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1998

Rubrik
Faschismus
Rassismus
Neue Rechte

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Das ist das Westfalenblatt!

aus: /CL/ANTIFA/ALLGEMEIN
vom: 20.02.98
von:
LEO.TREPPER@BIONIC.zerberus.de


Rechte Zeitungshetze
aus Bielefeld


Am Beispiel des Westfalenblattes, das in Bielefeld erscheint,
sein nachstehend ein Blick in die konservative Lokal- und
Regionalpresse geworfen. Positionen, die in solchen Blaettern
geaeussert werden, sollten AntifaschistInnen alarmieren. Aus
Zeitungen, wie dem Westfalenblatt, das damit wirbt, "die
Informative"-Zeitung in Ostwestfalen zu sein, beziehen weite
Teile der Bevoelkerung (in Ostwestfalen hauptsaechlich in den
laendlichen Regionen oestlich von Bielefeld, in Paderborn und
dem Paderborner Land) einen Baustein ihrer Sicht der Welt.
Dass dieser Baustein vor rassistischen und antidemokratischen
Positionen strotzt, duerften die folgenden Zeilen belegen.

Der Bayernkurier des Nordens?

Man nannte es einmal den "Bayernkurier des Nordens", doch
geht diese Einschaetzung fehl. So weit rechts im politischen
Lager, so sehr einen christlichen Fundamentalismus verhaftet,
wie die Tageszeitung Westfalenblatt, ist selbst die CSU-
Wochenzeitung aus Bayern nicht. In der Auseinandersetzung um
eine Ruege des Deutschen Presserates, die sich das
Westfalenblatt im Mai wegen auslaenderfeindlicher Hetze
eingehandelt hatte, kam die Gesinnung der
Westfalenblattmacher und ihrer Leserschaft ueberdeutlich zum
Ausdruck.

Dem Kodex des Deutschen Presserates zuwider

Die Ruege des Presserates hatte sich das Westfalenblatt wegen
eines Artikels eingehandelt, in dem eine angebliche Zunahme
von Kinderschaendungen, Vergewaltigungen und
Messerstechereien als "Folge der ueberschwemmung unseres
Landes mit Auslaendern" dargestellte wurde. "Damals" in der
Vorkriegszeit, habe es diese Delikte "noch nicht im Umfang
wie heute" gegeben, "der Gebrauch des Messers scheint heute
auch bei uns ueblich geworden zu sein", schrieb Carl-Wilhelm
Busse, der Herausgeber des Westfalenblattes, wohl glauben
machen wollend, dass der Gebrauch des Messers undeutsch sei.
(An anderer Stelle setzte sich das Westfalenblatt dann in NS-
Manier sehr wohl fuer den Gebrauch des Messers, diesmal des
Operationsmessers, ein: So war juengst der Vorschlag im
Westfalenblatt zu lesen, Sexualstraftaetern statt einer
Therapie der Kastration zuzufuehren.)

Die juengste Ruege des Presserates ficht die
Westfalenblattmacher selbstverstaendlich nicht an. Schon bei
der letzten Ruege, die man sich 1993 wegen "pauschaler
Verunglimpfung von Volksgruppen" einhandelte, kehrte man dem
Presserat den Ruecken und meinte, "dass der Pressekodex nicht
mehr ausreiche, und die tatsaechlichen Verhaeltnisse in
Deutschland der Bevoelkerung bewusst zu machen."

Verstaerkte auslaenderfeindliche
Hetze, statt Distanzierung von
rassistischen Positionen


In die Vollen neofaschistischer Argumentationsmuster griff
Busse vierzehn Tage nach der juengsten Ruege, wohl um
rassistischen Deutschen Mut zu zusprechen, wenn sie
gegenueber Menschen ohne deutschen Ausweis die Regeln der
Zivilisation abwerfen, die die Alliierten ihnen nach 1945
muehsam beizubringen versuchten. "Ausufernde, grenzenlose
Toleranz, die aus den USA gleich nach dem Zweiten Weltkrieg
zu uns herueberschwappte," machte Busse dafuer verantwortlich,
dass die BRD Fluechtlinge versorge, Abschiebebeschraenkungen
gegenueber Fluechtlingen erlassen habe oder im Strafrecht den
Resozialisierungsgedanken verfolge. Busse scheint, was
Fluechtlingspolitik anbelangt, in einem anderen Land, als der
BRD zu leben. Nun, in einem mag Busse aber tatsaechlich
richtig analysiert haben: Toleranz ist die Sache der
Mehrheit der Bevoelkerung in Deutschland tatsaechlich nie
gewesen, und es bedurfte eines Lernprozesses nach 45
"Reeducation" genannt, um weite Teile der Deutsche zumindest
oberflaechlich auf die Hoehe menschlicher Zivilisation zu
bringen. Dass dieses Muehen der Alliierten bei Busse und
anderen Westfalenblattmachern nicht fruchtete, dokumentierte
er in seiner Erwiderung auf die Ruege des Presserates. Mit
Argumentationen bzgl. der Bevoelkerungsdichte der BRD im
Vergleich zu der klassischer Einwanderungslaender wie USA und
Kanada und Zahlen, die angeblich belegten, dass der Anteil
von Auslaendern bei Straftaten signifikant hoeher sei, als
jener, der ihrem Bevoelkerungsanteil entspraeche, machte Busse
Stimmung.

