Mao Werke

 

KAPITEL V

DIE STRATEGISCHE VERTEIDIGUNG

In diesem Kapitel möchte ich auf folgende Fragen eingehen: 1. Aktive und passive Verteidigung; 2. Vorbereitung der Gegenoperation gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge"; 3. Strategischer
|240| Rückzug; 4. Strategische Gegenoffensive; 5. Beginn der Gegenoffensive; 6. Konzentration der Kräfte; 7. Bewegungskrieg; 8. Krieg mit rascher Entscheidung; 9. Vernichtungskrieg.

1. AKTIVE UND PASSIVE VERTEIDIGUNG

Warum beginnen wir die Erörterung mit Fragen der Verteidigung? Nach dem Fehlschlag der ersten nationalen Einheitsfront in China in den Jahren 1924 bis 1927 wurde die Revolution zu einem äußerst erbitterten und schonungslosen Klassenkrieg. Unser Feind herrschte über das ganze Land, während wir nur eine kleine Streitmacht besaßen; folglich hatten wir von Anfang an gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" des Feindes hart zu kämpfen. Unsere Angriffe waren eng mit der Aufgabe verbunden, diese "Feldzüge" zu zerschlagen, und unser weiteres Schicksal hängt völlig davon ab, ob wir imstande sind, diese "Feldzüge" zu zerschlagen. Die Zerschlagung eines "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" verläuft in der Regel nicht, wie man es sich wünschen möchte, auf geradem und direktem Weg, sondern auf gewundenen und verschlungenen Pfaden. Die erste und zudem ernste Frage, vor die wir gestellt sind, lautet, wie unsere Kräfte zu erhalten sind, um bei günstiger Gelegenheit den Feind zu schlagen. Die strategische Verteidigung wurde somit zum kompliziertesten und wichtigsten Problem für die Rote Armee bei ihren Operationen.

Im Verlauf unseres zehnjährigen Krieges traten des öfteren zwei Abweichungen in der Frage der strategischen Verteidigung auf: Die eine bestand darin, daß man den Gegner unterschätzte, die andere darin, daß man sich von ihm einschüchtern ließ.

Die Unterschätzung des Gegners hatte zur Folge, daß viele Partisanenabteilungen Niederlagen erlitten und die Rote Armee in mehreren Fällen nicht vermochte, die "Feldzüge" des Feindes zu zerschlagen.

Als die revolutionären Partisaneneinheiten eben erst entstanden waren, schätzten ihre Führer die Lage des Gegners sowie die eigene Lage oft unrichtig ein. Sie sahen nur die zeitweilig günstigen Umstände, die sich herausgebildet hatten infolge ihres Erfolges bei der Organisierung eines plötzlichen bewaffneten Aufstands an einem gegebenen Ort oder einer Meuterei unter den weißen Truppen; oder sie erkannten nicht den Ernst der Lage, der sie gegenübergestellt
|241| waren. Aus diesen Gründen unterschätzten sie oft den Feind. Außerdem kannten sie nicht ihre eigenen Schwächen (ihren Mangel an Erfahrungen, die geringe Zahl ihrer Streitkräfte). Daß der Feind stark war, wir aber schwach, war doch eine objektive Tatsache; aber die Leute wollten darüber nicht nachdenken, sie hatten nur den Angriff im Sinn, wollten von Verteidigung und Rückzug nichts wissen, brachten sich moralisch um eine solche Waffe wie die Verteidigung und lenkten daher ihre Handlungen in eine falsche Richtung. Deswegen wurden viele Partisanenabteilungen geschlagen.

Als Beispiele dafür, daß die Rote Armee aus denselben Gründen nicht imstande war, "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" des Feindes zu zerschlagen, können dienen: ihre Niederlage im Jahre 1928 im Gebiet von Haifeng und Lufeng [17] , Provinz Kuangtung, sowie die Tatsache, daß die Rote Armee im Grenzgebiet Hupeh-Honan-Anhui bei der Bekämpfung des vierten "Feldzugs" des Feindes im Jahre I932 ihre Aktionsfreiheit verlor, da sie sich von der Theorie leiten ließ, daß die Kuomintang-Armee bloß die Rolle von Flankentruppen spielte.

Für Rückschläge infolge Einschüchterung durch den Feind gibt es zahlreiche Beispiele.

Im Gegensatz zu jenen, die den Feind unterschätzten, gab es Leute, die ihn überschätzten, die eigenen Kräfte jedoch sehr gering achteten, infolgedessen unnötigerweise einen Kurs auf Rückzug einschlugen und sich ebenfalls moralisch um eine solche Waffe wie die Verteidigung brachten. Das Ergebnis davon war, daß entweder manche Partisanenabteilungen geschlagen wurden oder manche Schlachten der Roten Armee mit einem Mißerfolg endeten oder Stützpunktgebiete verlorengingen.

Das markanteste Beispiel für den Verlust von Stützpunktgebieten war die Einbuße des Zentralen Stützpunktgebiets in Kiangsi im Verlauf der Gegenoperation gegen den fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug". Dieser Fehler wurde durch eine rechte Abweichung hervorgerufen. Die führenden Funktionäre fürchteten sich vor dem Gegner wie vor einem Tiger, errichteten überall Verteidigungsanlagen, waren auf Schritt und Tritt in der Defensive, wagten nicht, in das Hinterland des Feindes vorzustoßen und ihn dort anzugreifen, was von Vorteil für uns gewesen wäre, oder ihn kühn in die Tiefe des eigenen Gebiets zu locken, um ihn hier einzukreisen und zu vernichten; infolgedessen büßten wir das ganze Stützpunktgebiet ein, und die Rote Armee mußte den Langen Marsch über mehr als
|242| 12000 Kilometer antreten. Derartigen Fehlern ging meistens jedoch der "linke" Fehler einer Unterschätzung des Gegners voraus. Das militärische Abenteurertum, das in dem Angriff auf die Schlüsselstädte im Jahre 1932 zum Ausdruck kam, war eben die Ursache der auf passive Verteidigung abgestellten Linie, an die man sich später, bei der Bekämpfung des fünften feindlichen "Feldzugs", hielt.

Das krasseste Beispiel für Einschüchterung durch den Feind war die durch Rückzugssucht gekennzeichnete "Linie Dschang Guo-taos". Die Niederlage der Westkolonne der Vierten Frontarmee der Roten Armee westlich des Gelben Flusses [18] besiegelte den endgültigen Bankrott dieser Linie.

Die aktive Verteidigung kann man auch offensive Verteidigung oder Verteidigung durch eine Entscheidungsschlacht nennen. Die passive Verteidigung kann man auch als ausschließlich auf Abwehr gerichtete Verteidigung oder als rein defensive Verteidigung bezeichnen. Die passive Verteidigung ist faktisch eine Pseudoverteidigung, und nur die aktive Verteidigung ist eine echte Verteidigung, eine Verteidigung, mit der das Ziel verfolgt wird, zur Gegenoffensive und zum Angriff überzugehen. Soviel ich weiß, hat es noch kein einziges militärisches Handbuch von Wert, keinen einzigen einigermaßen vernünftigen Militärfachmann gegeben - in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, in China oder im Ausland -, die sich nicht gegen die passive Verteidigung gewandt hätten, gleichgültig ob in strategischer oder in taktischer Hinsicht. Nur ein absoluter Narr oder Verrückter wird die passive Verteidigung als einen Talisman betrachten. Dennoch gibt es Leute auf der Welt, die solches tun. Das ist ein Fehler im Krieg, ein Ausdruck des Konservatismus in militärischen Dingen. Die passive Verteidigung müssen wir entschieden bekämpfen.

In den jüngeren, sich rasch entwickelnden imperialistischen Ländern, also in Deutschland und Japan, preisen die Militärfachleute in höchsten Tönen die Vorzüge der strategischen Offensive und wenden sich gegen die strategische Defensive. Solche Ansichten taugen absolut nicht für den revolutionären Krieg in China. Diese Militärfachleute behaupten, eine ernste Schwäche der Verteidigung bestehe darin, daß sie den Kampfgeist der Menschen erschüttere, anstatt ihn zu heben. Das gilt für Länder mit zugespitzten Klassengegensätzen, wo der Krieg lediglich den reaktionären herrschenden Schichten oder sogar nur einer an der Macht befindlichen reaktionären Gruppe Nutzen bringt. Bei uns liegen die Dinge jedoch anders. Unter den Losungen der Verteidigung der revolutionären Stützpunktgebiete und
|243| der Verteidigung Chinas können wir die überwältigende Mehrheit des Volkes zusammenschließen, die wie ein Mann in den Kampf ziehen wird, denn wir sind die Unterdrückten und Opfer einer Aggression. Auch in der Sowjetunion hat die Rote Armee während des Bürgerkriegs ihre Feinde besiegt, indem sie die Form der Verteidigung ausnutzte. Nicht nur als die imperialistischen Staaten die Weißgardisten zu einer Offensive organisierten, wurde der Krieg der Roten Armee unter der Parole der Verteidigung der Sowjets geführt, sondern auch in der Periode der Vorbereitung zum Oktoberaufstand erfolgte die militärische Mobilisierung unter der Losung der Verteidigung der Hauptstadt. In jedem gerechten Krieg hat die Verteidigung nicht nur die Funktion, die politisch fremden Elemente zu paralysieren, sondern sie bietet auch die Möglichkeit, die rückständigen Teile der Massen für die Teilnahme am Krieg zu mobilisieren.

Marx sagte, wenn man einmal den Weg des bewaffneten Aufstands beschritten habe, dürfe man die Offensive nicht für eine Minute unterbrechen [19]; er meinte damit, daß die Massen, die den Gegner durch einen plötzlichen Aufstand überrascht haben, den reaktionären Machthabern keine Gelegenheit geben dürfen, die Staatsgewalt zu behaupten oder wiederzugewinnen, sondern den Augenblick benutzen müssen, um die reaktionären herrschenden Kräfte im Land zu schlagen, ehe sie zur Besinnung kommen; daß sie sich mit den errungenen Siegen nicht zufriedengeben, den Feind nicht unterschätzen, in ihren Angriffen auf den Feind nicht nachlassen dürfen; daß sie nicht zögern sollen, vorwärts zu drängen und sich die Gelegenheit, den Feind zu vernichten, nicht entgehen lassen dürfen; sonst würde die Revolution eine Niederlage erleiden. Das ist richtig. Doch es bedeutet nicht, daß wir Revolutionäre auch dann nicht zum Mittel der Defensive greifen dürfen, wenn wir uns bereits in einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Feind befinden und wenn dieser überlegen ist und uns hart zusetzt. Nur ein Vollidiot würde so denken.

Unser Krieg war bisher, als Ganzes gesehen, eine Offensive gegen die Kuomintang, militärisch nahm er jedoch die Form der Zerschlagung ihrer "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" an.

Militärisch ausgedrückt, besteht unsere Kriegführung in einer wechselnden Anwendung von Verteidigung und Angriff. In unserem Fall macht es keinen Unterschied aus, ob man sagt, der Angriff folge auf die Verteidigung oder gehe ihr voraus, denn der Angelpunkt der Sache ist die Zerschlagung des "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs". Die Verteidigung dauert bis zu dem Augenblick, da ein
|244| "Feldzug" zerschlagen ist, und die Zerschlagung des "Feldzugs" ist der Beginn des Angriffs; das sind nur zwei Phasen ein und desselben Geschehens; aber auf einen "Feldzug" des Feindes folgt gleich ein anderer. Von diesen beiden Phasen ist die der Verteidigung die kompliziertere und wichtigere. Sie enthält zahlreiche Fragen nach der Art und Weise, wie der feindliche "Feldzug" zu zerschlagen ist. Das Grundprinzip ist hier die Bejahung der aktiven Verteidigung und die Ablehnung der passiven Verteidigung.

Was den Bürgerkrieg anbelangt, wird die strategische Verteidigung, sobald die Kräfte der Roten Armee denen des Gegners überlegen sind, im allgemeinen nicht mehr notwendig sein. Unser Kurs wird dann lediglich der strategische Angriff sein. Diese Wandlung wird von einer allgemeinen Änderung des Kräfteverhältnisses abhängen. Dann wird das Mittel der Verteidigung für uns nur noch partiellen Charakter tragen.

 

2. VORBEREITUNG DER GEGENOPERATION GEGEN DIE "EINKREISUNGS- UND AUSROTTUNGSFELDZÜGE"

Wenn wir angesichts eines vom Gegner geplanten "Feldzugs" nicht die erforderlichen und ausreichenden Vorbereitungen treffen, werden wir unweigerlich in eine passive Lage geraten. Nimmt man überstürzt den Kampf auf, so hat man nicht die Gewißheit des Sieges. Deshalb ist es absolut notwendig, daß wir, während der Gegner einen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" vorbereitet, unsererseits die Gegenoperation vorbereiten. Einwände gegen solche Vorbereitungen, wie sie einst in unseren Reihen laut wurden, sind kindisch und lächerlich.

Hier taucht eine schwierige Frage auf, um die leicht Kontroversen entbrennen: Wann ist der Zeitpunkt gekommen, da wir unsere eigene Offensive beenden und ins Stadium der Vorbereitungen zur Gegenoperation eintreten müssen? Denn wenn wir erfolgreich angreifen, der Feind aber sich verteidigt, dann bereitet dieser insgeheim seinen nächsten "Feldzug" vor, und wir können schwer feststellen, wann er den Angriff beginnen wird. Fangen wir dann mit den Vorbereitungen zur Gegenoperation zu früh an, so verringern sich unvermeidlich die Vorteile unseres Angriffs und können sich bisweilen sogar manche nachteilige Auswirkungen auf die Rote Armee und die Volksmassen ergeben. Denn im Vorbereitungsstadium bestehen die Hauptmaß-
|245| nahmen in der militärischen Vorbereitung zum Rückzug und in der politischen Aufklärung dafür. Beginnt die Vorbereitung zu früh, kann sie sich manchmal in ein Warten auf den Gegner verwandeln; wenn der Gegner aber nach langem Warten nicht erscheint, so müssen wir unseren Angriff wiederaufnehmen. Es kann dann mitunter vorkommen, daß der Gegner gerade zu dem Zeitpunkt seine Offensive startet, an dem wir mit unserem neuen Angriff beginnen, so daß wir in eine schwierige Lage geraten. Deshalb ist die Wahl des Zeitpunktes für den Beginn unserer Vorbereitungen eine wichtige Frage. Wenn man den Zeitpunkt bestimmen will, muß man von der Situation beim Gegner und der Situation bei uns selbst sowie von den Wechselbeziehungen zwischen den beiden Situationen ausgehen. Um die Situation beim Gegner kennenzulernen, müssen wir Informationen über seine politische, militärische und finanzielle Lage sowie über die öffentliche Meinung in seinen Gebieten sammeln. Bei der Analyse solcher Informationen müssen wir die Gesamtstärke des Gegners voll in Rechnung stellen, dürfen das Ausmaß seiner früheren Niederlagen nicht übertreiben, müssen aber andererseits seine inneren Widersprüche, seine finanziellen Schwierigkeiten, die Auswirkungen seiner früheren Niederlagen usw. in Betracht ziehen. Was unsere Seite betrifft, so dürfen wir das Ausmaß unserer früheren Siege nicht übertreiben, müssen aber deren Auswirkungen vollauf berücksichtigen.

Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Beginns der Vorbereitungen ist es im allgemeinen besser, ihn zu früh als zu spät anzusetzen; denn man riskiert dann weniger Verluste und hat den Vorteil, daß man auf alle Eventualitäten vorbereitet ist und eine grundsätzlich unbesiegbare Position gewinnt.

Im Vorbereitungsstadium bestehen die Hauptprobleme in der Vorbereitung des Rückzugs der Roten Armee, in der politischen Aufklärung, in der Ergänzung des Personalbestands der Armee, in Maßnahmen auf dem Gebiet der Finanzen und der Lebensmittelversorgung, in der Behandlung der uns politisch fremden Elemente usw.

Unter der Vorbereitung des Rückzugs der Roten Armee verstehen wir Vorkehrungen gegen eine Bewegung der Roten Armee in Richtungen, die für den späteren Rückzug ungünstig wären, gegen allzu weite Vorstöße unserer Truppen und gegen ihre Übermüdung. Das sind die erforderlichen Maßnahmen, welche die reguläre Rote Armee am Vorabend einer Großoffensive des Feindes zu treffen hat. Zu diesem Zeitpunkt muß die Rote Armee ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Planung der Auswahl und Vorbereitung des künftigen
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Die politische Aufklärung ist bei der Gegenoperation gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" eine Frage von erstrangiger Bedeutung. Wir müssen nämlich den Angehörigen der Roten Armee und der Bevölkerung in den Stützpunktgebieten entschieden und rückhaltlos klarmachen, daß die Offensive des Feindes unausbleiblich ist und nahe bevorsteht, daß dadurch der Bevölkerung schwerer Schaden zugefügt werden wird; doch gleichzeitig müssen wir sie über die Schwächen des Feindes, über die der Roten Armee günstigen Faktoren, über unseren unerschütterlichen Siegeswillen, über die Richtung, in der unsere Tätigkeit verläuft, usw. aufklären. Wir müssen die Rote Armee und die gesamte Bevölkerung zur Bekämpfung des "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs", zur Verteidigung der Stützpunktgebiete aufrufen. Mit Ausnahme der aus militärischen Gründen geheimzuhaltenden Dinge muß die politische Aufklärung öffentlich durchgeführt werden und möglichst jeden erfassen, der irgendwie die Interessen der Revolution wahren könnte. Der Schlüssel hierzu liegt in der Überzeugung der Kader.

Bei der Ergänzung des Personalbestands der Armee muß man von zwei Erwägungen ausgehen: einerseits vom Niveau des politischen Bewußtseins der Volksmassen und von der Bevölkerungszahl, andererseits vom gegebenen Zustand der Roten Armee und dem voraussichtlichen Ausmaß ihrer Verluste während der ganzen Gegenoperation.

Selbstverständlich haben die Finanz- und Ernährungsprobleme große Bedeutung für die Bekämpfung der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge". Man muß damit rechnen, daß sich der "Feldzug" in die Länge ziehen kann. Es ist notwendig, den Mindestbedarf zunächst der Roten Armee, dann aber auch der Bevölkerung der revolutionären Stützpunktgebiete an materiellen Versorgungsgütern während des ganzen Verlaufs der Gegenoperation zu berechnen.

