechtslehre als spezielle, positive
Wissenschaft geben kann - ebensowenig wie eine
homogene Theorie des Politischen) der jungen
Sovietunion wie M.A.REISSNER (DER STAAT. 1918) und P.J.STUTSHKA (DIE
REVOLUTIONÄRE ROLLE DES RECHTS UND DES STAATES. 1924;
EINFÜHRUNG IN DIE THEORIE DES ZIVILRECHTS. 1927) und allerlei
prästalinistischem bürgerlich-forensischen
Überwachen&Bestrafen!-Dreck, wie er von den
anstelligen "wissenschaftlichen" Schranzen der
neuen Parteistaatsmacht, jenen ewig-jakobinistischen FOUQUIER-TINVILLE & FOUCHÈ und den VYSHINSKI-in-spe mit
vorauseilendem Gehorsam fabriziert wurde, trat endlich
1925 EUGEN
PASHUKANIS entgegen in:
ALLGEMEINE
RECHTSLEHRE UND MARXISMUS. (DT.: 1929, FRANKFURT AM MAIN
1969)
mit dem Nachweis, dass die kapitalistische
Produktionsweise zugleich mit dem Warenfetischismus und
seinen Gesetzmäßigkeiten einen Rechtsfetischismus
erzeugt und reproduziert, PASHUKANIS versuchte zu
zeigen, dass daraus sogar ein System juristischer
Gesetzmäßigkeiten mit seiner objektiven Eigenart
hervorgehe, und hebt für die Übergangsperiode zum (!)
Sozialismus vor allem die historisch-dialektische
Notwendigkeit seiner Aufhebung
"parallel" bzw. analog zu der Aufhebung der
Warenproduktion hervor. So schrieb er:
"Man kann die Übergangsperiode, in der
die Diktatur des Proletariats den revolutionären
Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus bewirkt, nicht
als eine besondere, abgeschlossene sozialökonomische
Formation bezeichnen Deshalb kann man auch für sie kein
besonderes Rechtssystern nach dem Vorbild: Feudalrecht,
bürgerliches Recht, proletarisches Recht, schaffen.
Hierin [nämlich dies zu tun, also wie
üblich schablonenhaft den bürgerlichen Formen wie Ware,
Geld, Staat, - Recht usw. einen "proletarischen
Klasseninhalt" zu unterschieben und damit Gott einen
guten Mann sein zu lassen,] liegt eine
gefährliche Tendenz, um die jetzt stattfindende Bewegung
zum Sozialismus aufzuhalten. (...) In diesem
Überbleibsel des proletarischen Rechts steckt trotz
aller revolutionärer Phraseologie ein konservativer
Kern, nämlich der Versuch, auf der gegebenen Etappe
innezuhatten, sie in ein System zu bringen und die
Übergangsperiode in eine besondere Formation zu
verwandeln" - welche nicht lange nach
diesen klarsichtigen Äusserungen (wie gesetzmäßig
üblich, beging auch PASCHUKANIS dann unter STALIN die erforderliche
freiwillige Selbstkritik)
"Sozialismus-in-einem-Lande" und schliesslich
"real existierender Sozialismus" getauft wurde
und von DANIEL DOCKERILL noch unserer Tage als
"Realsozialismus"-ohne-Anführungszeichen sogar
mit der Übergangsperiode umstandslos gleichgesetzt
wird! Hauptsache möglichst viel Staat, Staatsmonopol,
DeutschePost, die prächtig entwickelte
staatskapitalistische, aber nun mit neuem KP-Köpfchen
auf einmal "proletarische" Boa Constrictor wird
in der Diktatur des Proletariats rübergerettet,
gestärkt, gehegt und gepäppelt, immer totaler
staatsgesellschaftlicher ausgebaut (Die
"Köchin" lässt grüßen! aber als Hexe, die
den Hänsel im Staatsstall aufmästet, damit er
möglichst bald "absterben" tut. Er tut es aber
nicht, denn auch ihr mangelt es an Dialektik. Am Ende
dieses Übergangs wird sie selber - wie die anderen
Werktätigen im "Realsozialismus" nach und
nach: "herangezogen" an die Staatstätigkeit -
verheizt ... ).
Ab STALINs Despotie, in der
sich jener Staats-Apparat vollends
verselbständigte und mit seiner
"bürokratischen" Autokratie nur diejenige der
neuen, kollektiven Eigentümer an den Lebens- und
Produktionsmitteln und allererst an der "von
allen Produktionsinstrumenten ... größten
Produktivkraft" (MEW 4,181),
an der revolutionären Arbeiterklasse selbst, unter
Ausbeutung gerade auch ihres proletarisch-revolutionären
Heroismus (STALIN sprach vom "russischen revolutionären
Schwung" und der Notwendigkeit, ihn der managerialen
Kompetenz der neuen Führungskräfteschicht der
"alles-entscheidenden Kader" unterzuordnen,
"der amerikanischen Sachlichkeit") durchsetzte,
mithin aus der perfektionierten Herrschaft der
"Partei Neuen Typs" die Herrschaft einer mit
ihrem Staat identisch gewordenen Bourgeoisie neuen Typs
etablierte, - ab dieser Ära der offenen bürgerlichen
Konterrevolution, die mit der endgültigen Ausrottung der
(wirklich, vermeintlich und potentiell)
proletarisch-communistischen Elemente der KPdSU (BOLSHEWIKI) 1936-38 und mit der
Großen Stalinschen Verfassung abgeschlossen war, kann
man selbstverständlich nicht mehr von
"zeitbedingter Unschuld" sprechen: das wäre
ebenso zynisch wie die Rede vom lediglich
"bürokratisierten, deformierten Arbeiterstaat",
von der trotz alledem ja immer noch
"sozialistischen" "Realität" unter'm
"Personenkult" usw.usf., mit der diverse
Anhänger des rivalisierenden Gegen-STALIN TROTSKI und die
stalinistischen "Entstalinisierer" bis heute
den historisch verheerenden Sieg jener Konterrevolution
zu leugnen oder zu bagatellisieren versuchen; als ein
letztes Aufgebot dieser "realsozialistischen"
Apologie sehen wir die durchgehaltene Implikation in DANIEL DOCKERILLS 12 THESEN ... , wonach sich diese
"sozialistischen Staaten" als angeblich noch
immer "Übergangsgesellschaften", Anläufe
proletarisch-communistischer Revolutionen usw., bis
zuletzt unstreitig ja auf dem Wege oder wenigstens mit
dem Gesicht in Richtung erster Fase des Communismus
befunden hätten und deshalb "noch immer", bis
zur bitteren Neige, halt gegen den Rest der Welt - und
gegen das ursächlich schuldige westliche, insbesondere
deutsche Versagerproletariat! - bis zum letzten Atemzug
anti-antikommunistisch zu verteidigen wären. Da werden
Selbstkritiker/innen des Communismus als
"Bolshewistenfresser" abgefertigt, nachdem die
echt-communistischen Bolsheviken von ebenjenen
"sozialistischen" Staatsparteistaaten, die
angeblich nur eine leicht oder schwer
"deformierte" Revolution verkörpern sollen,
vor 60 Jahren gefressen worden sind; ganz abgesehen
davon, dass vor allem das revolutionäre Proletariat von
diesen staatsparteilichen Leviathanen, dieser Boa
Constrictor, einer kollektiven Ausbeuterklasse, restlos
und erbarmungslos einverleibt worden ist! Diese Rhetorik
und Denkfigur der Apologie, offenbar von einer Art
Negativfixierung an den "inneren Antikommunismus in
den eigenen Reihen" motiviert (wie bedrohlich muss
wohl der unbewusste "Bolshevistenhunger" in der
eigenen Brust sein, dass das Herz nicht für die
Niedergeschlagenen und blutig Zerrissenen des
GULAG-Systems, fürs sovjetische Proletariat usw.,
sondern für die historischen Bolschewistenfresser, für
"den Realsozialismus" schlägt ... ), ist nie
pointierter als vom alten LUKÁCS formuliert worden: "Aber
selbst der schlechteste Sozialismus ist immer noch besser
als der beste Kapitalismus. Das ist nur scheinbar ein
Paradoxon." (in: NEUES FORUM MAI 1969), oder sogar noch
realitätsblinder: "Ich war immer der Meinung,
dass man selbst in der schlechtesten Form des Sozialismus
besser leben könne als in der besten Form des
Kapitalismus."
(NEW
LEFT REVIEW JULI/AUG.1971) Das zutiefst Unaufrichtige
(nämlich im Innersten religiös motivierte) dieser
Rhetorik liegt gerade in seiner denkerischen Banalität:
ist es doch keine Frage, dass jeglicher echte - NB:
echte! - Sozialismus, auch sogar schon in den allerersten
Anfängen seines Aufbruchs "zu sich selbst"
noch vor der Schwelle zu seiner ersten kommunistischen
Fase (wie sie ca. 1918 bis tief in die 1920er der
Sovjet-Revolution, also gerade in den härtesten Jahren,
vor den Menschen lag, eben als Übergangsgesellschaft
wenn auch nur erst im gesamten gesellschaftlichen Überbau!)
das Leben nicht nur überhaupt erst für die
Proletarisierten dem Todesalltag des Kapitalismus
entrissen hat, sondern wahrhaft lebenswert macht,
nämlich befreit und kreativ-commun, abgesehen von der
sprunghaften materiellen Lebensverbesserung allererst
für die unteren Schichten des ehemaligen Proletariats,
das sich vom ersten Tag des sozialistischen Umsturzes an
ja als solches selbst aufhebt, das gesellschaftliche
Mehrprodukt sofort spürbar für die Befriedigung
seiner Bedürfnisexplosion verwendet (atmosfärisch
unbedingt so, wie von HEINRICH HEINE: DEUTSCHLAND. EIN
WINTERMÄRCHEN klassisch formuliert: ( ... ) Wir wollen
hier auf Erden schon/ das Himmelreich errichten./ Wir
wollen auf Erden glücklich sein/ und wollen nicht mehr
darben; / .. / Es wächst hienieden Brot genug/ für alle
Menschenkinder,/ auch Rosen und Myrten, Schönheit und
Lust/ und Zuckererbsen nicht minder./ Ja, Zuckererbsen
für jedermann/ sobald die Schoten platzen!/ .. / Ein
neues Lied, ein besseres Lied!/ Es klingt wie Flöten und
Geigen!/ Das Miserere ist vorbei,/ die Sterbeglocken
schweigen." Ohne auf dieses
"hedonistische" Moment ab Umsturz zu setzen,
können sich die Kommunist/inn/en den "Aufbau des
Sozialismus" realistischerweise gleich abschminken.
Weil es nämlich die Bedingung der Möglichkeit auch des
aufopfernd-heroischen Moments aller proletarischen
Revolutionen ist. KARL MARX 1852 an FRIEDRICH ENGELS: "Die
Revolution könnte früher kommen als uns erwünscht.
Nichts schlimmer, als wenn die Revolutionäre für Brot
sorgen sollen.").
Diese
Basisbanalität aber wird vom Leninisten stillschweigend
missbraucht, um dem irrealen "Sozialismus" der
konterrevolutionären Stalin und post-stalinistischen
Ära, ihrer unwiderruflich bürokratisch-kapitalistischen
Wirklichkeit den gegenteiligen Klassenkarakter zu
unterstellen, "zuzurechnen". Der ehrenwerte LUKÁCS klammerte sich so
verzweifelt innerlich an seine Lebenslüge (Dafür
können wir doch nicht so gekämpft und geopfert haben,
es muss doch letzten Endes sinnvoll gewesen sein! - Dabei
hatte er ja doch das letzthinnige revolutionäre Format,
die Wirklichkeit des Irrealsozialismus zu sehen, denn
nach Prag 1968 hat er völlig nüchtern festgestellt:
"Vermutlich ist das ganze Experiment, das 1917
begonnen hat, misslungen, und das Ganze muss ein anderes
Mal und an einem anderen Ort angefangen werden."
G.LUKÁCS:
GELEBTES DENKEN: EINE AUTOBIOGRAPHIE IM DIALOG;
FRANKFURT/M.1981,S.14), wie es für die KP-Loyalität
und -Mentalität auch heute noch symptomatisch ist: "Right
or wrong - my party."
Sie bleibt der höchste Wert, das Höchste Wesen, selbst
wenn sie den Klassenkarakter (Von den Jakobinern-mit-dem-Volk
zu den Jakobinern-gegen-das-Volk bis zum Empire
und zur Restauration dient der Prototyp Polizeiminister Fouché)
gewechselt und sich vom Proletariat abgelöst, gegen das
Werk-der-Arbeiterklasse-selber gewendet hat. Im
Zweifelsfalle gegen das Proletariat - das bleibt die
leninistische Staatsräson, und ihr zuliebe wird dann dem
schlechtesten Resultat einer
asiatisch-despotistisch-bürgerlichen Konterrevolution
das Fälschungsetikett eines "Großen
Immerhin": des immerhin-"Realsozialismus"
aufgeklebt. Der katastrofalen Desorientierung des
internationalen Proletariats in diesem Jahrhundert wird
damit nicht nur in trauter Gemeinsamkeit mit den
antikommunistischen Ideologen (überflüssigerweise)
Vorschub geleistet ("Das war der
Kommunismus!"), nein der eigenen wissenschaftlichen
Denkpotenz, dem proletarisch-communistischen Ethos der
wenigen revolutionären Menschen, die es besser wissen
können und müssen, werden ödipal die eigenen Augen
ausgestochen, aus Glaubensgeilheit wird der
Parteistaatspartei das entscheidende sacrificium
intellectus dargebracht, selbst wo es sie nicht mehr
oder noch nicht wieder gibt!
