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1998

Rubrik
Soziale
Bewegungen
Gegen neoliberale und rassistische Innenpolitik !

Für den Kurzschluss im Herzen der Bestie !

Innenpolitik dient der Sicherung von HERRschaftsgebieten und Kapitalinterressen nach Innen.

Hierzu nutzen die HERRschenden unterschiedliche Mittel.

Auf der einen Seite wird versucht, einen möglichst großen Teil der Bevölkerung zu integrieren oder zumindest ruhigzustellen. Dies geschieht in Form von softer Repression, z.B. auf Sozial- und anderen Ämtern, im Betrieb oder in der Schule, durch (akzeptierende) Jugendarbeit oder das Dauerbombardement mit Schwachsinn durch die staatstragenden Medien. Bei Verweigerung von Zwangsarbeit werden SozialhilfeempfängerIn-nen die Bezüge unter das Existenzminimum gekürzt. Andererseits werden Menschen, die sich in die HERRschenden Verhältnisse nicht integrieren können oder wollen, mit harter Repression konfrontiert. Die Palette der Maßnahmen reicht von der Ausweispflicht über willkürliche Platzverweise bis hin zu Bullenknüppel, Knast und Abschiebung.

Doch das reicht den HERRschenden noch lange nicht aus. Daher inszenieren sie in den bürgerlichen Medien die Debatte um die ach so gefährdete "Innere Sicherheit", um den Weg in Richtung einer total kontrollierten Gesellschaft zu ebnen. Auf diese Weise werden Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen zu "Sozialschmarotzern", Flüchtlinge zu "Kriminellen Ausländern", KurdInnen zu "Terroristen" und Linke zu "Chaoten und Steineschmeißern" gemacht. Diese konstruierten Feindbilder sollen von den wirklichen Ursachen sozialer Probleme ablenken und verhindern, daß die ProfiteurInnen zur Rechenschaft gezogen werden. Während die Unternehmensgewinne in den letzten 10 Jahren um 116% stiegen, leben immer mehr Menschen in Armut und werden vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Die berechtigten Existenzängste von Menschen, die noch nicht durch das "soziale Netz" gefallen sind, werden mittels der o.g. Feindbilder in eine den HERRschenden genehme Richtung kanalisiert: nach UNTEN. Hierbei wird der vorhandene Rassismus weiter Teile der deutschen Bevölkerung ausgiebig genutzt und weiter geschürt.

Außerdem werden irrationale Ängste um die persönliche Sicherheit mittels völlig fragwürdiger Kriminalstatistiken herbeigeredet. Wer sich vor lauter Angst nicht mehr auf die Straße traut, wird Befugniserweiterungen der Sicherheitsapparate, wie dem "Großen Lauschangriff", begeistert zustimmen. Auch die Verschärfung von Polizeigesetzen sowie die Aufrüstung und Spezialisierung der harten Repressionsorgane lassen sich in einem so geschaffenen gesellschaftlichen Klima problemlos durchsetzen. Dabei übersehen viele Menschen, daß sie selbst schon morgen Opfer dieser Apparate werden können! Dies alles ist Teil des HERRschenden Konzepts der präventiven Aufstandsbekämpfung. Denn den Kanthers und Schönbohms sowie den Kräften, die hinter ihnen stehen, ist bewußt, daß die neoliberale Wirtschaftsweise zwangsläufig zu einer Verschärfung sozialer Gegensätze führt. Gegen den daraus zu erwartenden Widerstand wird vorbeugend eine - heute völlig überproportioniert wirkende - Maschinerie von Sicherheitsorganen aufgebaut.

Dieser Apparat wird heute schon gegen (neue) soziale Bewegungen eingesetzt, wie z.B. die Anti- AKW-oder die Antifa- Bewegung.

Noch krasser greift die harte Repression gegen politisch aktive MigrantInnengruppen wie z.B. die KurdInnen. Ihre Organisationen und Vereine wurden von Bundesinnenminister KANTHER mit einer Verbotswelle überzogen, Großdemonstrationen mit massiven Bullenaufgeboten brutal verhindert. In deutschen Knästen sitzen ca. 400 politische Gefangene aus dem kurdischen Befreiungskampf. Darüber hinaus wird es fast allen MigrantInnen und Flüchtlingen fast unmöglich gemacht sich hier politisch zu betätigen. Ihnen werden selbst bürgerliche Rechte wie z.B. das Wahlrecht verweigert. Sollten diese Menschen das Demonstrationsrecht wahrnehmen, begeben sie sich in die Gefahr in die Folterkeller diktatorischer Regimes abgeschoben zu werden. Hierfür reicht eine Anklage!- nicht Verurteilung!- wegen angeblichen "Landfriedensbruchs" (und sowas hat mensch ja bekanntlich schnell am Hals).

