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1998

Rubrik
Globales & Internationales
 

Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe der
Weinheimer Monatszeitung "GEGENWIND"
demokratisch, antifaschistisch, parteiisch

Kongress gegen das MAI

Am 25. April fand in Bonn ein Internationaler Kongress gegen das MAI
Abkommen statt. 550 Menschen sind gekommen um darueber zu diskutieren,
wie man das Abkommen noch verhindern kann. Eingeladen hatte das
Komitee - Widerstand gegen das MAI um die Soziologin Maria Mies.



Die rechte Szene hatte schon im Vorfeld ihr Erscheinen angekuendigt.
Daher machten die Veranstalter zu Beginn des Kongresses klar: "Wir
lehnen jede chauvinistische Glorifizierung des Nationalstaats ab,
wenngleich der Widerstand sich an den Nationalstaat richtet. Unser
Widerstand gegen das MAI ist ein internationalistischer Widerstand."
Und als wenig spaeter jemand eben aus dieser rechten Szene, am Mikro
die "Leistungsfaehigsten aus unserer Gesellschaft zur Fuehrung gegen
das MAI" beschwor erntete er lauten Protest, und es wurde ihm das Wort
entzogen.

"Keine Regierung hat das Recht, grundlegende Rechte der BuergerInnen
und die Kontrolle ueber ihr Leben und ihre Umwelt den Konzernen
auszuhaendigen!" hiess es im Aufruf zum Kongress.

Tony Clarkes vom Canadian Centre for Policy Alternatives, dem der
Vertragsentwurf des M.A.I. zugespielt wurde bezeichnete das MAI als
Angriff auf demokratische Rechte und Freiheiten der BuergerInnen. "Wir
haben unseren gewaehlten Regierungen Souveraenitaet uebertragen. Doch
jetzt wollen die Staaten, die ihnen von uns uebertragene
Souveraenitaet an die transnationalen Konzerne abgeben." Die Menschen
wuerden immer weniger Kontrolle ueber ihre wirtschaftliche, soziale
und oekologische Zukunft haben. Waehrend transnationale Konzerne ihre
Macht und Kontrolle ueber Nationalstaaten ausdehnen, sehen die
Menschen, dass sie sich nicht mehr auf ihre Regierungen verlassen
koennen, wenn es um den Schutz des Gemeinwohls und der demokratischen
Rechte gehe.

"Frauengleichstellungen koennen wir vergessen," sie "werden mit dem
MAI nicht mehr einklagbar sein, so die Organisatorin Maria Mies. Sie
wies auf die Makiladoras und Freihandelszonen in den
Entwicklungslaendern hin, in denen die minimalsten sozialen
internationalen Standards wie Verbot der Kinderarbeit keinen Bestand
haben. Doch auch wir blieben vor solchen rechtsfreien Zonen nicht
verschont. Im Emser Lippe Kreis wird eine Sonderwirtschaftszone
eingerichtet mit Sondertarifen, Zeit- und Lohnflexibilisierung.
zynischerweise heisst dieses Projekt "New park". Auch die Kommission
fuer Zukunftfragen von Bayern und Sachsen fordert Billiglohgngebiete.

Martin Khor Direktor des "Third World Network" aus Malaysia
betrachtete das MAI aus der Perspektive des Suedens. Fuer ihn ist das
MAI "das wichtigste, soziale Thema fuer die naechsten Jahre". es
"versucht den Kolonialismus wieder aufleben zu lassen. Er verwies auf
den Opiumkrieg im neunzehnten Jahrhundert. Dort wollten die Chinesen,
den Englaendern den Handel mit Opium in China verbieten. Fuer die
Englaender verstiess dies aber gegen die Prinzipien des freien
Handels. Die Chinesen hatten den Krieg verloren und mussten den
Englaendern weiterhin erlauben Opium zu verkaufen. Dies entspricht
auch dem Geist des MAI. Es seien vor allem die Staaten im Sueden die
jetzt dagegen Kaempfen. Doch "wir brauchen die Unterstuetzung im
Norden". In Asien sind die Laender vom IWF dazu gezwungen worden ihre
Finanzmaerkte zu liberalisieren. Was folgte ist bekannt. An uns
richtete er den Appell: "Sie in Deutschland haben eine wichtige Rolle"
und "wir koennen uns nicht nur zuruecklehnen und Analysen schmieden,
wir muessen kaempfen!"
>ruess

Schlusserklaerung

Der heutige Prozess der wirtschaftlichen Globalisierung,
Liberalisierung und Deregulierung, insbesondere dessen Gipfel, das
geplante MAI (Multilaterales Abkommen ueber Investitionen), stellt
eine Gefahr fuer die Mehrheit der Menschheit dar. Das schon erreichte
Niveau der wirtschaftlichen Globalisierung hat ein Ausmass von
Konkurrenzdruck geschaffen, das die Handlungsfaehigkeit der
Regierungen und Bevoelkerungen im wirtschaftlichen, oekologischen und
sozialen Bereich massiv einschraenkt.
Dieser Prozess unterhoehlt die Demokratie. Allein die Tatsache, dass
die Bedeutung der Verhandlungen ueber das MAI nicht offen gelegt, der
Inhalt zwei Jahre geheim gehalten wurde und erst von kritischen
Aktivisten aufgedeckt werden musste, zeigt, dass auch die
Unterhaendler wissen, dass sie hier etwas zustande zu bringen
versuchen, was gegen das Interesse der Mehrheit ihrer Buergerinnen und
Buerger ist. Dass sogar die Vertreter der herrschenden Eliten der
"Entwicklungslaender" von dem MAI-Verhandlungsprozess ferngehalten
wurden, belegt, dass das MAI eine Gefahr fuer die gesamten
Bevoelkerungen dieser Laender darstellt.
Die schon ausgehandelten Bestimmungen des MAI verleihen den
transnationalen Konzernen darueber hinaus sogar politische Macht. Sie
bekommen eine Reihe von Rechten und Freiheiten, haben aber keine
sozialen oder oekologischen Pflichten. Jeder Staat, der versucht, im
Interesse der Mehrheit seiner Buergerinnen und Buerger soziale und
oekologische Standards zu erhoehen, kann unter dem MAI von den
transnationalen Konzernen gemassregelt werden. Der gesamte Prozess
blockiert somit jedes andere, sozial und oekologisch orientierte
Wirtschaften ueberall in der Welt, im Norden und im Sueden.
Aus diesen Gruenden meinen wir, dass das MAI gestoppt werden muss.
Wir fordern von den Regierungen, dass das ganze Unternehmen MAI
fallengelassen wird. Keine Regierung hat das Recht, sich selbst und
die zukuenftigen Regierungen zu entmachten und die grundlegenden
Rechte und Interessen der Buergerlnnen den Interessen der Konzerne
unterzuordnen. Wir brauchen kein MAI, das die Regierungen und die
Bevoelkerung reglementiert, statt dessen brauchen wir Abkommen, durch
die die Konzerne kontrolliert werden.
Wir sind entschlossen, vor Ort, bundesweit und weltweit Widerstand
gegen das MAI, sowie die Globalisierungsprozesse insgesamt zu
organisieren und mitzutragen.

Bonn, den 25.4.98

Unterstuetzt die Papierausgabe des "GEGENWIND"
Bestellung ueber Gegenwind_Weinheim@LINK-MA.cl.sub.de
bzw. PSF 100509, 69445 Weinheim-