Die BRD und die Kurdenfrage
Fragen an Kani Yilmaz

Zehn Jahre Kurdenverfolgung in der BRD – Anlaß für eine traurige Bilanz. Welche Interessen sind es eigentlich aus Sicht der kurdischen Organisationen, die diese hartnäckige Kurdenverfolgung vor allem durch deutsche Behörden über so lange Zeit hervorrufen, lenken, bestimmen?

Unserer Meinung nach kann die Haltung Europas gegenüber dem kurdischen Volk nur auf der Grundlage der historischen Analyse, beginnend 1923 mit dem Friedensvertrag von Lausanne, verstanden werden. Wenn von einer Haltung gegenüber den Kurden gesprochen werden soll, dann muß berücksichtigt werden, daß diese sich über eine Phase von 80 Jahren entwickelt hat. Daß die Verfolgung bis zu dem Punkt angelangt sind, rührt daher, daß der Freiheitskampf der Kurden besser und wirksamer organisiert ist. Wenn die Kurden sich für den Freiheitskampf nicht in dem Maße mobilisiert hätten, wenn sie nicht im Besitz einer starken Organisation wie der PKK wären und sich unter ihrer Führung verteidigten, wenn sie die Lösung des Problems nicht derartig herausgefordert hätten, indem sie die Frage im Inneren an das Volk und im Ausland an die internationale Öffentlichkeit trugen, dann hätte es diese Verfolgungen vielleicht nicht gegeben. Die Verfolgung muß im historischen Sinne auch unter dem Gesichtspunkt dieser 80 Jahre, die von fundamentalen Interessenbeziehungen geprägt sind, betrachtet werden.

Die Beziehungen Deutschlands mit der Türkei gehen zurück bis ins Jahr 1800 und haben den Bau der Berlin-Bagdad-Eisenbahnstrecke zur Grundlage. Die Neuordnung der türkischen Armee, insbesondere die Waffenlieferung und die Deckung anderer Bedürfnisse, begann in dieser Zeit. Man muß sich diese Beziehung, die einst auf der militärischen Ebene begann, sich aber im Laufe der Zeit in eine großen wirtschaftlichen Zusammenarbeit umwandelte, genauer betrachten. In der Gegenwart übt Deutschland durch seine Investitionen den größten, tatkräftigsten Einfluß auf die türkische Wirtschaft aus. Dieser große Einfluß auf die Wirtschaft geht sogar so weit, daß er sich in der Politik in Form einer Zusammenarbeit spürbar bemerkbar macht. Daraus ist zu erklären, daß sich Deutschland jahrelang gegen die kurdische Frage gestellt hat. Und wenn sich heute in Deutschland Stimmen für eine Lösung der kurdischen Frage erheben und sich von Zeit zu Zeit Konflikte zwischen den alten Partnern Türkei und Deutschland ergeben, dann muß man wiederum auf diese wirtschaftlichen Aktivitäten schauen. Es ist kein Widerspruch, daß jahrelang eine negative Position (gegenüber der kurdischen Frage, Anm. des Übers.) eingenommen wurde, um diese Interessen zu schützen. Wiederum aus gleichem Grund wird heute, damit die Interessen nicht in Gefahr gebracht, eine Lösung gefordert, die das Risiko damit unter Kontrolle bringt.

1986 wurde in London auf der Konferenz der Innenminister der europäischen Staaten darüber gesprochen, ob der Artikel 129 auf die PKK angewendet werden soll, und es wurde über die Prüfung und Kontrolle der PKK-Aktivitäten diskutiert. Denn es gab seit 1984 die Aktivitäten der bewaffneten Gruppe, und als das Jahr 1986 erreicht wird, war klar, daß dieser Kampf sich entwickeln, verbreitern und stärker werden würde. Während der türkische Staat versuchte, diesen bewaffneten Widerstand durch Waffen und Technologie, welche ihm die europäischen Staaten geliefert haben, militärisch zu zerschlagen, wurde von hier aus eine Haltung entwickelt, die diesen Versuch ergänzte. Nun, diese ganzen Angriffe sind das Resultat einer bewußten politischen Entscheidung.