Dieser staatliche Rassismus setzt sich fort in der Sicherung der deutschen Grenzen. An der Ostgrenze kamen seit 1990 mehr Menschen ums Leben als in 40 Jahren an der innerdeutschen Grenze. Die dort eingesetzten mit modernster high-tech ausgestatteten 7000 BGS- Bullen werden derzeit auf 8500 verstärkt. Rassistische BürgerInnen der grenznahen Orte unterstützen die Schergen bei ihrer Arbeit.

Falls es einem Flüchtling trotzdem gelingen sollte, über "sichere Drittstaaten" ins Herz der "Festung Europa" zu gelangen, hat er/ sie mit permanenten Schikanen zu kämpfen. Dazu gehören Arbeitsverbote, Beschränkungen der Bewegungsfreiheit oder auch Sachleistungen statt Bargeld: Die neueste Speerspitze des staatlichen Rassismus ist die Neufassung des "Asylbewerberleistungsgesetzes". Danach ist es in diesem Land legal, Flüchtlinge mit schlechtem Aufenthaltsstatus schlichtweg auszuhungern und ihnen jede ärztliche Hilfe zu verweigern! Demgegenüber ist es illegal, sich weltweiten Unterdrückungsverhältnissen, von denen gerade Deutschland kräftig profitiert, durch Flucht ein Stückweit zu entziehen.

ABER: KEIN MENSCH IST ILLEGAL!!!

Auch die Debatte um die angeblich "kriminellen Ausländer" sieht mensch in einem neuen Licht, wenn sie/ er sich vorstellt ohne Sozialhilfe oder Arbeitserlaubnis zu überleben. Sogenannte "kriminelle Ausländer" begehen nämlich meistens "Straftaten" die von Menschen mit deutschem Paß überhaupt nicht verübt werden können, wie z.B. beim Aufenthalts- oder Arbeitsrecht. Und selbst der Kleinhandel mit Drogen oder sogenannte "Ladendiebstähle" dienen illegalisierten MigrantInnen zum Überleben!

Die durch die rassistische Gesetzgebung hervorgerufenen Kriminalstatistiken werden von rassistischen, bürgerlichen PolitikerInnen und offen bekennenden Faschist(Inn)en für Propagandazwecke genutzt. Darüber hinaus spielen die Neonazis eine wichtige Vorreiterrolle bei der Durchsetzung eines rassistischen und nationalistischen gesellschaftlichen Klimas. Das beschert ihren Aufmärschen massiven polizeilichen Schutz, es sei denn sie schaden dem Image Deutschlands im Ausland. Konservative und auch sozialdemokratische Kreise greifen verstärkt Inhalte auf, die früher ausschließlich von offen bekennenden (Neo)Nazis vertreten wurden.

Dabei wird auch das Patriarchat als HERRschaftsverhältnis gefestigt. In Zeiten zunehmender sozialer Ungerechtigkeit ist es sehr bequem zuerst die Frauen anhand alter Rollenbilder in die Arbeitslosigkeit und zurück an den Herd zu drängen. Von allen bisher genannten HERRschaftsverhältnissen sind Frauen grundsätzlich stärker betroffen als Männer, angefangen von niedrigeren Löhnen über die schlechtere soziale Stellung der Frauen, sexistische Repressionsapparate, die ständigen Forderungen nach der Verschärfung des §218, bis hin zur Nichtanerkennung frauenspezifischer Fluchtgründe. Illegalisierte Migrantinnen sind zudem von der alle Herrschaftsverhältnisse absichernden Innenpolitik am stärksten betroffen. Unter Anderem werden sie durch die Illegalisierung speziell in den Innenstädten in die letzten Scheißjobs (Hotel, Gaststätten, Gebäudereinigung) mit 1,50 DM Stundenlohn gedrängt. Sie putzen die Konsumpaläste der Bonzen, während sie vor deren Toren von Wachschmutz und Bullen schikaniert, vertrieben, oder verhaftet werden. Denn die Citybereiche sollen frei sein von MigrantInnen, DrogenuserInnen, Obdachlosen, Punx und allen Anderen, die nicht ins Bild "sauberer, deutscher" Innenstädte passen. Hier sollen zahlungskräftige KundInnen nicht mehr mit der Kehrseite ihres Reichtums konfrontiert werden. Vormals öffentlicher Raum wird daher zunehmend privatisiert, staatliche Hoheitsaufgaben werden zunehmend an kapitalistische Wachschmutz-unternehmen abgegeben.