Rassistisches Echo in der Leserschaft

Wie man in den Blaetterwald hineinruft, so schallt es aus der
Leserschaft heraus. Resultat waren zwei Seiten
LeserInnenbriefe in einer der folgenden Ausgaben des
Westfalenblattes, die offenbaren, dass die LeserInnenschaft
des Westfalenblattes Busse verstanden hatte. Unter den
LeserbriefschreiberInnen: Witikokamerad Harald Kindl aus
Paderborn, der NPD?ler mit NF-Kontakten Kurt Woerheide aus
Versmold und Heinz Matthias aus Niedenstein vom
"Arbeitskreis christlicher Publizisten". Sie und etwa 20
weitere LeserbriefschreiberInnen sprachen Busse Mut zu,
weiterhin gegen Auslaender in der BRD zu hetzen.

Mit christlicher Fundamentalismus
gegen Schwule, Lesben, Frauen
und die Antifa


Wie sehr Toleranz den Westfalenblattmachern abgeht, wie
wenig sie also von Versuchen auch sie zu zivilisieren
beleckt wurden, stellen sie fast taeglich unter Beweis, wenn
sie gegen alle, die anders sind hetzen. Sei es gegen Schwule
und Lesben, sei es gegen Frauen, die Schwangerschaften
unterbrechen, oder gegen das oertliche autonome Zentrum in
Bielefeld, gegen das sie seit seiner Gruendung 1973 die
oeffentlichkeit aufhetzen. Als im letzten Jahr
AntifaschistInnen aufdeckten, dass in den Raeumen der
Bielefelder Vertriebenenorganisation diverses faschistisches
Material, u.a. die Auschwitz-Luege in der Ausleihe stand,
schrieb das Westfalenblatt von immer dreister werdenden
Methoden der Antifa und gab dem Sprecher des oertlichen
Bundes der Vertriebenen Wallenberg breiten Raum, seine Luegen
gegen die AntifaschistInnen zu verbreiten. In all dem
wittern sie den Verfall der Sitten und die Boten des
Untergangs des christlichen Abendlandes, dessen Erhalt und
Ausbau sie sich als Protagonisten eines fundamentalistischen
Christentums auf die (Druck-) Fahnen geschrieben haben.

"Nachdenken vor dem dritten Jahrtausend" betitelte Busse
juengst einen Beitrag, der die Richtlinien fuer die Redakteure
des Westfalenblattes klarstellte. "Fuer den Erhalt des
Christentums als staatstragende Religion (Praeambel mit
Gottesbezug)" hiess es dort neben der Forderung an die
Redakteure zur Staerkung "der Heimat- und Vaterlandsliebe
auch der nachwachsenden Generation" beizutragen. Wer diese
Linie im Westfalenblatt nicht teilt, wird gefeuert, wie
kuerzlich zwei Redakteure, die gewagt hatten, den Film "Larry
Flint - Die nackte Wahrheit" positiv zu besprechen.

Gegen Demokratie das
Prinzip der Fuehrerschaft


Neben klerikalen und nationalistischen Glaubenssaetzen gibt
man selbstverstaendlich vor auch dem Grundgesetz verpflichtet
zu sein. Allzuweit scheint es in den Redaktionsstuben des
Westfalenblattes mit der Treue zum Grundgesetz jedoch nicht
her zu sein. So setzte sich der Chefredakteur des
Westfalenblattes, Rolf Dressler, zu Pfingsten dieses Jahres
nachdruecklich fuer die Schaffung eines "Schluesselgremiums"
ein, dass einen "Ruck des Neubeginns durch Politik,
Verwaltung, Unternehmen und Bevoelkerung" initiieren solle,
denn "die dramatisch zugespitzte Wirtschafts-, Finanz- und
Arbeitsmarktlage in Deutschland zwinge zu sofortigem und
entschlossenen Handeln." "Die geistige und strategische
Fuehrerschaft fuer dieses hochnotwendige Gemeinschaftsvorhaben
solle ein erstrangiger Kreis von Spitzenleuten aus Politik,
Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsverwaltung uebernehmen"
schrieb Dressler in Anlehnung an eine Initiative des
"Freundes- und Gesinnungskreises Kai-Uwe von Hassel". Fuer
diesen Kreis, der sich den Namen des am 8.5.97 in Aachen
verstorbenen CDU- und Revanchistenpolitikers Hassel gab,
referierte der aus Bielefeld stammende Dr. Manfred Freise,
dass u.a. die nachstehenden "Reformen", von diesem
Fuehrerschaft beanspruchenden Kreis angeschoben werden
sollten:

- Der Abbau sozialer Beihilfe, die nur noch "wirklichen
Beduerftigen zugute kommen" duerften. Wer die NS-
Sozialpolitik kennt, weiss, dass sich hinter solchen
Formulierung wie diesen eine Differenzierung zwischen
"wuerdigen" und angeblich "unwuerdigen Beduerftigen"
verbirgt, die nun offensichtlich wieder Einzug in die
deutsche Sozialgesetzgebung halten soll.