Haben die kurdischen Organisationen einmal Bilanz gezogen, was diese Verfolgung in Deutschland das kurdische Volk bisher gekostet hat – an beschlagnahmtem Vermögen, Sachschäden bei Razzien in Wohnungen und Vereinsräumen, Geldstrafen, Haftstrafen usw.? Wie hoch beziffert ihr die Kosten und die Opfer auf kurdischer Seite?

Die Bewertung und die Erarbeitung einer Bilanz der Verfolgung wurde seitens der kurdischen Organisationen, insbesondere durch die PKK sehr ernsthaft durchgeführt. Ich kann daher sagen, daß man dadurch zu wichtigen Resultaten gelangt ist. Die Haltung Deutschlands hat die Kurden politisch in Schwierigkeiten gebracht. Die Maßnahmen, die in Deutschland umgesetzt worden sind, schlugen sich auch in den anderen europäischen Ländern nieder; auch wenn diese Maßnahmen letztendlich die Bewertung dieser Staaten nicht wesentlich beeinflußt hat, so waren sie in der Bestimmung ihrer jeweiligen Haltungen doch wirksam. Es wurden materielle Güter, Sachgegenstände im Werte von Millionen DM beschlagnahmt. Vereine, die nach deutschen Gesetzen gegründet worden sind, sind überfallen und rechtswidrig geschlossen worden. Die Wohnungen von Tausenden Patrioten, die der PKK nahestehen, wurden überfallen, sowohl PKK-Aktivisten als auch kurdische Patrioten erhielten erhebliche Geld- und Gefängnisstrafen. Dies setzt sich von Zeit zu Zeit immer noch fort.

Die europäischen Staaten einschließlich Deutschland haben, indem sie die Medien instrumentalisierten, den Freiheitskampf auf der internationalen Ebene des öfteren in Schwierigkeiten gebracht. Die Massenbasis des Freiheitskampfes wurde durch Unterdrückung und Überfälle behindert. Es kann nicht davon die Rede sein, daß Schaden in solchem Ausmaß verursacht wurde, daß die Entwicklung des Kampfes zum Stillstand gebracht worden wäre. Es gab die Bemühung, eine Zeitlang Schaden anzurichten. Aber dies gelang nicht unbedingt bis zu dem Punkt, daß der Kampf in ernsthafte Schwierigkeiten geriet.

Die Verfolgung und die Angriffe haben auch diejenigen, die sie angeordnet haben, in erhebliche Schwierigkeiten gebracht. Und wenn diese Haltung weiterhin fortgesetzt wird, so werden sich die Schwierigkeiten vertiefen. Die Versuche, den Freiheitskampf in Schwierigkeiten zu bringen, haben seine Weiterentwicklung nicht gestoppt, ganz im Gegenteil führten sie dazu, daß die Massen sich noch mehr im Umfeld ihrer Führung organisiert haben und stärker wurden.

Wie viele kurdische Politikerinnen und Politiker sind nach euren Schätzungen oder Unterlagen derzeit in Europa, speziell in der BRD, aus politischen Gründen in Haft?

Meiner Ansicht nach geht es jetzt nicht darum, die Frage zu klären, wieviel kurdische Politiker oder Kurden verhaftet sind. Man sollte die Angelegenheiten eher aus einem weiten Blickwinkel sehen. Wir wissen insbesondere, daß nach 1993 die Verhaftungen zugenommen haben. Die Anzahl der Verhafteten ändert sich von Phase zu Phase, weil die Verfolgung anhielt. Es müßten zur Zeit etwa fünfzig kurdische Politikerinnen und Politiker in Haft sein. Es gibt auch Personen, die, auch wenn sie nicht direkt mit kurdischen Organisationen in Verbindung stehen, eher indirekt mit ihnen etwas zu tun haben, ebenfalls im Gefängnisn sitzen. Wiederum gibt es Menschen, die inhaftiert sind aus dem Grund, daß sie Kurden sind, oder aus Gründen ihres Asylverfahrens. Faßt man alles zusammen, so ergibt sich eine sehr große Anzahl von Inhaftierten.

