trend PARTISAN.net
online
archiv

1998

Rubrik
Dies & das


aus *UZ* unsere zeit, Zeitung der DKP, Nr. 9

Politischer Erfahrungsaustausch
Vertreter der Bezirksvorstände aus Hamburg und Berlin

Zum politischen Erfahrungsaustausch trafen sich im Januar
Vertreter der Bezirksvorstände der DKP aus Hamburg und
Berlin an der Spree.


Gemeinsam mit Karl Eduard von Schnitzler wurde eingangs eine
Grundsatzdiskussion geführt, in der nach Gründen und Ursa- chen
für die historische Niederlage von 1989 gesucht wurde: Fehler
in der Politik der KPdSU, der SED, im kulturellen und
ökonomischen Bereich der sozialistischen Staaten, eine Un-
terschätzung der verschiedenen Varianten imperialistischer
Einflußnahme, die zunehmende Verankerung revisionistischer
Positionen auch in der Politik der Kommunistischen Parteien und
eine ungenügende politische Auseinandersetzung mit
sozialdemokratischen Positionen.

Manche Position aus der Diskussion war umstritten, Einigkeit
bestand aber darin, heute, fast 50 Jahre nach der Gründung der
DDR, diesen großen historischen Versuch für eine sozia-
listische Entwicklung in Deutschland argumentativ zu vertei-
digen und sich antikommunistischen Geschichtsfälschungen zu
widersetzen.

In der Diskussion wurde mehrfach die Position geäußert, daß die
in der DKP begonnene Sozialismus-Debatte über den Par- teitag
hinaus fortgesetzt werden müsse. Zahlreiche Fragen seien erst
andiskutiert, manche Position noch nicht veröf- fentlicht.
Andere GenossInnen vertraten die Auffassung, daß wir mit den
Sozialismus-Vorstellungen viel stärker auch in die öffentliche
Auseinandersetzung müssen.

Den Kern der Begegnung in Berlin bildete dann ein politi-
scher Erfahrungsaustausch zwischen Mitgliedern der Bezirks-
vorstände aus den beiden städtischen Metropolen. Eingeschätzt
wurde, daß die Möglichkeiten für eine Stärkung der Partei sich
angesichts der ökonomischen und politischen Polarisierungen in
der Gesellschaft wieder verbessert hät- ten, es aber bisher an
entsprechenden Konzeptionen in der gesamten Parteiarbeit
mangele. Viel diskutiert wurde die Frage, wie die Parteiarbeit
heute wieder so zu gestalten sei, daß insbesondere auch jüngere
Menschen gewonnen werden können.

In diesem Zusammenhang wurde unterstrichen, daß sich das
gesamte Niveau unserer Politik - außerparlamentarische Teil-
nahme an gesellschaftlichen Kämpfen, Öffentlichkeitsarbeit, die
Erarbeitung von landes- und kommunalpolitischen Positio- nen u.
a. - deutlich verbessern müsse. Besonderes Gewicht habe dabei
die Frage, wie die Partei gerade in ihren Be- zirks- und
Kreisorganisationen politisch handlungsfähiger werde. Ebenfalls
wurde eine stärkere Unterstützung für die Jugendverbände SDAJ
und AMS gefordert.

Gründlich diskutiert wurde dann das komplizierte politische
Verhältnis zur PDS, insbesondere im Wahljahr 1988. Da käme es
darauf an, im Wahlkampf, z. B. in solchen Großstädten wie
Hamburg und Berlin, deutlicher präsent zu sein, sich massiv
einzumischen. Aus Hamburg kam der Vorschlag, den Wahlkampf in
der Bundeshauptstadt auch als eine Angelegenheit für die
gesamte Partei zu betrachten. Die Absicht, 1998 einen Bei- trag
dafür zu leisten, daß die PDS wieder im Bundestag ver- treten
sei, sei politisch und aus den aktuellen Kämpfen begründet.

Gerade dies erfordere aber, diesen Wahlkampf unsererseits
als eigenständigen Wahlkampf zu führen, auch mit eigenen
Materialien, mit unserem politischen Profil als revolutio- näre
Partei. Unser Eintreten für Veränderungen in der Bun-
despolitik könne deshalb auch nicht heißen, auf die Kritik
falscher Positionen, auch dann, wenn sie aus der PDS auf-
tauchen, wie z. B. in manchen Fragen der Friedenspolitik, zu
verzichten. Die DKP, so verschiedene GenossInnen, dürfe gerade
1998 in ihrer Politik nicht unglaubwürdig werden. Dort, wo es
politisch sinnvoll ist, sollte gegebenenfalls auch mit
Wahlkreiskandidaturen eingegriffen werden.

Zum Schluß wurde vereinbart, regelmäßiger zum Erfahrungs-
austausch zusammenzutreffen, sich gegenseitig, etwa mit dem
Austausch von ReferentInnen, zu unterstützen, die Beteili- gung
in außerparlamentarischen Bündnissen, zum Beispiel im
Antifa-Bereich, zu intensivieren und dort Zusammenarbeit zu
entwickeln.

Die Begegnung endete mit der gemeinsamen Teilnahme an einer
Kundgebung in der Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals, die dort
anläßlich des 65. Jahrestages der letzten, bereits illegalen
Tagung des ZK der KPD stattfand, an der Ernst Thälmann noch
teilnahm.

Andreas Grünwald