- Weiter hiess es, "Zuwanderer in der Groessenordnung von
jaehrlich 300000 bis 400000 koenne Deutschland keinesfalls
verkraften, weder finanziell noch soziologisch-
psychologisch".

Weder die Einrichtung eines solchen Fuehrerschaft
beanspruchenden Kreises, noch die Inhalte, fuer die er stehen
soll, duerften mit dem Grundgesetz und den Grundsaetzen der
parlamentarischen Demokratie vereinbar sein. Vielmehr, redet
man im Westfalenblatt einem nationalen Notstand das Wort,
den dann, ein Notstands- oder Schluesselgremium die
Fuehrerschaft uebernehmend, ueberwinden sollte.

Dass auch anderen Leitartiklern des Westfalenblattes solche
Notstandsgedanken, die demokratische Grundsaetze ueber den
Haufen werfen, vertraut sind, belegen Personen wie Otto von
Habsburg und Kurt Ziesel, die regelmaessig Grundsaetzliches im
Bielefelder Blatt zum Besten geben. Kurt Ziesel machte sich
bereits waehrend des NS einen journalistischen Namen, als er
fuer den Voelkischen Beobachter und fuer das HJ-Organ "Wille
zur Macht" schrieb. Dass Ziesel dann bei der Gruendung der
groessten Kulturorganisation des bundesdeutschen Neofaschismus,
der "Gesellschaft fuer freie Publizistik" Pate stand, ist
eine logische Fortsetzung seines Engagements im Sinne des NS.
Dass Ziesel ebenso Initiator der Deutschlandstiftung ist,
die erst juengst Kohl mit ihrem Adenauer-Preis beehrte, zeigt,
dass er zu den wichtigen Vertreter der sog. Braunzone
zwischen Neofaschismus und Konservatismus in der BRD zu
zaehlen ist. Der internationale Praesident der Paneuropa-Union,
Otto von Habsburg, der die Leserschaft des Westfalenblattes
regelmaessig auf einen Kurs hin zu einer neuen voelkisch
gepraegten Supermacht Europa einschwoert, ist ebenfalls ein
Verfechter einer Notstandsdiktatur. Im Falle eines
Staatsnotstandes waere das Wesentliche: "Alle Macht, ohne
Verzug, wird auf neun Monate an eine einzige Person
uebertragen". Diese Person gelte es auf einer Geheimsitzung
des Bundestages zu waehlen, schlug Habsburg in den 70ern vor.

Mit Geschichtsklitterung
fuers Vaterland


Wer Vaterlandsliebe foerdern will darf vor Luegen bzgl. der
deutschen Geschichte nicht zurueckschrecken und so fehlen
auch geschichtsrevisionistische Positionen im Westfalenblatt
nicht. In einer Artikelreihe Mitte letzten Jahres wurde
unter ueberschriften wie: "Die Rote Armee stand insgeheim
Gewehr bei Fuss", "Kreml praeparierte Mythos vom deutschen
ueberfall" oder "Eroberungsplaene (Stalins, a.d.A.) als
Reaktion auf Angriff getarnt" der ueberfall der Sowjetunion
durch die deutsche Wehrmacht vom Geschichtsrevisionisten
Ernst Topitsch in Abrede gestellt. Verbunden war diese
Artikelserie mit einer Eigenwerbung fuer den Verlag des
Herausgebers des Westfalenblattes, dem Verlag Busse-Seewald
in Herford, denn dort war Ernst Topitschs Buch "Stalins
Krieg" erschienen.

Veranstaltungshinweise
fuer Faschisten


Selbstverstaendlich bleibt es im Westfalenblatt nicht allein
bei Eigenwerbung, wenn es um die Stuetzung des konservativen
bis neofaschistischen Lagers in der BRD geht. Im
redaktionellen Teil des Westfalenblattes findet man ebenso
Ankuendigungen fuer Tagungen des Studienzentrums Weickersheim,
in dem sich z.B. Autoren der Jungen Freiheit als
Protagonisten der neofaschistischen Szene, und gestandene
Konservative, wie z.B. der ehem. Leiter des Studienzentrums
und NS-Marinerichter Hans Filbinger zu gemeinsamen Tagungen
treffen. Auch fuer Tagungen des Collegiums Humanum des
Vlothoer Altfaschisten W.G. Haverbeck wurde im
Westfalenblatt geworben. Letztmalig fuer eine Tagung zum
Thema Geopolitik, also jener Pseudo-Wissenschaft, mit der im
NS deutsche Weltmachtansprueche legitimiert werden sollten.

Die Aktivitaeten des Westfalenblattes resuemierend bleibt
festzustellen, dass sie mit einer Ruege durch den Presserat
noch gut bedient wurden. Eine Anklage wegen Volksverhetzung
und eine Einstufung als verfassungsfeindliche Publikation
wuerden die Positionen, die hier geaeussert werden ebenso gut
hergeben.

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