Gegenüber den uns politisch fremden Elementen darf man es an Wachsamkeit nicht fehlen lassen; doch wir sollen nicht über Gebühr befürchten, sie könnten Verrat üben, und daher übertriebene Vorsichtsmaßregeln treffen. Unter den Grundherren, Kaufleuten und Großbauern muß man differenzieren, wobei die Hauptsache darin liegt, ihnen unsere Politik zu erläutern, ihre Neutralität zu gewinnen und zugleich die Volksmassen zu ihrer Überwachung zu organisieren. Nur gegen die gefährlichsten Elemente, deren Zahl sehr gering ist, kann man strenge Maßnahmen wie Verhaftung usw. treffen.

|247| Wie groß der Sieg bei der Gegenoperation ist, hängt eng damit zusammen, bis zu welchem Grad wir im Vorbereitungsstadium unsere Aufgaben erfüllt haben. Ein Nachlassen in der Vorbereitung infolge Unterschätzung des Gegners und eine Panik infolge Einschüchterung durch seine Angriffe sind schädliche Tendenzen, die entschieden bekämpft werden müssen. Was wir brauchen, ist Begeisterung, aber auch Besonnenheit, ist sowohl intensive wie gut geregelte Arbeit.

3. STRATEGISCHER RÜCKZUG

Der strategische Rückzug ist eine planmäßige strategische Maßnahme, der sich eine schwächere Armee angesichts eines überlegenen Gegners, dessen Angriff sie nicht rasch zunichtemachen kann, bedient, um ihre Kräfte zu erhalten und einen günstigen Zeitpunkt für die Zerschlagung des Gegners abzuwarten. Militärische Abenteurer widersetzen sich aber hartnäckig einer solchen Maßnahme und predigen, man solle "den Feind vor den Toren des eigenen Staates abwehren".

Bekanntlich weicht bei einem Faustkampf der Klügere der beiden Boxer gewöhnlich am Anfang etwas zurück, während der Dümmere wütend drauflosschlägt und schon zu Beginn alle seine Künste zeigt, so daß dieser am Schluß oft von jenem, der anfangs zurückgewichen ist, niedergeworfen wird.

In dem Roman Helden vom Liangschan-Moor ruft der Trainer Hung im Gutshof Tschai Djins mit herausforderndem Geschrei Lin Tschung zum Zweikampf auf. Lin Tschung weicht zuerst zurück, nimmt dann einen Fehlgriff Hungs wahr und schleudert ihn mit einem einzigen Fußtritt zu Boden. [20]

In der "Frühlings- und Herbstperiode" brach zwischen den Staaten Lu und Tji [21] ein Krieg aus. Der Herzog Dschuang von Lu wollte angreifen, ehe die Truppen von Tji ermattet waren, doch Tsao Gui hielt ihn zurück. Dschuang wandte daraufhin die Taktik "Wenn der Feind ermattet ist, schlagen wir zu" an und besiegte die Tji-Armee. In der Kriegsgeschichte Chinas ist dieser Vorfall zu einem klassischen Beispiel für den Sieg einer schwächeren Armee über eine stärkere geworden. Sehen wir uns nun den Bericht des Historikers Dsuotjiu Ming [22] an :

Im Frühjahr überfiel uns die Armee von Tji. Der Herzog rüstete sich zum Kampf. Tsao Gui bat um Audienz. Seine Nachbarn sagten: "Das ist Sache der Würdenträger. Warum mischst du dich ein?"
|248| Tsao Gui erwiderte: "Die Würdenträger sind kurzsichtig, weitreichende Pläne können sie nicht schmieden." So trat er vor den Herzog, Und er fragte: "Worauf wirst du dich im Krieg stützen?" Der Herzog antwortete: "An Gewändern und Speisen mich allein zu ergötzen, wage ich nie; ich teile sie stets mit anderen." Hierauf Tsao Gui: "Die kleinen Wohltaten können nicht alle erreichen, das Volk wird dir nicht folgen." Der Herzog sagte: "Nie opfere ich den Göttern weniger heilige Tiere, Jade und Seide als ihnen gebührt, ich bleibe stets ehrlich." Tsao Gui versetzte: "Durch kleine Ehrlichkeiten erwirbt man kein Vertrauen. Die Götter werden dich nicht segnen." Da sagte der Herzog: "In kleinen und großen Rechtsfällen habe ich, auch wenn ich die Einzelheiten nicht prüfen konnte, stets gerecht geurteilt." Und Tsao erwiderte: "Du bist also pflichttreu. Du kannst in die Schlacht ziehen. Tust du das, laß mich dir folgen." Der Herzog nahm ihn in seinem Streitwagen mit. Und es kam zur Schlacht bei Tschangschao. Der Herzog wollte die Trommel zum Angriff rühren lassen, doch Tsao Gui sagte: "Noch nicht!" Nachdem die Leute von Tji dreimal zum Angriff getrommelt hatten, sagte Tsao: "Nun laß die Trommel rühren!" Das Tji-Heer wurde in die Flucht geschlagen. Der Herzog wollte ihm nachsetzen. Doch Tsao sagte: "Noch nicht!" Er stieg vom Streitwagen, um die vom Feind hinterlassenen Radspuren zu prüfen, dann kletterte er auf die Armstützen des Wagens, um Ausschau zu halten. Nun sagte er: "Jetzt geht's!" So begann die Verfolgung des Tji-Heeres. Nach dem Sieg fragte der Herzog Tsao Gui, warum er solche Ratschläge erteilt hätte. Tsao erwiderte: "Im Krieg kommt es auf den Mut an: Beim ersten Trommelschlag wird er geweckt, beim zweiten sinkt er, beim dritten schwindet er dahin. Der Mut des Feindes war geschwunden, wir aber waren voller Mut, und darum siegten wir. Es ist schwer, die Absichten eines großen Staates zu ergründen, und darum fürchtete ich einen Hinterhalt. Als ich aber die Radspuren des Feindes prüfte, sah ich, daß sie durcheinander gingen, und als ich Ausschau hielt, sah ich, daß die Banner des Feindes gesunken waren. Da riet ich, die Verfolgung aufzunehmen."

Das war ein Fall, wo ein schwacher Staat einem starken widerstanden hatte. In diesem Bericht wird auf die politische Vorbereitung vor dem Krieg hingewiesen - man gewinnt das Vertrauen des Volkes. Dann wird von dem Schlachtfeld erzählt, das für einen Übergang zum Gegenangriff günstig war - Tschangschao. Hierauf wird der günstige Zeitpunkt für den Beginn des Gegenangriffs beschrieben - der Zeitpunkt, da der Mut des Feindes geschwunden war, wir aber voller Mut waren. Schließlich wird der Zeitpunkt des Beginns der Verfol-
|249| gung angegeben - der Augenblick, da die Radspuren des Feindes durcheinander gingen und seine Banner gesunken waren. Obwohl es sich hier um keine große Schlacht handelt, illustriert die Erzählung die Prinzipien der strategischen Verteidigung. Die Kriegsgeschichte Chinas kennt sehr viele Beispiele dafür, daß durch Anwendung dieser Prinzipien der Sieg errungen wurde: die Schlacht bei Tschenggao zwischen den Staaten Tschu und Han [23], die Schlacht von Kunyang zwischen den Staaten Hsin und Han [24], die Schlacht von Guandu zwischen Yüan Schao und Tsao Tsao [25], die Schlacht von Tschibi zwischen den Staaten Wu und We [26] die Schlacht bei Yiling zwischen den Staaten Wu und Schu [27], die Schlacht am Fe-Fluß zwischen den Staaten Tjin und Djin [28] usw. In allen diesen berühmten großen Schlachten waren die Kräfte der beiden kämpfenden Parteien ungleich, und die schwächere Seite trug, indem sie zuerst auswich, um dann nach dem ersten feindlichen Schlag die Initiative zu ergreifen, schließlich den Sieg davon.

Als unser Krieg im Herbst 1927 begann, hatten wir überhaupt keine Erfahrung. Die Aufstände von Nantschang [29] und Kanton [30] endeten mit einer Niederlage. Auch die Einheiten der Roten Armee, die an dem Herbsternte-Aufstand [31] teilnahmen, mußten im Grenzgebiet Hunan-Hupeh-Kiangsi einige Schlappen hinnehmen, bis sie in das Djinggang-Gebirge an der Grenze zwischen Hunan und Kiangsi zogen. Dort trafen im April des folgenden Jahres auch die nach der Niederlage des Nantschang-Aufstands erhalten gebliebenen Einheiten ein, die über Südhunan marschiert waren. Jedoch schon im Mai 1928 wurden die ihrem Charakter nach schlichten, aber den Bedingungen der damaligen Zeit angepaßten Grundprinzipien des Partisanenkriegs ausgearbeitet, und zwar in der knappen Formel, die nur 16 Schriftzeichen hat: "Rückt der Feind vor, ziehen wir uns zurück; macht er halt, umschwärmen wir ihn; ist er ermattet, schlagen wir zu; weicht er, verfolgen wir ihn." Diese militärischen Grundsätze wurden vom Zentralkomitee vor dem Aufkommen der Linie Li Li-sans akzeptiert. In der Folgezeit haben unsere Prinzipien der Kriegführung eine Weiterentwicklung erfahren. Als wir im Kiangsi-Stützpunktgebiet unsere Gegenoperation gegen den ersten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" unternahmen, wurde der Grundsatz "den Feind tief in unser Territorium locken" aufgestellt und auch erfolgreich angewendet. Als der dritte feindliche "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" zerschlagen wurde, waren die Prinzipien der Kriegführung der Roten Armee bereits voll ausgebildet. Das war eine neue Etappe in der
|250| Entwicklung unserer militärischen Prinzipien, die inhaltlich bedeutend bereichert und in der Form mannigfaltig abgeändert wurden, und zwar hauptsächlich in dem Sinne, daß sie über die ursprüngliche Einfachheit hinausgewachsen waren; doch die in der erwähnten kurzen Formel ausgedrückten Grundprinzipien blieben erhalten. Diese Formel enthält die Grundprinzipien der Gegenoperation gegen die feindlichen "Feldzüge", umfaßt die beiden Etappen der strategischen Verteidigung und des strategischen Angriffs und schließt wiederum innerhalb der Etappe der Verteidigung die beiden Phasen ein: den strategischen Rückzug und die strategische Gegenoffensive. Alles, was danach kam, war nur eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Formel.

Doch ab Januar 1932, als die Resolution der Partei "Über den Kampf um den Sieg zunächst in einer oder mehreren Provinzen nach der Zerschlagung des dritten ,Feldzugs` " veröffentlicht worden war, jene Resolution, die ernste prinzipielle Fehler enthielt, führten die "linken" Opportunisten einen Kampf gegen die richtigen Prinzipien, die schließlich verworfen und durch eine ganze Serie entgegengesetzter "neuer Prinzipien" oder "regulärer Prinzipien" ersetzt wurden. Von diesem Augenblick an durfte man die alten Prinzipien nicht mehr als regulär betrachten, sondern mußte sie als "Partisanentum" verwerfen. Die Atmosphäre des Kampfes gegen das "Partisanentum" herrschte volle drei Jahre. Im ersten Stadium lief dieser Kampf auf militärisches Abenteurertum hinaus, im zweiten verwandelte er sich in einen militärischen Konservatismus, und schließlich im dritten Stadium wurde er zu einer Fluchtmentalität. Erst auf der erweiterten Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Partei, die im Januar I935 in Dsunyi, Provinz Kueitschou, stattfand, wurde diese falsche Linie für bankrott erklärt und die Richtigkeit der früheren Linie von neuem anerkannt. Aber um welchen Preis ist das erreicht worden!

Die Genossen, die sich gegen das "Partisanentum" ereiferten, argumentierten folgendermaßen: Es sei falsch, den Feind tief in das eigene Territorium zu locken, weil man dabei große Gebiete aufgeben müsse. Zwar habe man damit früher Siege errungen; sei aber jetzt die Lage nicht anders? Und sei es etwa nicht besser, den Feind zu besiegen, ohne eigene Gebiete preiszugeben? Sei es denn nicht besser, wenn man den Gegner auf dessen eigenem Territorium oder an der Grenze zwischen seinem und unserem Machtbereich schlägt? Die alten Prinzipien hätten nichts Reguläres an sich und wären bloße Partisanenmethoden. Wir hätten jetzt unseren Staat begründet, und
|251| unsere Rote Armee sei eine reguläre Armee geworden. Unser Krieg gegen Tschiang Kai-schek sei ein Krieg zwischen zwei Staaten, zwischen zwei großen Armeen. Die Geschichte dürfe sich nicht wiederholen, und alles, was mit "Partisanentum" zu tun habe, müsse rundweg abgelehnt werden. Die neuen Prinzipien wären "voll und ganz marxistisch", die alten dagegen seien bei den Partisanen in den Bergen entstanden, und in den Bergen gebe es keinen Marxismus. Die neuen Prinzipien seien den alten direkt entgegengesetzt: "Einer gegen zehn, zehn gegen hundert, kühn und entschlossen kämpfen, den Sieg ausnutzen und den Feind verfolgen"; "an der ganzen Front losschlagen"; "die Schlüsselstädte erobern"; "mit beiden Fäusten schlagen". Und was die Methoden zur Abwehr des feindlichen Angriffs betrifft, so müsse es heißen: "den Feind vor den Toren des eigenen Staates abwehren"; "man ergreift die Initiative, indem man zuerst zuschlägt"; "unsere Töpfe und Pfannen nicht zerschlagen lassen"; "keinen Fußbreit Boden aufgeben"; "die Truppen in sechs Kolonnen verteilen". Der Krieg sei "eine Entscheidungsschlacht zwischen dem revolutionären und dem kolonialen Weg"; er bestehe in kurzen, raschen Vorstößen, sei ein Blockhauskrieg, ein Zermürbungskrieg, ein "langwieriger Krieg"; er erfordere ein ausgedehntes Hinterland und ein absolut zentralisiertes Kommando. Und zu guter Letzt kam es dann zu einer grandiosen "Übersiedlung". Wer aber alle diese Dinge nicht akzeptierte, der wurde gemaßregelt, zum Opportunisten gestempelt und dergleichen mehr.

Zweifellos waren alle diese Theorien und Praktiken falsch. Sie waren nichts als Subjektivismus. Wenn die Umstände günstig waren, äußerte sich dieser Subjektivismus in kleinbürgerlichem radikalem Revoluzzertum und kleinbürgerlicher revolutionärer Fiebrigkeit; wenn die Umstände aber schwierig wurden, dann verwandelte er sich, je nach der Veränderung der Situation, in verzweifelte Kopflosigkeit, in Konservatismus oder in Fluchtmentalität. Das waren Theorien und Praktiken von Hitzköpfen und Ignoranten; sie wiesen nicht die leiseste Spur von Marxismus auf, waren vielmehr antimarxistisch.

An dieser Stelle wollen wir nur den strategischen Rückzug erörtern, den man in Kiangsi "Lockung des Feindes ins Innere" und in Szetschuan "Verkürzung der Frontlinien" nannte. Kein Militärtheoretiker oder -praktiker der Vergangenheit hat jemals bestritten, daß dies der Kurs ist, den eine schwache Armee einem starken Gegner gegenüber im Anfangsstadium des Krieges einschlagen muß. Ein ausländischer Militärfachmann sagte einst, in der strategischen De-
|252| fensive solle man in der Regel am Anfang Entscheidungsschlachten unter ungünstigen Umständen vermeiden und sie erst dann suchen, wenn günstige Umstände eingetreten sind. Das ist völlig richtig, und wir haben dem nichts hinzuzufügen.

Der Zweck des strategischen Rückzugs besteht darin, die Kräfte der Armee zu erhalten und die Gegenoffensive vorzubereiten. Ein Rückzug ist deshalb notwendig, weil man unweigerlich die Erhaltung der eigenen Kräfte gefährdet, wenn man sich nicht einen Schritt vor dem angreifenden starken Gegner zurückzieht. In der Vergangenheit waren nichtsdestoweniger viele Leute entschieden gegen Rückzüge, die sie als eine "opportunistische Linie der reinen Defensive" bezeichneten. Unsere Geschichte hat jedoch gezeigt, daß diese Einwände völlig falsch waren.

Bei der Vorbereitung einer Gegenoffensive müssen wir solche Bedingungen wählen beziehungsweise schaffen, die für uns selbst günstig, aber für den Gegner ungünstig sind, um eine Änderung des Kräfteverhältnisses herbeizuführen, ehe wir zur Gegenoffensive übergehen.

Wie unsere früheren Erfahrungen zeigen, müssen im allgemeinen im Verlauf des Rückzugs mindestens zwei der nachfolgenden Bedingungen erfüllt sein ehe wir die Situation als günstig für uns und ungünstig für den Gegner ansehen und zur Gegenoffensive übergehen können. Diese Bedingungen sind:

1. Die Bevölkerung gewährt der Roten Armee aktive Unterstützung;
2. das Gelände ist für unsere Operationen vorteilhaft;
3. alle Hauptkräfte der Roten Armee sind konzentriert worden ;
4. die schwachen Stellen des Gegners sind ermittelt worden;
5. der Gegner ist erschöpft und demoralisiert worden;
6. der Gegner ist zu Fehlern verleitet worden.

Die erste Bedingung, nämlich die Unterstützung durch die Bevölkerung, ist für die Rote Armee die wichtigste von allen. Das ist eben die Bedingung, die nur ein Stützpunktgebiet bieten kann. Ist diese Bedingung vorhanden, dann ist es auch leicht, die vierte, die fünfte und die sechste Bedingung zu schaffen bzw. herauszufinden. Daher zieht sich die Rote Armee, wenn der Feind einen Großangriff unternimmt, stets aus den weißen Gebieten in die Stützpunktgebiete zurück, wo sie in den Kämpfen gegen die weiße Armee am aktivsten
|253| von den Volksmassen unterstützt wird. Dabei gibt es auch einen Unterschied zwischen den Randgebieten eines Stützpunktgebiets und dessen zentralen Bezirken; die Bevölkerung der zentralen Bezirke ist in bezug auf Geheimhaltung von Informationen, Aufklärung, Transport, Teilnahme an den Kampfhandlungen usw. zuverlässiger als die Bevölkerung in Randgebieten. Deshalb wurden, als wir gegen den ersten, zweiten und dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" in Kiangsi kämpften, als "Endpunkte des Rückzugs" stets solche Gegenden gewählt, wo die Bedingung, daß uns die Bevölkerung unterstützt, ausgezeichnet oder recht gut erfüllt war. Infolge der Besonderheit, daß wir Stützpunktgebiete haben, unterscheidet sich die Kriegführung der Roten Armee bedeutend von der üblichen Kriegführung, und sie war auch die Hauptursache dafür, daß der Feind später zu seiner Blockhaus-Taktik Zuflucht nehmen mußte.

