Karl-Heinz Schubert
Zur Geschichte der westberliner Basisgruppen
Im Zusammenhang mit den Osterunruhen 1968 wurden die ersten Basisgruppen gegründet/1/, die sich, vermittelt über die 1. Mai-Kampagne, über folgende Stadteile ausbreiteten: Friedenau, Kreuzberg, Märkisches Viertel, Moabit, Neukölln, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Wedding, Wilmersdorf und Zehlendorf. Ihre Mitgliederzahl betrug im Durchschnitt 30 bis 50. Die Spandauer Gruppe erreichte sogar einen Mitgliederstand von über 100./2/
Die Basisgruppen stellten im Rahmen der Studentenbewegung den ersten Versuch dar, eine dauerhaften Verbindung mit außeruniversitären Kräften/3/ im Sinne einer politischen Organisation einzugehen. Die ursprüngliche politische Aufgabenstellung der Basisgruppen veränderte sich im Laufe ihrer Existenz. Bis zum Herbst 1968 begriffen sie sich in erster Linie als Stadtteilgruppen. Von da an bis zu ihrem Zerfall, Ende 1969, verstanden sie sich als bezirkliche Gruppen, die mehr oder minder ausgeprägt Betriebsarbeit machten. Diese Veränderung der Aufgabenstellung entsprach den Überlegungen der radikalen Teile der in Bewegung geratenen Intelligenz, sich irgendwie, aber auf jeden Fall, in eine revolutionäre Arbeiterbewegung transformieren zu wollen. So war die zweite Jahreshälfte 1969 ausschließlich durch die Suche nach einem Lösungsweg für dieses Vorhaben bestimmt. In einer mehr als verschlungen zu bezeichnenden Suchbewegung tastete man sich an die Leninsche Parteikonzeption heran, um dann sozusagen im Akt des Wollens sich selber zu eben dieser Partei zu erklären. Die Sogwirkung, die von dem voluntaristischen Einstieg in die Parteikonzeption ausging und die die Neugruppierung des Protestpotentials hervortrieb, führte zur Auflösung der Basisgruppen im Winter 1969/70.
Die Basisgruppen
als Stadtteilgruppen
Die Basisgruppen
als Betriebsgruppen
Abgrenzungen
Niedergang
Parteigründungen
Anmerkungen
/1/ Im Zusammenhang mit dem hier vorgelegten Abriß der Geschichte der westberliner BG's bleiben für eine Gesamteinschätzung der APO wesentliche außeruniversitäre Projekte (weitgehend) ausgeblendet. Zu diesen zählen u.a.: Die Internationalismuskampagnen (z.B. Black Panther), die Anfänge der Frauenbewegung, die Kinderladenbewegung, die Oberschülerbewegung, die Versuche der Organisierung der "Überbau"berufe (Ärzte, Juristen, Lehrer etc.), die Kulturarbeit (z.B. ROSTA),sowie der gesamte Komplex, der damals unter dem Begriff "Randgruppenstrategie" subsumiert wurde (so z.B. die Arbeit mit "Rockern" im Märkischen Viertel).
/2/ siehe dazu: SCHMIDT, Rudi, Betriebsarbeit und Organisationsfrage, in: SoPo Nr.10, Westberlin 1971, S.83ff
/3/ Zu diesen Kräften sind in erster Linie trotzkistische Strömungen zu zählen, die sich entsprechend dem Entrismuskonzept (siehe Fußnote 2, nächste Seite) der IV.Internationale in den Falken und an den Rändern der Sozialdemokratie in informellen Gesprächrunden seit Jahren organisiert hatten. So gab es in den Falken z.B. die Gruppe Spartakus, die sich regelmäßig in einem Schöneberger Jugendfreizeitheim traf. Auf ihren Foren nahmen z.B. R.Dutschke und B. Rabehl, aber auch SPDler wie Harry Ristock teil. Zeitzeugen berichten, daß R.Dutschke nach dem Scheitern der westberliner "Anschlag"-gruppe (s.d.: Chaussy, Ulrich, Die drei Leben des Rudi Dutschke, Neuwied 1983 oder Fichter/Lönnendonker a.a.O.) dort überzeugt wurde, im westberliner SDS aktiv zu werden. Ferner müssen er wähnt werden: die SED-West (dh. die SED-Kreisverbände der Westsektoren als Untergliederung der Bezirksleitung Groß-Berlin; am 15.2.69 konstituierte sie sich selbständig als SEW; hier wird sie durchgehend als SEW bezeichnet), ihre Jugendorganisation FdJ-W (heute SJV Karl Liebknecht), Arbeiterjugendliche aus dem Gewerkschaftsspektrum, sowie einzelne Gymnasiasten.