Die
konkrete Treue zum Proletariat, dessen Teil wir
schliesslich allzumeist auch längst persönlich sind,
ist erst mühselig zu erlernen, zu erringen in Zeiten des
Großen Abschieds vom Proletariat, in denen es noch
leichter zu fallen scheint, einen gegenstandslos
gewordenen "Klassenverrat" zu simulieren, als
wären wir noch Fleisch vom Fleische eines G. LUKÁCS oder H.J.KRAHL ..., deren Weg auf
die Seite des Proletariats so oder so der
Partei-Vermittlung bedurfte (KP als jakobinistischer
Bourgeoisie-Ersatz und von daher auch die lebenslange
Reibung, Züchtigung, renegatenverdächtigen
Vatermord-Impulse oder Verlorener Sohn usw.usf.). Weder
ist "unser" Proletariat noch das
Erziehungsobjekt und Schmuddelkind, das es für MARX und LENIN zweifellos gewesen
ist (für ersteren auf andere Weise als für letzteren,
aber für beide zeitbedingt plausibel: aufzuklärendes,
zu erziehendes, zu bildendes, kulturell zu hebendes, zu
zivilisierendes usw.), noch ist heute der
Parteibildungsprozess, Klassenformierungsprozess von
"der" KP (sei sie auch, als mythisches Wesen,
eine 150 Jahre alte Schildkröte, und lege sie auch
wundersamerweise doch noch Eier) zu verkörpern, zu
institutionalisieren, zu kontrollieren, zu
"führen", zu organisieren, zu machen. Um so
anakronistischer ist die Regression auf Treue zu
"Realsozialismus" und "Kampfpartei" -
bei Strafe des "Antikommunismus" und
"Renegatentums" -, mit der heute noch einmal
fantomhafter Parteiaufbau ideologische Disziplin
einfordert. Wer es nicht leninistisch machen will,
der/die will also garnichts machen; Parteibildung des
Proletariats gefälligst nur im Rahmen
neo-bolshevikischer "Kampfpartei", usw. Für
diese fiktive Parteitreue aber gilt historisch längst,
was LUKÁCS für die
"Treue" in der bürgerlichen Literatur
überhaupt feststellte: sie ist ein
pathologisch-kitschiges Gefühl im Gegensatz zur damals
noch realen kommunistischen (wenn auch für uns heute
höchst fragwürdigen) echten Disziplin: "Die
Parteidisziplin ist dagegen eine höhere, abstrakte Stufe
der Treue. Treue eines Menschen in der Öffentlichkeit
ist: eine weltanschauliche Beziehung zu irgendeiner
geschichtlich gegebenen Richtung - und sie bleibt auch
dann Treue, wenn in irgendeiner konkreten Frage keine
völlige Einheit mit dieser geschichtlichen Tendenz
besteht." Wenn die geschichtliche Richtung der
Übergangsgesellschaft auf Communismus hin sich
unwiderruflich in die konterrevolutionäre Richtung gegen
den Parteibildungsprozess des Proletariats umgedreht hat
- und das ist seit der Machtübernahme STALINS und der
"Bürokratie" (in Wirklichkeit:
Staats-Bourgeoisie) vollendete Tatsache und seit dem
Zusammenbruch des ganzen "Realsozialismus" auch
nicht mehr zu revidieren, wie es ein LUKÁCS vor 30 Jahren sich
wohl noch einbilden durfte -, dann ist die innere und
äussere Treue zur "150jährigen" und gleichsam
ewigen KP endgültig bürgerlicher Kitsch. Sie ist ebenso
billig wie gefährlich angesichts des wirklichen
Parteibildungsprozesses des heutigen Proletariats
geworden, der sich niemals mehr in die Formen und
Schranken eines historischen, halb oder ganz
bürgerlichen Organisations-Surrogats zurückstauen
lässt. Die wohlfeile Nibelungentreue im Nachhinein zu
"der KP" als Gespenst verrät sogar gerade den
proletarisch-communistischen wahren Kern der historischen
Partei-Neuen-Typs, den der naiv-leninistische LUKÁCS 1924 auf die
Formel der revolutionären-Organisation-im-Werden bringt:
"auch sie ist nicht, sondern sie
wird."
Gefährlich ist dagegen das Leichengift von "150
Jahre KP" für einen darniederliegenden, schwer
betäubten und gelähmten Parteibildungsprozess in einem
historischen Augenblick, wo die spärlichen Kräfte des
Bewusstseins im Proletariat alle Elemente
proletarisch-communistischer Selbsttätigkeit,
Defetischisierung und Entnarkotisierung gegen den
"Albtraum der toten Geschlechter" sammeln und
aufbieten müssen, um die Organisation-im-Werden
einerseits völlig neu zu konzipieren, andererseits
zugleich aus ihren spontan sich in den Kämpfen und
Bewegungsmomenten abzeichnenden Konturen und Ansätzen
des Proletariatsprozesses selbst zu entdecken, "neu
zu erfinden" (wie die Situationisten es für ihre
Zeit zu sagen pflegten). Wenn und wo so etwas dann auch
Kriterien der klassischen noch-jakobinistischen
"Partei Neuen Typs" der seinerzeit lebendigen LENIN-Kampfzeit in neuer
Form erfüllt (kurz: disziplinierte Aufstandsorganisation
fürs Proletariat zu werden), um so besser fürs
Verhältnis von Vergangenheit und Gegenwart.
LENIN jedenfalls war
noch zuallerletzt zur Besinnung gekommen angesichts des
selbstgeschaffenen Leviathan oder eher schon
prä-stalinistischen Behemoth, und mit allerletzter Kraft
focht er wieder einmal gegen seine Partei: für das
Herumreissen des Steuers in Richtung auf die russische
Kommune. Sein Vergenossenschaftungsplan (an den erst
wieder, ganz und gar theoretisch, der späte LUKÁCS 1969 in SOZIALISMUS UND
DEMOKRATISIERUNG anzuknüpfen versuchte, um die Vision einer
"Renaissance des Marxismus" mit dem Projekt
einer "Renaissance der Leninschen
Sozialismuskonzeption" zu verbinden: verstanden als
Basisdemokratisierung und rätekommunistischen
Sozialismusaufbau von unten", verankert im
wirklichen Alltag der Menschen) hatte aber bereits keine
Durchsetzungschance mehr gegen die Eigendynamik jener
Partei, die nur noch darauf wartete, ihn endlich
einzubalsamieren. Gelähmt war LENIN vor allem durch
seine linksKAUTSKYanischen, unbewusst russisch-anarchistischen
(BAKUNIN-NETSHAJEV-Organisationszüge
vgl. MEW 18, 335-471, 599-642, zur Bauernfrage und
ökonomischen Rückständigkeit besonders 630ff) und
jakobinistischen Prägungen und in der Falle seines
"Staatskapitalismus"-Imperativs festsitzend -
gefangen in einem riesenhaft rückständigen Weltteil und
hängengelassen von der Arbeiterbewegung des entwickelten
kapitalistischen Westens, konnte er unmöglich noch zum
ungeteilten, wissenschaftlichen Communismus bei KARL MARX zurückfinden,
blieb also letztlich auch Gefangener der russischen
Westler-Orthodoxie. Es blieb nur die Ernüchterung, mit
der der sterbende LENIN mit den Seinen in der Parteispitze
isoliert war, auch wenn es im oberen und unteren Sockel
der zentralistischen Pyramide an
proletarisch-revolutionären Elementen nicht fehlte, wie VICTOR SERGE ausführlich
bezeugt und geschildert hat, von dem wir auch erfahren,
dass LENIN zu Beginn seiner
Krankheit zu seinem Arzt gesagt hat: "Haben
wir genug demoliert? - Ja, dazu
haben wir getaugt!"
Den Staat der Partei kann er damit als einzigen noch
funktionierenden, wachsenden und gedeihenden Apparat
jener Gesellschaft nicht gemeint haben. Sondern nur die
Diktatur des Proletariats selber.
Leninistische
Fliege und staatskapitalistische Milch
Die
konkrete Bestimmung des "bürgerlich-zaristischen
Gemischs" durch ist seine LENIN selbst als
(funktional zum) "Staatskapitalismus" zweite
revolutionär-theoretische Leistung, die bis heute von
den wenigsten Communist/inn/en "eingeholt" und
begriffen worden ist. LENIN in seiner Ambivalenz als Kind
seiner Zeit ist noch selbst hinter diese eigene Einsicht
zurückgefallen, wenn er voluntaristisch terminologisch
immer mal wieder dieses "Gemisch" als rundum
"sozialistisch", als "Aufbau des
Sozialismus" bezeichnet hat, mit dem "man"
angeblich - so NB dem SU-Territorium,
"beginnen" könnte. Wenn es einen
"Sozialismus" in LENIN, nicht erst STALIN ! - in einem so
großen einzelnen "Land", der SU jemals
tatsächlich gab, dann ausgewachsener Staatssozialismus,
und dessen Identität mit Staatskapitalismus ist das
einzige, war das was hier begrifflich Sinn ergibt.
Um den zu etablieren, haben die
"Jakobiner-mit-dem-Volk" genug demoliert:
nämlich die Selbstverwaltungsorgane angefangen von den
Räten und Fabrikkomitees der Arbeiterklasse selber, des
'Volkes", sprich der Bauern, deren Sovjets
systematisch zu Parteianhängseln gemacht wurden oder
deren revolutionäre Selbstorganisation und Bewegung, wie
die MAKHNOgleichzeitig gegen
die Konterrevolution (die "Weissen") ausgenutzt
und im selben Zug als Vendée behandelt wurde; von
-Bewegung, dem die permanente Revolution in Richtung auf
den Communismus weitertreibenden proletarischen
Sovjet-Kronstadt gar nicht zu reden. Die BOLSHEVIKI haben, in einem
Wort, die Basis hinreichend demoliert, von der aus
permanente Revolution in Richtung Sozialismus/Communismus
1. Stufe möglich war und begonnen hatte, um die Diktatur
des Proletariats frühzeitig durch die
staatskapitalistische Despotie eines
bürgerlich-zaristischen Gemischs von neuer herrschender
Klasse, einer Staats-Monopolbourgeoisie neuen Typs, zu
ersetzen. VICTOR SERGE kennzeichnete (SHKLOVSKI und GORKI zitierend) schon
den so zugerichteten Parteibildungsprozess des Jahres
1919 (!) als "eine Revolution, die im
Sterben lag". Der
Kriegs-"Kommunismus" hinterliess dann "ein
bitter und hoffnungslos gewordenes Proletariat",
das durch die Partei und ihren Staat nicht nur de facto
sondern sogar de jure entrechtet worden war; und 1922/23,
nach dem Abwürgen der Dritten Revolution (und damit der
Permanenten Revolution im proletarischen Sinne) von
Kronstadt und der Umleitung in eine offen und erklärt
staatskapitalistische Entwicklung, konstatierte VICTOR SERGE "eine
tiefe moralische Krise der Parteifunktionäre",
"Man fühlte, dass das besiegte Geld bald wieder
zum Alleinherrscher werden sollte" (SERGE geht es dabei
keinen Augenblick um Verklärung oder Restauration des
terroristischen Kriegs-"Kommunismus" - leider
muss dies für einen bestimmten linken Lesertyp gleich
hinzugefügt werden). Schon 1920/21 waren die Sovjets "längst
zweitrangige Apparate der Partei" geworden, die
tatsächlich nur das lokale Parteikomitee vertraten. "Die
Partei wurde mehr und mehr von oben nach unten von den
Sekretären regiert, von Karrieristen
überschwemmt." Als dann auch noch der Große
Mittler, die Führerfigur, der Mega-Manager LENIN ausfiel (- er soll
zuletzt auch noch gesagt haben: "Man
glaubt die Maschine zu steuern, aber sie reisst einen mit
sich fort; plötzlich sind andere Hände als unsere am
Steuer."), waren die proletarische
Revolution und die Diktatur des Proletariats "alles
in allem am Ende ihrer Kräfte." (VICTOR SERGE:
ERINNERUNGEN EINES REVOLUTIONÄRS. S.178, der diesen ganzen
Prozess sowohl aus dem Inneren Kreis der Parteispitze als
auch from the bottom up eingehend schildert,
bevor er zu derartigen resümierenden Formulierungen
kommt. Nach LENINs Tod erlebte er eine steigende Suizidrate
unter den besten Parteiarbeiter/inne/n, "in
Leningrad ... 10-15 Selbstmorde am Tag: meist Menschen
unter 30 Jahren." S.420). Alle Ansätze zu
einer Diktatur des Proletariats waren damals schon
ausgebrannt bzw. "demoliert", und wenn das
"eine höchst prekäre Form des versuchten
Übergangs zu kommunistischer Produktion und
Verteilung" war, dann genau eine
kriegskommunistische und staatssozialistische, die mit
einem explizit staatskapitalistischen Übergangsregime
mit Kurs auf Einreihung in die kapitalistische
(imperialistische) Konkurrenz identisch war - und das
alles, in der ehrlichen LENINschen Fase, noch ganz offiziell.
Kurz: hier fand bereits der endgültige Übergang zum
Kapitalismus statt, also die gegen(läufig)revolutionäre
Entwicklung der anfangs proletarisch-communistischen
Richtung der Bewegung, ihrer Intention; und die prekäre
proletarische Übergangsform der Sovjet-Diktatur des
Proletariats war längst kaputtgemacht.
Die "Rücknahme der Staatsgewalt durch
die Gesellschaft als ihre eigne lebendige Macht, an
Stelle der Gewalt, die sich die Gesellschaft unterordnet
und sie unterdrückt; das ist die Rücknahme der
Staatsgewalt durch die Volksmassen selbst, die an Stelle
der organisierten Gewalt der Unterdrückung ihre eigene
Gewalt schaffen; das ist die politische Form ihrer
sozialen Emanzipation an Stelle der künstlichen Gewalt (
... ) der Gesellschaft" (MEW
17, 543) - alle diese Wesernsmerkmale, Womit KARL MARX die revolutionäre
Diktatur des Proletariats an der Pariser Commune
kennzeichnet - waren jetzt selbst rückläufig gemacht
und wurden sukzessive kassiert:
spätestens mit der Ausschaltung der
"Arbeiteropposition" auf dem 10.Parteikongress
im Mai 1921 manifestierte sich auch offiziell die
Rücknahme der gesellschaftlichen, proletarischen
Gewalt/Macht durch den Partei-Staat ganz nach der
Auslegung des "allmächtigen, weil wahren"
"Marx"-Ismus des orthodoxen Führers von
Partei/Klasse/Masse, der dort mit der Arroganz der Macht
erklärte:
"Der Marxismus lehrt uns, dass nur die
politische Partei der Arbeiterklasse, d.h. die
Kommunistische Partei, vereinheitlichen, erziehen,
organisieren und deshalb die gesamte proletarische
Bewegung und damit auch die gesamte Arbeiterklasse
führen kann. Ohne sie ist
die Diktatur des Proletariats vollkommen bedeutungslos."
Für diese Usurpatoren der für sich genommen
"vollkommen bedeutungslosen" revolutionären
Diktatur des Proletariats und des zum üblen
Legitimationspopanz gemachten "Marx"-Ismus der
Orthodoxie, die auf dem 10. Parteitag mit diesen Worten
offensichtlich nach der Devise "je allmächtiger,
desto wahrer" auch theoretisch wegweisend ihr
hässliches Haupt erhoben, ist von da an nur noch eines
prekär: das Tempo und Ausmaß des immer eindeutiger
rückläufig staatsmonopolkapitatistischen, bürgerlichen
Übergangs zur ursprünglichen staatskapitalistischen
Akkumulation unter dem sich organisch-naturwüchsig
anschliessenden, erst systematisch strategisch
durchsetzenden, dann brutal konsolidierenden STALIN-Regime.
Fazit:
"( ... ) Auf dem 10. Parteikongress, in dem
Moment, in dem der Sovjet von Kronstadt mit Waffen
niedergeschlagen und unter Verleumdungen begraben worden
war, kam Lenin in der Auseinandersetzung mit den
linksradikalen Bürokraten, die in der
"Arbeiteropposition" organisiert waren, zu dem
Schluss, dessen Logik Stalin bis hin zu einer
vollkommenen Teilung der Welt fortführte: 'Hier
oder dort mit einem Gewehr, aber nicht mit der Opposition
... Wir haben genug von der Opposition."'