Wer kümmert sich um diese Gefangenen? Es gibt immer wieder die Kritik, die kurdischen Vereine würden sich um inhaftierte Kurdinnen und Kurden nicht genügend kümmern. Was sagt ihr dazu?

Angefangen von der Einschaltung eines Rechtsanwalts sowie der Deckung anderer ökonomischer und diverser Bedürfnisse der kurdischen Gefangenen, wird die Unterstützung hauptsächlich von kurdischen Vereinen organisiert. Es gibt schon die Bemühung, die Bedürfnisse der Inhaftierten zu erfüllen. Aber es ist eine Realität, daß dies von Zeit zu Zeit vernachlässigt worden ist. Das ist einerseits von unserer Seite aus vorgekommen, andererseits zugleich auch ein Resultat der bewußten Behinderung. Es gab in bezug auf die Betreuung Unzulänglichkeiten, aber diese werden überwunden. Diese Unzulänglichkeiten, in Form von Unaufmerksamkeit, sind nicht das Resultat einer allgemein gleichgültigen oder das Problem nicht ernstnehmenden Haltung.

Vielmehr erfährt man von den Verhaftungen oft erst sehr spät. Die Festnahmen werden sogar geheimgehalten. Noch wichtiger ist der Umstand, daß es, außer daß kurzfristig ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird, die Möglichkeit nicht gibt, sich um die Festgenommenen zu kümmern. An dieser Stelle glaube ich, muß man die Bedingungen der Gefängnisse in Europa und die westeuropäische Gefangenenpolitik im weiteren anführen. In der Türkei ist es so, daß sehr grob gefoltert wird, die Menschen sämtliche Folterprozeduren (z.B. durch Schlagstöcke) über sich ergehen lassen müssen und dabei regelrecht verbluten. Hier sind auch vergleichbare Maßnahmen an der Tagesordnung. Es gibt aber einen Unterschied: Die hier foltern, haben in ihren Händen keine Schlagstöcke oder Knüppel. Gefoltert wird durch verfeinerte Methoden.

Trotz aller berechtigten Anklage gegen die Verfolgung von Kurdinnen und Kurden in Europa – es gab auch kurdische Taten, Straftaten von Kurdinnen und Kurden und solche, die ihnen vielleicht fälschlicherweise zugerechnet werden. Der Tod Adigüzels in Hannover vor vielen Jahren, die Besetzung des türkischen Generalkonsulats in München, viele Anschläge auf Reisebüros, Banken usw. insbesondere in 1993 wurden und werden von vielen der PKK oder ihr nahestehenden kurdischen Personen zugeschrieben. Auch wenn manches, vielleicht sogar vieles davon Propaganda ist: Was war oder ist berechtigt an diesen Vorwürfen? Welche Fehler wurden aus eurer Sicht von der kurdischen Bewegung in Europa, speziell in der BRD, gemacht, und wie sollen sie künftig vermieden werden?

Wie man weiß, sind die Kurden ein Volk, das in seiner Heimat, aber auch außerhalb ständig unterdrückt und verfolgt wird. Die Kurden führen einen Kampf um ihre Freiheit, dafür zahlen sie einen großen Preis, sie schicken ihre Söhne und Töchter, die für sie die größten Werte sind, in diesen Kampf. Die verübte Unterdrückung, die durchlittenen Schmerzen, die Intrigen und die uns gegenüber entwickelte Politik, als dies zusammen führt im Denken und in der Realität zu einer Gegenreaktion. Einige Vorfälle sind geschehen, abgesehen davon, ob sie richtig oder falsch waren, muß man die Gründe dafür sehen und analysieren. Wer ist der Verantwortliche für all diese verursachten Vorfälle? Welche politischen Strategien sind die Ursachen dafür? Und wenn die Kurden einige Reaktionen gezeigt haben, dann muß man sich fragen, zu welchem Zeitpunkt ist das geschehen, und inwieweit wurde die Geduldsgrenze überschritten? Das muß gesehen werden. Das heißt, wenn eine politische, ethische Haltung bei der Analyse gezeigt wird, dann dürfte es nicht so schwer sein, die Gründe dafür zu finden.

