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1998

Rubrik
Frauen/Lesben
Schwule & Patriarchat

Pressemitteilung v. 3. Maerz 1998

Schwulenreferate
an NRW-Hochschulen



NRW-Schwulenreferate sprechen sich gegen das Motto des Koelner
Christopher-Street-Day (CSD) 1998 aus:

Homo-Ehe-Motto ist Provokation!

Das letzte Treffen der Schwulenreferate an nordrhein-
westfaelischen Hochschulen (NRW-Hoch-Schwulen-Treffen) fand am
Freitag, dem 27. Februar 1998, an der Ruhr-Uni in Bochum statt.
Schwulenreferate aus den Hochschulstandorten Aachen, Bochum,
Dortmund, Duisburg, Koeln und Wuppertal waren auf dem Treffen
anwesend. Neben den Aktivitaeten der Referate im Rahmen der
Christopher-Street-Day-Paraden in Koeln und Essen, beschaeftigte
sich das Treffen mit Homosexualitaets-Ursachenforschung an den
Hochschulen und der Idee einer nicht-kommerziellen, politischen
Schwulenzeitung, die von mehreren Schwulenreferaten getragen
wird.

Motto des Koelner CSD
Der Christopher-Street-Day (CSD) hat sich im Laufe der letzten
zehn Jahre zum weltweiten 'Feiertag' der schwulen und teilweise
auch lesbischen Bewegung gemausert. Die Christopher Street war
Anfang der 70er ein Zentrum schwul-lesbischer Kneipenkultur in
New York. Vom 'Stonewall In', einer Kneipe in dieser Strasse,
gingen als Gegenwehr gegen eine uebliche homo-feindliche
Polizei-Razzia mehrtaegige Strassenkaempfe zwischen Schwulen und
Transen auf der einen und den staatlichen Einsatzkraefte auf der
anderen Seite aus. Schwule, Transen und Lesben nutzen seit
einigen Jahren diesen Tag, um weltweit auf die Strasse zu gehen
und ihre Praesenz zu zeigen. Ueber die Massenpraesenz hinaus, die
mittlerweile von den kommerzielen Teilen schwul-lesbischer Szene
gepraegt ist, sind die CSD-Paraden Demonstrationen fuer
schwul-lesbische Positionen.

Das Vorbereitungstreffen zum Koelner CSD hat auf Einwirken des
schwulen Politfunktionaer Volker Beck, gruener MdB, und der
Vorzeige-Lesbe des dt. Fernsehens Hella von Sinnen ein Motto
fuer den Koelner CSD beschlossen, das die Forderung nach der
Homo-Ehe darstellt: "Freie Fahrt fuer Homo-Ehe!" Dieses Motto
ist eine Provokation gegen einen grossen Teil der Schwulen- und
Lesbenbewegung. Den Initiatoren des CSD-Mottos ist bekannt, dass
die Forderung nach Ausweitung der BGB-Ehe auf
gleichgeschlechtliche Paerchen, keinen Konsens in der immer so
gepriesenen schwul-lesbischen 'family' findet. Der
emanzipatorische Teil der Bewegung spricht sich deutlich gegen
eine Ausweitung der Ehe-Privilegien auf Homo-Beziehung aus,
sondern fordert die Abschaffung der Privilegien fuer monogame
Zweierbeziehungen. Ehe und Familie sind Symbol und Institution
eines patriachalen Herrschaftssystems, welche eine zentrale
Rolle bei der Reproduktion von Sexismus und Homophobie in
unserer christlichen Gesellschaft spielen. Die Forderung nach
der Homo-Ehe staerkt das reaktionaere Ehe- und Familien-Konzept
und wertet es auf.

Die anwesenden Schwulenreferate waren sich einig, dass sie Ihren
Unmut bzgl. des Mottos im Vorfeld des und auf dem CSD in Koeln
kund tun werden.

Rueckfragen an:
Andreas Seier, Tel. 0234-700-2226 oder 0172-2821970
c/o autonomes schwulenreferat
des asta der ruhr-uni-bochum
schwulenreferat@ruhr-uni-bochum.de
fon +49-234-700-2226 fax +49-234-701623
adr: studihaus 014
unistr 150
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