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1998

Rubrik
Faschismus
Rassismus
Neue Rechte
 

Ein Fall von Zensur?
Ist der "Rabe Ralf" auf dem rechten Auge blind?

Wir leiten weiter und dokumentieren:
From: t.heller@jpberlin.de (Tilman Heller)
Subject: Pol. Ausrichtung des Rabe Ralf
Date: Mon, 01 Jun 1998 14:52:06 +0000
Reply-To: theller@zedat.fu-berlin.de

Der "Rabe Ralf" (umweltabhängiges Monatsblatt der Grünen Liga Berlin) hat
es aus politisch - inhaltlichen Gründen abgelehnt, eine von sich aus
angeforderte Rezension aus meiner Feder abzudrucken.  Nach Mitteilung des
Redakteurs Matthias Bauer hat ein Treffen von vier MitarbeiterInnen der
Grünen Liga - u.a. er und Geschäftsführer Leif Miller - zu dieser
Entscheidung geführt.

Diese Information mache ich nicht bekannt, weil ich beleidigt bin, daß mein
Text nicht abgedruckt wird.

Die Entscheidung ist aus einem Grund besonders interessant: Nicht selten
druckt der "Rabe Ralf" rechtsökologische und ökospirituelle Propaganda.
Bisher gab es die Einschätzung, dies geschehe nur, weil einfach alles, was
beim "Rabe Ralf" ankommt, unbedacht  abgedruckt wird. Diese Einschätzung
muß jetzt revidiert werden. Vermutlich wird bei allen Texten eine
politische Bewertung vorgenommen, bevor sie veröffentlicht werden.

Positiv bewertet und abgedruckt wird  z.B. eine Rezension von Leila Dregger
(ZEGG) über ein Buch von Franz Alt (Rabe Ralf Oktober 1997, S. 22).

Auch ein Termin, bei dem mit Jörg Bergstedt über "Widerstand oder
Lobbyarbeit? Perspektiven der Umweltbewegung" diskutiert wurde, druckte
Rabe Ralf nach anfänglicher telefonischer Zusage nicht ab. Abgedruckt wird
dagegen  ein Termin für eine "Rudolf-Bahro-Vermächtnistagung" im LebensGut
Pommritz (Rabe Ralf Februar 1998, S. 16) an prominenter Stelle und als
einziger Beitrag in diesem Heft mit farblicher Unterlegung besonders
hervorgehoben.

Die  nicht abgedruckte Rezension folgt:

Schmähkritik?

"Agenda, Expo, Sponsoring", ein Titel, der nach einem Ratgeber für
orientierungslose UmweltschützerInnen klingt und Tips für eine gute
Projektfinanzierung in Aussicht stellt. Diese Tips sind in Jörg Bergstedts
neuem Buch nur zwischen den Zeilen zu lesen. Die Finanzierungsmethoden
(scheinbar unabhängige Stiftungen oder direkte Finanzspritzen aus der
Industrie bis hin zu völliger Staatsabhängigkeit) vieler großer
Umweltschutzverbände werden von ihm unter die Lupe genommen und durchgängig
angegriffen.
Der Untertitel "Recherchen im Naturschutzfilz" ist hier bezeichnender.
Für die Erfolglosigkeit der Umweltbewegung macht Bergstedt die "etablierten
Umweltverbände" verantwortlich, die kaum noch in Konfrontation zu Regierung
und Wirtschaft treten. Stattdessen sitzen die an den runden Tischen der
Agenda 21 oder sind als Verbandsfunktionäre selbst in Parteien oder
Staatsapparat eingebunden.
Umfangreiche Register über Personen und Stichwörter machen die Suche
einfach. Leider kommen einzelne Sachverhalte in diesem neuen Standardwerk
zur Umweltbewegung mehrfach vor.
Besonders geschickt nimmt der ehemalige BBU-Vorsitzende Bergstedt bereits
die zu erwartende Kritik an seinem Werk vorweg und entkräftet sie. Ein in
sich logisches, lesenswertes Werk von einem echten Fundi.

Jörg Bergstedt: Agenda, Expo, Sponsoring - Recherchen im Naturschutzfilz.
IKO-Verlag, Frankfurt am Main 1998, 400 S., 39,80 DM Bezug: Büchertisch,
Ludwigstr. 11, 35447 Saasen oder im  Buchhandel