Daß die sich zurückziehende Armee ein ihren Wünschen entsprechendes Gelände wählen und den angreifenden Gegner zum Kampf nach ihren eigenen Bedingungen zwingen kann, ist einer der Vorzüge der Operationen auf den inneren Linien. Wenn eine schwache Armee eine starke besiegen will, muß sie Wert auf die Bedingung legen, daß das Gelände für sie günstig ist. Doch diese Bedingung allein genügt nicht, sie muß mit anderen verbunden sein. An erster Stelle steht hier die Bedingung der Unterstützung durch die Bevölkerung. Dann ist es erforderlich, daß man jene Teile des Gegners ermittelt, die leicht zu schlagen sind; das ist beispielsweise der Fall, wenn der Gegner erschöpft ist oder Fehler gemacht hat, oder wenn der uns entgegenrückende Gegner verhältnismäßig wenig schlagkräftig ist. Fehlen alle diese Bedingungen, dann muß man, selbst wenn ausgezeichnete Geländeverhältnisse vorhanden sind, diese unbeachtet lassen und den Rückzug fortsetzen, um die gewünschten Voraussetzungen zu gewährleisten. In den weißen Gebieten fehlt es nicht an vorzüglichem Gelände, doch wir haben dort nicht die vorzügliche Bedingung der Unterstützung durch die Bevölkerung. Solange nicht auch die anderen Bedingungen geschaffen bzw. ermittelt worden sind, bleibt der Roten Armee nichts übrig, als sich in ihre Stützpunktgebiete zurückzuziehen. Das gleiche gilt im großen und ganzen auch für den Unterschied zwischen den Randgebieten und den zentralen Bezirken des Stützpunktgebiets.

Mit Ausnahme der örtlichen Einheiten und der Bindungskräfte sind grundsätzlich alle Stoßtruppen zu konzentrieren. Greift die Rote Armee einen Gegner an, der sich in der strategischen Verteidigung
|254| befindet, dann sind ihre Kräfte gewöhnlich aufgelockert. Sobald der Feind einen Großangriff unternimmt, dann führt die Rote Armee einen sogenannten "zentripetalen Rückzug" durch. Als Endpunkt des Rückzugs wird meistens eine Gegend im Zentrum des Stützpunktgebiets gewählt, zuweilen aber auch - je nach den Umständen - in seinen vorderen oder hinteren Abschnitten. Ein solcher zentripetaler Rückzug ermöglicht es, sämtliche Hauptkräfte der Roten Armee vollständig zu konzentrieren.

Eine weitere unerläßliche Bedingung im Kampf einer schwachen Armee gegen eine starke besteht darin, gegen die schwachen Truppenteile des Gegners Schläge zu führen. Aber zu Beginn des gegnerischen Angriffs wissen wir oft nicht, welcher seiner in verschiedenen Kolonnen vormarschierenden Truppenteile der stärkste ist, welcher der zweitstärkste, welcher der schwächste und welcher der zweitschwächste. Um das festzustellen, sind Aufklärungen erforderlich, wofür man häufig viel Zeit braucht. Auch das ist ein Grund, der den strategischen Rückzug notwendig macht.

Ist der angreifende Gegner unserer Armee an Zahl und Kampfkraft weit überlegen, können wir eine Änderung des Kräfteverhältnisses nur dann herbeiführen, wenn der Feind tief in das Innere unseres Stützpunktgebiets eingedrungen ist und dort alle Bitternis bis zur Neige ausgekostet hat, so daß, wie der Stabschef einer Brigade Tschiang Kai-scheks während des dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" sagte, "die Dicken abmagern und die Mageren sich zu Tode schinden", oder, wie sich der Oberbefehlshaber der Westkolonne der "Einkreisungs- und Ausrottungs"-Armee Tschen Mingschu ausdrückte, "die Nationalarmee überall im Dunkeln tappt, die Rote Armee überall im Lichte wandelt". Zu diesem Zeitpunkt ist dann die feindliche Armee, obwohl noch stark, dennoch schon beträchtlich geschwächt; ihre Soldaten sind ermattet und demoralisiert, viele schwache Punkte des Gegners sind zum Vorschein gekommen. Die Rote Armee ist zwar noch schwach, hat aber inzwischen ihre Kräfte geschont und Energien aufgespart, wartet ausgeruht auf den erschöpften Feind. Zu diesem Zeitpunkt ist es in der Regel möglich, ein gewisses Gleichgewicht im Kräfteverhältnis der beiden Seiten herbeizuführen oder die absolute Überlegenheit des Gegners in eine relative Überlegenheit und unsere absolute Unterlegenheit in eine relative Unterlegenheit zu verwandeln; es kommt mitunter sogar vor, daß dann der Gegner schwächer wird und wir das 'Übergewicht über ihn erlangen. Bei der Bekämpfung des dritten "Einkreisungs- und
|255| Ausrottungsfeldzugs" in Kiangsi unternahm die Rote Armee einen Rückzug bis zur äußersten Grenze des Möglichen (sie konzentrierte sich in den frontabgekehrten Randgebieten des Stützpunktgebiets) ; andernfalls hätte sie den Feind nicht besiegen können, da die Truppen des "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" mehr als zehnmal so stark waren wie ihre eigenen. Wenn Sun Dsi sagte: "Weiche dem Gegner, wenn er voller Kraft vordringt; schlage ihn, wenn er ermattet ist", so meinte er eben, man solle den Feind physisch und moralisch zermürben, um seine Überlegenheit zu verringern.

Die letzte Bedingung, die beim Rückzug zu gewährleisten ist, besteht darin, Fehler des Gegners zu verursachen oder aufzudecken. Man muß bedenken, daß kein feindlicher Befehlshaber, wie klug er auch sein mag, imstande ist, im Laufe einer längeren Zeit keinen Fehler zu begehen; daher haben wir stets die Möglichkeit, seine Fehler auszunutzen. Der Gegner kann genauso Fehler machen, wie wir uns selbst manchmal verrechnen und dem Gegner dadurch eine günstige Gelegenheit bieten. Außerdem können wir Fehler des Gegners künstlich hervorrufen, indem wir zum Beispiel das tun, was Sun Dsi "Vorspiegelung" nannte (ein Scheinmanöver im Osten vollführen, den Angriff aber im Westen unternehmen), und desgleichen. Haben wir solches vor, dann dürfen wir den Endpunkt des Rückzugs nicht starr auf eine bestimmte Gegend begrenzen. Zuweilen müssen wir, wenn wir uns in den vorgesehenen Raum zurückgezogen, aber noch keine nutzbare Gelegenheit gefunden haben, den Rückzug fortsetzen und warten, bis der Feind uns eine solche Gelegenheit bietet.

Das sind im allgemeinen die günstigen Bedingungen, die wir durch den Rückzug anstreben. Das bedeutet aber nicht, daß wir mit dem Beginn der Gegenoffensive warten müssen, bis alle obenerwähnten Bedingungen erfüllt sind. Es ist weder möglich noch notwendig, daß alle diese Bedingungen gleichzeitig gegeben sind. Doch muß eine schwache Armee, die auf den inneren Linien gegen einen starken Gegner operiert, darauf bedacht sein, nach der jeweiligen Situation des Gegners, einige der erforderlichen Bedingungen anzustreben; es wäre falsch, das bestreiten zu wollen.

Wenn man den Endpunkt des Rückzugs festlegt, muß man von der Gesamtlage ausgehen. Es wäre falsch, bei der Entscheidung darüber nur eine Teilsituation zu berücksichtigen, die den Übergang zur Gegenoffensive günstig erscheinen läßt, wenn nicht zugleich auch die Gesamtlage für uns vorteilhaft ist. Denn schon zu Beginn einer Gegenoffensive müssen wir mit späteren Veränderungen rechnen, und
|256| unsere Gegenoffensive beginnt immer mit Teilaktionen. Zuweilen muß man den Endpunkt des Rückzugs im frontnahen Teil des Stützpunktgebiets festlegen, wie das während der zweiten und vierten Gegenoperation gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" in Kiangsi und der dritten Gegenoperation im Schensi-Kansu-Gebiet der Fall war. Manchmal muß der Endpunkt im zentralen Teil des Stützpunktgebiets gelegen sein, wie bei unserer ersten Gegenoperation in Kiangsi. Und es kommt auch vor, daß er sich im frontabgekehrten Teil des Stützpunktgebiets befindet, wie zum Beispiel während der dritten Gegenoperation in Kiangsi. In allen diesen Fällen wurde die Entscheidung getroffen, nachdem man die Teilsituation mit der Gesamtlage in Verbindung gebracht hatte. Während der fünften Gegenoperation in Kiangsi zog unsere Armee einen Rückzug überhaupt nicht in Erwägung, weil sie weder auf die Teilsituation noch auf die Gesamtlage achtete, was wirklich unbesonnen und waghalsig war. Eine Situation setzt sich aus einer Reihe von Bedingungen zusammen; bei der Prüfung des Zusammenhangs zwischen der Teilsituation und der Gesamtlage muß man davon ausgehen, ob die Bedingungen auf der Seite des Feindes und auf unserer Seite, wie sie sich in der Teilsituation und in der Gesamtlage offenbaren, für den Beginn unserer Gegenoffensive einigermaßen günstig sind.

Die Endpunkte des Rückzugs lassen sich im Stützpunktgebiet im großen und ganzen in drei Kategorien einteilen, nämlich in solche Punkte, die im frontnahen Teil, solche, die im Zentrum, und solche, die im frontabgewandten Teil des Gebiets liegen. Heißt das aber, daß wir es überhaupt ablehnen, in weißen Gebieten zu operieren? Nein. Nur in dem Fall, wenn wir es mit einem großangelegten "Feldzug" des Feindes zu tun haben, lehnen wir das ab. Nur in dem Fall, wenn das Kräfteverhältnis sehr ungleich ist, treten wir, gemäß dem Grundsatz, daß wir unsere Kräfte schonen und die Gelegenheit für die Zerschlagung des Feindes abwarten sollen, dafür ein, daß wir uns ins Stützpunktgebiet zurückziehen und den Feind in die Tiefe unseres eigenen Territoriums locken; denn nur auf diese Weise können wir die für unsere Gegenoffensive günstigen Bedingungen schaffen bzw. herausfinden. Ist aber die Lage nicht sehr ernst, oder ist sie so ernst, daß es der Roten Armee auch in ihrem eigenen Stützpunktgebiet einfach unmöglich ist, die Gegenoffensive zu beginnen, oder kommt unsere Gegenoffensive nicht recht vorwärts und ist daher ein weiterer Rückzug notwendig, um eine Wendung in der Lage herbeizuführen, dann muß man - zumindest theoretisch - anerkennen, daß
|257| der Endpunkt des Rückzugs auch in weißen Gebieten gewählt werden kann, obwohl wir sehr wenig Erfahrungen dieser Art gemacht haben.

Die Endpunkte des Rückzugs in weißen Gebieten kann man im großen und ganzen auch in drei Kategorien einteilen: erstens in solche, die vor unserem Stützpunktgebiet liegen, zweitens in solche, die an dessen Flanken liegen, und drittens in solche, die dahinter liegen. Nehmen wir ein Beispiel für Endpunkte der ersten Kategorie: Hätte es in der Zeit der ersten Gegenoperation in Kiangsi nicht eine Uneinigkeit innerhalb der Roten Armee und eine Spaltung in den örtlichen Parteiorganisationen gegeben, das heißt, hätten nicht zwei so schwierige Probleme wie die Linie Li Li-sans und der A-B-Bund [32] bestanden, dann wäre es denkbar gewesen, daß wir unsere Kräfte in dem Dreieck Dji'an-Nanfeng-Dschangschu konzentriert hätten, um von da aus eine Gegenoffensive zu unternehmen. Denn die Kräfte des Gegners, die damals zwischen dem Gan-Fluß und dem Fu-Fluß vorrückten, waren denen der Roten Armee nicht um vieles überlegen (100000 gegen 40 000 Mann). Wenn hier auch hinsichtlich der Unterstützung durch die Bevölkerung die Bedingungen nicht so gut waren wie im Stützpunktgebiet, so waren doch die Geländebedingungen vorteilhaft; außerdem hätten wir den Umstand, daß der Gegner in getrennten Kolonnen marschierte, ausnutzen können, um ihn einzeln zu schlagen. Nun ein Beispiel für Endpunkte der zweiten Kategorie: Hätte im Verlauf der dritten Gegenoperation in Kiangsi die gegnerische Offensive nicht so große Ausmaße angenommen, wäre eine der feindlichen Kolonnen aus dem Raum Djiänning-Litschuan-Taining an der Grenze zwischen Fukien und Kiangsi vorgerückt und hätte deren zahlenmäßige Stärke unserer Armee einen Angriff auf sie erlaubt, dann wäre es ebenfalls denkbar gewesen, daß die Rote Armee ihre Kräfte schon in den weißen Gebieten in Westfukien zusammengezogen und zuerst diese Kolonne zerschlagen hätte, wodurch sie der Notwendigkeit enthoben gewesen wäre, den gewaltigen Umweg von tausend Li über Juidjin nach Hsingguo zu machen. Dieselbe dritte Gegenoperation in Kiangsi hätte auch ein Beispiel für Rückzugsendpunkte der dritten Kategorie liefern können: Wären damals die Hauptkräfte des Gegners nach Süden statt nach Westen vorgerückt, dann wären wir möglicherweise gezwungen gewesen, uns in den Raum Huitschang-Hsünwu-Anyüan (ein weißes Gebiet) zurückzuziehen, um den Feind noch weiter nach Süden zu locken; hierauf hätte die Rote Armee von Süden nach Norden ins Innere des Stützpunktgebiets einrücken können. Zu diesem Zeitpunkt wären die Kräfte des Gegners im Norden des
|258| Stützpunktgebiets nicht zahlreich gewesen. Alle diese Beispiele sind jedoch lediglich Hypothesen und beruhen auf keinerlei Erfahrung; man kann sie nur als Ausnahmefälle, aber nicht als ein allgemeines Prinzip betrachten. Wenn der Feind einen großangelegten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" unternimmt, gilt für uns als allgemeines Prinzip, den Feind tief ins Innere unseres Stützpunktgebiets zu locken, uns ins Stützpunktgebiet zurückzuziehen, um ihn hier zu bekämpfen; denn das ist für uns die verläßlichste Methode, die feindliche Offensive zu zerschlagen.

Jene, die dafür eintraten, daß wir "den Feind vor den Toren des eigenen Staates abwehren", widersetzten sich dem strategischen Rückzug mit der Begründung, er bedeute Gebietsverluste, bringe der Bevölkerung Schaden (sie nennen das: "Unsere Töpfe und Pfannen werden zerschlagen") und löse auch nach außen hin ein ungünstiges Echo aus. Während der fünften Gegenoperation erklärten sie, daß jedesmal, wenn wir einen Schritt zurückwichen, der Feind seine Blockhäuser einen Schritt vorschöbe, so daß unsere Stützpunktgebiete immer mehr zusammenschrumpften und es uns nicht mehr gelingen würde, verlorene Gebiete wiederzugewinnen. Auch wenn es früher nützlich gewesen sein möge, den Feind tief ins Innere unseres Gebiets zu locken, so sei es doch sinnlos, diese Methode gegen den fünften "Feldzug" anzuwenden, bei dem sich der Gegner der BlockhausTaktik bediene; hier könne man sich nur der Methode einer Verteidigung mit aufgelockerten Kräften sowie der Methode kurzer, rascher Vorstöße bedienen.

Es ist leicht, auf diese Behauptungen zu erwidern, und unsere Geschichte hat bereits die Antwort darauf gegeben. Was die Gebietsverluste betrifft, so hat es sich häufig so ergeben, daß man solche Verluste nur vermeidet, indem man sie in Kauf nimmt. Hier gilt der Grundsatz: "Ich gebe, damit du gibst." Wenn wir Gebietsverluste haben, dafür aber den Sieg über den Feind erringen und obendrein die verlorenen Gebiete zurückgewinnen und noch ausdehnen, dann ist das ein einträgliches Geschäft. Bei einem Handel kann der Käufer keine Ware erwerben, wenn er nicht Geld "verliert", und der Verkäufer kann auch kein Geld erhalten, wenn er nicht die Ware "verliert". Eine revolutionäre Bewegung bringt Verluste in Form von Zerstörungen mit sich, aber dafür den Gewinn des Aufbaus im Sinne des Fortschritts. Für Schlaf und Erholung verliert man Zeit, gewinnt aber dafür Energie für die Arbeit am nächsten Tag. Wenn irgendein Narr das nicht versteht und sich weigert zu schlafen, wird er tags
|259| darauf keine Energie haben, und das ist ein Verlustgeschäft. Der Verlust, den wir beim fünften "Feldzug" des Feindes zu tragen hatten, ist eben einem solchen Umstand zuzuschreiben. Weil wir einen Teil unseres Gebiets nicht verlieren wollten, haben wir schließlich das ganze Gebiet verloren. Auch die unelastische Kriegführung Abessiniens hatte zum Ergebnis, daß es sein ganzes Territorium verlor, obwohl dies nicht die einzige Ursache seiner Niederlage war.

Dasselbe gilt für das Argument, daß die Bevölkerung Schaden erleide. Wenn man nicht zulassen will, daß zeitweilig in einem Teil der Haushalte Töpfe und Pfannen zerschlagen werden, dann wird man zulassen müssen, daß eine lange Zeit hindurch bei der gesamten Bevölkerung Töpfe und Pfannen zerschlagen werden. Wenn man sich vor ungünstigen politischen Auswirkungen fürchtet, die für eine kurze Zeit zu erwarten sind, dann wird man mit ungünstigen Auswirkungen auf lange Dauer bezahlen müssen. Hätten die russischen Bolschewiki nach der Oktoberrevolution den Auffassungen der "linken Kommunisten" gemäß die Unterzeichnung des Friedensvertrags mit Deutschland verweigert, dann hätte den eben erst geborenen Sowjets ein frühes Ende gedroht. [33]

Solche scheinrevolutionären Ansichten der "linken" Abweichung entstammen der revolutionären Fiebrigkeit kleinbürgerlicher Intellektueller wie auch dem engstirnigen Konservatismus bäuerlicher Kleinproduzenten. Diese Leute sehen, wenn sie an die Fragen herangehen, nur einen Teil, sind nicht imstande, das Ganze zu erfassen; sie wollen nicht die Interessen von heute mit denen von morgen, die Teilinteressen mit den Gesamtinteressen verknüpfen, sondern klammern sich krampfhaft an das Einzelne und Zeitweilige. Gewiß, wir müssen alles Einzelne und Zeitweilige, das unter den gegebenen konkreten Umständen für das Ganze und für die gesamte Periode von Vorteil ist, durchaus festhalten, besonders dann, wenn es entscheidende Bedeutung hat, da wir anderenfalls zu Befürwortern des Selbstlaufs oder des Gewährenlassens würden. Ebendeshalb muß ja der Rückzug einen Endpunkt haben. Doch wir dürfen uns dabei keinesfalls auf die Kurzsichtigkeit von Kleinproduzenten verlassen. Wir müssen von der Weisheit der Bolschewiki lernen. Das bloße Auge genügt nicht, wir müssen ein Teleskop und ein Mikroskop zu Hilfe nehmen. Die marxistische Methode ist unser Teleskop und Mikroskop auf politischem und militärischem Gebiet.