(GUY
DEBORD: DIE GESELLSCHAFT DES SPEKTAKELS. THESE 103)
Die Repräsentanten des Proletariats hatten sich damit
endgültig an die Stelle der proletarischen
Revolution gesetzt, hatten das Subjekt wieder zum Objekt
gemacht, und der oberste Repräsentant sprach das
Geheimnis der nun etablierten Hierarchie aus: eine
Diktatur des Proletariats mag existiert haben oder es
gibt sie tatsächlich noch irgendwo in der SU, das ist
für sich genommen vollkommen bedeutungslos - von
Bedeutung ist einzig und allein die bolshevikische
Partei. Sie führt um ihr Überleben Krieg, sie befindet
sich jetzt im prekären Übergang zu einer neuen,
erklärtermaßen staatskapitalistischen Ökonomie und
Politik, und sie hat jetzt endgültig genug von der
Diktatur des Proletariats. Die lebendige Macht war durch
die künstliche Macht ersetzt worden, über das Weitere
berichten die Chronisten und Memoiren.
Höchst
prekär war die "realsozialistische" (- der
Staat ist für die Staatssozialisten freilich die einzige
Realität) Gegenrevolution genau deshalb zu jedem
Zeitpunkt, weil sie sich zu keinem Zeitpunkt mehr auf die
Selbsttätigkeit der Gesellschaft geschweige auf den
Parteibildungsprozess des Proletariats unmittelbar
stützen konnte (- der "Große Vaterländische
Krieg" später als gewisse unheimlich-symptomatische
Ausnahme zu dieser Regel). Mit der Einschränkung: dass
diese staatskapitalistische Akkumulation bis tief in die STALIN-Ära hinein bis
einschliesslich "Großem Vaterländischen
Krieg" und Wiederaufbau der SU die ungeheuren
Energien, den naiven Enthusiasmus und Heroismus, die
unerschöpfliche Aufopferungsfähigkeit des Proletariats
und der proletarisierten Bauernmassen etc. fürs
Staatsmonopol auszubeuten verstand. "Pod
Stalina!" - mit diesem Ausruf stürmten noch
unzählige Soldaten im "Großen Vaterländischen
Krieg" ins feindliche Feuer - was abermals auf die
Bindekraft der Führer-lkone des russisch-despotischen
Staatsparteifetischismus weist, aber diese lkone stand,
materialistisch gedeutet, zugleich in diesem historischen
Moment wie das "Väterchen" zum
"Mütterchen": als Schützer der
"Russischen Erde"! Die Parzelle, der
Rest-"Mir" bzw. seine
historisch-ökonomischen und psychohistorischen Spuren,
diese perennierende Unterseite des rotgefärbten
Teppichs... Was darüber hinaus an rein communistischen
Gehalten und Bestrebungen - nicht zuletzt auch der
Intellektuellen - an dieses Staats-Partei-Monopol sich
heften konnte und musste (bis heute), gehört in die rein
ideologische Dimension, genauer: geht als "ideeller
(z.T. einfach nur idealistischer - wie parallel
beim Anarchismus, "Iibertären Kommunismus"
etc.) Protokommunismus" in dieses
kapitalistische Staatsmonopol ein. Diese Elemente einer
echt communistischen Revolution wurden also
letztinstanzlich von der kapitalistischen,
Konterrevolution rekuperiert, dienen dieser als Nimbus,
als irrealsozialistisches Alibi gegenüber den Hoffnungen
und Bestrebungen im Weltproletariat, während in
Wirklichkeit vor nichts zurückgescheut wurde, diesem
"Realsozialismus" alle Attribute bürgerlicher
Reputierlichkeit als konkurrierende
"Sovjetnation" in der Arena des Weltmarkts und
der imperialistischen Konkurrenten zu erobern - ganz in
der Tradition der zaristischen Aussenpolitik, wie sie von
MARX und ENGELS entlarvt und
analysiert worden ist. Aus diesem Grunde hat STALIN auch persönlich
dafür gesorgt, die Veröffentlichung dieser Analysen der
Klassiker zu unterdrücken, den Leiter des MARX-ENGELS-Archivs RJASANOV zu verbannen und
zu ermorden usw.
Doch nicht allein aus diesem Grund. DAVID GOLDENDACH
("RJASANOV") (1870-1938) ist der MARX-nächste
Theoretiker (vor allem als communistischer MARX,ENGELS-Forscher,
wissenschaftlicher Communist im strengsten Sinn) und
Praktiker (besonders als revolutionärer
Gewerkschaftsbasisaktivist in Permanenz) der 2. und 3.
Internationalen und immer von vornherein misstrauisch und
destruktiv gegen jeden Parteidogmatismus.
Obwohl frühzeitig gegen LENINS Organisationskonzeption, focht er
(mit TROTSKI im
"Augustblock" 1917) dann für den November-Coup
der BOLSHEVIKI, um alle Macht an
die Soviets zu bringen, wie er schon an der Seite LENINS gegen den
imperialistischen Krieg, für den revolutionären
Bürgerkrieg gekämpft hatte. LENIN hatte natürlich
das Format, den späteren Herausgeber der ersten MEGA
immer wieder zu konsultieren, wenn es um die Essentials
der von MARX & ENGELS begründeten
Theoriebildung ging usw. Von daher überrascht es auch
nicht, RJASANOV auch nach dem Tode
LENINS diesem gegenüber
ebenso souverän und kritisch zu erleben wie innerhalb
aller Theorie und Praxis der revolutionären
Arbeiterbewegung.
An der prompten theoretischen Mumifizierung seines
Kampfgenossen wirkt RJAZANOV als so ziemlich Einziger nicht
mit, sondern hält bereits am 2.3.1924 einen Vortrag auf
der SOZIALISTISCHEN
AKADEMIE-Festsitzung zu Ehren des Verstorbenen, mit RADEK, BUKHARIN u.a., in dem er
die Staatstheorie LENINS kritisch würdigend einschätzt, sie
internationalistisch abgleicht, vor allem sie der Theorie
von dessen revolutionärem communistischen Zeitgenossen
und Arbeiterorganisator in den USA, DANIEL DeLEON, relativierend an
die Seite stellt ... Das Stenogramm dieses Vortrags ist
erst spät und erst 1993 in einer (mangelhaften)
deutschen Übersetzung zugänglich geworden, so dass
einige längere Auszüge hier willkommen sein dürften,
um sowohl die Ambivalenz selbst des klarsten Kopfes des
wissenschaftlichen Communismus jener Zeit und jenes Orts
in der Frage der antistaatlichen Diktatur des
Proletariats bloßzulegen sowie den Nerv, an den eine
solche positiv-kritische, dialogische
Auseinandersetzung mit dem "Erbe" vom
frühen(!) MARX ... bis zu dem des späten (!) LENIN rührt; d.h. den
tieferliegenden, eigentlichen Grund dafür, warum die
sich etablierende, "prekäre" bürokratische
Staatsbourgeoisie einen RJAZANOV und die Klasse,
ihre Organisation, ihre Theorie, die er repräsentierte,
möglichst "liquidieren" musste.
Rjasanov
(1924) über den Staat als Fetischform
[In KARL MARX: ZUR
JUDFNFRAGE, MEW1, 347-387] findet ihr jene
Charakteristik des Staates als eines Organismus, der sich
auf noch unbekannte Weise herausgebildet hat und der das
Produkt einer bestimmten übergesellschaftlichen Kraft
ist. Marx wusste bereits 1842, dass diese Kraft keinen
religiösen Ursprung hat, aber er konnte sich noch nicht
erklären, wie dieser Fetisch -
ich verwende den euch aus dem 'Kapital' bekannten Begriff
- entstanden ist und ob er ein Produkt der menschlichen
Gesellschaft oder das Produkt irgendeiner anderen Kraft
ist. [MARX] versucht, in das Geheimnis des Staates
einzudringen. ( ... ) Erst im Sozialismus, erst in seinen
Elementen fanden sie [MARX & ENGELS] den
Ansatzpunkt, zu zeigen, dass sowohl der Staat als auch
die vielen Erscheinungen des sogenannten Überbaus, der
Ideologien, ein Produkt der menschlichen Gesellschaft
sind. In den 'Deutsch-Französischen Jahrbüchern', in
der Kritik an Hegel und besonders in den Artikeln 'Zur
Judenfrage' seht ihr, wie interessant es für Marx ist,
auf welche Weise sich aus dieser ganzheitlichen
menschlichen Gesellschaft, aus dieser Vielfalt von
Funktionen, die es in einer Gesellschaft gibt, die
politische Funktion herauslöste, sich vom ganzheitlichen
Menschen absonderte und sich in eine Kraft verwandelte,
die auf dieser Gesellschaft lastet und sie gleichzeitig
lenkt.
Das ist die erste Formulierung der permanenten
Revolution. Sie zeigt, dass die politische Revolution bis
zur Klärung dessen gehen könnte, was sich hinter dem
Menschen verbirgt, wenn sie sich als permanent sähe und
wenn sie das Rätsel der Politik, das Rätsel der
Religion und Ökonomie löste. ( ... )
So kommt Marx ( ... ) zu dem Schluss, dass der Staat, das
politische Leben den Menschen von bestimmten Funktionen
entfremdet, isoliert und diese Kraft in den Händen
anderer konzentriert. Und nur durch die Errichtung der
klassenlosen Gesellschaft, nur durch die Rückgabe all
dieser dem Menschen entfremdeten Kräfte wird es möglich
sein, die Bedingungen zu schaffen, unter denen die
Politik und die politische Form in die
gesamtgesellschaftliche Form übergehen.
[Die dann aus DIE DEUTSCHE IDEOLOGIE, MEW 4, angeführten
Stellen] zeigen, dass Marx schon Ende 1845, etwa zwei
Jahre vor dem Verfassen des Kommunistischen Manifests, die
Frage nach dem Staat auf folgende Grundlage stellt:
die gesellschaftliche Genesis und der Charakter dieses
Fetischs müssen erforscht werden. Er führt ihn auf die
bürgerliche Gesellschaft zurück, d.h. auf die
gesellschaftlichen Beziehungen, auf die Beziehungen, die
zwischen den Menschen im Produktionsprozess, bei der
Schaffung materieller Mittel, im Prozess der Befriedigung
und Erhaltung des Lebens entstanden sind. Hier zeigt er,
wie sich die Kraft der Arbeitsteilung, diese soziale
Kraft aller gesellschaftlichen Funktionen, die sich in
einer Klasse konstituieren, historisch von dieser
Gesellschaft löst und sich in den Händen des Staates
konzentriert, der zum Werkzeug einer
bestimmten herrschenden Klasse wird, die die gesamte
Gesellschaft in eigenem Interesse und nach eigenem
Vorbild umgestaltet. ( ... )
Im 'Elend der Philosophie' gibt es Momente, die zeigen,
dass die Schaffung des Staates als eine Kraft, die seine
[= des Menschen] Energie widerspiegelt, Marx
beschäftigte. ( ... )
Wir konstatieren, dass erst die Analyse des Verhaltens
der verschiedenen Parteien 1848 in Frankreich, die Kritik
des Verhaltens der Sozialdemokratie [sic!!
Übersetzung !?!] und der verschiedenen Sozialisten
bis zu den Randgruppen, die sich um Blanqui
konzentrierten, Marx zu einer neuen Formulierung der
alten These führte. Ich wiederhole, es handelt sich hier
um die alte, oft vergessene Formulierung; ich habe im
ersten Teil bereits darauf hingewiesen, dass wir vor 1917
einiges in Marx' Arbeiten übersehen haben. Ich gebe zu,
auch mir ist einiges entgangen. Eine der markantesten
Stellen, die diesen Wesenszug aufdeckt, entging auch der
Aufmerksamkeit Lenins, der alle bei Marx formulierten
Gedanken sorgfältig sammelte. Er hat gerade eine der
charakteristischsten Stellen nicht erwähnt, die ihm in
der Polemik mit Kautsky und den Opportunisten der II.
Internationalen sehr genutzt hätte. Marx charakterisiert
Blanqui als 'doktrinär'; an einer anderen Stelle wird
Blanqui als Vertreter einer eigentlich proletarischen
Partei bezeichnet.
Das ist die glänzende Formulierung, in der Marx
erstmalig die alte Formel der Eroberung der Staatsmacht
durch die Formel der Diktatur des Proletariats ersetzt
und dabei den gleichen Sinn hineinlegt, den er schon in
der 'Deutschen Ideologie' entwickelt. Die Revolution
vereint doch das Proletariat nicht nur deshalb, damit es
die herrschende Klasse stürzt, sondern auch, damit es im
Prozess dieser Revolution seine eigene Psyche verändert
und sich vom Schmutz und Kalk der alten Ordnung befreit.
So stark und schnell entwickelt sich dieser Gedanke von
Marx in jenen Jahren. ( ... )
Weil Marx und Engels der Französischen Revolution
< ... > eine besondere Bedeutung beimaßen '
warnten sie jetzt [1850] im Zirkularbrief vor
jeglichem Versuch, die zentralistische Maschinerie zu
zerschlagen. Aber die Erfahrungen, die Napoleon IIl. mit
seiner ganzen Bande vermittelte, die Rolle, welche die
Bauernschaft spielte, zwangen Marx, das Verhältnis der
Bauernschaft zu dieser Maschinerie zum ersten Mal
detailliert zu analysieren, und er gelangte zu der
Schlussfolgerung, die er bereits in der ersten Ausgabe
des '18.Brumaire' sehr eindeutig formuliert hat. Er sagt,
bis jetzt haben zwar alle revolutionären Parteien
versucht, von dieser zentralisierten Maschinerie Besitz
zu ergreifen, sich aber gefürchtet, sie anzurühren.
Warum hatten sie Angst, sie zu zerschlagen? Gerade wegen
der Bauernschaft, denn erst die zentralisierte
Maschinerie hatte sowohl Napoleon I. wie auch Napoleon
IIl. geholfen, sich die Bauernschaft zu unterwerfen, ihre
ganze riesige Kraft zu beherrschen. Bei seiner Analyse
verstand Marx sehr gut, wie wichtig es für das
Proletariat ist, - um mit unserem Terminus zu sprechen: -
das Bündnis mit der Bauernschaft sicherzustellen; er
verstand es sehr gut, wie er in der ersten Ausgabe des
'Brumaire' sagt, dass das Proletariat ohne Rückhalt in
der Bauernschaft, ohne die Begleitung der Bauernschaft in
seinem revolutionären Gesang es riskiert, in die Lage
des singenden Schwans zu geraten. In diesem Zusammenhang
zeigt er, dass es keinen Grund gibt, Angst
vor der Zerschlagung der vom zentralistischen Staat
geschaffenen bürokratischen Militärmaschinerie zu haben,
denn diese Maschinerie ist nur ein Bestandteil des
zentralistischen Systems. So gelangt Marx Anfang 1852 zu
dem Schluss, dass das Proletariat nach der
Erlangung der politischen Macht und Ergreifung der
politischen Staatsgewalt keine Angst haben darf, diese
Staatsmaschinerie zu sprengen, zu zerbrechen.
(...)
