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1998

Rubrik
Repression & Widerstand
Junge Presse Bayern e.V.
Landesverband der bayerischen Jugendmedien

Bräuhausstraße 2/IV
80331 München
Tel. (089) 29 16 50 51
Fax: (089) 29 16 50 53
JPBAYERN@link-m.de
                                                     1. Juni 1998
 

                         PRESSEMITTEILUNG
                  Junge Presse Bayern verurteilt
           Polizeiaktion am Rande des Coburger Convents

               *Fotograf festgenommen und verletzt*

             "Massiver Angriff auf die Jugendpresse"

Coburg/Augsburg. Die bayerische Polizei nahm am vergangenen
Samstag einen Fotografen der Jungen Presse Bayern e.V. bei seiner
Recherche zu den Feierlichkeiten des Coburger Convents fest. Dem
20jährigen wird angeblicher "Landfriedensbruch" und "Widerstand
gegen die Staatsgewalt" vorgeworfen. Nach seiner Festnahme wurde
der Fotograf bei der Frage nach dem Festnahmegrund mit einem
Schlagstock leicht verletzt und über drei Stunden festgehalten.

Die Junge Presse Bayern e.V. (JPB), Landesverband der bayerischen
Jugendmedien, verurteilt entschieden den Angriff auf ihren
Mitarbeiter bei seiner Recherche. Während der Fotograf eine
Auseinandersetzung zwischen der Polizei und Gegendemonstranten
des Coburger Convents dokumentierte, versuchten Polizeibeamte,
ihm seine Kamera zu entreißen. Als er diese instinktiv festhielt,
verhafteten die Beamten den JPB-Mitarbeiter und führten ihn in
Handschellen ab. Bei seiner Frage nach dem Festnahmegrund im
Polizeibus beschimpfte ihn ein Polizist mit den Worten "Halt Dein
Maul", schlug dem Fotografen mit dem Schlagstock ins Gesicht und
verletzte ihn dabei leicht. Obwohl sich der 20jährige mit einem
Presseausweis als Journalist kenntlich machte, beschuldigte ihn
die Polizei des Landfriedensbruchs, des Widerstandes gegen die
Staatsgewalt, hielt ihn über drei Stunden fest und speicherte in
einer erkennungsdienstlichen Behandlung Fingerabdrücke und
sonstige körperliche Merkmale des Fotografen. Den Presseausweis
des Redakteurs und den Film aus seiner Kamera beschlagnahmten die
Beamten als "Beweismittel". Der Film werde ferner von der Polizei
"ausgewertet".

Walther Schneeweiß, 1. Landesvorsitzender der JPB, dazu: "Ich
sehe diese Polizeiaktion als absoluten Willkürakt und massiven
Angriff auf die Pressefreiheit. In einem funktionierenden
Rechtsstaat darf diese gezielte Einschüchterung von Journalisten
nicht möglich sein." Es sei jedoch nicht das erste Mal, daß
besonders Redakteure der Jugendpresse mit der Polizei
konfrontiert werden. Schneeweiß: "Gerade bei jugendlichen und
somit unerfahrenen Redakteuren meint die Staatsgewalt, mit diesen
machen zu können, was sie will. Sie verfolgt schlichtweg das
Ziel, eine kritische Berichterstattung schon im vorhinein im
schwächsten Glied der Medien zu unterbinden." Schneeweiß sehe in
der Zensur bayerischer Schülerzeitungen, der Behinderung der
Jugendpresse wie in diesem Fall und den Versuchen, die Rechte der
Presse gesetzlich zu untergraben, "deutlichen Systemcharakter".
Schneeweiß weiter: "Es kann nicht angehen, daß unsere Mitglieder
und Redakteure aus Angst vor grundlosen Maßnahmen der Polizei zum
Beispiel vor einer Berichterstattung über eine Demonstration
zurückschrecken. Wenn wir in Bayern schon so weit gekommen sind,
dann zweifle ich entschieden an der Demokratiefähigkeit der
bayerischen Staatsregierung."

Die Junge Presse Bayern verurteile neben der "haltlosen
Beschuldigungen" insbesondere den tätlichen Angriff auf ihren
Mitarbeiter und die Beschlagnahmung seiner Materialien.
Schneeweiß weiter: "Es kann nicht angehen, daß Journalisten zum
unfreiwilligen Handlanger der Staatsanwaltschaft werden, indem
jene einfach ihr Recherchematerial beschlagnahmt." Die JPB sehe
infolge Aktionen wie dieser die Pressefreiheit in Bayern enorm
gefährdet.

Aufgrund der Maßnahmen gegen ihren Redakteur wird die Junge
Presse Bayern rechtliche Schritte gegen die beteiligten
Polizeibeamten einleiten. "Wir werden den willkürlich handelnden
Exekutivorganen in Bayern zeigen, daß die Jugendpresse nicht so
zahnlos ist wie diese es gerne hätten", so Schneeweiß.

Mit freundlichen Grüßen,

Walther Schneeweiß
Landesvorsitzender der Jungen Presse Bayern e.V.,
organisiert in der Deutschen Jugendpresse e.V.