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1998

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Internet


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NADIR: Offener Brief an trend

Vorbemerkung:
1) Den nachfolgenden Brief erhielt die trend-Redaktion am 13.2. 98 vom Nadirteam. Da wir seit letzten Herbst mit Nadir und anderen dabei sind, einen "Webring" der gegenseitigen Solidarität und Vernetzung im WWW-Internet aufzubauen, waren wir einigermaßen schockiert, als wir mit diesem Text konfrontiert wurden. Da wir nicht glauben konnten, daß der Brief ein Ergebnis einer Diskussion und Beschlußfassung der Nadir-Leute ist, mit denen wir das "Webring"-Konzept erarbeiten, ließen wir uns erst die "Echtheit" bestätigen. Leider ist er echt, so uns am 14.2. per Email mitgeteilt.
2) Die trend-Redaktion wird daher auf Antrag einiger ihrer Mitglieder, den Abbruch der (web-)politischen Beziehungen mit Nadir zu beraten und zu beschließen haben. Gründe und Ergebnisse werden hier veröffentlicht werden.
3) Der Brief enthält eine Reihe von falschen Tatsachenbehauptungen zu Lasten der trend-Redaktion. Wir veröffentlichen ihn daher nur im Zusammenhang mit den wichtigsten Richtigstellungen.
4) Wir fordern an dieser Stelle öffentlich vom Nadir-Team, diese Richtigstellung incl. der vier Vorbemerkungspunkte überall dazu veröffentlichen, wo sie ihren offenen Brief verbreitet haben. (Anmerkung: Da uns Lese- und Schreibberechtigungen für die CL-Newgruppen durch Providerwillkür genommen wurden, empfinden wir es als besonders böswillig, gerade dort diesen Brief zu verbreiten).

Berlin, den 15.2.1998


Liebe Leute von trend,

wir beziehen uns hier insbesondere auf eure Presseerklaerung vom 30. Januar 1998 und was wir uns noch so zusammenklauben konnten. Unserer Meinung nach zieht ihr den Konflikt mit Berlinet e.V. auf eine Ebene, auf die er nicht gehoert. Die politischen Bezuege, die ihr herstellt koennen wir nicht nachvollziehen.

Der von Euch aktuell eingefordeten Solidaritaet koennen wir nicht nachkommen. Eure Informationspolitik ermoeglicht uns nicht die dafuer notwendige politische Bewertung der Vorgaenge. Nur die Behauptung einer Tatsache muss lange noch nicht den Tatsachen entsprechen!

Wir haben derzeit keinen Zugriff auf die im Berlinet gefuehrten Auseinandersetzungen zwischen Euch und "Berlinet e.V." und keine klaren Angaben ueber die jeweiligen Streitpunkte, deren Hintergruende und Verlauf.

Falsch: Wir führen "derzeit im Berlinet" keine "Auseinandersetzungen" mit dem "BerliNet e.V."
Richtig ist: Wir führen eine Auseinandersetzung wegen der von Herrn Baumann an uns begangenen "Kommunikationsverbrechen". Diese Auseinandersetzungen führen wir ausschließlich WWW-öffentlich bzw. dokumentieren sie dort vollständig. "Im Berlinet" können wir keine Auseinandersetzung führen, da Herr Baumann uns seit mehr als 14 Tagen die Zugänge gesperrt hat.

Eure Ansprueche an den "Berlinet e.V." scheinen uns recht hoch. Offenbar hat Berlinet in der letzten Zeit einige technische Probleme gehabt, die nicht nur Euch betrafen. Durch Umstellung der Technik waren einige Berlinet Adressen zeitweilig nicht zu erreichen. Zu den klaren Aussagen von Berlinet, dass Ihr nicht die einzigen Betroffenen wart, habt Ihr bisher keine ausgiebige Position bezogen.

Den uns nicht bekannte Streit in den Berlinet newsgroups sehen wir als Hintergrund fuer den Verlauf des Telefonats zwischen Andreas Baumann und Karl Mueller, in dem A. Baumann zunaechst sagte, dass in 10 Tagen Trend vom Server zu verschwinden hat. Nach dem nicht schluessigen Gedaechtnisprotokoll (veroeffentlicht durch Euch) aeussert dann Andreas Baumannn ploetzlich, das er Trend sofort vom Server loescht. Das Loeschen ist also ein Mitttel, das A. Baumann im Verlauf eines Streitgespraechs anwendet. Das das von Andreas Baumann nicht besonders helle war, ist nur ein oberflaechliches Problem. Fuer uns interessanter ist die Frage, warum ueberhaupt, ob in 10 Tagen oder sofort, Trend bei Berlinet zu verschwinden hatte. Dazu habt Ihr bisher keinen Beitrag geleistet, der ernsthaft rausarbeitet und klarstellt, warum Berlinet Euch nicht mehr haben will.