Der strategische Rückzug hat natürlich seine Schwierigkeiten. Die Bestimmung des Zeitpunkts' für den Beginn des Rückzugs, die Wahl
|260| des Endpunkts für den Rückzug, die politische Überzeugung der Kader und der Bevölkerung - das alles sind schwierige Probleme, die alle gelöst werden müssen.

Die Frage des Zeitpunktes für den Beginn des Rückzugs ist von sehr großer Bedeutung. Wäre unser Rückzug im Laufe der ersten Gegenoperation in Kiangsi nicht gerade im rechten Augenblick unternommen worden, wäre er also verspätet erfolgt, dann hätte das unseren Sieg zumindest hinsichtlich des Ausmaßes beeinträchtigt. Selbstverständlich bringt sowohl ein verfrühter als auch ein verspäteter Rückzug Verluste mit sich. Im allgemeinen sind aber die Verluste bei einem verspäteten Rückzug größer. Ein rechtzeitiger Rückzug, durch den wir die Initiative völlig an uns reißen können, erleichtert es ganz beträchtlich, unsere Truppen zu konsolidieren und umzugruppieren und mit frischen Kräften zur Gegenoffensive überzugehen, nachdem der Endpunkt erreicht ist. Während der Operationen zur Zerschlagung des ersten, zweiten und vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" in Kiangsi sind wir mit dem Gegner in aller Ruhe und ohne Hast fertig geworden. Nur während des dritten "Feldzugs" war die Rote Armee äußerst ermüdet, denn sie hatte sich hastig auf Umwegen konzentrieren müssen, weil wir nicht erwartet hatten, daß der Feind nach seiner schweren Niederlage im zweiten "Feldzug" so rasch eine neue Offensive starten würde (wir beendeten am 29. Mai 1931 unsere zweite Gegenoperation, und Tschiang Kai-schek begann schon am 1. Juli seinen dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug"). Der Zeitpunkt für den Rückzug wird - ebenso wie der Zeitpunkt für den Beginn des Vorbereitungsstadiums, wovon oben die Rede war - ausschließlich auf Grund der gesammelten notwendigen Angaben und der Einschätzung der allgemeinen Situation beim Gegner und bei uns bestimmt.

Es ist äußerst schwer, die Kader und die Bevölkerung von der Notwendigkeit eines strategischen Rückzugs zu überzeugen, solange sie noch keine Erfahrungen haben und solange die militärische Führung noch nicht eine so große Autorität besitzt, daß sie das Recht auf die Entscheidung über den strategischen Rückzug in den Händen eines ganz kleinen Personenkreises oder gar eines einzigen Menschen konzentrieren und dabei das Vertrauen der Kader genießen könnte. Da die Kader keine Erfahrungen hatten und daher an den strategischen Rückzug nicht glaubten, stießen wir in der Anfangsperiode der ersten und der vierten Gegenoperation sowie während der ganzen Dauer der fünften Gegenoperation in dieser Frage auf sehr große
|261| Schwierigkeiten. Im Laufe der ersten Gegenoperation waren die Kader unter dem Einfluß der Linie Li Li-sans nicht für einen Rückzug, sondern für einen Angriff, bis wir sie vom Gegenteil überzeugten. Während der vierten Gegenoperation waren die Kader unter dem Einfluß des militärischen Abenteurertums dagegen, daß wir uns auf einen Rückzug vorbereiteten. Bei der fünften Gegenoperation vertraten sie zunächst weiter die Ansichten des militärischen Abenteurertums, wonach wir den Feind nicht tief ins Innere unseres Gebiets locken dürften, wurden aber in der Folge zu Anhängern des militärischen Konservatismus. Ein weiteres konkretes Beispiel: Die Anhänger der Linie Dschang Guo-taos glaubten nicht, daß es unmöglich war, in den Gebieten der Tibeter und der Hui [34] unsere Stützpunktgebiete zu errichten; erst als sie sich die Köpfe eingerannt hatten, glaubten sie es. Die Kader brauchen Erfahrung, und dabei ist wahrlich die Niederlage die Mutter des Erfolgs. Es ist aber auch notwendig, unvoreingenommen von den Erfahrungen anderer zu lernen; wenn man in jedem einzelnen Fall unbedingt warten will, bis man seine eigenen Erfahrungen gemacht hat, und, solange das nicht geschehen ist, starrköpfig an der eigenen Meinung festhält und die Erfahrungen anderer ablehnt, so ist das nichts als "enger Empirismus". Wir haben im Laufe unseres Krieges aus diesem Grund nicht wenig zu leiden gehabt.

Niemals war der durch mangelnde Erfahrung bedingte Unglaube der Bevölkerung an die Notwendigkeit eines strategischen Rückzugs stärker als während der Gegenoperation gegen den ersten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" in Kiangsi. Die örtlichen Parteiorganisationen und die Volksmassen der Kreise Dji-an, Hsingguo und Yungfeng waren damals sämtlich gegen einen Rückzug der Roten Armee. Doch nach der Erfahrung der ersten Gegenoperation tauchte dieses Problem bei den folgenden Gegenoperationen nie wieder auf. Jedermann war davon überzeugt, daß die Gebietsverluste im Stützpunktgebiet und die Leiden der Bevölkerung vorübergehend waren, daß die Rote Armee die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" zerschlagen konnte. Der Glaube des Volkes ist jedoch eng mit dem Glauben der Kader verbunden, und deshalb ist es die erste und wichtigste Aufgabe, die Kader zu überzeugen.

Der strategische Rückzug zielt ausschließlich auf den Übergang zur Gegenoffensive ab, er ist bloß die erste Etappe der strategischen Verteidigung. Das entscheidende Kettenglied der ganzen Strategie bildet aber die Frage, ob in der nachfolgenden Etappe, also bei der Gegenoffensive, der Sieg errungen werden kann.

|262| 4. STRATEGISCHE GEGENOFFENSIVE

Um die Offensive eines absolut überlegenen Feindes zu zerschlagen, stützt man sich auf die in der Etappe des strategischen Rückzugs geschaffene Situation, die zum Unterschied von jener, welche zu Beginn des gegnerischen Angriffs bestanden hat, für uns günstig, für den Gegner jedoch ungünstig ist; eine solche Situation ergibt sich aus verschiedenen Bedingungen. Das haben wir bereits oben erörtert.

Doch das Vorhandensein der Bedingungen und der Situation, welche für uns günstig und für den Gegner ungünstig sind, bedeutet noch nicht, daß der Gegner geschlagen ist. Diese Bedingungen und diese Situation bieten die Möglichkeit für unseren Sieg und die Niederlage des Gegners, stellen aber noch nicht die Realität des Sieges bzw. der Niederlage dar, bedeuten noch nicht, daß die eine der beiden Armeen gesiegt hat und die andere bezwungen worden ist. Der Sieg der einen und die Niederlage der anderen werden durch eine Entscheidungsschlacht zwischen beiden Armeen zur Wirklichkeit. Erst durch die Entscheidungsschlacht kann die Frage beantwortet werden, wer Sieger und wer Besiegter ist. Darin eben besteht die ganze Aufgabe in der Etappe der strategischen Gegenoffensive. Die Gegenoffensive ist ein langer Prozeß; sie ist die faszinierendste und dynamischste Etappe der Verteidigung, und sie ist auch ihre abschließende Etappe. Was man aktive Verteidigung nennt, bezieht sich eben hauptsächlich auf diese strategische Gegenoffensive, die den Charakter einer Entscheidungsschlacht trägt.

Diese Bedingungen und diese Situation werden nicht nur in der Etappe des strategischen Rückzugs geschaffen, sondern gestalten sich weiter in der Etappe der Gegenoffensive, bei der sie jedoch weder der Form noch dem Charakter nach genau die gleichen sind wie beim strategischen Rückzug.

Sie können auch der Form und dem Charakter nach gleich sein. So sind z. B. die weitere Ermattung des Feindes und seine weiteren Verluste nur die Fortsetzung seiner Ermattung und seiner Verluste in der vorangegangenen Phase.

Aber es entstehen notwendigerweise auch völlig neue Bedingungen und eine völlig neue Situation. Wenn beispielsweise der Gegner eine oder mehrere Niederlagen erlitten hat, dann beschränken sich die für uns günstigen und für den Gegner ungünstigen Bedingungen nicht auf dessen Ermattung und dergleichen, sondern es tritt ein neuer Faktor hinzu, nämlich die Tatsache seiner Niederlagen. Auch die Situation
|263| erfährt eine Änderung. Wenn die Truppenbewegungen beim Gegner in Unordnung geraten, wenn er verfehlte Maßnahmen trifft, dann wird auch das Kräfteverhältnis der beiden Armeen nicht mehr das gleiche bleiben wie früher.

Sollten aber nicht die feindlichen Truppen eine oder mehrere Niederlagen erlitten haben, sondern unsere eigenen, dann ändern sich die Bedingungen und die Situation in umgekehrter Richtung. Dann werden nämlich die Nachteile beim Gegner geringer, während bei uns Nachteile aufkommen und sich in der Folge sogar vergrößern. Und damit wird etwas völlig Neues, etwas anderes entstehen.

Wer von den beiden Seiten eine Niederlage erlitten hat, wird unvermittelt und schleunigst neue Anstrengungen machen, und zwar solche, die darauf abzielen, die ihm drohende Gefahr abzuwenden, aus den neuen Bedingungen und der neuen Situation herauszukommen, die für ihn selbst ungünstig und für seinen Gegner günstig sind, und die Bedingungen und die Situation wiederherzustellen, die für ihn günstig und für den Gegner ungünstig waren, um so auf den Gegner einen Druck auszuüben.

Die Anstrengungen jener Seite, die den Sieg errungen hat, werden genau entgegengesetzt sein; der Sieger wird danach streben, seinen Sieg auszubauen, dem Gegner noch größere Verluste zuzufügen, die für die eigene Seite günstigen Bedingungen und die für die eigene Seite günstige Situation zu vermehren bzw. zu vergrößern und den Gegner daran zu hindern, daß er sich aus seiner ungünstigen Situation befreit und die ihm drohende Gefahr abwendet.

Somit ist für jede der beiden Seiten der Kampf in der Etappe der Entscheidungsschlacht der erbittertste, komp1izierteste und wechselvollste, zugleich auch der schwierigste und anstrengendste Kampf im ganzen Verlauf des Krieges oder der Operation; auch an die Führung stellt diese Zeit höchste Anforderungen.

In der Etappe der Gegenoffensive erheben sich viele Fragen, von denen die wichtigsten sind: der Beginn der Gegenoffensive, die Konzentration der Kräfte, der Bewegungskrieg, der Krieg mit rascher Entscheidung und der Vernichtungskrieg.

Die diese Fragen betreffenden Prinzipien gelten ihrem grundlegenden Charakter nach unterschiedslos sowohl für die Gegenoffensive wie für den Angriff. In diesem Sinne kann man sagen, daß die Gegenoffensive ein Angriff ist.

Und dennoch ist die Gegenoffensive noch nicht ganz der Angriff. Die Prinzipien der Gegenoffensive werden angewandt, wenn der
|264| Gegner in der Offensive ist. Die Prinzipien des Angriffs werden angewandt, wenn der Gegner sich in der Defensive befindet. In diesem Sinne gibt es wiederum zwischen den Prinzipien der Gegenoffensive und denen des Angriffs gewisse Unterschiede.

Aus diesem Grund dürfen wir bei der praktischen Anwendung weder die Gemeinsamkeiten noch die Unterschiede zwischen der Gegenoffensive und dem Angriff übersehen, obwohl ich die zahlreichen Fragen der Kriegführung sämtlich bei der Erörterung der Gegenoffensive im vorliegenden Kapitel über die strategische Verteidigung behandle und in dem Kapitel über den strategischen Angriff, um Wiederholungen zu vermeiden, nur auf andere Fragen eingehen werde.

5. BEGINN DER GEGENOFFENSIVE

Die Frage des Beginns der Gegenoffensive ist die Frage des "Anfangsgefechts" oder des "einleitenden Gefechts".

Viele bürgerliche Militärfachleute empfehlen Vorsicht bei den Anfangsgefechten, sei es bei der strategischen Verteidigung, sei es beim strategischen Angriff, besonders aber bei der Verteidigung. In der Vergangenheit haben auch wir diese Frage ernsthaft aufgeworfen. Die Operationen gegen die fünf "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" in Kiangsi haben uns reiche Erfahrungen eingebracht, und es ist nicht nutzlos, diese zu studieren.

Während seines ersten "Feldzugs" rückte der etwa 100000 Mann starke Gegner in acht Kolonnen von der Linie Dji'an-Djiänning aus südwärts gegen das Stützpunktgebiet der Roten Armee vor. Die Rote Armee zählte damals ca. 40 000 Mann und war im Raum Huangpi-Hsiaobu im Kreis Ningdu, Provinz Kiangsi, konzentriert.

Die Lage war folgende:

1. Die "Ausrottungs"-Armee hatte nicht mehr als 100000 Mann, darunter keine eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks, und die allgemeine Lage war nicht sehr ernst.


2. Die von Luo Lin befehligte feindliche Division, die die Stadt Dji-an verteidigte, stand im Westen jenseits des Gan-Flusses.


3. Die drei feindlichen Divisionen, die von Gung Bing-fan, Dschang Hui-dsan und Tan Dao-yüan befehligt wurden, waren vorgerückt und hatten den Raum Futiän-Dunggu-Lunggang-Yüantou südöstlich von Dji-an und nordwestlich von Ningdu besetzt. Die Hauptkräfte der Division Dschang Hui-dsans befanden sich in Lunggang und die der Division Tan Dao-yüans in Yüantou. Die Gebiete Futiän und Dunggu, wo die
|265| Bevölkerung, von dem A-B-Bund irregeführt, zeitweilig der Roten Armee mißtrauisch und ablehnend gegenüberstand, waren als Schlachtfeld ungeeignet.


4. Die von Liu Ho-ding kommandierte feindliche Division war fern, in Djiänning, auf weißem Gebiet in der Provinz Fukien, und würde vermutlich nicht nach Kiangsi herüberkommen.


5. Die zwei feindlichen Divisionen, die unter dem Befehl von Mao Bing-wen und Hsü Kö-hsiang standen, waren in den Raum Toupi-Luokou-Dungschao zwischen Guangtschang und Ningdu eingerückt. Toupi war ein weißes Gebiet, Luokou ein Partisanengebiet, und Dungschao, wo es Elemente des A-B-Bundes gab, war ein Gebiet, in welchem Informationen leicht durchsickern konnten. Außerdem: hätten wir den Schlag gegen Mao Bing-wen und Hsü Kö-hsiang geführt und wären sodann westwärts vorgestoßen, dann hätten die im Westen stehenden Divisionen Dschang Hui-dsans, Tan Dao-yüans und Gung Bing-fans ihre Kräfte zusammenziehen können, was uns den Sieg erschwert und es unmöglich gemacht hätte, das Problem endgültig zu lösen.


6. Die Divisionen Dschang Hui-dsans und Tan Dao-yüans bildeten die Hauptkräfte der "Ausrottungs"-Armee. Sie gehörten zu den eigenen Truppen des Gouverneurs von Kiangsi, Lu Di-ping, der den Oberbefehl über diesen "Feldzug" innehatte, während Dschang das Oberkommando an der Front führte. Die Vernichtung dieser beiden Divisionen hätte im Grunde genommen die Zerschlagung des ganzen "Feldzugs" bedeutet. Jede dieser Divisionen zählte etwa 14 000 Mann, wobei die Division Dschangs auf zwei Stellen verteilt war, so daß wir absolut überlegen gewesen wären, falls wir jeweils nur eine dieser Divisionen angegriffen hätten.

7. Der Abschnitt Lunggang-Yüantou, wo die Hauptkräfte der Divisionen Dschangs und Tans standen, lag nahe der Stelle, wo unsere Truppen zusammengezogen waren, und überdies waren die Bedingungen hinsichtlich der Unterstützung durch die Bevölkerung günstig, so daß wir uns unbemerkt dem Gegner nähern konnten.

8. Die Geländebedingungen in Lunggang waren gut. Yüantou war nicht leicht anzugreifen. Falls jedoch der Gegner nach Hsiaobu vorrücken sollte, um uns anzugreifen, würden wir auch dort ein günstiges Gelände vorfinden.

9. In der Richtung Lunggang konnten wir die meisten Kräfte konzentrieren. In Hsingguo, einige Dutzend Li südwestlich von Lunggang, verfügten wir noch über eine selbständige Division von mehr als 1000 Mann, die auch in der Lage war, durch ein Umgehungsmanöver in den Rücken des Feindes zu gelangen.

10. Unsere Truppen könnten mit einem Durchbruch im Zentrum eine Bresche in die
|266| feindliche Frontlinie schlagen, wodurch die östlichen und die westlichen Kolonnen des Gegners in zwei weit voneinander entfernte Gruppen gespalten würden. Aus all diesen Erwägungen beschlossen wir, das erste Gefecht den Hauptkräften Dschang Hui-dsans zu liefern. Wir zerschlugen zwei seiner Brigaden und den Stab seiner Division, wobei sämtliche 9 000 Mann, einschließlich des Divisionskommandeurs, gefangengenommen wurden, ohne daß auch nur ein einziger Soldat und ein einziges Pferd entkommen konnten. Dieser eine Sieg versetzte die Divisionen Tans und Hsüs in einen derartigen ! Schrecken, daß sie Hals über Kopf in Richtung Dungschao beziehungsweise Toupi flüchteten. Unsere Truppen verfolgten darauf die Division Tans und vernichteten sie zur Hälfte. Innerhalb von fünf Tagen (vom 27. Dezember 1930 bis zum 1. Januar 1931) wurden zwei Gefechte ausgetragen, worauf sich alle feindlichen Kräfte aus Furcht vor ihrer Zerschmetterung panikartig aus Futiän, Dunggu und Toupi zurückzogen. So endete der erste "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug".