Aber es gibt noch eine andere Seite, auf die ich
hingewiesen habe und die Marx von Anfang an
interessierte. Er ging darauf ein, als er den
Fetischcharakter aufdeckte; gemeint ist, dass die
Staatsmaschinerie für die herrschende Klasse nicht nur
ein Unterdrückungsmechanismus gegen die geknechteten
Klassen ist, sondern auch ein Werkzeug zur Ausnutzung der
unterdrückten Klassen. Diese Seite war etwas im Dunkeln
geblieben, unerforscht. ( ... )
Nach Marx konstatiert auch Genosse Lenin eine
Übergangsform zwischen dem alten bürgerlichen Staat und
der echten kommunistischen Ordnung. Er tauft sie sogar
einfach auf den Namen sozialistische Ordnung. Es ist
klar, weshalb unsere RSFSR sozialistische
Geselischaftsordnung genannt wurde - um zu
unterstreichen, dass das noch kein Komnmunismus ist
sondern eine Form, in welcher der Übergang zu einem
höheren Stadium vollzogen wird. Ich kann nicht weiter
darauf eingehen. ( ... )
Die gesamte Polemik des Genossen Lenin mit den linken
Kommunisten, die 1918 und 1919 fortgesetzt wurde, beruht
gerade darauf, dass Lenin bei der Analyse dieser
Gesellschaftsordnung, dieser Übergangsperiode, zu dem
Ergebnis kam, dass man die gesellschaftlichen Kräfte der
Formation, an deren Spitze wir stehen, ausnutzen muss,
solange im Westen Europas keine soziale Revolution
erfolgt, solange die im Überfluss vorhandenen Kräfte
des westeuropäischen Proletariats nur der
westeuropäischen Bourgeoisie dienen und uns nicht zu
Hilfe kommen, um unseren gesellschaftlichen Typus im
Bereich der Technik und der Produktivkräfte auf eine
höhere Stufe zu heben. Solange das nicht geschieht,
müssen wir solche politischen Formen ersinnen, eine
solche Taktik festlegen, eine solche ökonomische Politik
betreiben, die es uns erlaubt, die Kräfte der russischen
Bauernschaft zu nutzen, die unvergleichlich stärker ist
als die französische Bauernschaft 1848149. (...)
Dabei sollte man die große Anzahl interessanter
Bemerkungen Lenins nutzen, die in den Reden 1919-1920
dazu enthalten sind. Sie enden mit einer Rückbesinnung
und dem nicht ganz gelungenen Versuch, diese Aufgabe
allein dadurch zu lösen, dass man die Mittel zur
Kontrolle dieser gesamten gesellschaftlichen Formation
verstärkt. ( ... )
Wir durchleben, ich wiederhole es, eine Periode der
Atempause, wir haben jetzt die Möglichkeit - ich gehöre
in dieser Frage zu den Optimisten- diese
Revolutionserfahrungen nicht nur erstmalig zu
verarbeiten, sondern auch theoretisch zu untermauern. Ich
denke, dass die Sozialistische Akademie sich schon
längst Kommunistische Akademie nennen müsste, denn das
wäre auch eine Rückkehr zu den revolutionären Aufgaben
des revolutionären marxistischen Kommunismus, für den
die Bourgeoisie den Namen Blanqui gefunden hat, der uns
aber sehr viel bedeutet. ( ... ) "
(LENIN
ALS THEORETIKER DES PROLETARISCHEN STAATES. in: DAVID
RJASANOW - MARX-ENGELS-FORSCHER - HUMANIST - DISSIDENT.
Hrsg.von VOLKER KÜLOW und ANDRÉ JAROSLAWSKI, BERLIN
1993, S.100-133)
Lohnsklaverei
+ Staatssklaverei
Was sogar
ein RJASANOV in dieser nicht
nur "prekären", sondern verzweifelten Lage,
als notgedrungen revolutionärer Zweckoptimist, nicht mit
vollendeter, konsequentester Schärfe erkennen
"durfte" geschweige denn aussprechen: dass MARX die proletarische
Revolution, die Commune-Revolution als gegen den
Staat selbst gerichtet analysiert und resümiert
- - während LENIN den Versuch des Beginns
der permanenten Revolution unter
isoliert auf sich gestellt entweder aussichtslosen oder
(nach dem Ignorieren der MARXschen und ENGELSschen Studien und
Anhaltspunkte, und mehr, über den möglichen russischen
Weg zu einem spezifischen Communismus) neu zu erfindenden
Organisierungsbedingungen zu denken hatte und deshalb
letztinstanzlich des Staates nicht entbehren, den Angriff
auf die zentralisierte Staatsmaschinerie nie und nimmer
auch nur denken und dulden konnte - also zeitbedingt
unschuldig als Opfer der russischen und
weltproletarischen Unreife, wie auch immer, zwischen
Staat und Massen, Partei und Sovjets, orthodoxer Theorie
und pragmatischer Praxis, Krieg und Frieden gevierteilt
wurde, das bleibt auch dem damaligen Blick-zurück-zu-MARX immer noch
verstellt. Dieser "muss" eher noch erst an
dessen staatszentralistischem utopisch-kommunistischen
Kombattanten BLANQUI hängenbleiben, der den Jakobinern noch so
nahe stand und dessen Wirkungsmacht in der Pariser
Commune (subjektive Unreife) ausglühen durfte.. Selbst
die besten, klarsichtigsten,
wissenschaftlich-communistisch bewusstesten unter den BOLSHEVIKI konnten zu jener
Zeit wider Willen und Bewusstsein nicht zurück zu MARX, sondern schafften
es erst - und das war viel! - wieder "in dessen
Vorzimmer": zum revolutionären Etatisten BLANQUI. ("Marx
hat in der Vorstellung der klassenlosen Gesellschaft die
messianische Zeit säkularisiert. Und das war gut so.
(...) Dem revolutionären Denker bestätigt sich die
eigentümliche revolutionäre Chance jedes
geschichtlichen Augenblicks aus der politischen Situation
heraus. Aber sie bestätigt sich ihm nicht minder durch
die Schlüsselgewalt dieses Augenblicks über ein ganz
bestimmtes, bis dahin verschlossenes Gemach der
Vergangenheit. der Eintritt in dieses Gemach fällt mit
der politischen Aktion strikt zusammen; und er ist es,
durch den sie sich, wie vernichtend immer, als eine
messianische zu erkennen gibt. (Die klassenlose
Gesellschaft ist nicht das Endziel des Fortschritts in
der Geschichte sondern dessen so oft missglückte,
endlich bewerkstelligte Unterbrechung.)
(WALTER
BENJAMIN: NOTIZ ZU 'ÜBER DEN BEGRIFF DER GESCHICHTE'.
1940)
Vielleicht ist hierin von dem revolutionären ProLENINisten Walter
Benjamin, der ebenfalls und ebendeswegen fasziniert war
vom Kommunismus eines BLANQUI, das objektive geschichtliche
Dilemma - nicht nur; aber intim: - des revolutionären BOLSHEvismus am
prägnantesten ausgesprochen. Es konnte wohl erst und nur
im Nadir, im konterrevolutionären Resultat dieser
gescheiterten Revolution - genau zwischen HITLER-STALIN-Pakt und der
Shoah - so erblickt und formuliert werden: als der
Fortschritt von Kapital und Staat sich nicht mehr
unterbrechen liess.)
Nein, von
den "Jakobinern-mit-dem-Volk" konnte
und kann auch von uns heute nachträglich nicht verlangt
werden, dass sie dem in ihrer Situation ins Gesicht
sahen, was KARL MARX historisch-wissenschaftlich
privilegiert gewesen war zu sehen: das Medusenhaupt des
Staats-im-eigentlichen-Sinne.
Schon in seiner Schrift gegen HEINZEN hatte er gewarnt:
Stürzt das Proletariat die politische
Herrschaft der Bourgeoisie, so wird sein Sieg nur
vorübergehend, nur ein
Moment im Dienste der bürgerlichen Revolution selbst
sein, wie arm 1794, solange
im Laufe der Geschichte, in ihrer 'Bewegung', die
materiellen Bedingungen noch nicht geschaffen sind, die
die Abschaffung der bürgerlichen Produktionsweise
und darum auch den definitiven
Sturz der politischen
Bourgeoisherrschaft notwendig
machen. (...) Die Menschen
bauen sich eine neue Welt (...) aus den geschichtlichen
Errungenschaften ihrer untergehenden Welt. Sie
müssen im Laufe ihrer Entwicklung die materiellen
Bedingungen einer neuen GeselIschaft selber erst
produzieren, und keine Kraftanstrengung der Gesinnung
kann sie von diesem Schicksal befreien."
Auf die
russische "verfluchte Rückständigkeit"
zurückgeworfen durch das Ausbleiben des proletarischen
Weltrevolutionsschubs, der zu Recht hatte initiiert
werden sollen, - bleibt der russischen Revolution nichts
übrig, als aus ebendiesem Schicksal "das beste zu
machen": zwischen dem noch von den beiden Londoner
Alten angeregten und theoretisch wohlbegründeten Weg der
russischen Kommune und dem jakobinistischen des Etatismus
"wählten" die BOLSHEVIKI den letzteren, und
zwar von Anfang an - als ihr westlerisches Schibboleth
(es handelt sich um eine Verdrängung
der russischen Besonderheit, die die russischen
"Marxisten" geradezu von Anbeginn
konstituiert). Damit aber sind sie fortan für die MARXsche
wissenschaftliche Einsicht in ihrem ganzen Umfang, ihrer
ganzen dialektischen Antagonismusdynamik, blind:
"Der wahre Gegensatz der Staatsmacht,
der zentralisierten vollziehenden Gewalt, ( ... ) war die
Kommune. ( ... ) Alle
Reaktionen und alle Revolutionen haben nur dazu gedient,
diese organisierte Macht - diese
organisierte Gewalt zur Versklavung der Arbeit
- aus einer Hand in die andere, von einer Fraktion der
herrschenden Klassen an die andere zu übertragen. ( ...
) Sie hatte aus jeder neuen Veränderung neue Kräfte
gesogen. Sie hatte als Werkzeug gedient, um jede
Volkserhebung niederzuschlagen und die arbeitenden
Klassen zu unterdrücken, nachdem sie gekämpft hatten
und ausgenutzt worden waren, um die Übertragung der
Staatsmacht von einem Teil ihrer Unterdrücker an den
anderen zu sichern. Daher war die Kommune nicht eine
Revolution gegen diese oder jene (...) Form
der Staatsmacht. Die Kommune
war eine Revolution gegen den Staat selbst, gegen diese
übernatürliche Fehlgeburt der Gesellschaft; sie war
eine Rücknahme des eigenen gesellschaftlichen Lebens
des Volkes durch
das Volk und für das Volk. Sie war nicht eine
Revolution, um die Staatsmacht von einer Fraktion der
herrschenden Klasse an die andere zu übertragen, sondern
eine Revolution, um diese abscheuliche Maschine der
Klassenherrschaft selbst
zu zerbrechen. (...) Die Kommune war die
entschiedene Negation
dieser Staatsmacht und darum der Beginn der sozialen
Revolution des 19. Jahrhunderts. ( ... ) Nur die
Proletarier, von der neuen sozialen Aufgabe entflammt,
die sie für die gesamte Gesellschaft zu vollbringen
haben, nämlich die Abschaffung aller Klassen und der
Klassenherrschaft, waren imstande, das
Werkzeug dieser Klassenherrschaft - den Staat -, diese
zentralisierte und organisierte Regierungsgewalt zu
zerbrechen, der sich
anmaßt, Herr statt Diener der Gesellschaft zu sein. (
... ) Der Parlamentarismus in Frankreich war am Ende. (
... ) und die Arbeiterrevolution war sicher nicht darauf
aus, ihn von den Toten zu erwecken. Aber diese
eine Form der
Klassenherrschaft war nur zusammengebrochen, um die
vollziehende Gewalt, die
staatliche Regierungsmaschine, zum großen und einzigen
Angriffsobjekt der Revolution zu machen.
(...)
[In Hinblick auf den Unterschied zum
parlamentaristisch-republikanischen Staat] konnte
nichts dem Geist der Kommune fremder sein, als das
allgemeine Stimmrecht durch hierarchische Investitur zu
ersetzen. ( ... ) Die Kommunalverfassung würde im
Gegenteil dem gesellschaftlichen Körper alle die Kräfte
zurückgegeben haben, die bisher der
Schmarotzerauswuchs 'Staat', der von der Gesellschaft
sich nährt und ihre freie Bewegung hemmt,
aufgezehrt hat. Das bloße Bestehen der Kommune führte,
als etwas Selbstverständliches, die lokale Selbstregierung
mit sich, aber nun nicht mehr als Gegengewicht gegen
die, jetzt überflüssig gemachte, Staatsmacht.
( ... )
Das also ist die Kommune - die politische Form der
sozialen Emanzipation, die
Befreiung der Arbeit von der Usurpation (der Sklaverei)
der Monopolisten der Arbeitsmittel,
die von den Arbeitern selbst geschaffen oder Gaben der
Natur sind. So wie die Staatsmaschine und der
Parlamentarismus nicht das wirkliche Leben der
herrschenden Klassen, sondern nur die organisierten
allgemeinen Organe ihrer Herrschaft, die politischen
Garantien, Formen und Ausdrucksweisen der alten
Ordnung der Dinge sind, so ist
die Kommune nicht die
soziale Bewegung der Arbeiterklasse und folglich nicht
die Bewegung einer allgemeinen Erneuerung
der Menschheit, sondern ihr
organisiertes Mittel der Aktion.
( ... ) Sie beginnt die
Befreiung der Arbeit - ihr großes Ziel - mit einer
ungeheuren Einsparung"
- nämlich der Abschaffung des "Parasitismus des
Staatsungeheuers"... (MEW 17, S.541-547)
Es
genügt, diese längst bekannten Wesenszüge der
revolutionären Diktatur des Proletariats aus der
klassischen Analyse ihres realhistorischen
"Modells", ihrer konkreten "Urform"
in der Skizze KARL MARX: DER BÜRGERKRIEG IN FRANKREICH.
1871 (MEW 17) herauszugreifen, um auf den ersten Blick
schon kontrastiv klarzumachen, worum es sich beim
"sovjetischen" und
"realsozialistischen" Staatswesen der
jeweiligen "KP" handeln muss, um welche
Richtung eines Übergangs.
Denn das
Staatsmonopol an den Produktions- und Lebensbedingungen
der ganzen Gesellschaft ist nicht nur das diametrale
Gegenteil zum Sozialismus/Communismus in der
wissenschaftlichen Bestimmung ab MARX, es ist bereits
das diametrale Gegenteil, die fundamentale direkte
Negation jeglicher Form von Diktatur des Proletariats,
jeglicher Form einer "Regierung der
Arbeiterklasse" (MEW 17, 342)
(nicht irgendeiner "Arbeiterregierung"!) in der
wissenschaftlichen Bestimmung ab Pariser Commune. Dass
die Commune noch Staatlichkeit repräsentierte, indem sie
diese gerade aufhob, ist ein dialektisch-praktisches
Problem für die gesamte Übergangsperiode vom
Kapitalismus zur 1. Fase und womöglich noch bis an die
2. Fase des Communismus heran, reicht in diese noch
vielleicht sogar hinein (vgl. MEW 19, S.27f).