Es gibt einige Vorfälle, die die Kurden verursacht haben. Daher sind die Kurden schuldig, eine derartige oder in dieser Form dargelegte Haltung ist sehr billig und führt nicht dazu, die Vorfälle zu klären. Unserer Ansicht nach ist es nicht richtig, mit dieser Einstellung an das Probleme heranzugehen. Aber trotzdem sind große Teile der Vorfälle den Kurden angelastet worden, obwohl die Kurden damit nichts zu tun hatten, aus propagandistischen Zwecken.

Selbstverständlich gab es auch einige Fehler der Kurden.

Wenn die Ursachen der Probleme nicht analysiert werden und ihre Gründe nicht herausgefunden werden, dann können sie auch nicht gelöst werden. Dessen bedarf es bei jeder Problemstellung. Je mehr man die Gründe analysiert und sich auf die Quelle konzentriert, desto leichter wird es bei der Entwicklung der Lösung. Dies wird auch zur Zeit in den deutsch-kurdischen Beziehungen erlebt. Solange beide Seiten sich in diesem Rahmen annähern, ist die Entwicklung positiv. Sollte sich diese Bemühung fortsetzen, so wird dies noch viele weitere positive Entwicklungen hervorbringen. Wir sind dafür, unabhängig davon, ob diese Probleme groß oder klein sind, sie alle im Rahmen von Dialog und Beziehung zu lösen.

Im Herbst 1998 jährt sich das PKK-Verbot in Deutschland zum 5. Mal. Vor dem Verbot gab es kein offizielles PKK- oder ERNK-Büro in der Bundesrepublik. Das war vielleicht ein Fehler. In anderen Ländern wurden seitdem ERNK-Büros eröffnet. Was wird in Deutschland geschehen, wenn das Verbot fällt? Eröffnung eines ERNK-Büros in Bonn oder Berlin oder einer anderen Stadt? Und welche Aufgaben hätte ein solches Büro dann?

Das Verbot ist aus unserer Sicht eine nicht zu akzeptierende Entscheidung. Es ist nicht richtig, die Verbotsentscheidung durch einige Vorfälle, die sich im Jahr 1993 ereignet haben, zu legitimieren. Dies entspricht nicht der Realität. Vielleicht haben die Ereignisse Deutschland die Möglichkeit eröffnet, dies zu tun. Dennoch sollte man die Verbotsentscheidung weiterhin unter politischen-ethischen und sogar juristischen Gesichtspunkten bewerten und schauen. was sie wert ist. Jeder denkende Mensch in Deutschland sagt, daß das Verbot die PKK nicht wesentlich beeinflußt hat. Wenn die Positionen nicht falsch dargestellt sind oder hinter taktische Erwägungen zurücktreten, dann glauben wir zu beobachten, daß in Deutschland gegenüber dem Verbot eine geteilte Meinung existiert, die jeweils von zwei Lagern ausgeht.

In vielen Ländern, angefangen von Dänemark, Schweden, Finnland bis hinzu Norwegen, Griechenland, Spanien, Italien und Österreich u.a., wurden ERNK-Büros eröffnet. Die Vorbereitungen dazu reichen weit zurück. Natürlich muß die Eröffnung der Büros auch im Zusammenhang der sich entwickelnden kurdischen Diplomatie bewertet werden.

Die PKK ist eine legitime, große Bewegung mit verschiedenen internationalen Beziehungen, die Millionen von Menschen repräsentiert. Es ist völlig natürlich, daß sie sich im internationalen Bereich mit offiziell gegründeten Büros repräsentiert. Wenn in Deutschland die Verbote aufgehoben werden, wird selbstverständlich die Freiheitsbewegung auch dort offiziell vertreten sein. Ein Büro, das dort eröffnet werden könnte, würde das kurdische Volk vertreten, entsprechend den Interessen des kurdischen Volkes diplomatische Aktivitäten entwickeln. Vor allem in Deutschland, wo sich die meisten Kurden befinden. Damit könnte die Beziehung zu Deutschland erneut geordnet und entwickelt werden. Dies wäre eine wichtige Funktion dieses Büros. Das ist auch im Vorteil Deutschlands. Man muß fortan die Wege zu solch einer Beziehung eröffnen und sich bewußt machen, daß ein Leben unter ständiger Spannung kein Sinn macht. Wenn man die Verbote im Hinblick auf ihre Resultate hin bewertet, dann steht die Sinnlosigkeit dieser Verbote nicht in Frage. Die PKK hat sich noch mehr gestärkt. In diesem Sinne würde eine offizielle Vertretung die deutsch-kurdische Beziehungen zu einer deutlichen Verbesserung führen.