Beim zweiten "Feldzug" war die Lage wie folgt:

1. Die 200000 Mann zählenden feindlichen "Ausrottungs"-Truppen standen unter dem Oberbefehl von Ho Ying-tjin, der sein Hauptquartier in Nantschang hatte.

2. Wie beim ersten "Feldzug" gab es unter ihnen keine eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks. Stark oder relativ stark waren die 19. Route-Armee Tsai Ting-kais, die 26. Route-Armee Sun Liän-dschungs und die 8. Route-Armee Dschu Schao-liangs, während die übrigen alle relativ schwach waren.

3. Der A-B-Bund war bereits liquidiert, und die ganze Bevölkerung des Stützpunktgebiets stand hinter der Roten Armee.

4. Die 5. Route-Armee Wang Djin-yüs, die aus dem Norden neu eingetroffen war, verhielt sich zaghaft, was im allgemeinen auch für die an ihrer linken Flanke operierenden Divisionen Guo Hua-dsungs und Hao Meng-lings zutraf.

5. Hätten unsere Truppen zuerst Futiän angegriffen und wären dann rasch weiter in östlicher Richtung vorgestoßen, dann hätten wir das Stützpunktgebiet durch Einbeziehung des Gebiets Djiänning-Litschuan-Taining an der Grenze zwischen Fukien und Kiangsi erweitern und Versorgungsgüter ansammeln können, um den folgenden "Feldzug" leichter zu zerschlagen. Hätten wir aber den Stoß von Osten nach Westen geführt, dann wären wir an das Ufer des Gan-Flusses geraten und hätten nach Beendigung der Operation keinen Platz mehr gehabt, um uns zu entfalten. Hätten wir uns nach der Operation wieder ostwärts gewandt, so hätte das eine Ermattung unserer Truppen sowie einen,
|267| Zeitverlust bedeutet.

6. Obwohl unsere Armee zahlenmäßig etwas schwächer war (mehr als 30 000 Mann) als zur Zeit der ersten Gegenoperation, hatte sie doch vier Monate zur Verfügung gehabt, sich auszuruhen und neue Kräfte zu sammeln. Aus diesen Gründen wurde beschlossen, das erste Gefecht mit den im Raume Futiän stehenden Truppen Wang Djin-yüs und Gung Bing-fans (insgesamt elf Regimenter) auszutragen. Nachdem wir in diesem Gefecht gesiegt hatten, schlugen wir nacheinander Guo Hua-dsung, Sun Liändschung, Dschu Schao-liang und Liu Ho-ding. Im Laufe von 15 Tagen (vom 16. bis zum 30. Mai 1931) legten wir 700 Li zurück, fochten fünf Gefechte aus, erbeuteten mehr als 20 000 Gewehre und brachten den feindlichen "Feldzug" völlig zum Scheitern. Während der Operation gegen Wang Djin-yü befanden wir uns zwischen zwei feindlichen Einheiten, etwas mehr als zehn Li von Guo Hua-dsung und über vierzig Li von Tsai Ting-kai entfernt, und manche Leute sagten, wir wären "in eine Sackgasse geraten"; aber wir schlugen uns dennoch durch. Das erklärt sich hauptsächlich aus den Bedingungen, die uns das Stützpunktgebiet bot, sowie aus der Uneinigkeit unter den einzelnen Einheiten des Feindes. Nachdem die Division Guo Hua-dsungs geschlagen worden war, flüchtete die Division Hao Meng-lings bei Nacht und Nebel nach Yungfeng und entging so ihrer Vernichtung.

Während des dritten "Feldzugs" war die Lage wie folgt:

1. Tschiang Kai-schek persönlich hatte den Oberbefehl übernommen, unter ihm gab es noch drei Befehlshaber, die die linke, die rechte und die mittlere Kolonne kommandierten. Die mittlere stand unter dem Kommando von Ho Ying-tjin, der wie Tschiang Kai-schek sein Hauptquartier in Nantschang hatte, die rechte unter dem Kommando von Tschen Ming-schu, dessen Hauptquartier sich in Dji-an befand, und die linke unter dem Kommando von Dschu Schao-liang mit seinem Hauptquartier in Nanfeng.

2. Die "Ausrottungs"-Truppen zählten 300 000 Mann. Die Hauptkräfte waren fünf Divisionen aus den eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks; sie wurden von Tschen Tscheng, Luo Dschuo-ying, Dschao Guan-tao, We Li-huang und Djiang Ding-wen befehligt; jede dieser Divisionen hatte neun Regimenter; insgesamt zählten sie etwa 100000 Mann. Außer ihnen standen uns noch drei Divisionen mit insgesamt 30000 Mann unter dem Kommando von Djiang Guang-nai, Tsai Ting-kai und Han Dö-tjin gegenüber. Hierzu kam noch die Armee von Sun Liändschung in Stärke von 20000 Mann. Sie alle gehörten nicht zu den eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks und hatten relativ schwache
|268| Kampffähigkeit.

3. Im krassen Unterschied zu der beim zweiten "Feldzug" angewandten Strategie des "Schrittweisen Vorrückens und Ausbaus der jeweils eingenommenen Stellungen" bestand diesmal die "Ausrottungs"-Strategie des Feindes darin, "geradeaus zügig in die Tiefe vorzustürmen", in der Absicht, die Rote Armee gegen den Gan-Fluß zu drücken und dort zu vernichten.

4. Zwischen der Beendigung des zweiten "Feldzugs" und dem Beginn des dritten gab es ein Intervall von nur einem Monat. Die Rote Armee hatte nach den schweren Kämpfen weder ausruhen noch ihre Reihen auffüllen können (sie zählte ungefähr 30000 Mann). Obendrein hatte sie, gerade als sie der Feind aus verschiedenen Richtungen heftig bedrängte, eben erst einen Umweg von tausend Li machen müssen, um sich bei Hsingguo im westlichen Teil des Stützpunktgebiets von Südkiangsi zu konzentrieren. Unter diesen Umständen nahmen wir zuerst Kurs darauf, von Hsingguo aus über Wan-an zu marschieren, bei Futiän durchzubrechen und dann quer über die rückwärtige Verbindungslinie des Gegners hinweg nach Osten abzuschwenken, damit die Hauptkräfte des Gegners zu einem Vorstoß in unser Stützpunktgebiet in Südkiangsi verleitet und so in eine Lage versetzt würden, in der sie nicht wüßten, was anzufangen; das wäre die erste Stufe unserer Gegenoperation gewesen. Wenn sich dann der Feind wieder nordwärts gewandt hätte, wäre er unvermeidlich ermüdet gewesen, und wir hätten dann die Gelegenheit zu Schlägen gegen seine verwundbarsten Einheiten benutzen können; das wäre die zweite Stufe unserer Operation gewesen. Das Kernstück dieses Planes bestand darin, den Hauptkräften des Gegners auszuweichen und gegen seine schwachen Einheiten Schläge zu führen. Als jedoch unsere Truppen nach Futiän vorrückten, wurden sie vom Feind entdeckt, und die Divisionen Tschen Tschengs und Luo Dschuo-yings rückten eiligst heran. Wir mußten unseren Plan ändern und zogen uns wieder nach Gaohsinghsü im Westteil des Kreises Hsingguo zurück; zu jenem Zeitpunkt war nur dieser eine Ort mit seiner Umgebung (einige Dutzend Quadrat-Li) geblieben, wo sich unsere Truppen konzentrieren konnten. Einen Tag später, nachdem wir uns hier gesammelt hatten, beschlossen wir, ostwärts in Richtung Liäntang (im Ostteil des Kreises Hsingguo)-Liangtsun (im Südteil des Kreises Yungfeng)-Huangpi (im Nordteil des Kreises Ningdu) vorzustoßen. Im Schutz der Dunkelheit passierten wir im Laufe der Nacht eine 40 Li breite Lücke zwischen der Division Djiang Ding-wens und den Einheiten Djiang Guang-nais, Tsai Ting-kais und Han Dö-tjins und schwenkten
|269| nach Liäntang ein. Am folgenden Tag kam es zur Gefechtsberührung mit den Vorposten der Truppen Schangguan Yün-hsiangs (der neben seiner eigenen auch die Division Hao Meng-lings befehligte). Am dritten Tag trugen wir das erste Gefecht aus, bei dem die Division Schangguan Yün-hsiangs geschlagen wurde, am vierten Tag schlugen wir in einem zweiten Gefecht die Division Hao Meng-lings. Nach einem dreitägigen Marsch erreichten wir Huangpi und lieferten dort unser drittes Gefecht, und zwar gegen die Division Mao Bing-wens. Wir hatten die drei Gefechte siegreich bestanden und mehr als 10 000 Gewehre erbeutet. In diesem Augenblick wandten sich alle Hauptkräfte des Gegners, die bis dahin in westlicher und südlicher Richtung vorgerückt waren, nach Osten, konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf Huangpi, wohin sie in Eilmärschen vorrückten, um uns zum Kampf zu stellen, und näherten sich unseren Truppen in Form eines dicht geschlossenen massiven Einkreisungsringes. Wir entschlüpften ihnen durch einen im hohen Gebirge gelegenen Korridor von 20 Li Breite zwischen den Truppen Djiang Guang-nais, Tsai Ting-kais und Han Dö-tjins einerseits und jenen Tschen Tschengs und Luo Dschuo-yings andererseits, wandten uns wiederum nach Westen, um uns im Kreis Hsingguo erneut zu sammeln. Bis der Gegner das entdeckte und abermals nach Westen vorzurücken begann, hatten wir schon einen halben Monat Ruhepause hinter uns, während die gegnerischen Streitkräfte hungrig, erschöpft, demoralisiert und nicht mehr kampffähig waren, so daß sie sich zum Rückzug entschließen mußten. Wir nutzten ihren Rückzug aus und griffen die Truppen Djiang Guang-nais, Tsai Ting-kais, Djiang Ding-wens und Han Dö-tjins an, wobei eine der Brigaden Djiang Ding-wens und die Division Han Dö-tjins vernichtet wurden. Was die Divisionen Djiang Guang-nais und Tsai Ting-kais betrifft, verlief der Kampf unentschieden, und wir ließen sie ziehen.

Beim vierten "Feldzug" war die Lage wie folgt: Der Gegner rückte in drei Kolonnen auf Guangtschang vor, wobei die östliche Kolonne von seinen Hauptkräften gebildet wurde, während die westliche, die aus zwei Divisionen bestand, uns gegenüber ungedeckt war und überdies der Gegend unserer Truppenkonzentration sehr nahe kam. Deshalb hatten wir die Gelegenheit, zuerst einen Schlag gegen die westliche Kolonne des Feindes im Südteil des Kreises Yihuang zu führen und die beiden von Li Ming beziehungsweise Tschen Schi-dji befehligten Divisionen auf Anhieb zu vernichten. Als der Gegner zwei Divisionen von seiner östlichen Kolonne abzog,
|270| um die mittlere Kolonne zu verstärken, und weiter vorrückte, gelang es uns wiederum, im Südteil des Kreises Yihuang eine seiner Divisionen zu vernichten. In diesen beiden Gefechten erbeuteten wir mehr als zehntausend Gewehre, und so wurde dieser "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" im wesentlichen zerschlagen.

Bei seinem fünften "Feldzug" führte der Gegner den Vormarsch mit Hilfe seiner neuen Strategie der Errichtung von Blockhäusern durch und besetzte zunächst Litschuan. Bei dem Versuch, Litschuan zurückzuerobern und den Feind außerhalb der Grenzen des Stützpunktgebiets abzuwehren, griffen wir jedoch den nördlich von Litschuan ge1egenen Ort Hsiaoschi an, der ein befestigter Punkt des Gegners war und sich zudem im weißen Gebiet befand. Nachdem wir dieses Gefecht nicht gewonnen hatten, führten wir nun einen Stoß gegen das südöstlich von Hsiaoschi gelegene Dsihsitjiao, das gleichfalls eine befestigte Stellung des Feindes im weißen Gebiet war, und hatten wiederum keinen Erfolg. Dann jagten wir, auf der Suche nach einem günstigen Angriffspunkt, zwischen den Hauptkräften des Feindes und seinen Blockhäusern hin und her und gerieten in völlige Passivität. Während der ganzen fünften Gegenoperation, die ein Jahr dauerte, legten wir nicht die geringste Initiative und Energie an den Tag. Schließ1ich blieb uns nichts anderes übrig, als das Stützpunktgebiet in Kiangsi zu verlassen.

Die von unserer Armee in der Periode der fünf Gegenoperationen gesammelten Erfahrungen in der Kriegführung beweisen, daß für die in der Defensive befindliche Rote Armee das erste Gefecht ihrer Gegenoffensive von sehr großer Bedeutung ist, wenn sie eine starke "Ausrottungs"-Armee schlagen will. Sieg oder Niederlage im ersten Gefecht hat einen gewaltigen Einfluß auf die Gesamtlage und wirkt sich sogar bis zum letzten Gefecht aus. Daraus sind folgende Schlußfolgerungen zu ziehen:

Erstens, das erste Gefecht muß gewonnen werden. Wir dürfen nur losschlagen, wenn die gegebenen Bedingungen - wie die Situation des Gegners, die Geländeverhältnisse, die Unterstützung durch die Bevölkerung usw. - für uns günstig und für den Gegner ungünstig sind, so daß wir des Erfolgs wirklich sicher sind. Andernfalls ist es besser, sich zurückzuziehen, Vorsicht zu üben und eine Gelegenheit abzuwarten. Gelegenheiten finden sich immer, und man soll sich nicht übereilt auf einen Kampf einlassen. Bei der ersten Gegenoperation hatten wir ursprünglich vor, den Sehlag gegen die Truppen Tan Dao-yüans zu führen; da aber der Gegner die dominierenden Stellun-
|271| gen auf den Höhen von Yüantou nicht verließ, mußten unsere Truppen, die zweimal an die gegnerischen Stellungen heranrückten, beide Male Zurückhaltung üben und wieder umkehren; einige Tage später machten wir die Truppen Dschang Hui-dsans ausfindig, die leicht zu schlagen waren. Während der zweiten Gegenoperation rückten unsere Truppen gegen Dunggu vor, und nur weil sie warten wollten, bis Wang Djin-yü seine befestigten Stellungen in Futiän räumen würde, verharrten sie, auf die Gefahr hin, entdeckt zu werden, volle 25 Tage in unmittelbarer Nähe des Gegners - entgegen allen von Ungeduld diktierten Vorschlägen, den Feind unverzüglich anzugreifen -, bis sie schließlich erreicht hatten, was sie wollten. Während der dritten Gegenoperation war zwar rings um uns ein Sturm losgebrochen, wir waren nach einem Umweg von tausend Li zurückgekehrt, und der Feind hatte unseren Plan, ihn zu umgehen, ausgekundschaftet; dennoch verloren wir nicht die Geduld, sondern machten kehrt, änderten unseren Plan dahingehend ab, daß wir einen Durchbruch im Zentrum unternahmen, und lieferten schließlich in Liäntang erfolgreich das erste Gefecht. Bei der vierten Gegenoperation zogen wir uns, nachdem unser Angriff gegen Nanfeng fehlgeschlagen war, ohne Zögern zurück, schwenkten schließlich gegen die rechte Flanke des Gegners ab und sammelten wieder unsere Truppen in der Gegend von Dungschao, um daraufhin unsere große und siegreiche Schlacht im Südteil des Kreises Yihuang zu beginnen. Nur bei der fünften Gegenoperation wurde die große Bedeutung des Anfangsgefechts überhaupt nicht erkannt; durch den Verlust einer einzigen Stadt, der Kreisstadt Litschuan, kopflos geworden, marschierten unsere Truppen nach Norden direkt auf den Feind zu, um die Stadt zurückzuerobern; anstatt nun das unvorhergesehene Begegnungsgefecht bei Hsünkou, in dem wir den Sieg errangen (eine feindliche Division wurde vernichtet), als das erste Gefecht der Gegenoffensive zu betrachten und die Veränderungen, die dieses mit sich bringen mußte, vorauszusehen, unternahmen sie den unüberlegten Angriff auf Hsiaoschi, dessen Erfolg nicht gesichert war. So war die Initiative schon beim ersten Schritt verlorengegangen, und das ist wirklich die dümmste und schlechteste Methode der Kriegführung.

Zweitens, der Plan des Anfangsgefechts muß der Auftakt und ein organischer Bestandteil des Plans der ganzen Operation sein. Ohne einen guten Plan für die ganze Operation ist ein wirklich erfolgreiches erstes Gefecht absolut unmöglich. Das heißt, selbst wenn das erste Gefecht siegreich verlaufen ist, aber der ganzen Operation keinen
|272| Nutzen, sondern Schaden bringt, so ist es trotz des errungenen Sieges als eine Niederlage anzusehen (wie zum Beispiel das Gefecht bei Hsünkou während des fünften "Feldzugs"). Deshalb muß man sich noch vor Beginn des ersten Gefechts in großen Zügen überlegen, wie das zweite, das dritte, das vierte, ja sogar das letzte Gefecht auszutragen sei und welche Veränderungen sich in der Gesamtlage des Gegners im Falle unseres Sieges oder unserer Niederlage in den einzelnen Gefechten jeweils ergeben müßten. Obgleich das Resultat mit unseren Erwartungen nicht ganz übereinstimmen dürfte - ja sogar keineswegs ganz übereinstimmen kann -, müssen wir alles sorgfältig und realistisch im Lichte der Gesamtlage auf beiden Seiten durchdenken. Ohne einen Begriff von der Gesamtsituation zu haben, kann man keinen wirklich guten Zug auf dem Schachbrett machen.

