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1998

Rubrik
Globales & Internationales

Existenzkampf der australischen Hafenarbeiter

Am 7. April holte die größte australische Hafengesellschaft,
Patrick Stevedores, zum ganz großen Schlag aus und entließ ihre
gesamte Belegschaft. Begründung: die Gewerkschaft habe sich
uneinsichtig gezeigt, Entlassungen und andere Maßnahmen zur
Produktivitätssteigerung zu akzeptieren
.

2000 wharfies (der australische Name für Hafenarbeiter) wurden
buchstäblich in einer Nacht- und Nebelaktion von ihren
Arbeitsplätzen vertrieben. Schwarzgekleidete Kommandos stürmten die
Häfen, enterten die Kräne, brachten die Schlüssel in ihre Gewalt und
die Arbeiter vor die Tore. Im Melbourner Hafen East Swanson retteten
sich einige ins Betriebsratsbüro und berichteten der Zeitung The Age
über Telefon: "Horden von Sicherheitskräften rennen hier durch den
Hafen; es sieht aus, als wäre der dritte Weltkrieg ausgebrochen!"

Seither werden die Hafentore von den Ausgesperrten belagert.
Mehrfach kam es zu gefährlichen Eskalationen, als Polizeitruppen einen
Weg für Streikbrecherbusse bahnen wollten. Die ganze Aktion scheint
von langer Hand vorbereitet zu sein, inspiriert durch die konservative
Regierung und gestützt durch den Farmerverband, der seine Erzeugnisse
möglichst billig auf den Weltmarkt bringen will. Der Präsident der
National Farmers Federation, Don McGauchie, hat auch schon öffentlich
angedroht, man wolle die Farmer mit ihren LKWs sammeln und die
Blockade durchbrechen. Gleichzeitig sammeln sich Tausende zur
Unterstützung der wharfies in immer größeren Demonstrationen.

Der Kampf gegen die Hafenarbeitergewerkschaft Maritime Union of
Australia (MUA) hat für die Unternehmerklasse große Bedeutung. Sie
kann auf eine lange Tradition kämpferischer internationaler
Solidarität zurückblicken: Ihre Mitglieder weigerten sich, Truppen
oder Kriegsgerät für den Vietnamkrieg zu verladen, Regenwaldholz aus
der Dritten Welt zu entladen oder Uran zu verschiffen und streikten
gegen die Apartheid. Jetzt haben sie selbst einen dringenden
Hilfsaufruf an die Hafenarbeiter weltweit gerichtet, von
Streikbrechern beladene Schiffe nicht zu entladen.

Der Hafenarbeiterverband ILWU in den USA unterstützt diese
Proteste. Sofort nach der brutalen Aussperrung kam es zu einer
spontanen Demonstration vor dem australischen Konsulat in San
Francisco, die von der Polizei aufgelöst wurde. Der US-
amerikanische Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO hat inzwischen
gemeinsam mit dem ILWU zu einem Boykott australischer Produkte
aufgerufen. Derweil versucht Patrick Stevedores den internationalen
Transportarbeiterverband mit Gerichtsverfügungen an
Solidaritätsaktionen zu hindern.

In den frühen Morgenstunden des 20.4. hielten 2000 fest
untergehakte Menschen, darunter frühere und amtierende
Gewerkschaftsvorsitzende und Parlamentsabgeordnete, die Polizei von
der geplanten Räumung der Barrikaden in East Swanson ab. Als dann um 8
Uhr auch noch 1000 Bauarbeiter anrückten, zog die Polizei ihre
Hundertschaften zurück, um an anderen Toren kleinere Scharmützel zu
beginnen. Am Tag darauf erließ ein Gericht eine einstweilige
Verfügung, alle Hafenarbeiter seien vorerst wieder einzustellen. Dies
ist ein erster, wichtiger Teilerfolg, auch wenn noch offen ist, wie
das Hauptverfahren ausgeht.


Aktuelle Informationen im Internet unter
http://www.users.bigpond.com/Takver/soapbox/index.htm, auf deutsch
unter http://www.labournet.org.uk/germany/oz/krieg.html. Kontakt zur
Hafenarbeitergewerkschaft: MUA, 46 Ireland Street, West Melbourne,
Victoria 3003, Australia. Fax: 00613-9328 1682,
http://mua.tcp.net.au/Pages/war.html

Vorabdruck aus: Inprekorr 319 (Internationale Pressekorrespondenz)
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