Richtig ist: Es gab betroffene und nicht betroffene Projekte. Die JPBerlin gehörte zum Beispiel zu den nicht betroffenen. Das ganze war ausschließlich eine Frage des good will seitens der Herrn Baumann.
Von Euch angefuehrt wird, dass Berlinet etwas mit dem BGS (Bundesgrenzschutz) zu tun hat. Richtig ist: Unsere Berlinetinterne Frage nach einem möglichen webtechnischen Zusammenhang zwischen der Firma Sitec, der JPBerlin, Berlinet und dem BGS, wurde folgendermaßen beantwortet: "Ist egal, selbst wenn es zuträfe." (JPBerlin in der Eigenschaft als PR-Beauftragte der Firma IMU) bzw. "Sitec ist ein preisgünstiger Anbieter, deshalb empfehlen wir ihn. Alles andere zählt nicht."(Herr Baumann in einem diesbezüglichen Telefonat am 27.1. mit einem trend-Redakteur). Aufgrund des Umgang mit solchen Informationen hat die trend-Redaktion jegliches politische Vertrauen (Stichwort TKG) verloren und will von daher keine Zusammenarbeit mit diesen Leuten.

Diese Behauptung basiert auf der falschen Interpretation von Datenbankabfragen. Das ihr auf die falsche Interpretation von mehreren Seiten hingewiesen worden seid, scheint Euch nicht zu beruehren. Warum sperrt Ihr Euch dagegen, nachzuvollziehen, dass die zwei Datenbanken beim NIC und beim RIPE nicht aufeinander abgestimmt sind und gleiche Handle fuer unterschiedliche Eintraege verwenden und bestimmte Anfragen falsch beantwortet werden? Das Ihr in Eurem "offenen Brief vom 8.2.98" immer noch darauf beharrt bzw. das als Meinungsmache benutzt, erschreckt.

Es ist keine Schmach, dass, wie Ihr in Eurem "Offenen Brief vom 8.2.98", behauptet, Berlinet e.V. die zugespielten Dateien fuer die Online-Ausgabe der kriminalisierten Interim nicht auf die Server tun und veroeffentlichen wollte. Es ist auch kein Ruhm, das zu tun wie Ihr es hinstellt, sondern eine Notwendigkeit. Es gibt sehr wohl Gruende, so eine Handlung vorsichtig vorzunehmen. So wie es sich darstellt, entspricht die Ablehnung von "Berlinet e.V." deren politischen, technischen und finanziellen Struktur: das z.B. als Betriebssystem bei Berlinet M$ Windows 95 eingesetzt wurde, ist leider kein schlechter Witz.

Das der "Berlinet e.V." offenbar auf die Rechner einer Firma und die Arbeitskraft eines deren Mitarbeiter angewiesen ist, spricht nicht fuer die Tragfaehigkeit der Vereins Struktur.

Richtig ist: Herr Baumann und Herr Anton betreiben unter der formalen Hülle des Berlinet e.V.(wozu sie gar nicht berechtigt sind) ihre Firma IMU. Den BerliNet e.V. gibt es nur noch als Vereinsregistereintrag von 1992.

Das Ihr als BetreiberInnen von trend anderen Projekten und Gruppen einen Platz im Netz bietet und Ihr nicht seht, dass zunaechst mal Ihr selbst fuer die kontinuierliche Sicherung dieser Daten zustaendig und verantwortlich seid, spricht nicht fuer die dabei notwendige Weitsicht. Eher schon fuer betriebsblindes vor sich hinwurschteln.

Denn was waere, wenn nicht Andreas Baumann loescht, sondern die Herren einreiten, die Interim kassieren und die Rechner mitnehmen? Daher ist fuer uns Euer Argument, dass das Loeschen der Daten durch Andreas Baumann "zu unwiederbringbarer Zerstoerung geistigen Eigentums" gefuehrt habe und eure Bemaengelung, dass vor der Loeschung "die Moeglichkeit zur Datensicherung nicht eingeraeumt wurde", nur ein scheinbares. Leider verschleiert Ihr hier Eure Verantwortlichkeit dafuer, mit Fehlern genau umzugehen, sie zu benennen und daraus zu lernen. Dieser Moment kommt nur als Angriff gegen Berlinet vor und ist daher kontraproduktiv. Oder meint Ihr, dass Ihr da keine Verantwortung hattet, bzw. habt?