Das heisst aber nicht im Umkehrschluss, dass auch nur
einen Augenblick lang das nochstaatliche, staatsanaloge
Moment/Element eines Transformationsregimes zum
Communismus (wenn denn überhaupt Transformation der
Wirklichkeit, nicht bloß dem ideologischen Anstrich nach
stattfindet, was für sich konkret jeweils zu prüfen
ist) hinreichender Grund, Beweis und gleichsam Garantie
für den Klasseninhalt, den Klassenkarakter als Diktatur
des Proletariats wäre, für die Klassenform einer
realen Arbeiterregierung, eines Regimes der
Arbeiterklasse. Die bürokratische Despotie eines Staats,
einer Partei mit Staatsmonopol wie der KPR (BOLSHEVIKI), mag noch so
gigantische Eingriffe in die überlieferten
Eigentumsverhältnisse, angeblich "im Interesse der
Arbeiterklasse und Werktätigen", machen (wie die
Proletarisierung, z.T. Verschleppung und z.T.
Versklavung, Ausrottung, Aushungern usw. der Bauernschaft
... ), sie wird allein dadurch um kein Gran mehr
antikapitalistisch werden, solange sie das Monopol
- in welcher Form auch immer! - an denselben gesellschaftlichen
Produktions- und Lebensmitteln nicht antastet sondern
erhält und erweitert, von denen die gesellschaftlichen
Produzenten - das Proletariat - unmittelbar
ausgeschlossen bleiben und werden: als Reproduzenten des
gesellschaftlichen Reichtums sich selbst gegenüber als
fremde, feindliche Macht; als durch diese, vermittels
dieser Macht fremdbestimmte, zutiefst und fundamental,
radikal, existenziell und permanent in wachsendem
Ausmaß, in immer qualvollerer Intensität entfremdete
menschliche Arbeit, die in totalster existenzieller
Abhängigkeit vom Eigentümer - mag der sich auch
täglich und stündlich als Repräsentant, Treuhänder
ihrer Klasse ausgeben, das verstärkt und verschlimmert
die Entfremdung ja bloß - in Gestalt des staatlichen
Monopols abstrakte Arbeitsquanta in Lohnform bei Strafe
des Verhungerns bzw. Arbeitslagers abgezwungen bekommen,
und zwar als Mehrarbeitssteigerung in Form von Mehrwert
als erweiterte Reproduktion von Kapital unter der
bürokratisch-managerialen Organisationsform eines
kollektiven geschäftsführenden Ausschusses, der nicht
nur als ideeller sondern endgültig als reeller
Gesamtkapitalist fungiert.
"Also
noch Zwangsarbeit
zu einem bestimmten Lohn der freien Arbeiter. Sie müssen
erst gezwungen
werden, zu den vom Kapital gesetzten Bedingungen zu
arbeiten. Der Eigentumslose ist mehr geneigt, Vagabund
und Räuber und Bettler als Arbeiter zu werden. Dies
[, nämlich seine Arbeitskraft frei-willig von
sich aus zu Markte zu tragen, nicht
"arbeitsscheu" zu sein,] versteht
sich erst von selbst in der entwickelten Produktionsweise
des Kapitals. In der
Vorstufe des Kapitals Staatszwang, um die Eigentumslosen
[Masse der übernommenen, bürgerkriegsbedingten usw.
Pauperisierten, der perennierenden besprisorniki;
das Resultat der "Liquidierung des Kulakentums als
Klasse" usw.] in Arbeiter zu
verwandeln zu dem Kapital günstigen Bedingungen die hier
noch nicht durch die Konkurrenz der Arbeiter unter sich
selbst ihnen aufgezwungen sind."
(Marx: Grundrisse 624)
Von daher war der bedingungslos heroische Einsatz im
"Großen Vaterländischen Krieg" auch der
klaren Einsicht zu verdanken, dass die deutschen
faschistischen Okkupanten zweifellos die schlimmere,
hoffnungslosere und schlechthin vernichtende
Staatssklaverei über die Bevölkerungen "des
Sovjetlandes" bringen würden: das ganze
Überlebensnetz um rudimentäre
Parzellensubsistenzökonomie, Verwandtschaftsbeziehungen
und (die von LENIN schon so verachtete "verfluchte
Rückständigkeit" der) "nachbarschaftlichen
Hilfe, wie es sie auf dem Lande stets gegeben hat",
eben das träge und zähe, stationäre Nachleben der
russischen Obshtshina und
"Oblomowerei", dieser unfassbare Hauptfeind des
staatsmonopolkapitalistischen nachholenden
Akkumulationsregimes, dieser gigantische passive
Widerstand als "Zeitbewusstsein" und stabiles,
träge beharrendes Moment mitten in der Teufelsmühle der
"höchst prekären Übergangsgesellschaft"
wäre durch die deutsche, am extremsten
rassistisch-kolonialistische Variante des
"Nationalsozialismus", d.h.
kapital-imperialistischen Staatssozialismus, regelrecht
als Inbegriff "des Slawentums" radikal
ausgerottet worden. (Gerade auf die Stelle des
Zeitbewusstseins in der Periode der ursprünglichen
Akkumulation bezogen HANS JÜRGEN KRAHL: KONSTITUTION
UND KLASSENKAMPF, S.76f:
"In der Phase der ursprünglichen Akkumulation
kam es durchaus vor, dass Lohnarbeiter zu arbeiten
aufhörten, wenn sie ausreichend verdient hatten, und den
Rest des Tages oder der Woche versoffen, verspielten oder
verhurten - was durch die Art der Entlohnung möglich
war.
Dieses Faktum [in der SU: die
"Volkskrankheit" Alkoholismus, der stets
beklagte krasse Absentismus, der "Schlendrian"
und die "Sabotage" während der Arbeit
usw.usf.] zählt zu den subjektiven Bedingungen der
Notwendigkeit einer terroristischen ausserökonomischen
Zwangsgewalt, wie sie vom absoluten Staat repräsentiert
wird (Hobbes) ["Leviathan". Stalin:
national-sozialistischer bürokratisch-kapitalistischer
"Behemoth"]. Das heisst: die ökonomische
Gewalt war von den Lohnarbeitern noch nicht derart
verinnerlicht worden, dass ihnen das Kapitalverhältnis
als eine unabänderliche Naturgegebenheit erschien. Durch
einen blutigen Expropriationsprozess wurden die Massen in
sie hineingezwungen. ["Liquidierung des
Kulakentums als Klasse", Massendeportationen,
Archipelagisierung und Denunziationssystem der ganzen
gesellschaftlichen Arbeit auf eine generelle schiefe
Ebene von der Staatslohnsklaverei in die direkte
Staatssklaverei. VICTOR SERGE S.270: (1929/30:) "Binnenpässe
mussten eingeführt werden, um gelernte Arbeiter gegen
ihren Willen in den Fabriken festzuhalten."]
Verinnerlichung ökonomischer Gewalt heisst vor
allem: die Internalisierung von Arbeitsnormen
ins Zeitbewusstsein; das Bewusstsein der Lohnarbeiter
über ihre objektive Stellung im Produktionsprozess und
damit die Erinnerung an Ausbeutung auszulöschen, die
Bildung von Klassenbewusstsein zu verhindern. Die
Vernichtung des wie auch immer religiös kanalisierten
["russischer Mystizismus", Zählebigigkeit der
russischen Orthodoxie, Kult um "die russische Seele,
Erde" etc.] emanzipatorischen
Zeitbewusstseins lässt die Lebenszeit zur Arbeitszeit
werden. Darauf beruht also das zentrale Naturgesetz der
kapitalistischen Entwicklung." )
"Die
aufkommende Bourgeoisie braucht und verwendet die
Staatsgewalt, um den Arbeitslohn zu 'regulieren', d.h.
innerhalb der Plusmacherei zusagenden Schranken zu
zwängen, um den Arbeitstag zu verlängern und den
Arbeiter selbst in normalem Abhängigkeitsgrad zu
erhalten. Es ist dies ein wesentliches Moment der
sogenannten ursprünglichen Akkumutation."
(MEW 23, 765f)
Bevor und während aber diese staatskapitalistische
Konstituierung bis zum Modell STAKHANOV abgeschlossen war,
griffen die herrschenden Repräsentanten der (seit der STALINschen, noch von BUKHARIN ausgearbeiteten,
SU-Verfassung von 1936 proklamierten) "Gesellschaft
ohne Klassenkämpfe" (denn jeglicher Klassenkampf
war nun folgerichtig staatsfetischistisch in den Staat
"des ganzen Volkes" hineinverlegt, aufgefressen
worden bzw. spielte sich nur noch zwischen den Staaten,
später Weltlagern ab) verstärkt auf das in reichem
Maße, wie schon von LENIN hervorgehoben, Ererbte des alten
Russland zurück, den halbasiatischen Despotismus und
seine petrinische "Modernisierung", um die
Drohung des Staatsgründers wahrzumachen: wir müssen der
russischen Barbarei halt mit barbarischen Mitteln die
Kultur und Zivilisation beibringen! Gerade dieses
historisch-konkrete "prekäre
Übergangs"-Regime zum Einholen und Überholen des
westlichen imperialistischen Kapitalismus verfiel auf
eine von KARL MARX als eher abseitig eingeschätzte
Alternative: "Oder die lebendigen
Arbeitsvermögen können auch direkt gemordet werden,
z.B. wie von Peter I., um Petersburg zu bauen."
(Grundrisse 426)
Derartiges gehört leider zur Prekarität des
"realsozialistischen" Übergangsregimes in der
halbasiatischen und asiatischen Prägungsvariante und mag
wohl vom Zynismus der Apologeten als auch im Nachhinein
unbedingt verteidigenswert dem auf höherem Niveau
modernisierenden deutschen National-Sozialismus
entgegengehalten werden, weil der für keinerlei
"Petersburg", Weissmeerkanal, Moskauer Metro
bzw. irgendein Germania oder Linz, sondern endgültig zum
wahnhaften Selbstzweck durchgedreht mordete, welch eine
Entlastung für die "immerhin"-Apologeten des
"realsozialistischen", halt ein bissel
deformierten Modells! Ach ja, und es drohte doch die
ganze Zeit der Krieg, da musste man doch mit allen
Mitteln beschleunigen ... Was vom Großen Alibi des
absehbaren Angriffskriegs auf die SU (der
selbstverständlich drohte, dessen Abwehr
selbstverständlich gerecht war, aber ebenso
selbstverständlich nicht alles rechtfertigt) in
Wirklichkeit zu halten ist, zeigt die STALINsche
Präventiv-Enthauptung der Roten Armee (TUKHATSHEVSKI-Säuberungen 1937)
bis noch zum Sprengen der eigenen westlichen
Befestigungslinie Wochen vor dem deutschen Überfall und
dem Fiasko unmittelbar danach (von wegen
"Präventivschlagabsichten", schön wär's
gewesen), alles das im glorreichen Rahmen der
"weisen, listigen" SU-Aussenpolitik - sagen wir
seit dem Ausliefern, ja Abwürgen der Revolution in
Spanien ...
Konkurrenz
im Staatskapitalismus ?
Die
symptomatische "realsozialistische"
Aussenpolitik, deren Wesenszeichen für eine immer wieder
fassungslose proletarische und linke Weltaufmerksamkeit
ja seit BREST-LITOVSK gerade das im doppelten Wortsinn
Verräterische dieser bürgerlichen "sozialistischen
Staaten" gewesen ist, soll mir schliesslich doch
eine Bemerkung zum für mich noch schwächsten und
schwierigsten Punkt der
"Staatskapitalismus"-These ermöglichen:
Denn die offene Flanke gegenüber dem Argument, wo denn
bitteschön die für jeden Kapitalismus konstitutive Konkurrenz
am Werke sei, wenn alles Kapital in einem einzigen
Monopol, einem homogenen Staatswesen aufgehoben sei?!
vermag ich vorerst nur äusserst notdürftig zu
schliessen, aber, wie ich denke, doch damit fürs
allererste schon hinreichend.
Fraglos wäre es absurd, die kapitalistische Konkurrenz
und ihre zunehmende Geltung auch und gerade unter den
Verhältnissen von monopolistischem und
staatsmonopolistischem Kapitalismus weg zu eskamotieren.
Um nur ein Statement von KARL MARX zu zitieren, wo er
zeigt, dass das Kapital in seinem eigenen Wesen, "wie
bei der Konkurrenz näher zu entwickeln, sich von sich
Repellierendes, viele gänzlich gegeneinander
gleichgültige Kapitalien ist.
( ... )
Da der Wert die Grundlage des Kapitals
bildet, es also notwendig nur durch Austausch gegen Gegenwert
existiert, stößt es sich notwendig von sich selbst ab.
Ein Universalkapital,
ohne fremde Kapitalien sich gegenüber, mit denen es
austauscht - und von dem jetzigen Standpunkt [des
Darstellungsgangs im "Kapitel vom Kapital -
Zirkulationsprozess. Schranken des Kapitals"] aus
hat es nichts sich gegenüber als Lohnarbeit oder sich
selbst -, ist daher ein Unding. Die Repulsion der
Kapitalien voneinander liegt schon in ihm als
realisiertem Tauschwert."
(Grundrisse 323f)
Aber eben
dieses wesenhafte Kapitalverhältnis galt es auf dem
Territorium "eines Sechstels der Erde" erst
allumfassend herzustellen. Dort bestand es, als
staatsmonopolisiert in letzter Instanz, eben zunächst
erst im Innern der SU als "ein
Universalkapital" de facto, nämlich als historisch
erstmals mit bolshevikschem Willen und Bewusstsein
künstlich hergestellter "reeller
Gesamtkapitalist" - mit "nichts sich gegenüber
als Lohnarbeit" und allerdings einer unübersehbaren
Masse von Klein- und Kleinsteigentümern, ebenso Resultat
der "Oktoberrevolution" und des Bürgerkriegs
wie die daraus wachsend hervorgehende Lawine des
Pauperismus. Die "NEP-Leute" scheinen mir
demgegenüber eine episodische Quantité négligeable
gewesen (VICTOR SERGE S.227: "In
dieser Hinsicht ist die NEP unbestreitbar eine Niederlage
[,nämlich indem sie] nur den parasitären
Zwischenhandel florieren lässt."), in der Tat
1 Defensivschritt zurück, um im Konzentrationsprozess
für die Boa Constrictor etwas Luft zu gewinnen, damit
sie sich erneut 2 Windungen nach vorne erst richtig um
die ganze Gesellschaft zusammenziehen konnte. Dieser
reelle Universalkapitalist in Gestalt der
Bourgeoisie-als-Bürokratie oder
Bürokratie-als-Neuer-Bourgeoisie hatte tatsächlich im
Innern der so künstlich selbstgeformten Gesellschaft
keine Konkurrenz, aber er hatte erstmals das
unumschränkte Aussenhandelsmonopol (Lenins Spruch: "Wir
werden alles verkaufen, ausgenommen lkonen und
Wodka." - 1929: "Mitten in der
Weltwirtschaftskrise exportierte man, um Gold
hereinzubekommen, Lebensmittel zu Schleuderpreisen,
während ganz Russland vor Hunger krepierte." VICTOR SERGE
S.251f, 283), und damit trat er eben als
Staatsmonopolkapital, das alle Einzelkapitalien in seiner
visible hand bündelte, der äusseren
monopolkapital-imperialistischen Weltmarktkonkurrenz
gegenüber. Das war auch seine einzige Chance, und
diese wiederum nur in staatlicher Panzerung: als
ausserökonomischer Hebel miteinander verquickter
bürgerlicher Wirtschaftspolitik, traditioneller
überlegener russischer Geheimdiplomatie, Erpressung,
List und Täuschung, Überrumpelung usw. und - der KomIntern.