Es gibt unter deutschen Linken immer wieder Unruhe und Sorge, wenn ihr an die deutsche Politik appelliert, sie solle sich aktiv um eine Lösung der kurdischen Frage bemühen. Viele deutsche Linke denken mit Schrecken daran, welches Unheil allein in diesem Jahrhundert die deutsche herrschende Politik schon angerichtet hat. Wäre es nicht angebrachter, wenn ihr die deutsche Politik im wesentlichen auffordern würdet, sich aus dem Mittleren Osten herauszuhalten, und euch statt dessen an die UNO, die OSZE oder das Europaparlament um Beiträge zu einer politischen Lösung wenden würdet?

Wir betrachten die internationalen Beziehungen nicht aus einem ideologischen, sondern ganz klar aus einem politischen Blickwinkel. Der Zustand der heutigen Welt und die Gleichgewichte in der Welt existieren trotz des Willens von uns allen. Dies ist eine Realität, und wenn wirklich internationale Beziehungen entwickelt werden, kann niemand diese Realität außer acht lassen. Dies könnte man auch nicht ideologisch begründen. In der jetzt existierenden Welt, so wie sie ist, müssen sich die internationalen Beziehungen an der Realität orientieren. Der wichtigste Aspekt hierbei ist, ob dabei die Prinzipien außer acht gelassen werden oder nicht. Ich sehe keinen Unterschied darin, ob nun ein Aufruf an die UN gemacht wird oder an die USA. Ich sehe auch keinen Unterschied darin, ob dieser Aufruf an die Europäische Union oder an Deutschland gemacht wird. Meiner Ansicht nach ist der Spruch, Deutschland soll seine Hände aus dem Nahen Osten zurückziehen ziemlich kurzsichtig. Vielmehr ist meiner Meinung nach der Spruch, der Imperialismus soll seine Hände aus dem Nahen Osten zurückziehen, richtiger. In der Nahost-Politik der einzelnen imperialistischen Staaten bestehen Widersprüche. Es ist wichtig, diese Widersprüche richtig zu erfassen. Und noch richtiger ist es, im weitesten Sinne von diesen Widersprüchen zu profitieren. Wir wissen zum Beispiel, daß Beschlüsse des Europäischen Parlamentes in der Kurdenfrage existieren. Aber daß diese Beschlüsse nicht mehr sind als letztendlich Vorschläge und die Politik letztendlich insbesondere von Deutschland und den übrigen europäischen Staaten bestimmt wird, dies müssen wir in Betracht ziehen. Im weiteren ist zu beobachten, daß diese Staaten, anstatt Entscheidungen in ihrem eigenen Parlament zu treffen, welche sie in die Pflicht nehmen würde, sehr raffiniert vorgehen; sie führen diese Aufrufe oder Anfragen dem Europäischen Parlament vor und wünschen, daß darüber dort entschieden wird. Denn wenn sie diese Entscheidungen in ihren eigenen Parlamenten treffen würden, hätte dies für sie verpflichtenden Charakter. So gehen sie Spannungen aus dem Weg. Sie denken, daß einige Entscheidungen des EP uns besänftigen und hinhalten. Drittens drohen sie mit den EP-Entscheidungen dem türkischen Staat und bringen ihn dazu, sehr große Kompromisse einzugehen. Die Realität dieser Institutionen muß so gesehen werden. In Europa gibt es eine Aktivität der ERNK. Im internationalen Bereich wird eine Basisarbeit gestaltet, die viel mehr politischen als ideologischen Charakter hat. (Mai 1998)

Die Fragen stellte Rüdiger Lötzer

 


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