Drittens, man muß auch in Betracht ziehen, was in der nächsten strategischen Etappe geschehen würde. Ein strategischer Führer erfüllt seine Pflicht nicht, wenn er sich lediglich um die Gegenoffensive, nicht aber auch um das kümmert, was auf ihren Sieg oder aber auch auf ihre eventuelle Niederlage folgen wird. Noch während des Ablaufs einer gegebenen strategischen Etappe muß der strategische Führer mit den nachfolgenden Etappen, zumindest aber mit der nächsten Etappe rechnen. Wenn auch künftige Veränderungen schwer vorauszusehen sind - je weiter man blickt, desto verschwommener wird das Bild -, so ist dennoch eine allgemeine Berechnung möglich und eine Abschätzung der Perspektive unerläßlich. Eine Führungsmethode, bei der man nur das sehen will, was vor der Nase liegt, ist im Krieg ebenso schädlich wie in der Politik. Nach jedem getanen Schritt muß man zwar die sich aus ihm ergebenden konkreten Veränderungen prüfen und diesen gemäß seine strategischen und operativen Pläne modifizieren oder weiterentwickeln, da man andernfalls in den Fehler eines abenteuerlichen Draufgängertums verfallen könnte. Jedoch braucht man unbedingt einen langfristigen Plan, der eine ganze strategische Etappe, ja sogar mehrere, umfaßt und in großen Zügen wohldurchdacht ist. Hat man keinen solchen Plan, dann kann man den Fehler begehen, unschlüssig zu sein und auf der Stelle zu treten, und damit faktisch den strategischen Zielen des Feindes entgegenkommen, sich selbst aber zur Passivität verurteilen. Man muß sich stets vor Augen halten, daß auch das gegnerische Oberkommando über ein gewisses Maß an strategischer Weitsicht verfügt. Nur wenn wir uns darin geübt haben werden, dem Gegner stets um eine Pferdelänge voraus zu sein, werden wir strategische Siege erringen können.

|273| Die strategische Führung im Sinne der "links"opportunistischen Linie zur Zeit des fünften "Feldzugs" des Feindes und gemäß der Linie Dschang Guo-taos war deshalb falsch, weil die Führung hauptsächlich in diesem Punkt versagt hat. Kurz, in der Etappe des Rückzugs muß man schon mit der nächsten Gegenoffensive rechnen, in der Etappe der Gegenoffensive mit dem darauffolgenden Angriff, in der Etappe des Angriffs wieder mit dem kommenden Rückzug. Wenn man sich stattdessen auf Erwägungen des Augenblicks allein beschränkt, heißt das direkt der Niederlage entgegenschreiten.

Das erste Gefecht muß gewonnen werden; der Plan der ganzen Operation muß berücksichtigt werden; die nächstfolgende strategische Etappe muß berücksichtigt werden. Das sind die drei Prinzipien, die man beim Beginn der Gegenoffensive, das heißt, wenn das erste Gefecht ausgetragen wird, nicht vergessen darf.

6. KONZENTRATION DER KRÄFTE

Die Konzentration der Kräfte sieht leicht aus, ist aber recht schwer durchzuführen. Jedermann weiß, daß es am besten ist, mit einer größeren Streitmacht eine k1einere zu besiegen; dennoch können das viele Leute nicht zuwege bringen, sondern zersplittern häufig ihre Kräfte. Der Grund liegt darin, daß es den betreffenden Befehlshabern an strategischem Denken mangelt, daß sie in einer komplizierten Lage den Kopf verlieren; sie sind daher dieser Lage auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert, büßen die Initiative ein, lassen sich das Gesetz ihres Handelns vorschreiben.

Wie kompliziert, ernst und peinlich auch die Lage sei, der militärische Leiter muß vor allen Dingen die Fähigkeit besitzen, die ihm unterstellten Kräfte selbständig, nach eigenem Ermessen zu organisieren und einzusetzen. Es kann oft vorkommen, daß man vom Feind zur Passivität gezwungen wird; dann ist es das wichtigste, die Initiative rasch wiederzugewinnen. Gewinnt man diese nicht zurück, dann ist die Folge eine Niederlage.

Die Initiative ist nicht etwas Eingebildetes, sondern etwas Konkretes, Materielles. Es kommt hierbei vor allem darauf an, eine möglichst große und von Kampfgeist erfüllte Streitmacht zu konservieren und zu konzentrieren.

Wenn man sich in der Verteidigung befindet, gerät man eigentlich leicht in eine passive Position, da die Verteidigungsoperationen viel
|274| weniger Spielraum für die volle Entfaltung der Initiative lassen als die Angriffsoperationen. Doch können ja die Verteidigungsoperationen so durchgeführt werden, daß ihre passive Form mit einem aktiven Inhalt erfüllt wird und sie aus dem Stadium, in welchem sie der Forln nach passiv sind, in ein Stadium übergeleitet werden, in dem sie sowohl der Form wie dem Inhalt nach aktiv sind. Ein durchaus vorausgeplanter strategischer Rückzug ist der Form nach erzwungen; dem Inhalt nach ist er darauf gerichtet, die Kräfte zu erhalten, den für die Zerschlagung des Gegners geeigneten Zeitpunkt abzuwarten, den Gegner in die Tiefe unseres Territoriums zu locken und die Gegenoffensive vorzubereiten. Wenn man jedoch den Rückzug nicht akzeptiert und sich überhastet auf einen Kampf einläßt (wie im Gefecht bei Hsiaoschi), dann mag es als ein ernsthaftes Bemühen um die Initiative erscheinen, ist aber in Wahrheit passiv. Doch die strategische Gegenoffensive ist bereits nicht nur dem Inhalt nach aktiv, sondern auch in der Form wird hier die während des Rückzugs eingenommene passive Haltung aufgegeben. Für den Gegner bedeutet die Gegenoffensive das Bestreben unserer Truppen, ihm die Initiative zu nehmen, d. h. ihn zur Passivität zu verurteilen.

Um dieses Ziel voll zu erreichen, sind folgende Bedingungen erforderlich: die Konzentration der Kräfte, der Bewegungskrieg, der Krieg mit rascher Entscheidung und der Vernichtungskrieg. Darunter ist die Konzentration der Kräfte die vorrangige und wichtigste Sache.

Die Konzentration der Kräfte ist notwendig, um das Verhältnis der beiden Seiten zueinander zu ändern. Erstens soll sich die Situation hinsichtlich des Vorrückens und des Rückzugs wandeln. Früher war der Gegner im Vormarsch, wir aber waren im Rückzug; jetzt versuchen wir zu erreichen, daß wir vorrücken und er sich zurückzieht. Wenn wir durch Konzentration der Kräfte ein Gefecht gewinnen, so wird eben damit hier dieses Ziel erreicht und auch die ganze Operation beeinflußt.

Zweitens soll sich die Situation hinsichtlich des Angriffs und der Verteidigung wandeln. Bei der Verteidigung gehört der Rückzug bis zum vorgesehenen Endpunkt im wesentlichen zur passiven oder "defensiven" Phase. Die Gegenoffensive aber gehört zur aktiven oder "offensiven" Phase. Obwohl die Gegenoffensive während der ganzen Dauer der strategischen Verteidigung ihren Defensivcharakter nicht verliert, bedeutet sie dennoch im Vergleich zum Rückzug eine Wende nicht nur der Form, sondern auch dem Inhalt nach. Die Gegenoffensive bildet den Übergang von der strategischen Verteidi-
|275| gung zum strategischen Angriff, ist ihrem Charakter nach der Auftakt zum strategischen Angriff, und diesem Zweck dient gerade die Konzentration der Kräfte.

Drittens soll sich die Situation hinsichtlich der inneren und der äußeren Linien wandeln. Eine Armee, die strategisch auf den inneren Linien operiert, ist in vieler Hinsicht benachteiligt; dies gilt besonders für die Rote Armee, die sich "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzügen" gegenübersieht. Aber in unseren operativen oder taktischen Aktionen können wir diese Situation ändern, ja müssen unbedingt ihre Wandlung herbeiführen. Wir können einen großen "Einkreisungsund Ausrottungsfeldzug" des Feindes gegen unsere Armee in eine Reihe kleiner einzelner Einkreisungs- und Ausrottungsaktionen gegen den Feind verwandeln. Den aus mehreren Richtungen vom Feind gegen uns geführten konzentrischen Angriff strategischen Maßstabs können wir in konzentrische Stöße operativen oder taktischen Maßstabs verwandeln, die unsere Armee gegen feindliche Truppenteile richtet. Aus der strategischen Überlegenheit des Feindes können wir eine operative oder taktische Überlegenheit unserer Truppen machen. Wir können die feindliche Armee, die sich in einer starken strategischen Position befindet, in eine schwache operative oder taktische Position drängen. Gleichzeitig können wir unsere schwache strategische Position in eine starke operative oder taktische Position umwandeln. Das nennen wir eben Operationen auf den äußeren Linien innerhalb der Operationen auf den inneren Linien, Einkreisungs- und Ausrottungsaktionen innerhalb eines "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs", eine Blockade innerhalb der Blockade, Angriffe in der Verteidigung, Überlegenheit bei Unterlegenheit, Stärke bei Schwäche, Vorteil im Nachteil, Initiative bei Passivität. Ob man aus der strategischen Verteidigung heraus den Sieg erringen kann, hängt hauptsächlich von diesem Mittel ab - von der Konzentration der Kräfte.

Im Laufe der Kriegsgeschichte der chinesischen Roten Armee wurde diese Frage oftmals zu einer wichtigen Streitfrage. In der Schlacht bei Dji-an am 4. Oktober 1930 begannen wir schon mit dem Anmarsch und hierauf mit dem Angriff, ehe wir noch unsere Kräfte voll und ganz konzentriert hatten; glücklicherweise suchte der Gegner (die von Deng Ying befehligte Division) aus eigenem Antrieb das Weite, und unser Angriff spielte dabei keine Rolle.

Seit 1932 gab es eine Losung, die "Losschlagen an der ganzen Front" hieß und mit der gefordert wurde, daß vom Stützpunktgebiet aus in allen vier Windrichtungen - Osten und Westen, Norden und
|276| Süden - Angriffe vorgetragen würden. Das aber ist nicht nur bei der strategischen Verteidigung, sondern sogar auch beim strategischen Angriff falsch. Solange im gesamten Kräfteverhältnis zwischen dem Gegner und uns keine grundlegende Änderung eingetreten ist, gibt es, sei es in der Strategie, sei es in der Taktik, nebeneinander sowohl Verteidigung als auch Angriff, sowohl Bindungsaktionen als auch Vorstöße, und ein "Losschlagen an der ganzen Front" ist in der Tat eine große Seltenheit. Die Parole, man solle an der ganzen Front zugleich losschlagen, war Ausdruck der Doktrin von der gleichmäßigen Kräfteverteilung, die zugleich mit dem militärischen Abenteurertum in Erscheinung trat.

Die Anhänger dieser Doktrin stellten im Jahre 1933 die These vom sogenannten "Schlag mit beiden Fäusten" auf; sie spalteten die Hauptkräfte der Roten Armee in zwei Teile, um in zwei strategischen Richtungen gleichzeitig Siege anzustreben. Die Folge war, daß die eine Faust müßig und die andere übermüdet war und daß wir uns den größten Sieg, der damals zu erringen war, entgehen ließen. Meiner Meinung nach dürfen wir angesichts eines starken Gegners unsere Truppen, wie stark sie auch sein mögen, zu einem gegebenen Zeitpunkt nur in einer Hauptrichtung einsetzen, niemals in zwei. Ich bin nicht gegen zwei oder mehr Operationsrichtungen; aber zu ein und derselben Zeit darf es nur eine Hauptrichtung geben. Die chinesische Rote Armee, die als eine schwache und kleine Streitmacht auf dem Schauplatz des Bürgerkriegs erschienen war, hat seither ihrem starken Gegner wiederholt Niederlagen beigebracht, und diese Kriegserfolge, die die Welt in Erstaunen versetzten, gründeten sich in hohem Maße auf den konzentrierten Einsatz ihrer Kräfte. Das kann am Beispiel jeder der großen siegreichen Schlachten bewiesen werden. Wenn wir sagen: "Einer gegen zehn, zehn gegen hundert", so bezieht sich diese Formel auf die Strategie, auf den Krieg als Ganzes und auf die Gesamtheit des Kräfteverhältnisses zwischen dem Feind und uns; und in diesem Sinne verhalten wir uns wirklich so. Das ist aber nicht in bezug auf die operativen oder taktischen Aktionen gemeint; hier dürfen wir uns niemals so verhalten. Sei es in der Gegenoffensive, sei es beim Angriff - wir müssen immer starke Kräfte konzentrieren, um gegen einen Teil der feindlichen Streitkräfte den Schlag zu führen. Jedesmal, wenn wir unsere Kräfte nicht konzentrierten, hatten wir darunter zu leiden, wie bei den Operationen gegen Tan Dao-yüan in der Gegend von Dungschao, Kreis Ningdu, Provinz Kiangsi, im Januar 1931, gegen die 19. Rote-Armee in der
|277| Gegend von Gaohsinghsü, Kreis Hsingguo, Provinz Kiangsi, im August 1931, gegen Tschen Dji-tang in der Gegend von Schuikouhsü, Kreis Nanhsiung, Provinz Kuangtung, im Juli 1932 und gegen Tschen Tscheng in der Gegend von Tuantsun, Kreis Litschuan, Provinz Kiangsi, im März 1934. Eigentlich pflegt man ein solches Gefecht wie das bei Schuikouhsü und das bei Tuantsun zu den gewonnenen Gefechten zu zählen, ja sogar als große Siege zu betrachten (in dem ersteren wurden 20 Regimenter Tschen Dji-tangs und in dem letzteren zwölf Regimenter Tschen Tschengs in die Flucht geschlagen), aber wir haben solche Siege niemals begrüßt, und in gewissem Sinne kann man sie sogax als Niederlagen bezeichnen. Denn von unserem Standpunkt aus hat ein solcher Sieg sehr geringe Bedeutung, wenn wir dabei keine Kriegsbeute machen, oder wenn diese nicht unsere Materialverluste übersteigt. Unsere Strategie ist: "Einer gegen zehn", unsere Taktik: "Zehn gegen einen"; das ist eine unserer Grundregeln, dank denen wir den Feind besiegen können.

Die Doktrin von der gleichmäßigen Kräfteverteilung erreichte ihren Höhepunkt während der fünften Gegenoperation im Jahre 1934. Man glaubte, durch "Verteilung der Truppen in sechs Kolonnen" und durch "Abwehr an allen Fronten" den Feind überwältigen zu können; das Ergebnis war aber, daß der Feind uns überwältigte, und die Ursache war Furcht vor Gebietsverlust. Natürlich läßt sich ein Gebietsverlust kaum vermeiden, wenn man die Hauptkräfte in einer Richtung konzentriert und in den anderen Richtungen nux Bindungskräfte zurückläßt. Aber das sind nur zeitweilige und Teilverluste, um deren Preis in der Stoßrichtung der Sieg errungen wird. Nach so einem Sieg kann man das in der Richtung der Bindungsoperationen verlorene Gebiet wiedergewinnen. Der erste, der zweite, der dxitte und der vierte "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Feindes waren sämtlich mit Gebietsverlusten für uns verbunden, besonders der dritte "Feldzug", bei dem fast das ganze Stützpunktgebiet der Roten Armee in Kiangsi verlorenging; das Ergebnis war aber, daß wir unsere Gebiete nicht nur zurückgewannen, sondern noch erweiterten.

Wenn man die Kraft der Volksmassen in den Stützpunktgebieten nicht wahrnimmt, so ergibt sich daraus oft die unbegründete Angst, daß die Rote Armee sich zu weit von den Stützpunktgebieten entfernen könnte. Das war der Fall, als die Rote Armee im Jahre 1932 von der Provinz Kiangsi einen weiten Vorstoß bis nach Dschangdschou in der Provinz Fukien unternahm und als sie nach dem Sieg in der Gegenoperation gegen den vierten "Einkreisungs- und Aus-
|278| rottungsfeldzug" im Jahre 1933 zu einem Angriff auf die Provinz Fukien abschwenkte. Da man im ersten Fall befürchtete, der Feind könnte das ganze Stützpunktgebiet einnehmen, und im zweiten Fall, er würde einen Teil des Gebiets besetzen, widersetzte man sich der Konzentration unserer Kräfte und bestand darauf, die Truppen für Verteidigungszwecke aufzulockern; am Ende stellte sich aber die Befürchtung in beiden Fällen als unbegründet heraus. Vom Standpunkt des Feindes aus gesehen, sind einerseits die Stützpunktgebiete etwas, wohin man sich lieber nicht hineinwagt, bedeuten andererseits die in die weißen Gebiete eingedrungenen Truppenteile der Roten Armee die Hauptgefahr. Das Augenmerk der feindlichen Truppen ist immer auf die reguläre Rote Armee konzentriert, wo immer diese sich auch befindet, und es kommt sehr selten vor, daß sie ihre Aufmerksamkeit von der regulären Roten Armee abwenden und einzig und allein den Stützpunktgebieten zuwenden. Sogar wenn sich die Rote Armee in der Defensive befindet, ist die Aufmerksamkeit des Gegners dennoch auf sie konzentriert. Die Verkleinerung der Stützpunktgebiete gehört wohl zum Gesamtplan des Feindes. Wenn aber die Rote Armee ihre Hauptkräfte zusammenzieht und eine der Kolonnen des Feindes vernichtet, dann kann das Oberkommando der feindlichen Armee nicht umhin, der Roten Armee noch größeres Augenmerk zuzuwenden, ein noch größeres Truppenkontingent gegen sie einzusetzen. Somit ist es möglich, den Plan des Feindes zur Verkleinerung der Stützpunktgebiete zuschanden zu machen.

Falsch war auch die Behauptung: "Während des fünften ,Feldzugs`, bei dem die Blockhaus-Taktik angewandt wurde, konnten wir nicht mit einer Truppenkonzentration operieren, sondern lediglich die Truppen für Verteidigungszwecke auflockern und kurze, rasche Vorstöße unternehmen." Die Art der Kriegführung des Feindes, jeweils drei bis fünf Li oder acht bis zehn Li vorzustoßen und nach jedem dieser Vorstöße befestigte Blockhäuser zu errichten, war ausschließlich durch das Verhalten der Roten Armee selbst ermöglicht worden, die bei jedem Schritt Widerstand zu leisten suchte. Hätte unsere Armee die Taktik, auf den inneren Linien bei jedem Schritt Widerstand zu leisten, aufgegeben, um stattdessen zu einem Zeitpunkt, da es notwendig und möglich war, auf die inneren Linien des Gegners hinüberzuwechseln und ihm dort Schläge zu versetzen, dann wäre die Lage sicherlich eine andere gewesen. Das Gesetz der Kräftekonzentration ist gerade das geeignete Instrument, um über die BlockhausTaktik den Sieg davonzutragen.

|279| Die Kräftekonzentration, wie wir sie empfehlen, birgt durchaus nicht eine Preisgabe des Partisanenkriegs des Volkes in sich. Es hat sich längst als falsch erwiesen, auf den Kleinkrieg, den Partisanenkrieg, zu verzichten und alles "bis auf das letzte Gewehr in der Roten Armee zu konzentrieren", wie die Linie Li Li-sans es forderte. Vom Standpunkt des revolutionären Krieges als Ganzes verhalten sich der Partisanenkrieg des Volkes und die reguläre Rote Armee zueinander wie die linke und die rechte Hand; nur die reguläre Rote Armee einsetzen, nicht aber auch den Partisanenkrieg des Volkes entfalten, hieße mit einem Arm kämpfen. Wenn wir von der Bevölkerung der Stützpunktgebiete als einer der Voraussetzungen sprechen, dann meinen wir konkret - besonders wenn von militärischen Operationen die Rede ist - das bewaffnete Volk. Das ist auch der hauptsächliche Grund, warum der Feind Angst hat, in die Stützpunktgebiete einzudringen.