Für dieses irritierende "bürgerlich-zaristische
Gemisch", das fortan als typisch
"sovjetisches" Gemisch von "proletarischem
Internationalismus" bis Interventionismus einerseits
und bürgerlicher Aussen-, Wirtschaftspolitik bis
Imperialismus andererseits abwechselnd die proletarischen
und nationalen Befreiungsbewegungen wie die bürgerlichen
und reaktionären Regierungen der ganzen Welt auszunutzen
und in den Sand zu setzen verstand - stehen am
prototypischsten die Anfänge zwischen Rapallo
und WES ("Westeuropäisches
Sekretariat" der KomIntern:
gegründet 1919 mit Sitz in Berlin; von ihm aus wurden
die ersten Ansätze des 1920 gegründeten M(Militär-)
N(Nachrichten-) T(Terror-) -Apparats
geschaffen, der "deutschen Tscheka"), also die
Beziehungen der SU zu Deutschland, zu den beiden
Hauptklassen hier, denn sie waren ökonomisch am
ergiebigsten unterm Strich. Dass die Boa Constrictor
darauf aus war, das Schwein am Ende zu verschlingen, das
sie auf Kosten allemal der Arbeiterklassen beider Länder
(von den "Volksfront"-Geschichten, vom
Spanien-Krimi usw. einmal abgesehen) gerade auch
rüstungsindustriell hochpäppelte (bis 14.6.1941), wird
nur im nachhinein verdeckt durch die Tatsache, dass diese
Rechnung so nicht aufgegangen ist, weil das faschistische
Schwein sich "überraschend" (fürs STALIN-Regime),
"treubrüchig" auf die Boa Constrictor stürzte
und das sovjetische Proletariat somit zwang, unter dem
weltgeschichtlich ungeheuerlichsten Blutverlust fürs
ganze Weltproletariat "das richtige Schwein zu
schlachten". Profitiert hat auch dadurch wieder die
Boa Constrictor, wenn auch ökonomisch gesehen mit einem
Pyrrhus-Sieg. Gerade die bis zum ökonomisch-politischen
inneren Zusammenbruch getriebene und immer
abenteurerischer gesteigerte imperialistische Rolle, die
die "realsozialistische" Supermacht mit ihrem
"Block", wiederholt mit Weltkriegsgefahr
pokernd, auf neokolonialistische Kanonenbootpolitik und
ökonomisch-diplomatische Erpressung, Löffeldiebstähle,
SS20-Bedrohung und wo sie konnte Raub und Plünderung
fremder Ressourcen ausgehen liess, zeigt die wahre
Deformation dieses famosen "Arbeiterstaats":
die längst vollzogene Regression auf das klassische
Verhältnis von ökonomischer
Produktionsverhältnis-Basis und politischem wie
ideologischem Überbau, sprich von Gewalt und Ökonomie,
nach der russisch-zaristischen Besonderheit, die schon KARL MARX eindringlich
herausanalysiert hat (z.B. in seinen ENTHÜLLUNGEN ZUR
GESCHICHTE DER DIPLOMATIE IM 18. JAHRHUNDERT. FRANKFURT
AM MAIN 1980):
Verzerrt, verkehrt, deformiert ist hierbei genau die
Proportion und aktiv-tragende Rolle, in der sich der
despotische Staat zur Ökonomie der Gesamtgesellschaft
bewegt, und dieses Wesenszeichen der asiatisch-russischen
Besonderheit finden wir im SU-"Realsozialismus"
nur noch hypertrophiert. In dieser historisch-konkreten
Form hat sich das Geradesosein der kapitalistischen
Konkurrenz die ganze Zeit nach aussen hin realisiert, als
Staatsmonopolkapital beständig "repelliert".
Das niedergehaltene SU-Proletariat bezahlte dafür mit
einer nie aufgehobenen
"Kanonen-statt-Butter"-Politökonomie. Es wurde
nahezu totgerüstet, damit der staatliche reelle
Universalkapitalist sich im der Weltmarktkonkurrenz imperialistisch
immer "fortgeschrittener" - und immer
verzweifelter aufs Ganze gehend - hochgerüstet bewegen
könne.
Aber im
Inneren dieses hermetischen Kapitalmonopols soll es keine
Konkurrenz geben? Das wäre in der Tat unmöglich, denn
zumindest die beiden Pole Lohnarbeit und Kapital
konstituiert sie ja, sobald die gesellschaftlichen
Produktionsbedingungen den Produzent/inn/en durchs
Monopol der gesellschaftlich nur anwendbaren
Arbeitsmittel vorenthalten sind.
"Solange die
bürgerliche Gesellschaft nicht von einem
Gesamtkapitalisten geleitet wird, gilt für die
Klassenelemente wie für die Klassen insgesamt: sie
resultieren aus dem anarchischen Ablauf der
gesellschaftlichen Reproduktion, sie entstehen, vergehen
und funktionieren nach den Tendenzgesetzen
der Konkurrenz".
stellt MICHAEL
MAUKE
grundsätzlich in DIE KLASSENTHEORIE VON MARX UND ENGELS, ca.
1966, posthum 1970 FRANKFURT AM MAIN, KÖLN, dieser
einzigartig gebliebenen verdienstvollen klassischen
Rekonstruktion der wissenschaftlich-revolutionären
Klassenanalyse, fest und fügt daran die folgende
Überlegung:
"Bereits Engels rechnet damit, dass
'schliesslich der offizielle
Repräsentant der kapitalistischen Gesellschaft, der
Staat, die Leitung der Produktion übernehmen'
muss. Dadurch werde das Kapitalverhältnis nicht
aufgehoben, 'es wird vielmehr auf die
Spitze getrieben. Aber auf der Spitze schlägt es um. Das
Staatseigentum an den Produktivkraften ist nicht die
Lösung des Konflikts, aber es birgt in sich das formelle
Mittel der Lösung.' (Die Entwicklung des Sozialismus von
der Utopie zur Wissenschaft. MEW 19, 221f)
Hilferding entwickelt als die geschichtliche Tendenz des
Finanzkapitals die Herstellung eines Generalkartells,
'die bewusst geregelte Gesellschaft in antagonistischer
Form' (Das Finanzkapital. Eine Studie über die jüngste
Entwicklung des Kapitalismus). Daher bezieht Lenin die
Theorie vom Übergang des monopolistischen in den
staatsmonopolistischen Kapitalismus.
Horkheimer hat auch einmal darauf insistiert, dass mit
dem Staatskapitalismus nicht einfach die objektive
Möglichkeit einer sozialistischen Gesellschaft
heranreife, sondern an ihrer Stelle und zu ihrer
Verhinderung der autoritäre Staat etabliert werde. Seine
konsequenteste Form sei der integrale Etatismus oder
Staatssozialismus. (Autoritärer Staat. in: Walter
Benjamin zum Gedächtnis. Hrsg. vom Institut für
Sozialforschung, Los Angeles 1942).
Die Rede vom staatsmonopolistischen oder
Staatskapitalismus führt freilich in die Irre, sofern
sie unmittelbare Einheit von
Staat und Kapital unterstellt. Ein
System, das die Konkurrenz der Kapitalien prinzipiell
beseitigt, hat den Kapitalismus überschritten.
Baran und Sweezy lehnen den Terminus
'staatsmonopolistischer Kapitalismus' ab; erstens weil
der Staat schon immer eine wichtige Rolle gespielt, seine
Funktionen für die wirtschaftliche Reproduktion zwar
bedeutend ausgedehnt, nicht aber qualitativ gewandelt
habe; zweitens weil der Terminus den Staat als
unabhängige soziale Macht suggeriere (Baran; Sweezy:
Monopolkapital - Ein Essay über die amerikanische
Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. (dt.) Frankfurt am
Main 1967, S.72f)." (MICHAEL MAUKE S.76 - Hervorhebungen
von mir)
Ich habe wohlweislich die Worte unmittelbare
Einheit, unterstellt sowie ... prinzipiell
beseitigt ... in diesem Passus hervorgehoben, um auf
die Möglichkeit von (denen MAUKE'S im Anschluss an BARAN & SWEEZY) gerade
entgegengesetzten Implikationen für eine (nicht
"unmittelbare", aber spezifisch
"mittelbare"!) Identität von Kapital und Staat
zu kommen. Er selbst schreibt ja doch z.B. dann im
Abschnitt über "Aufhebung der
Kapitalistenklasse auf kapitalistischer Basis":
"Das Kapital ist in immer größerem Teil 'nicht
Eigentum einzelner Kapitalisten, die ihr Geschäft selbst
leiten, sondern von AktiengeselIschaften, deren Betrieb
von bezahlten Angestellten
geleitet wird, von Dienern, die in jeder Hinsicht die
Position höhergestellter, besser bezahlter Arbeiter
einnehmen. [...] Die
gesellschaftliche Funktion des Kapitalisten ist hier auf
besoldete Diener übergegangen ...'
(Engels: Notwendige und Überflüssige
Gesellschaftsklassen. MEW 19, 288f)
Die hegemoniale Zentralisierung des kapitalistischen
Produktionssystems im Kreditkapital, das sich in der
speziellen Klasse der Geldkapitalisten verkörpert und
diese zugleich durch eine kleine Finanzoligarchie
beherrscht, charakterisiert den Übergang zum
bürokratisch organisierten Monopolkapitalismus. Marx und
Engels prognostizieren diese Entwicklung in ihren
entscheidenden Zügen. Sie führt zu einer neuen Epoche
des Kapitalismus, die sich grundlegend von der
klassischen des Manchestertums abhebt. Das Kreditsystem
bildet die Hauptbasis 'zur allmählichen
Verwandlung der kapitalistischen Privatunternehmungen in
kapitalistische Aktiengesellschaften.' (MEW
25, 456) Mit ihrer Durchsetzung wird die Figur des
fungierenden Kapitalisten, des autonomen Fabrikanten,
obsolet. Aus einer besonderen Klasse werden jetzt die
Geldkapitalisten zunehmend zur Personifikation des
gesellschaftlichen Gesamtkapitals, zur Gesamtklasse der
Kapitalisten, welche die Aktiengesellschaften
kontrolliert. ( ... )
In dieser neuen Phase verschärft sich der Antagonismus:
( ... ) Durch den Kredit erlangen sie [d.h. diese
allkontrollierende winzige Gesamtklasse der
Kapitalisten] 'innerhalb gewisser Schranken
absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes
Eigentum und dadurch über fremde Arbeit. Verfügung
über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital gibt den
Kapitalisten Verfügung über gesellschaftliche Arbeit.
Das Kapital, das man wirklich oder in der Meinung des
Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum
Kreditüberbau ... Das Gelingen und Misslingen führen
hier gleichzeitig zur Zentralisation der Kapitale und
daher zur Expropriation auf der enormsten Stufenteiter.
Die Exprapriation erstreckt sich hier von den
unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren
Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der
Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre
Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz
die Expropriation aller einzelnen von den
Produktionsmitteln ... Diese Expropriation stellt sich
aber innerhalb des kapitalistischen Systems selbst in
gegensätzlicher Gestalt dar, als Aneignung des
gesellschaftlichen Eigentums durch wenige. ... In dem
Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte
Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel aIs
individuelles Eigentum erscheint, aber die Verwandlung in
die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den
kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz
zwischen dem Charakter des Reichtums als
gesellschaftlichem und als Privateigentum zu überwinden,
bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.' (MEW
25, 455f) Nicht nur die Produktion, sondern auch das
Eigentum wird in der neuen Phase vergesellschaftet, als
Kollektiveigentum von sowohl unmittelbar als auch
mittelbar assoziierten Privateigentümern; als
Kapitalverhältnis, das der individuellen Kontrolle
entwachsen ist: 'Es ist dies die
Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb
der kapitalistischen Produktionsweise selbst und daher
ein [sich] für sich selbst
aufhebender Widerspruch, der prima facie [=
dem ersten Anschein nach] als bloßer
Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich
darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann
auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen
Sphären das Monopol her und fordert daher die
Staatseinmischung heraus ... Es ist Privatproduktion ohne
die Kontrolle des Privateigentums."
(MEW 25, 454)
In der modernen Aktiengesellschaft erreicht das
Kapitalverhältnis
den Gipfelpunkt seiner Verdinglichung: es personifiziert
sich nicht mehr in Gestalt des individuellen
Kapitalisten, sondern tritt als 'Person' agierend auf -
ganz im Sinne Rathenaus vom 'Unternehmen an sich'. Dieser
ökonomische Leviathan Monsieur Le Capital wirkt
weiterhin im zugleich kollektiven und partikularen
Aneignungs- und Herrschaftsinteresse der
Kapitalistenklasse, die das produktive Kapital nunmehr
indirekt in seiner realen Abstraktion als Geldkapital
kontrolliert, während die unmittelbaren
Leistungsfunktionen [sic! Soll wohl heissen:
Leitungsfuktionen] mehr und mehr besoldeten
Funktionären überlassen werden. In der neuen Phase
bestätigt sich am Kapitalismus, was ihn von allen
früheren Gesellschaftsformationen unterscheidet:
[- nämlich,] 'dass der Kapitalist nicht in
irgendeiner persönlichen Eigenschaft den Arbeiter
beherrscht, sondern, dass dies nur [stattfindet,]
soweit er >Kapital< ist; seine
Herrschaft ist nur die der vergegenständlichten Arbeit
über die lebendige, des Produkts des Arbeiters über den
Arbeiter selbst." (MEW 26. 1, S.
366)
Mit der Einstellung lohntätiger Dirigenten verliert
der Kapitalist 'alle realen Funktionen' und
verschwindet 'als überflüssige Person
aus dem Produktionsprozess' (MEW 25,
401); denn die Kapitalfunktion als bloße
'Verwaltungsarbeit' kann ebenso rationalisiert und
aufgeteilt werden wie die unmittelbare Produktionsarbeit.
[ ... ]
Die angestellten Dirigenten, die an die Stelle der
Unternehmer treten, sind, mindestens formell, eine Sorte
höherer Lohnarbeiter, die nicht nur die Rationalisierung
des Verwertungsprozesses sondern zugleich die erhöhte
und wachsende Gesellschaftlichkeit des
Produktionsprozesses - als Vergesellschaftung der Leitung
- betätigen. In dieser Zwieschlächtigkeit kündigt sich
mit den angestellten Dirigenten die Aufhebung des
Kapitalverhältnisses überhaupt an.
Die kapitalistisch entwickelten Produktivkräfte
drängen 'nach Aufhebung des
Widerspruchs, nach ihrer Erlösung von ihrer Eigenschaft
als Kapital', nach tatsächlicher
Anerkennung ihres Charakters als gesellschaftlicher
Produktivkräfte. Es ist
dieser Gegendruck der gewaltig anwachsenden
Produktivkräfte gegen ihre Kapitaleigenschaft, dieser
steigende Zwang zur Anerkennung ihrer gesellschaftlichen
Natur, der die Kapitalistenklasse selbst nötigt, mehr
und mehr, soweit dies innerhalb des Kapitalverhältnisses
überhaupt möglich, sie als gesellschaftliche
Produktivkräfte zu behandeln.' (Engels
MEW 19, 220) Dies ist überhaupt nur möglich in der
widersprüchlichen Organisationsform der Bürokratie, und
die steigende Vergesellschaftung von Produktion und
Leitung ist der Motor der Bürokratisierung des
Kapitalverhältnisses.