Weil wir nicht weiter zusehen wollen, rufen wir zu einer bundesweiten Demo am dritten Mai in der neuen, alten Reichshauptstadt auf. Wir treffen uns an der SPD-Zentrale um zu zeigen, das auch SPD-Innenpolitik kein Stück besser sein wird als Kanther. Dann wollen wir durch vorrangig von MigrantInnen und sozial Benachteiligten bewohnte Kieze, vorbei an politisch relevanten Punkten wie dem Polizeipräsidium/ Staatsschutz zu den Konsumpalästen in der City West laufen. Es wird einen Frauen/Lesben -Block geben.

Da wir keinen Bock haben mit Bullenmethoden gegen Leute vorzugehen, die Alk auf Demos konsumieren wollen, wird am Ende der Demo ein Party-Block laufen.Das schließt eine Gefährdung der anderen Leute weitgehend aus. Wir fänden es klasse, wenn ihr in Massen kommt, und euch schon vorher klarmacht, mit wem ihr in Ketten laufen wollt.

Weg von der Ohnmacht! Raus aus den Löchern!

Kommt alle zur Bundesweiten Demo - 3. 5. 98 13 Uhr Wilhelmstraße
U1/ U6 Hallesches Tor U6 Kochstr S1/S2/S25 Anhalter Bahnhof

Abschlußkundgebung Breitscheidtplatz


Kriminalisierung linken Widerstands (ein Stückchen Eisbergspitze)

  • Saalfeld: 11.10. 97 Die gewerkschaftlich angemeldete Antifademo wird verboten, das Verbot von 7000 Bullen durchgesetzt. Ca. 400 Antifas werden bis zu 30 Stunden unter menschenunwürdigen Bedingungen in einen baufälligen Ex- Stasiknast gesperrt.
  • 14.3. 98: Die Antifabündnisdemo wird nicht total verboten, aber an den Stadtrand gedrängt. Zeitgleich zieht ein Naziaufmarsch an einem linken Hausprojekt und am Flüchtlingsheim vorbei. Auf dem Weg zur Demo werden 120 Antifas festgenommen, 700 weiteren thüringenweite Platzverweise erteilt. An diesem Tag sind 3000 Bullen im Einsatz.
  • 26.3. 98 Ein 15- jähriger Nazisympathisant ermordet die 14 jährige Jana aus dem linksalternativen Spektrum. Die Repressionsorgane versuchen, den politischen Hintergrund zu vertuschen.
  • Lübeck: 14.3. 98: 1000 Bullen prügeln mit Unterstützung von Wasserwerfern und Räumpanzern einen Naziaufmarsch durch. Antifaschistische Blockaden werden brutal abgeräumt. 400 Antifas werden vorläufig festgenommen.
  • Anti- AKW: Der X³ Castortransport wird von 30 000 Bullen ins Endlager geknüppelt. Kostenpunkt: 160 Mio. DM. Auch beim X4 Transport nach Ahaus sind bundesweit 30 000 Bullen im Einsatz. Gegen eine nichtmilitante Sitzblockade von SchülerInnen wird ein SEK aus Mainz eingesetzt. Unter den Bremer Bullen befinden sich offensichtlich als Faschoglatzen erkennbare Beamte. Arbeitslosenproteste: In Berlin wurde eine Person festgenommen und saß unter völlig absurden Anschuldigungen einen Monat in U- Haft.

Definition der HERRschenden: Im engeren Sinne (auch in diesem Text) meinen wir die Führungsspitzen in Wirtschaft und Politik; im weiteren Sinne ProfiteurInnen von HERRschafts- und Ausbeutungsverhältnissen, denen sich auch niemand von uns entziehen kann.

viSdP. Erna Müller, Schneeglöckchenweg 129 a, 110 10 Berlin- Dahlem