Es ist auch erforderlich, Einheiten der Roten Armee in zweitrangigen Operationsrichtungen einzusetzen, und man braucht durchaus nicht alle ihre Truppenteile zu konzentrieren. Die Kräftekonzentration, wie wir sie befürworten, gründet sich auf das Prinzip der Gewährleistung einer absoluten oder relativen Überlegenheit auf dem Schlachtfeld. Für Operationen gegen einen starken Gegner oder auf einem Schlachtfeld von entscheidender Bedeutung muß man eine absolut überlegene Streitmacht einsetzen; so hatten wir beispielsweise am 30. Dezember 1930 für das erste Gefecht der ersten Gegenoperation 60 000 Mann zusammengezogen, um die 9 000 Mann Dschang Hui-dsans zu schlagen. Für Operationen gegen einen schwachen Gegner oder auf einem minder wichtigen Schlachtfeld genügt auch eine relativ überlegene Streitmacht; so wurden zum Beispiel in dem letzten Gefecht der zweiten Gegenoperation am 29. Mai 1931 bei Djiänning nur etwas mehr als 10000 Mann gegen die 7 000 Mann starke Division Liu Ho-dings eingesetzt.

Damit ist aber nicht gesagt, daß jedesmal eine zahlenmäßige Überlegenheit notwendig ist. Unter gewissen Umständen kann man auch mit einer relativ oder absolut unterlegenen Streitmacht in die Schlacht ziehen. Um jenen Fall zu veranschaulichen, bei dem die Rote Armee relativ unterlegen ist, nehmen wir folgendes Beispiel: In einem bestimmten Gebiet steht nur eine kleine Truppeneinheit der Roten Armee (es handelt sich da nicht um einen Fall, wo wir zwar über mehr Truppen verfügen, diese aber nicht zusammengezogen haben) ; um dann den Angriff eines überlegenen Gegners zu zerschla-
|280| gen, konzentriert die Rote Armee, wenn die Bedingungen hinsichtlich der Unterstützung durch die Bevölkerung sowie hinsichtlich des Geländes, der Witterung und dergleichen für uns in hohem Maße günstig sind, ihre ganze Kraft auf einen Überraschungsstoß gegen einen Abschnitt der einen Flanke des Gegners, während der Gegner an seiner Front und an der anderen Flanke durch Partisanenabteilungen oder kleinere Einheiten der Roten Armee gebunden wird. Das ist selbstverständlich ebenfalls notwendig und kann den Sieg bringen. Denn bei unserem Stoß gegen einen Abschnitt der feindlichen Flanke entspricht das Kräfteverhältnis noch immer dem Prinzip, "eine stärkere Streitmacht gegen eine schwächere einsetzen und mit einer größeren Zahl eine kleinere besiegen". Auch im Fall einer absoluten Unterlegenheit, wenn zum Beispiel eine Partisanenabteilung einen großen Verband der weißen Armee überfällt, wobei nur ein kleiner Teil dieses Verbands angegriffen wird, gilt das obenerwähnte Prinzip.

Was die Behauptung anbelangt, die Zusammenziehung einer großen Armee auf einem einzigen Schlachtfeld stoße auf Schranken bezüglich des Geländes, der Wege, der Versorgung, der Unterbringung usw., so muß man hier gleichfalls differenziert an die Frage herangehen. Diese Schranken sind verschiedenen Grades, je nachdem, ob es sich um die Rote Armee oder um die weißen Truppen handelt; denn die Rote Armee kann größere Härten aushalten als die weißen Truppen.

Wir setzen wenige ein, um viele zu schlagen - das sagen wir allen jenen, die China beherrschen. Wir setzen viele ein, um wenige zu schlagen - das sagen wir den einzelnen Truppenteilen des Feindes auf dem Schlachtfeld. Das ist kein Geheimnis mehr, der Feind kennt im allgemeinen schon unsere Wesensart. Dennoch kann er weder unsere Siege verhindern noch seine Verluste vermeiden, denn er weiß nicht, wann und wo wir nach dieser Weise vorgehen werden. Das halten wir geheim. Die Rote Armee operiert im allgemeinen mit Überraschungsangriffen.

7. BEWEGUNGSKRIEG

Bewegungskrieg oder Stellungskrieg? Unsere Antwort lautet: Bewegungskrieg. Unter Verhältnissen, da wir weder starke Streitkräfte noch einen Munitionsnachschub haben, da es in jedem Stütz-
|281| punktgebiet lediglich einen Verband der Roten Armee gibt, der einmal hier, einmal dort eingesetzt werden muß, ist ein Stellungskrieg für uns grundsätzlich ungeeignet. Der Stellungskrieg ist für uns in der Regel nicht nur bei der Verteidigung, sondern auch beim Angriff unbrauchbar.

Eine der markanten Besonderheiten der Kampfhandlungen der Roten Armee - die sich daraus ergeben, daß der Feind mächtig, die Rote Armee selbst aber in technischer Hinsicht mangelhaft ausgerüstet ist - liegt im Fehlen stabiler Frontlinien.

Die Frontlinien der Roten Armee werden durch ihre Operationsrichtungen bestimmt. Die Operationsrichtungen sind nicht stabil, daher sind es auch nicht die Frontlinien. Wenn sich auch die allgemeine Richtung eine Zeitlang nicht ändert, so können sich dennoch innerhalb dieser allgemeinen Richtung die einzelnen Teilrichtungen fortwährend ändern: Sehen sich unsere Truppen in einer dieser Richtungen behindert, so müssen sie in eine andere abschwenken. Wenn wir nach einer gewissen Zeit in der allgemeinen Richtung nicht weiterkommen können, dann müssen wir eben auch diese ändern.

In einem revolutionären Bürgerkrieg können die Frontlinien nicht stabil sein; das war auch in der Sowjetunion der Fall. Der Unterschied bestand nur darin, daß die Frontlinien der sowjetischen Armee nicht so beweglich waren wie die unseren. In keinem Krieg kann es absolut stabile Frontlinien geben, denn der Wechsel von Erfolg und Mißerfolg, von Vormarsch und Rückzug läßt das nicht zu. Aber relativ stabile Frontlinien sind in gewöhnlichen Kriegen oft anzutreffen. Ausnahmen gibt es nur dort, wo eine Armee einem viel stärkeren Feind gegenübersteht, so wie dies im gegenwärtigen Stadium bei der chinesischen Roten Armee der Fall ist.

Die Beweglichkeit der Frontlinien führt zu einer Beweglichkeit des territorialen Gefüges der Stützpunktgebiete. Es ist ständig so, daß unsere Stützpunktgebiete einmal groß, einmal klein sind, daß sie bald einschrumpfen, bald sich ausdehnen, und oft kommt es vor, daß eins fällt, während ein anderes neu entsteht. Diese Beweglichkeit des Territoriums ist ganz und gar durch die Beweglichkeit des Krieges bedingt.

Die Beweglichkeit des Krieges und des Territoriums verleiht auch der mannigfaltigen Aufbauarbeit in den Stützpunktgebieten einen beweglichen Charakter. Eine Aufbauplanung auf mehrere Jahre hinaus ist da undenkbar. Die häufige Änderung der Pläne ist bei uns eine alltägliche Erscheinung.

|282| Es ist für uns nur von Vorteil, wenn wir diese Besonderheit anerkennen. Wir müssen auf Grund dieser Besonderheit unsere täglichen Aufgaben festlegen und dürfen uns weder Illusionen von einem Krieg machen, bei dem es nur Vormärsche und keine Rückzüge gibt, noch uns durch zeitweilige Veränderungen unseres Territoriums und unseres militärischen Hinterlands ins Bockshorn jagen lassen, noch versuchen, konkrete Pläne auf lange Sicht aufzustellen. Wir müssen unser Denken und unsere Arbeit den Umständen anpassen, bereit sein, uns festzusetzen, und auch bereit sein, loszumarschieren, wir müssen unseren Brotsack stets bei der Hand haben. Nur die Anstrengungen, die wir während unseres gegenwärtigen bewegten Lebens unternehmen, können gewährleisten, daß wir in Zukunft eine verhältnismäßige Stetigkeit und schließlich völlige Stabilität erreichen.

Bei dem strategischen Kurs der sogenannten "regulären Kriegführung", der während der fünften Gegenoperation vorherrschte, wurde diese Beweglichkeit bestritten und das, was man "Partisanentum" nannte, bekämpft. Jene Genossen, die gegen die Beweglichkeit auftraten, gebärdeten sich in ihren Geschäften so, als ob sie einen großen Staat regierten, und dabei war das Resultat bereits eine ganz außerordentliche Beweglichkeit: der Lange Marsch über 25000 Li.

Unsere demokratische Arbeiter- und Bauernrepublik ist ein Staat, aber heute noch kein vollausgebildeter Staat. Heute befinden wir uns noch in der Periode der strategischen Verteidigung im Bürgerkrieg, unsere politische Macht hat noch lange nicht die Gestalt eines vollausgebildeten Staates angenommen, unsere Armee steht nach Anzahl und technischer Ausrüstung dem Feind noch beträchtlich nach, unser Territorium ist noch klein, der Feind ist unausgesetzt darauf aus, uns zu vernichten, und will niemals Ruhe geben, bis er das erreicht hat. Wir sollen auf Grund dieser Tatsachen unseren Kurs bestimmen, dürfen nicht das Partisanentum in Bausch und Bogen ablehnen, müssen vielmehr den Partisanencharakter der Roten Armee ehrlich anerkennen. Man braucht sich dessen gar nicht zu schämen. Im Gegenteil, der Partisanencharakter ist gerade unsere Eigenart, unsere Stärke, ist das Mittel, mit dem wir den Feind besiegen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, den Partisanencharakter aufzugeben, aber heute können wir das noch nicht. In der Zukunft wird sicherlich dieser Partisanencharakter etwas sein, dessen man sich schämen kann und das man aufgeben muß; doch heute ist er etwas Wertvolles, woran man festhalten muß.

"Kämpfen, wenn man gewinnen kann; marschieren, wenn man es nicht kann" - das ist die populäre Auslegung des Bewegungskriegs,
|283| den wir heute führen. Es gibt auf der Welt keinen Militärfachmann, der nur den Kampf und nicht das Marschmanöver anerkennen würde; freilich wird nirgends soviel marschiert wie bei uns. Bei uns nehmen die Märsche gewöhnlich mehr Zeit in Anspruch als die Kämpfe, und wenn wir im Durchschnitt ein großes Gefecht im Monat austrügen, wären wir schon zufrieden. Alle "Märsche" werden um des "Kampfes" willen unternommen, und alle unsere strategischen und operativen Richtlinien laufen lediglich auf eins hinaus: auf den "Kampf". Doch es gibt eine Reihe von Umständen, unter denen es für uns nicht ratsam ist, den Kampf zu führen: Das ist erstens der Fall, wenn die uns gegenüberstehenden feindlichen Kräfte zahlenmäßig zu stark sind; zweitens ist es manchmal der Fall, wenn diese Kräfte zwar nicht zahlreich sind, aber enge Fühlung zu ihren Nachbareinheiten halten; drittens ist es im allgemeinen der Fall, wenn die gegnerischen Einheiten nicht isoliert sind und stark befestigte Stellungen bezogen haben; viertens ist es nicht zweckmäßig, ein begonnenes Gefecht fortzusetzen, wenn es uns keinen Erfolg verspricht. In allen diesen Fällen sind wir bereit, abzuziehen. Ein solcher Abzug ist nicht nur zulässig, sondern auch notwendig. Denn wenn wir die Notwendigkeit des Abzugs anerkennen, so unter der Voraussetzung, daß wir vor allen Dingen die Notwendigkeit des Kampfes anerkennen. Eben darin besteht die grundlegende Besonderheit des Bewegungskriegs, den die Rote Armee führt.

Grundlegend ist der Bewegungskrieg, doch das bedeutet nicht, daß wir den Stellungskrieg ablehnen, wenn er notwendig und möglich ist. Der Stellungskrieg muß als notwendig anerkannt werden, wenn während der Zeit der strategischen Verteidigung in der Richtung der Bindungsoperation gewisse Stützpunkte hartnäckig zu halten sind und wir beim strategischen Angriff auf eine isolierte feindliche Einheit stoßen, die von jeder Hilfe abgeschnitten ist. Wir haben ziemlich viel Erfahrung mit erfolgreichen Stellungskriegsoperationen dieser Art; viele Städte, Forts und befestigte Siedlungen haben wir so genommen, recht gut ausgebaute Feldstellungen des Feindes durchbrochen. In Zukunft müssen wir in dieser Hinsicht unsere Bemühungen verstärken und unsere Schwächen überwinden. Wir müssen den Angriff auf befestigte Stellungen und die Verteidigung von solchen aus vorbehaltlos befürworten, wann immer das die Umstände erfordern und erlauben. Wir sind lediglich dagegen, daß heute der Stellungskrieg allgemein angewendet oder dem Bewegungskrieg gleichgestellt wird; das ist unzulässig.

|284| Hat sich nun hinsichtlich des Partisanencharakters der Roten Armee, des Fehlens stabiler Frontlinien, der Beweglichkeit des Territoriums der Stützpunktgebiete und der Aufbauarbeit in diesen Gebieten im Laufe der zehn Kriegsjahre nichts geändert? Doch, es gab Änderungen. In der ersten Periode, vom Kampf im DjinggangGebirge bis zum Beginn der ersten Gegenoperation in Kiangsi, waren der Partisanencharakter und die Beweglichkeit noch sehr ausgeprägt, steckte die Rote Armee noch in ihren Kinderschuhen, waren die Stützpunktgebiete noch Partisanenzonen. In der zweiten Periode, von der ersten Gegenoperation bis zum Abschluß der dritten Gegenoperation, traten der Partisanencharakter und die Beweglichkeit beträchtlich zurück, wurden Frontarmeen aufgestellt, gab es schon Stützpunktgebiete mit mehreren Millionen Einwohnern. In der dritten Periode, vom Ende der dritten bis zur fünften Gegenoperation, traten der Partisanencharakter und die Beweglichkeit noch mehr zurück. Es waren bereits eine Zentralregierung und ein revolutionärer Militärausschuß errichtet worden. Der Lange Marsch bildete die vierte Periode. Da man den Fehler beging, den mäßigen Partisanencharakter und die mäßige Beweglichkeit zu leugnen, waren ein maßloser Partisanencharakter und eine maßlose Beweglichkeit die Folge. Derzeit befinden wir uns in der fünften Periode. Da der fünfte "Feldzug" nicht zerschlagen wurde und diese immense Beweglichkeit herauskam, sind die Rote Armee und die Stützpunktgebiete bedeutend zusammengeschrumpft, doch wir haben im Nordwesten Fuß gefaßt und unser hiesiges Stützpunktgebiet, das Schensi-Kansu-Ningsia-Grenzgebiet, gefestigt und entwickelt. Die drei Frontarmeen, die die reguläre Rote Armee bilden, wurden unter ein einheitliches Kommando gebracht, was es bisher noch nicht gegeben hatte.

Hat man den Charakter unserer Strategie im Auge, dann kann man auch sagen, daß der Zeitraum vom Kampf im Djinggang-Gebirge bis zum Ende der vierten Gegenoperation die erste Periode, die Zeit der fünften Gegenoperation die zweite und der Zeitraum vom Beginn des Langen Marsches bis zur Gegenwart die dritte Periode bildet. In der Zeit der fünften Gegenoperation beging man den Fehler, den ursprünglichen richtigen Kurs, den wir vorher eingehalten hatten, zu verwerfen; heute handeln wir wiederum richtig, wenn wir den falschen Kurs aus der Zeit der fünften Gegenoperation verwerfen und den richtigen Kurs von früher wiederbeleben. Doch wir verwerfen nicht alles, was während der fünften Gegenoperation getan wurde, und lassen auch nicht alles, was es früher gegeben hat, wieder
|285| aufleben. Wir stellen nur das wieder her, was in der Vergangenheit gut war, und lehnen nur das Fehlerhafte aus der Zeit der fünften Gegenoperation ab.

Das Partisanentum hat zwei Seiten. Die eine ist die Irregularität, das heißt, es mangelt an Zentralisierung und Einheitlichkeit, die Disziplin ist locker, die Arbeitsmethoden sind primitiv usw. Das alles stammt aus der Kindheitsperiode der Roten Armee, und manches '' davon war in der damaligen Zeit einfach notwendig. Nachdem aber die Rote Armee eine höhere Entwicklungsstufe erreicht hat, müssen wir uns davon allmählich bewußt freimachen, damit die Rote Armee zentralisierter, einheitlicher, disziplinierter und methodischer in ihrer Arbeit wird, das heißt einen reguläreren Charakter erhält. Auch bei der Leitung der militärischen Operationen muß man jenen auf der höheren Entwicklungsstufe unnötigen Partisanencharakter allmählich bewußt vermindern. Sich in dieser Hinsicht gegen Fortschritte zu stemmen und sich hartnäckig an das alte Stadium zu klammern, ist unzulässig, schädlich und allen großangelegten Operationen abträglich.

Die andere Seite des Partisanentums besteht in der Einstellung auf den Bewegungskrieg, in dem jetzt noch erforderlichen Partisanencharakter der strategischen und operativen Kampfhandlungen, in der unvermeidlichen Beweglichkeit der Stützpunktgebiete, in der Elastizität und Veränderlichkeit der Aufbauplanung in den Stützpunktgebieten sowie darin, daß man beim Aufbau der Roten Armee deren ' vorzeitige Verwandlung in eine reguläre Streitmacht ablehnen muß.

Wenn man in dieser Hinsicht die historischen Tatsachen leugnet, gegen die Beibehaltung dessen auftritt, was nützlich ist, sich unüberlegt vom gegenwärtigen Stadium löst, um blindlings auf ein vorläufig noch unerreichbares, wenn auch absehbares "neues Stadium" loszustürmen, das derzeit keinen realen Sinn hat, so ist das ebenso unzulässig, schädlich und unseren derzeitigen militärischen Operationen abträglich.