Das Phänomen der industriellen und kommerziellen
'Manager' rangiert nach der Analyse von Marx und Engels
bereits ausserhalb des spezifischen Strukturzusammenhangs
der Kapitalistenklasse. An dem Entwicklungspunkt des
kapitalistischen Produktionssystems, wo die
Kapitalfunktionen mehr und mehr durch Angestellte
wahrgenommen werden, scheint der Klassenbegriff eine
Dimension sozialökonomischer Gegensätzlichkeit zu
bezeichnen, die ihn wesentlich ausweitet und zu gleicher
Zeit überschreitet. Mit dem Verschwinden des klassischen
Kapitalisten tritt das Kapital den Lohntätigen (zu denen
grundsätzlich auch die Angestellten und, wenigstens
formell, auch die Manager gehören, wo also fast die
gesamte Gesellschaft zum Lohnarbeiter geworden ist) - als
unmittelbare Macht der Dinge über die Menschen
gegenüber, als ein System 'technischer' Sachzwänge von
dämonischer Funktionalität. Zwar kann man noch von
einer Kapitalistenklasse sprechen; aber das
kapitalistische Produktionssystem hat sich in seiner
Gesamtheit auch ihnen gegenüber derart verselbständigt,
dass es der Gesellschaft als eine ungeheure und
unheimliche Maschine entgegentritt, der die Menschen
unterworfen sind, anstatt sie zu kontrollieren. Es ist
dies der direkte, zugespitzte Gegensatz zwischen der
toten (aufgehäuften, vergegenständlichten) Arbeit und
der lebendigen Arbeit als letzte Stufe des
gesellschaftlichen Antagonismus. Nachdem die Kapitalisten
nicht mehr als Unternehmer funktional das Kapital
personifizieren, personifiziert sich die
Kapitalistenklasse unmittelbar und unsichtbar im Kapital
als blind-selbsttätigem Funktionssystem. Mit dieser
totalen Verdinglichung der Klassenkategorie wird sie
jedoch als spezifisch soziologische Kategorie hinfällig.
'Als caput mortuum [=totes Haupt] des
Verwandlungsprozesses der Bourgeoisie ist die oberste
industrielle und staatliche Bürokratie übriggeblieben.'
(Horkheimer: Autoritärer Staat, S.123)
Mit Helmut Steiner gesprochen 'ist der oberste Manager
gegenwärtig der Repräsentant des Kapitals überhaupt in
der imperialistischen Gesellschaft.' Er ist dies
'unabhängig vom konkreten Ort seiner Tätigkeit im
einzelnen Monopol, in der Regierung, in den Parteien und
Verbänden oder Massenkommunikationsmedien...' Er
verkörpert 'den Anachronismus der
monopolkapitalistischen Aufhebung des Privateigentums
...' (Helmut Steiner: Soziale Strukturveränderungen im
modernen Kapitalismus - Zur Klassenanalyse der
Angestellten in Westdeutschland. Berlin 1967, S.131f)
'Die Form des staatsmonopolistischen Kapitalismus lässt
die wahren Herren, das Finanzkapital, jedoch zunehmend
anonym erscheinen und in den Hintergrund treten, während
in der Öffentlichkeit ein von ihnen dirigierter Apparat
von >höchsten Angestellten< das wirtschaftliche,
gesellschaftliche, politische und kulturelle Leben als
fiktive Herren in der Gestalt von Generaldirektoren,
Ministern, Parlamentariern, Parteiführern,
Chefredakteuren, Intendanten, Verbandspräsidenten usw.
leitet.' (H.Steiner,
S.134)
An die Stelle der ökonomischen Charaktermaske ist die bürokratische
Charaktermaske des staatsmonopolistischen
Managers getreten." (MICHAEL MAUKE: DIE
KLASSENTHEORIE VON MARX UND ENGELS. S.99-103)
Aus der
hervorragenden klassischen Darstellung von MICHAEL MAUKE wurde hier nicht
nur deshalb so ausführlich zitiert, weil seine Arbeit
ebenso wie die besten Ansätze revolutionärer
Theoriebildung und Rekonstruktion des wissenschaftlichen
Communismus heute verschüttet und unbekannt gemacht
worden ist, so dass nicht nur die linke und gängige
linksakademische "Theorie" weit hinter sein
Niveau zurückgefallen ist, nein auch die spärlichen
Anläufe zu revolutionärer communistischer
Wissenschaftsaneignung der Proletarisierten, - sondern
weil vor allem seine eigene hier offen dargelegte
Widersprüchlichkeit für unser Problem so fruchtbar ist:
lesen wir nämlich seine Prämisse, dass es sinnlos sei,
von "Staatskapitalismus", ja sogar von
"staatsmonopolistischem Kapitalismus"
prinzipiell überhaupt zu sprechen, zusammen mit seiner
komprimierten Darlegung der Tendenz des
modernsten Kapitalismus zum Monopol und zwar
bürokratischen Monopol, Staatsmonopol auf der ganzen
Linie, so wird direkt von MARX' und ENGELS' Analyse der
Bewegungsgesetze der kapitalistischen Gesellschaft wie
von ihren ganz konkreten Prognosen her klar, wohin die
Konkurrenz genau diese moderne Gesellschaft treibt: zum
vollendeten kapitalistischen Staatsmonopol - und dass das
Staatsmonopol die kapitalistische Konkurrenz nicht (d.h.:
nicht nur!) ausschliesst sondern beinhaltet, auf
die Spitze treibt. Der dialektische Begriff der
dreifachen Aufhebung ist hier allein
angebracht, aber eben genau die beginnende, nicht die
vollendete Aufhebung - die Immanenz, nicht das
Transzendieren des Kapitalverhältnisses, der es
bewegenden Konkurrenz bezeichnend! M.MAUKE liefert uns ja
hier schon fast geradezu eine Phänomenologie der
Staatsbourgeoisie, und lesen wir sie heute nach 30
Jahren, tritt ihre Bewahrheitung und gesteigerte
Aktualität erst richtig hervor: gerade die
kapitalistische Konkurrenz, das Gesetz vom Ausgleich der
Durchschnittsprofitrate und Zentralisation der Kapitale
als weitergehender Expropriationsprozess, damit de facto
Proletarisierungsprozess und gesellschaftlicher
Polarisierungsprozess in zwei große Lager
(Gesellschaftsklassen) entlang den charaktermaskierten
Funktionen in diesem Prozess - führt zwei
anachronistische und dogmatische Meinungen ad absurdum,
die für die 12 THESEN ZU 150 JAHRE
KP
von DANIEL
DOCKERILL tragend sind: einmal die Vorstellung, als
gäbe es eine Bourgeoisie, deren Zuführung zum
verallgemeinerten Arbeitszwang ("Hinausführung
zur Arbeit" war übrigens die Sprachregelung im
GULag-System für die Durchsetzung der Zwangsarbeit an
den Staatssklav/inn/en - ausführlichst geschildert z.B.
von der Kommunistin JEWGENIA GINSBURG, in ihren
Erinnerungen an diese Hölle des Pseudosozialismus, wo
sämtliche dieser Chargen in der
bürokratisch-bourgeoisen Hierarchie, die uns am
''sovjetischen'' Staatskapitalismus, seinen spezifischen
Formen allseitiger Konkurrenz im Inneren interessieren,
konkret Revue passieren - aber sowas einmal zu lesen,
davor schützt unsere Apologeten heute immer noch perfekt
die Immunisierungsfigur des
"Antikommunismus"-Verdachts und die fromme
Furcht vor Anfechtung und "Renegatentum"...) -
mithin vom angeblich parteigarantierten
"gesellschaftlichen" Staatsmonopol verallgemeinerte,
"vergesellschaftete" Zwangsarbeit - statt
der von MARX postulierten Emanzipation der
Arbeit, für welche die Commune, die
Diktatur des Proletariats die politischen und
ökonomischen Bedingungen durchsetzt - würde angeblich
der entscheidende politische Schritt, die fundamentale
ökonomische Maßnahme hin zum "Sozialismus"
sein. Das kann und sollte sie historisch weniger denn je
sein, da die Kapitalisten als nichtarbeitende Schicht,
anders als noch vor 150 oder 100 Jahren, eine
sozialökonomische Quantité négligeable geworden sind,
die gegenüber der Riesenmasse aus der Lohnarbeit
geworfener zunehmend Pauperisierter sowieso nicht mehr
ins Gewicht fallen, wobei das Problem allemal nicht mehr
irgendeine "Hinführung zur Arbeit" schlechthin
ist (- hier spukt doch lediglich der unbewusste Faible
für Arbeitsheere, Zwangsarbeit schlechthin, auf links:
nämlich TROTSKI's Lieblingsidee von der
"Militarisierung der Arbeit", denn wie soll
eine solche anachronistische Schnapsidee ehrlich gesagt
gegenwärtig anders zu erklären sein als durch
Reminiszenzen an den zur Zeit noch einmal spukenden
klassischen Schöpfer-in-spe einer
internationalistisch-militaristischen
"Kampfpartei" als Generalstab für die zu
schaffenden roten Arbeiterarmeen? ein Aufwärmen zur
Siedehitze jenes glorreichen "Arbeiterstaats",
der vor lauter "Deformation" keiner war, aber
trotz alledem einer bleiben soll: als Mythos in
Permanenz? Diese fiebrige Wunschfantasie ist wahrlich der
spiegelverkehrten Absurdität von der »Abschaffung der
Arbeit" ebenbürtig, die sich dieser Tage mit dem
gleichartigen plattmacherischen und ideologisch-
erpresserischen Gestus des weltaufrollenden Furors
wichtig macht. Ein "Manifest gegen die Arbeit"
oder "Thesen für die gesellschaftliche
Verallgemeinerung des Arbeitszwangs" - welch
gerechter Äquivalententausch, welch dubiose Alternative.
So schnell rächt sich die Verständnislosigkeit gegen
die MARXsche
"Arbeitsontologie" an ihren Verächtern ... ).
Vielmehr gilt es sofort mit der Errichtung der Diktatur
des Proletariats, d.h. mit dem Umsturz zum Beginn der
communistischen Revolution, die ersten alles
entscheidenden Schritte zu machen zur Eindämmung, zum
Zurückdrängen der in der Lohnarbeit noch immer intensiv
und extensiv auf die Produktion von Waren verwandten
lebendigen Arbeit aufs Reich der Notwendigkeit, d.h. aufs
permanent optimierte Minimum menschlicher
Arbeitsverausgabung zur Produktion nützlicher und
schöner, bedürfnisbefriedigender Gebrauchswerte; eine
Minimierung und zugleich Optimierung der notwendigen
gesellschaftlichen Arbeit zwecks Eroberung des Reichs der
Freiheit, sprich: disponibler Zeit für die Entwicklung
des gesellschaftlichen Individuums und seiner
produktiv-kreativen Power. Wozu werden da überhaupt noch
irgendwelche kläglichen Überbleibsel der gestürzten
Kapitalistenklasse gebraucht?! Sollen sie doch machen was
sie lustig sind. Denn bis hierher galt: "Die
gesellschaftliche Aneignung der Zeit, die Erzeugung des
Menschen durch die menschliche Arbeit, entwickeln sich in
einer in Klassen geteilten Gesellschaft. Die Macht, die
sich über der Knappheit der Gesellschaft der zyklischen
Arbeit gebildet hat, die Klasse, die diese
gesellschaftliche Arbeit organisiert und sich deren
begrenzten Mehrwert aneignet, eignet sich ebenso den
zeitlichen Mehrwert ihrer Organisation der
gesellschaftlichen Zeit an: sie besitzt für sich allein
die irreversible Zeit des Lebendigen. ( ... ) Die
Bourgeoisie ist mit der zum ersten Mal vom Zyklischen
befreiten Zeit der Arbeit
verknüpft. Die Arbeit ist mit der Bourgeoisie zur Arbeit
geworden, die die
geschichtlichen Bedingungen verändert.
Die Bourgeoisie ist die erste herrschende Klasse, für
die die Arbeit ein Wert ist. Und die Bourgeoisie, die
jedes Privileg abschafft und nur den Wert anerkennt, der
aus der Ausbeutung der Arbeit entspringt, hat gerade mit
der Arbeit ihren Wert als herrschende Klasse identisch
gesetzt und macht den Fortschritt der Arbeit zu ihrem
eigenen Fortschritt. ( ... ) So machte die Bourgeoisie
die Gesellschaft mit einer irreversiblen geschichtlichen
Zeit bekannt und zwang sie ihr auf, verweigert ihr aber
deren Gebrauch.
'Somit hat es eine Geschichte gegeben,
aber es gibt keine mehr', weil die
Klasse der Besitzer der Wirtschaft, die nicht mit der Wirtschaftsgeschichte
brechen kann, auch jede andere irreversible Verwendung
der Zeit als eine unmittelbare Bedrohung verdrängen
muss. Die herrschende Klasse, die aus Spezialisten
des Besitzes der Dinge
besteht, die dadurch selbst ein Besitz der Dinge sind,
muss ihr Schicksal mit der Aufrechterhaltung dieser
verdinglichten Geschichte verknüpfen, mit der Permanenz
einer neuen Unbeweglichkeit in
der Geschichte. Zum ersten
Mal ist der Arbeiter, der an der Basis der Gesellschaft
steht, der Geschichte nicht
materiell fremd,
denn irreversibel bewegt sich jetzt die Basis der
Gesellschaft. In der Forderung, die geschichtliche Zeit,
die es macht, zu erleben,
findet das Proletariat das einfache, unvergessliche
Zentrum seines revolutionären Projektes; und jeder der
bis heute zerschlagenen Versuche, dieses Projekt
durchzuführen, kennzeichnet einen möglichen
Ausgangspunkt des geschichtlichen neuen Lebens. (...) Um
die Arbeiter zu dem Stand 'freier' Produzenten und
Konsumenten von Zeit als Ware hinzuführen, war die
Vorbedingung die gewaltsame
Enteignung ihrer Zeit. (
... ) In dieser räumlichen
Entfremdung trennt die
Gesellschaft das Subjekt an der Wurzel von der
Tätigkeit, die sie ihm raubt, zunächst aber von seiner
eigenen Zeit. Die überwindbare gesellschaftliche
Entfremdung ist gerade diejenige, die die Möglichkeiten
und die Risiken der lebendigen
Entäusserung in der Zeit verwehrt und versteinert hat. (
... ) Die natürliche Grundlage der Zeit, die sinnliche
Gegebenheit des Verfliessens der Zeit, wird menschlich
und gesellschaftlich, indem sie für
den Menschen existiert. Der
bornierte Stand der menschlichen Praxis, die Arbeit in
ihren verschiedenen Stadien, hat bis heute die Zeit als
zyklische Zeit und aIs irreversible getrennte Zeit der
Wirtschaftsproduktion vermenschlicht und auch entmenscht.