Da Ihr die Behauptung, dass Berlinet e.V. etwas mit dem BGS zu tun hat, nicht zurueckzieht>SIEHE Anmerkung OBEN< und Ihr meint, dass die Interim den "Vertragsbruch" mit Berlinet darstelle, haben wir den Eindruck, dass Ihr diese Behauptungen benutzt, um nahezulegen, es handle sich bei dem Loeschen der Daten um einen Akt politischer Zensur. Dafuer bringt ihr keine Belege. Stattdessen scheint uns das ganze ein sehr persoenlich gefaerbter Streit zu sein, dessen Einzelheiten schwer nachvollziehbar sind und konsequent ausgeblendet werden.

Wir halten Euren Aufruf trend zu spiegeln fuer unangemessen. Das vielfache Spiegeln ist ein bewaehrtes Mittel zum Unterlaufen politisch motivierter Zensur und im Kampf dagegen und sollte nicht benutzt werden, wenn es, wie bei trend, darum geht an einer Stelle im Netz erreichbar zu sein. Unsere Zusage trend zu spiegeln halten wir nichtsdestotrotz aufrecht.

Richtig ist: Wir haben nie dazu aufgerufen, sondern Nadir hat uns Spiegelung in einem Telefonat am 31.1.(!!!) im Rahmen des Webrings angeboten.

Richtig ist: NADIR spiegelt nicht, sondern hat bei sich eine Reihe von trend-Seiten in ein Verzeichnis namens Mirror gestellt, um den Eindruck von Spiegelung zu erwecken. Die meisten Links auf diesen Seiten führen zum Berlinet(!!!!)

Ein wesentlicher Punkt, der aus Eurem Streit mit Berlinet e.V. zu lernen waere, ist, das ohne tragfaehige organisatorische, technische und finanziellen Strukturen kein Dauerbetrieb z.B. eines Webservers zu gewaehrleisten ist. An dem Ausbau oder der gemeinsamen Gestaltung der Berlinet e.V. Struktur habt ihr Euch anscheinend nicht beteiligt.

Stattdessen habt ihr wohl deren Ressourcen durch Aufnahme weiterer Gruppen in euren Web Bereich immer staerker beansprucht, ohne Euch angemessen an der Finanzierung zu beteiligen.

Richtig ist: Das trend-Projekt hat zu den gleichen Kondititionen (kostenlos und im Umfang unbegrenzt) Webspace wie alle anderen Berlinet-Onlinemagazine erhalten. Darüberhinaus haben wir in einem Umfang Privataccounts abgeschlossen und dem Berlinet (IMU) Kunden zugeführt, daß wenn man diese Summe nimmt, locker 100 MB Webspace mit eigenen Domainnamen bei jedem anderen gewerblichen Anbieter hätte finanzieren können. Desweiteren haben wir über ein Jahr lang PR-Arbeit für den BerliNet ohne Ende auf unsere Kosten betrieben.

Knappe persönliche Anmerkung: Den trend hier als einen "Sozialschmarotzer" des Internets darzustellen, ist weit unter der Gürtellinie und zeigt an, welch (ideologisch) geistiges Kind die Verfasser jener Zeilen sind. KHS

Die technische und finanzielle Struktur einer Mailbox oder eines Web Projektes tragfaehig zu gestalten und weiterzuentwickeln, ist kein Pappenstiel. Das kann nur gemeinsam und in Kooperation mit anderen vonstatten gehen und zeigt sich einerseits in der finanziellen Absicherung (fuer z.B. Backups und Sicherheitssysteme) und andererseits in gemeinsamen politischen Handeln der Beteiligten. Zu der dabei notwendigen gemeinsamen und solidarischen Auseinandersetzung ueber unterschiedliche politische Vorstellungen habt ihr durch eure Veroeffentlichungen, nun ja ... wenig beigetragen. Ohne Genauigkeit und das Aushalten von Differenzen wird eine Zukunft, die frei von Herrschaft und Ausbeutung sein soll, nicht zu erreichen sein.

Wir hoffen, das euer Streit die Bedingungen fuer die anderen Projekte nicht verschlechtert hat und alle irgendwie unterkommen. Bitte leitet diesen Offenen Brief an alle Projekte bei Berlinet, bzw. trend weiter.

nadir Team, Hamburg 12.02.1998