Jetzt stehen wir an der Schwelle eines neuen Stadiums in der Entwicklung der technischen Ausrüstung und Organisation der Roten Armee. Wir müssen uns auf den Übergang zu diesem neuen Stadium vorbereiten. Würden wir uns nicht darauf vorbereiten, dann wäre das falsch und für unsere künftigen Kriegsoperationen von Nachteil. Wenn sich in der Zukunft die technischen und organisatorischen Bedingungen für die Rote Armee geändert haben werden und der Aufbau der Roten Armee in ein neues Stadium getreten sein wird, dann werden ihre Operationsrichtungen und Frontlinien relativ stabil werden; es wird mehr Stellungskrieg geben; die Beweglichkeit des
|286| Krieges, des Territoriums und der Aufbauarbeit wird sich beträchtlich verringern, bis sie schließlich ganz verschwindet; das, was uns jetzt Schranken setzt, wie die Überlegenheit des Gegners und seine stark befestigten Stellungen, wird uns dann nicht mehr behindern.

Wir bekämpfen derzeit einerseits die während der Vorherrschaft des "linken" Opportunismus getroffenen falschen Maßnahmen, andererseits die Wiederbelebung jener zahlreichen Züge der Irregularität, die der Roten Armee in ihrer Kindheitsperiode eigen waren und heute nicht mehr notwendig sind. Wir müssen aber entschlossen jene zahlreichen wertvollen Prinzipien des Armeeaufbaus und der Strategie und Taktik wiederherstellen, dank deren Anwendung die Rote Armee stets Siege erfochten hat. Wir müssen aus der Vergangenheit all das, was gut ist, zusammenfassen und zu einer systematischen, höherentwickelten und inhaltsreicheren militärischen Linie verallgemeinern, um heute Siege über den Feind zu erringen und uns auf den künftigen Übergang in das neue Stadium vorzubereiten.

Hinsichtlich der praktischen Führung des Bewegungskriegs gibt es sehr viele Probleme wie zum Beispiel: Aufklärung, Beurteilung der Lage, Entschlußfassung, Gefechtsaufstellung, Kampfleitung, Verstecken, Konzentration der Kräfte, Anmarsch, Entfaltung, Sturm, Verfolgung, Überraschungsangriff, Angriff auf Stellungen, Verteidigung von Stellungen aus, Begegnungsgefecht, Rückzug, Nachtgefecht, Gefecht unter besonderen Bedingungen, Ausweichen vor dem starken und Angriff auf den schwachen Gegner, Belagerung einer Stadt zum Zwecke eines Schlags gegen die heranrückenden Verstärkungen, Scheinangriff, Luftabwehr, Aufenthalt zwischen mehreren feindlichen Einheiten, Umgehung eines Teils der feindlichen Truppen und Schlag gegen einen anderen Teil, serienweise Gefechte, Operieren ohne Hinterland, Erfordernis der Rast und Kräftesammlung usw. In der Geschichte der Roten Armee haben sich in allen diesen Fragen zahlreiche Besonderheiten gezeigt, die in der operativen Kunst systematisch behandelt und verallgemeinert werden sollen; hier will ich darauf nicht eingehen.

8. KRIEG MIT RASCHER ENTSCHEIDUNG

Ein langwieriger Krieg in strategischer Hinsicht und Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung in operativer und taktischer Hinsicht sind zwei Seiten ein und derselben Sache, zwei Prinzipien, auf die
|287| man im Bürgerkrieg gleichermaßen Nachdruck legen muß und die auch im antiimperialistischen Krieg anwendbar sind.

Da die reaktionären Kräfte sehr stark sind, können die revolutionären Kräfte nur allmählich anwachsen, was den langwierigen Charakter des Krieges bestimmt. Hier kann Hast nur Schaden bringen und wäre es falsch, eine "rasche Entscheidung" zu empfehlen. Daß wir schon zehn Jahre lang einen revolutionären Krieg führen, mag für andere Länder erstaunlich sein, für uns aber ist das gleichsam nur der Beginn eines "achtgliedrigen Aufsatzes" - die "Einleitung des Themas", die "Exposition des Themas" und die "Hauptthesen des Aufsatzes" [35] -, und viele fesselnde Abschnitte werden noch folgen. Unter dem Einfluß der inneren und äußeren Bedingungen wird die Entwicklung in der Zukunft zweifellos bedeutend rascher vor sich gehen können, als es in der Vergangenheit der Fall war. Da in der internationalen und in der inneren Lage bereits Änderungen eingetreten sind und noch größere Änderungen bevorstehen, kann man wohl sagen, daß wir den früheren Zustand, als die Entwicklung langsam verlief und wir allein auf uns gestellt kämpften, schon hinter uns haben. Doch man darf nicht darauf rechnen, daß wir morgen schon am Ziel sein werden. "Den Feind vernichten und dann Frühstück essen" - die damit ausgedrückte Haltung ist gut, doch die darauf gegründeten konkreten Pläne sind schlecht. Da die reaktionären Kräfte in China von vielen imperialistischen Mächten unterstützt werden, wird unser revolutionärer Krieg weiterhin ein langwieriger Krieg bleiben, solange die revolutionären Kräfte Chinas nicht genügend erstarkt sind, um die wichtigsten Positionen der inneren und äußeren Feinde durchbrechen zu können, und solange die internationalen revolutionären Kräfte den Großteil der internationalen reaktionären Kräfte nicht zerschlagen oder gebunden haben: Einer der wichtigen Leitsätze unserer Strategie ist, daß man bei der Festlegung des strategischen Kurses auf eine langfristige Kriegführung von diesem .Punkt ausgeht.

Im Gegensatz dazu gilt für Schlachten oder Gefechte nicht das Prinzip der Langwierigkeit, sondern das der raschen Entscheidung. In einzelnen Schlachten oder Gefechten eine rasche Entscheidung anzustreben, gilt für die Gegenwart wie für die Vergangenheit, für China wie fürs Ausland. Auch in bezug auf den Krieg als Ganzes wird zu allen Zeiten und in allen Ländern eine rasche Entscheidung gesucht und ein Hinziehen des Krieges stets als unvorteilhaft angesehen. Was jedoch den Krieg in China betrifft, muß man größte Geduld üben
|288| und kann nicht umhin, ihn als einen langwierigen Krieg zu behandeln. zur zeit der Linie Li Li-sans machten sich manche Leute über unsere Handlungsweise lustig, die sie "Schattenboxen-Taktik" nannten (sie meinten damit, daß wir uns mit abwechselnden Abwehr- und Angriffsaktionen fortwährend hin und her bewegen, ehe wir an die Eroberung der Großstädte schreiten), und höhnten, wir würden alt und grau werden, ehe wir den Sieg der Revolution erlebten. Solche Stimmungen einer fieberhaften Ungeduld haben sich schon längst als unangebracht erwiesen. Bezögen sich aber die kritischen Bemerkungen jener Leute nicht auf die Strategie, sondern auf einzelne Schlachten oder Gefechte, dann wären sie durchaus am Platze. Die Gründe dafür sind folgende: Erstens hat die Rote Armee keine Hilfsquellen zur Ergänzung ihres Waffenbestands und vor allem ihrer Munitionsvorräte; zweitens hat die weiße Armee viele Truppenverbände, während die Rote Armee aber nur einen einzigen Truppenverband darstellt, der bereit sein muß, in rascher Folge eine Operation nach der anderen durchzuführen, um den jeweils fälligen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" zerschlagen zu können; drittens marschieren die Verbände der weißen Armee zwar getrennt, bleiben aber dabei meistens verhältnismäßig nahe beieinander, und wenn wir beim Angriff auf einen dieser Verbände nicht zu einer raschen Entscheidung gelangen, werden die anderen vereint über uns herfallen. Aus allen diesen Gründen müssen wir Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung durchführen. Es ist keine Seltenheit, daß wir ein Gefecht binnen weniger Stunden oder an einem Tag oder in zwei Tagen beenden. Nur wenn wir die Taktik "Eine Stadt belagern, um die Verstärkungen zu schlagen" befolgen, also den Schlag nicht gegen den eingeschlossenen Gegner, sondern gegen dessen heranrückende Verstärkungen führen wollen, dann sind wir bereit, die Belagerungsoperationen bis zu einem bestimmten Grad in die Länge zu ziehen, wobei wir jedoch den feindlichen Verstärkungen gegenüber wie üblich auf eine rasche Entscheidung drängen. Wenn wir in der strategischen Verteidigung einen in der Richtung der Bindungsoperation befindlichen Stützpunkt hartnäckig halten oder beim strategischen Angriff einen isolierten, von jeder Hilfe abgeschnittenen Gegner schlagen wollen, oder wenn es gilt, einen weißen Stützpunkt inmitten unseres Stützpunktgebiets zu vernichten, dann nehmen wir gleichfalls des öfteren Kurs auf Schlachten oder Gefechte von langwierigem Charakter. Aber langwierige Kampfhandlungen dieser Art sind nur eine Hilfe und kein Hindernis für die auf rasche Entscheidung abzielenden Aktionen der regulären Roten Armee.

|289| Eine rasche Entscheidung wird aber nicht einfach dadurch herbeigeführt, daß man sie zu erreichen wünscht, man braucht vielmehr dazu noch eine ganze Reihe konkreter Voraussetzungen. Die wichtigsten dieser Voraussetzungen sind: ausreichende Vorbereitungen treffen, den geeigneten Zeitpunkt nicht verpassen, überlegene Kräfte konzentrieren, Einkreisungs- und Umgehungsmanöver ausführen, eine gute Stellung wählen, den Gegner schlagen, wenn er auf dem Marsch ist, oder wenn er zwar haltgemacht, sich aber noch nicht fest verschanzt hat. Sind diese Voraussetzungen nicht geschaffen, dann ist es unmöglich, in einer Schlacht oder in einem Gefecht eine rasche Entscheidung herbeizuführen.

Die Zerschlagung eines "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" stellt eine große Operation dar, und auch hier gilt das Prinzip der raschen Entscheidung und nicht das der Langwierigkeit. Denn die Bedingungen der Stützpunktgebiete - ihre Menschenreserven, finanziellen Hilfsquellen und militärischen Kräfte - erlauben keine langwierigen Operationen.

Wenn aber auch im allgemeinen das Prinzip der raschen Entscheidung gilt, muß man doch jede ungebührliche Ungeduld bekämpfen. Es ist unbedingt notwendig, daß sich die höchsten militärischen und politischen Leitungen eines jeden revolutionären Stützpunktgebiets unter Berücksichtigung der obenerwähnten Bedingungen im Stützpunktgebiet und der Situation beim Feind durch dessen wildes und drohendes Gebaren nicht ins Bockshorn jagen, durch noch erträgliche Schwierigkeiten nicht kleinkriegen und durch diese oder jene Mißerfolge nicht entmutigen lassen, daß sie vielmehr die erforderliche Geduld und Ausdauer aufbringen. Um den ersten "Feldzug" des Feindes in Kiangsi zu zerschlagen, bedurfte es, vom ersten bis zum letzten Gefecht, insgesamt nur einer Woche; die Zerschlagung des zweiten "Feldzugs" dauerte nur einen halben Monat, die des dritten zog sich drei Monate hin; mit dem vierten waren wir in drei Wochen fertig, mit dem fünften hatten wir ein volles Jahr lang zu schaffen. Wir legten jedoch eine unnötige Hast an den Tag, als wir den fünften "Feldzug" nicht zerschlagen konnten und dann gezwungenermaßen die Einkesselung durchbrachen. Unter den damaligen Umständen hätten wir noch gute zwei bis drei Monate ausharren können, um unseren Truppen eine Erholung und Konsolidierung zu ermöglichen. Hätte man das getan und wäre die Führung nach dem Durchbruch etwas klüger gewesen, dann hätte sich die Lage wesentlich anders gestaltet.

|290| Ungeachtet dessen bleibt das erwähnte Prinzip, daß man die Dauer der ganzen Operation nach Möglichkeit abkürzen soll, noch immer in Geltung. Wir müssen nach Möglichkeit danach streben, daß die Voraussetzungen hinsichtlich der Konzentration der Kräfte, des Bewegungskriegs usw. geschaffen werden, daß die lebende Kraft des Feindes auf unseren inneren Linien (also im Stützpunktgebiet) vernichtet und der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" rasch zerschlagen wird, wie dies die operativen oder taktischen Pläne vorsehen; wenn es aber klar geworden ist, daß der feindliche "Feldzug" auf unseren inneren Linien nicht zerschlagen werden kann, müssen wir die Hauptkräfte der Roten Armee dazu einsetzen, die Einkreisungslinie des Feindes zu durchbrechen und auf unsere äußeren Linien, also auf die inneren Linien des Feindes, hinüberzuschwenken, um ihn dort zu schlagen. Heute, da der Feind die Blockhaus-Taktik so beträchtlich entwickelt hat, wird dies zur üblichen Methode unserer Kriegführung werden. zwei Monate nach Beginn unserer fünften Gegenoperation, als es zu den Fukien-Ereignissen {1} kam, hätten die Hauptkräfte der Roten Armee zweifellos in das Gebiet der Provinzen Kiangsi, Tschekiang, Anhui und Kiangsi, mit Tschekiang im Mittelpunkt, vorstoßen, aktive Aktionen über den ganzen Raum zwischen den Städten Hangdschou, Sudschou, Nanking, Wuhu, Nantschang und Fudschou entfalten, die strategische Verteidigung in einen strategischen Angriff umwandeln, die lebenswichtigen Zentren des Feindes bedrohen und in dem ausgedehnten, von Blockhäusern freien Raum den Kampf suchen müssen. Auf diese Weise hätten wir die in Südkiangsi und Westfukien vorrückenden Verbände des Feindes zwingen können, umzukehren, um seine lebenswichtigen Zentren zu schützen, und damit seinen Angriff auf unser Stützpunktgebiet in Kiangsi vereiteln und zugleich der Volksregierung in Fukien Beistand leisten können; ganz gewiß hätten wir ihr damit geholfen. Da dieser Plan verworfen wurde, konnte der fünfte "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" nicht zerschlagen werden und mußte die Volksregierung in Fukien fallen. Sogar nachdem wir bereits ein Jahr lang gekämpft hatten und ein Einmarsch in Tschekiang für uns unvorteilhaft geworden war, hätten wir noch immer zum strategischen Angriff in einer anderen Richtung übergehen, d. h. mit unseren Hauptkräften nach Hunan vorrücken - und zwar nicht, um durch Hunan nach Kueitschou zu marschieren, sondern um in den zentralen Teil Hunans vorzustoßen - und so den Gegner veranlassen können, seine Truppen aus Kiangsi abzuziehen und nach Hunan zu werfen, wo wir sie dann
|291| vernichtet hätten. Da auch dieser Plan verworfen wurde, zerrannen endgültig alle Hoffnungen auf eine Zerschlagung des fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs", und es blieb uns nur eins übrig den Langen Marsch anzutreten.

9. VERNICHTUNGSKRIEG

Der chinesischen Roten Armee einen "Zermürbungsstreit" vorzuschlagen, wäre nicht zweckmäßig. Würden nicht zwei Drachenkönige {2}, sondern ein Bettler und ein Drachenkönig miteinander wetteifern, wer von beiden der reichere sei, dann wäre das doch gewiß lächerlich. Für die Rote Armee, die sich in fast allem vom Feind beliefern läßt, ist der Vernichtungskrieg der grundlegende Kurs. Nur durch die Vernichtung der lebenden Kraft des Gegners können wir seine "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" zerschlagen und die revolutionären Stützpunktgebiete erweitern. Wenn wir dem Gegner Verluste zufügen, so betrachten wir das als eines der Mittel, um ihn zu vernichten; andernfalls wäre es sinnlos. Indem wir dem Gegner Verluste zufügen, haben wir dabei selbst auch Ausfälle; aber indem wir die gegnerischen Truppen vernichten, ergänzen wir unsere Bestände, wobei wir nicht nur unsere eigenen Verluste wettmachen, sondern darüber hinaus auch noch unsere Armee stärken. Eine Kampfhandlung mit dem Ziel, den Gegner in die Flucht zu schlagen, kann grundsätzlich für Sieg oder Niederlage nicht entscheidend sein, wenn man es mit einem mächtigen Gegner zu tun hat. Eine Vernichtungsschlacht übt hingegen sofort auf jeden Gegner eine starke Wirkung aus. Es ist wirksamer, jemandem einen Finger abzuhacken, als alle zehn zu verletzen; es ist wirksamer, eine Division des Gegners zu vernichten, als zehn in die Flucht zu schlagen.

Bei der Bekämpfung des ersten, zweiten, dritten und vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" nahmen wir stets Kurs auf einen Vernichtungskrieg. Obwohl die dabei vernichteten gegnerischen Truppen jedesmal nur einen Teil der Gesamtstärke des Gegners ausmachten, wurden alle diese "Feldzüge" zerschlagen. Bei der fünften Gegenoperation wurde jedoch ein entgegengesetzter Kurs eingeschlagen, was faktisch dem Gegner half, sein Ziel zu erreichen.

Der Vernichtungskrieg setzt die Konzentration überlegener Kräfte und die Anwendung der Einkesselungs- und Umgehungstaktik voraus. Fehlt das alles, dann kann es den Vernichtungskrieg nicht
|292| geben. Um den Feind zu vernichten, sind folgende Voraussetzungen unerläßlich: die Unterstützung durch die Bevölkerung, günstige Geländeverhältnisse, ein leicht zu schlagender Gegner, das Überraschungsmoment usw.

Den Feind in die Flucht zu schlagen, ja ihn entkommen zu lassen, hat lediglich dann einen Sinn, wenn im Rahmen des ganzen Gefechts oder der ganzen Schlacht unsere Hauptkräfte gegen einen bestimmten Teil der feindlichen Kräfte eine Vernichtungsoperation durchführen, sonst nicht. Hier haben wir wiederum ein Beispiel, wie Verluste durch Gewinne gerechtfertigt werden.

Wenn wir eine eigene Rüstungsindustrie aufbauen, dürfen wir nicht zulassen, daß wir von ihr abhängig werden. Unser grundlegender Kurs besteht darin, daß wir uns auf die Rüstungsindustrie der Imperialisten und unserer Feinde im eigenen Land stützen. Wir haben einen Anspruch auf die Rüstungsbetriebe Londons und Hanyangs, wobei uns der Feind als Transportbrigade dient. Das ist eine Wahrheit und kein Witz.

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