Das revolutionäre Projekt einer klassenlosen
Gesellschaft, eines verallgemeinerten geschichtlichen
Lebens, ist das Projekt eines Absterbens des
gesellschaftlichen Zeitmaßes zugunsten eines
ludistischen [=
spiel-orientierten] Modells
irreversibler Zeit der Individuen und Gruppen, eines
Modells, in dem gleichzeitig verbündete
unabhängige Zeiten
vorhanden sind. Es ist das Programm einer totalen
Verwirklichung des Communismus ( ... ) Die Welt besitzt
schon den Traum von einer Zeit, von der sie jetzt das
Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu
erleben." (GUY DEBORD: DIE
GESELLSCHAFT DES SPEKTAKELS. aus den Kapiteln 5 und 6)
Jetzt, heute aber so zu tun, als lebten wir im
19.Jahrhundert oder im vor- oder nach-LENINschen Russland, im
China der 1950er ... Jahre oder sonstwo, wo die
kapitalistischen und vorkapitalistischen Drohnen endlich
auch zum Mitarbeiten gezwungen werden müssten, damit wir
Arbeitsbienen alle mehr zu essen und uns zu kleiden haben
.... hiesse weissgott dem bornierten Charakter der
bisherigen historisch überwundenen Formen der Arbeit
verhaftet bleiben, es hiesse, den Akzent der
Übergangsperiode historisch-konkret genau auf den
falschen Pol der Dialektik von Qualität und Quantität
setzen: ist doch jedem Kind inzwischen klar, dass es beim
heutigen Stand der menschlichen und sachlichen
Produktivkräfte ankommt auf die Qualität, nicht auf die
Masse fleißiger Arbeiterhände. Die Emanzipation der
Arbeit ist mehr denn je und sprunghaft nur auf der Basis
der Befreiung von aller Zwangs- und Lohnarbeit, ja
tendenziell sogar von jeglicher travail répulsif
schlechthin erreichbar und anzustreben - schimmert doch
der Übergang zu tendenziell spielerischen Formen
zweckgerichter Produktionstätigkeit, zur realen
massenhaften Möglichkeit des travail attractif,
schon längst in den forcierten Kooperations-,
Kommunikations- und Kreativitätsformen, unter der
verlogenen Bilder-Hülle der immer noch
sinnlos-wirklichen allgemeinen Arbeitsqual wie dem
wachsenden Arbeits- und Lebens-Entzug der
kapitalistischen Surpluspopulation täglich schmerzhafter
und aufreizender durch (etwa blind-treffend
zusammengefasst in dem Ausdruck
"Freizeitindustrie") ...
Demgegenüber auf die prekären Übergangsregimes der
einstigen Irrealsozialismen zu Zwangsarbeitslagersystemen
einer staatsmonopolistischen nachholenden Akkumulation zu
verweisen mit der göttlichen Devise "Wer nicht
arbeitet, der soll auch nicht essen!", steht
Nostalgiesekten à la RIM besser an und allerlei TROTSKI- bzw. STALIN-Verehrern, die
miteinander im tapferen Tageskampf "gegen die
Strömung" des verfluchten
arbeitsplätzevernichtenden Kapitalismus wettstreiten.
Die zweite tragende These, die aus der
törichten deterministischen Betonung der Kontinuität
statt der radikalen Diskontinuität, aus der Fehldeutung
von der Revolution ("Epoche") als
"Vollendung" der bürgerlichen, entspringt und
deshalb an der Bourgeoisie klebt, die es gleichsam beim
Wort zu nehmen, an ihrem historischen
Arbeitsdurchsetzungsauftrag zu messen und zu richten
gilt, an ihrem Klassenmonopol usw. usf., diese These
verliert durch den Rekurs von MICHAEL MAUKE auf den
wissenschaftlichen Tendenzaufweis der reifen
kapitalistischen Sozioökonomie durch MARX und ENGELS ihre scheinbare
Substanz: das Monopol des Kapitalismus würde durch seine
bewusste Vollendung als perfektes Staatsmonopol qua
"KP" im "Realsozialismus" (bei DANIEL DOCKERILL NB tatsächlich
stur immer ohne Anführungszeichen, obwohl er vorgeblich
ja nicht von Sozialismus sondern von
Übergangsgesellschaft bzw. -regime,
"-periode", spricht!) glatt zum Agens und zur
Verkörperung der wirklichen Vergesellschaftung: gerade
als Staats-, als Parteimonopol über sämtliche
gesellschaftlichen Produktions- und Lebensbedingungen.
Dass man dieses staatskapitalistische X den Leuten nur
damit für ein "realsozialistisches" U
vormachen kann, dass man besagte "KP", ohne ein
Wort über sie zu verlieren, stillschweigend mit den
angeblich von ihr staatlich Repräsentierten, sprich dem
Proletariat und der ganzen Gesellschaft, gleichsetzt,
haben wir anfangs ans Licht gezogen. M.MAUKE führt nun
säuberlich vor Augen - und zwar gegen seine eigene
anfängliche Prämisse - dass und wie die Herausbildung
eines gesetzmäßig sich perfektionierenden
bürokratischen Kapitalismus mit dem zunehmend
totalitären Monopol einer homogenen winzigen
Funktionärsführungsklasse, einer kapitalistischen
Herrschaftsoligarchie, zugleich die diffuse herkömmliche
freie Konkurrenz-Bourgeoisie abschafft bzw. zum
Rentiers-Schattendasein in den Kulissen verurteilt, sich
selbst personell der Tendenz nach eingeschlossen, - und
zugleich den Widerspruch auf die Spitze treibt, immer
reiner vergesellschaftete, gesamtgesellschaftliche
Produktion und sogar Aneignung zu werden wie doch
kapitalistische, d.h. konkurrenzgetriebene, nach dem
Wertgesetz und zum Zwecke des Maximalprofits
produzierende Gesellschaftsform zu bleiben. Mitnichten
bedeutet die höchste Entwicklung von Monopol,
Staatsintervention, Planwirtschaft und Bürokratie, sei
sie auch noch so "vollendet", dem realen
Klasseninhalt nach, dem realen Bewegungsgesetz nach schon
"Realsozialismus" oder überhaupt den Übergang
zu diesem, kurz: irgendetwas
"Postkapitalistisches", selbst wenn die
schönste und stärkste "KP" die Spitze dieser
staatsmonopolistischen "Vollendung" ziert und
führt: kann doch realer Übergang zu bewusster und
perfekter, also communistischer Gesellschaftlichkeit der
Produktion erst da beginnen, wo die Produzierenden selber
- als Assoziation von Communen und als Commune der
selbstbestimmt Assoziierten - die gesellschaftliche
Planung, Arbeitszeitrechnung und Verteilung der
Produktionsmittel und Produkte in der Hand haben,
transparent machen und unmittelbar auf höchster
gesellschaftlicher Stufenleiter - d.h. ohne
Dazwischenkunft von "Mittler"-Instanzen und
"Regulatoren" wie Warentausch/Wertform,
"Marktmechanismen" und Staat, also Bürokratie
- für sich vorab und permanent regeln, vollziehen und
verwalten. Jegliche "KP", die sich ab
staatszerschlagendem Umsturz, ab Beginn der
revolutionären, antistaatlichen Diktatur des
Proletariats, mit der Abschaffung jeglichen Monopols
nicht so rasch wie möglich selbst aufhebt, überflüssig
zu machen versteht, ist in dieser permanenten Revolution
in Richtung auf Communismus nur ein weiteres Hindernis.
Eines kann sie schon garnicht sein: Garantin für das
Gelingen dieses Übergangs, Ersatzinstanz für die
revolutionäre Diktatur des Proletariats. Sie wäre - und
ist genau dies in den lrrealsozialismen dieses
Jahrhunderts gewesen - als Parteistaatspartei und
Staatsparteistaat nichts anderes als selber der Apparat
der managerialen und bürokratischen Exekution "dämonischer
Funktionalität" der unmittelbaren Macht der
Dinge über die Menschen, worin sich das kapitalistische,
auf Auspressung unbezahlter Mehrarbeit aus den
Lohnarbeiter/inne/n ausgerichtete System
"technischer" Sachzwänge in seiner
Gesamtheit sogar auch seinen höchsten
Funktionären gegenüber "derart
verselbständigt, dass es der Gesellschaft als eine
ungeheure und unheimliche Maschine entgegentritt, der die
Menschen unterworfen sind, anstatt sie zu
kontrollieren", wie MICHAEL MAUKE es ausdrückt.
Lesen wir die Skizze von MICHAEL MAUKE einmal so, dass
wir in Vorwegnahme des nächsten Resultats seiner von ihm
selbst dort zusammengefassten Tendenz einfach die Termini
für "Finanzkapital" bzw. Finanzoligarchie und
sogar schon "Staatsmonopolismus" und
"kapitalistische Bürokratie" ersetzen durch
das Wort "Staatssozialismus" oder
"realsozialistische" Oligarchie. Dann haben wir
genau die wesentlichen Züge des Monopols vor Augen, die DANIEL DOCKERILL uns als
"Realsozialismus" ohne Anführungszeichen
nachträglich verteidigen lassen will, indem er diese
Stufe der staatsmonopolistischen Vollendung einerseits
als erste, reale Überwindung des Kapitalismus,
andererseits aber zugleich als äusserst prekäre
historische Form der Übergangsperiode (sprich: der
revolutionären Diktatur des Proletariats) hinzustellen
versucht.
An dieser doppelt apologetischen Figur eines zum
Präsozialismus mythisierten staatsmonopolistischen
Kapitalismus besonderen, im 20.Jh. neuen Typs ist der
wahre Kern die historisch-konkrete besondere Prekarität
sowie die ihr entsprungene mythisch-täuschende Ideologie
von der "so nun mal der Notwendigkeit, der
Prekarität geschuldeten" Realität des Sozialismus
oder wenigstens dem prekären Übergang zu diesem, mithin
durchaus auch der idealistische Heroismus der Illusion,
der sich im Glauben an den vermeintlichen "Aufbau
des Sozialismus" wirkmächtig niederschlug. Die
Lügenaura dieses Mythos aber, die der wissenschaftliche
Communismus gerade zu zerstören hätte, um den
Wahrheitskern des Mythos herauszusprengen, dieser
Täuschungsschleier ist das Wort von der
"Vollendung" der bürgerlichen Epoche in dieser
Form - als Rede vom angeblichen Transzendieren des
Kapital/Lohnarbeit-Antagonismus, als Suggerieren der bewusst
vollzogenen Aufhebung des Staatsmonopols, des von LENIN selbst als
Staatskapitalismus bezeichneten
bürgerlich-vorbürgerlich-proletarischen Mischgebildes durch
sich selbst am eigenen Schopf, als erschlichener
Übergang qua leninistischer "KP" und
staatsparteistaatlichem, antisovjetischem Monopol.
Apologetisch verdeckt wird durch diese
Remythisierungsoperation, was jedermann/frau/kind im
20.Jahrhundert erfahren konnte, (nichtbegrifflich,
vorbewusst, anschauungsgemäß) heute weiss und
höchstens noch verdrängen, umlügen kann: jenes
"realsozialistische" System war wirklich
sinnlich-evident eine äusserst prekäre
Gesellschaftlichkeit der menschlichen Entfremdung und
Selbstentfremdungen zugleich vorkapitalistischer und
kapitalistischer Eigenart, "der direkte,
zugespitzte Gegensatz zwischen der toten (aufgehäuften,
vergegenständlichten) und der lebendigen Arbeit als
letzte Stufe des gesellschaftlichen Antagonismus."
Nicht die erste Stufe der bewussten gesellschaftlichen
Aufhebung dieser antagonistischen Produktionsweise kann
dieses perfektionierte Staatsmonopol je sein, sondern nur
erst die Kulmination des kapitalistischen
Expropriationsprozesses zur staatssozialistischen
Etablierung der "Kommandohöhen" des
Gesamtprozesses der kapitalistischen Produktion: "Nachdem
die Kapitalisten nicht mehr als Unternehmer funktionell
das Kapital personifizieren, personifiziert sich die
Kapitalistenklasse unmittelbar und unsichtbar im Kapital
als blind-selbsttätigem Funktionssystem" (M.MAUKE). Die Prekarität
der alleingelassenen russischen Revolution-ohne-Permanenz
bestand genau in der vorkapitalistischen Erblast der "halbasiatischen
Despotie" (KARL MARX), nämlich
politischen Autokratie und ökonomischen Staatssklaverei
einerseits (System des "Zarismus"), der
hochkonzentrierten staatsmonopolkapitalistischen
Entwicklung auf Basis einiger Industriezentren des
Russischen Reiches (Finanzoligarchie und organisiertes
Proletariat) andererseits, kurz: im spezifisch "unegalen
Verhältnis" (KARL MARX) dieses
bürgerlich-zaristischen Gemischs. Die
eingestandenermaßen nachholende (den entwickelten
"Kapitalismus ein- und überholen!" -sollende)
"sozialistische ursprüngliche" Akkumulation
unterm "Sovjet"-Regime der KPdSU (BOLSHEVIKI) beruhte auf der
besonderen Kombination von vormoderner Autokratie
(Partei/Führer) und Staatssklaverei
(Zwangsarbeitslagersystem) mit hochmodernem
staatsmonopolistischem Kapitalismus ("vom Deutschen
lernen!" /Modell Deutsche Post/
"sozialistischer" Taylorismus /Stakhanovismus/
"die Kader entscheiden alles", "die
Technik ist entscheidend" etc.). Freilich war und
blieb dieses "realsozialistische"
Übergangsregime prekär, weil es einen Übergang vom
rückständigen Zustand der
ökonomisch-sozial-politischen und kulturellen
halbasiatischen Provenienz "aus dem
blutigen Sumpfe mongolischer Barbarei"
(KARL
MARX),
petrinisch aufgepfropfter künstlich forcierter
staatlich-kapitalistischer Entwicklung hinüber zur
Fortschrittlichkeit der restlosen Expropriation der
Bevölkerung und radikalsten Proletarisierung im Zuge der
staatlichen Zentralisation des Kapitals vollbrachte: den
Übergang zur formellen und reellen Subsumtion der ganzen
Gesellschaft, der gesamten gesellschaftlichen
Arbeitsvermögen unters Kapital in Gestalt des
akkumulierenden Staats. Dass dieser prekäre, weil ebenso
isolierte wie sozial halsbrecherische Übergang (denn die
scheinbar so irrationalen, paranoiden
"Säuberungen" in Permanenz folgten einer
Realangst vor der sozialen Revolution, vor der Wiederkehr
einer "Dritten Revolution", wie sie mit dem KRONSTÄDTER SOVJET gerade noch einmal
hatte abgewürgt werden können, gewiss auch vor dem
Gespenst einer proletarischen Wiederauferstehung,
communistischen Erneuerung der echten alten BOLSHEVIKI ... ) mit den
heroischen Illusionen und klassischen Ideen von einem
"sozialistischen Aufbau", vom alles
entscheidenden (im Doppelsinn! teste Spanischer
Revolutionskrieg etc.) Beitrag zur kommunistischen
Weltrevolution beladen war, gehört zur ideologischen
Draperie aller welthistorischen Revolutionstragödien und
hat für uns Gegenstand wissenschaftlicher
Desillusionierung, revolutionärer grausam-gründlicher
Selbstkritik zu sein statt jakobinistischer
bürgerlich-mythologischer Überhöhung im Nachhinein.
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