trend PARTISAN.net
online
archiv

1997

Rubrik
1.Mai
Berlin: Aufruf zur 1.Mai-Demonstration 1997 um 13 Uhr ab Rosa-Luxemburg-Platz Berlin-Mitte

Heraus zum revolutionären 1. Mai!

Auch dieses Jahr wird es wieder einen revolutionären 1.Mai geben. Für uns bieten die HERRschenden Verhältnisse Gründe genug, den Kampf für eine klassenlose und HERRschaftsfreie Gesellschaft zu organisieren und am 1. Mai unser revolutionäres Anliegen offensiv auf die Straße zu bringen.

Kein Friede mit dem Imperialismus !

Der deutsche Imperialismus ist seinem Ziel, weltweit eine Führungsposition einzunehmen, in den letzten Jahren ein wesentliches Stück nähergekommen: Bundeswehreinsätze in Kambodscha, am Golf, in Somalia, auf dem Balkan und jüngst in Albanien markieren die Militarisierung der Außenpolitik. Durch geschicktes taktisches Vorgehen wird erfolgreich versucht, diese Bestrebungen beim Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte weltweit ideologisch abzusichern.

Der kapitalistisch organisierte Weltmarkt und die von den kapitalistischen Zentren ausgehende Ausbeutung und Unterdrückung macht Milliarden Menschen zum Spielball der Interessen des Kapitals. Die Folgen sind Elend, Vertreibung, Krieg, Hunger und Tod. Abgesichert durch IWF und Weltbank setzt sich diese Abhängigkeit durch.

¾ der Menschheit lebt in Armut, dabei trifft es Frauen ganz besonders : sie verrichten 2/3 aller Arbeit, erhalten aber nur ein Zehntel des Einkommens. Pro Tag verhungern 50000 Kinder, es profitieren Banken und Konzerne sowie ein Teil der Bevölkerung in den Metropolen. Doch selbst hier nehmen Armut und Verelendung zu. Innerhalb der verelendenden Trikont-Ländern leben die HERRschenden Eliten im Reichtum, profitieren von dem Pakt mit dem Kapitalismus.

Deutsche Waffen werden auch weiterhin reaktionären Regimen und Folterstaaten wie der Türkei zur Verfügung stehen, um strategische Interessen der BRD zu sichern. Doch zehntausende KurdInnen demonstrieren immer wieder gegen den mit deutscher Unterstützung geführten Krieg des türkischen Militärs in Kurdistan und wehren sich gegen Verbot, Kriminalisierung und Abschiebung.

Die ökologische Zerstörung kommt aus den kapitalistischen Zentren !

Die Ausplünderung des Trikont führt zur Monokultur, Regenwaldzerstörung, klimatischen Veränderungen, Wüstenausbreitung und Bodenerosion. Banken, Chemiekonzerne und die Atomindustrie verseuchen Menschen, Wasser, Luft und Boden im Trikont und hier. Die TäterInnen sitzen in den kapitalistischen Zentren, von hier aus gehen die (öko)imperialistischen Raubzüge für den rohstoffverschlingenden, verschwenderischen Kapitalismus aus. Die Atomindustrie ist in der Offensive und verhindert u.a. durch den Aufkauf von Patenten die Nutzung von regenerativen Energien. In Garching bei München wurde mit dem Bau des Forschungsreaktors FRM II begonnen, der mit hochangereichertem Uran betrieben werden soll, das atombombentauglich ist. In Gorleben setzen Staat und Atomkapital gegen einen breiten und militanten Widerstand mit aller Härte Atommülltransporte durch.

Gentechnologie beseitigt nicht kapitalistische Zerstörung sondern stellt eine unkontrollierbare Destruktivkraft dar. Sie sichert den imperialistischen Ländern Vorteile im Machterhalt, um z.B. über manipuliertes Saatgut die Menschen im Trikont noch abhängiger werden zu lassen.

Ein weiterer (öko)imperialistischer Aspekt wird in Zukunft die Begründung von Militärinterventionen durch den Sicherheitsbegriff "Ökologie" sein. Eine neue militärische Kategorie, die - gegen den Trikont eingesetzt - sich in konkreten Plänen für "Grünhelm"-Einheiten äußert.

Gegen die rassistische Normalität angehen !

Die Welt ist heute geteilt in kleine Wohlstandsenklaven und riesige ausgeplünderte Gebiete. An den Grenzen der kapitalistischen Zentren werden Flüchtlinge und MigrantInnen, die vor diesen Strukturen fliehen, selektiert. Nur wer verwertbar ist, darf herein. Die westlichen Wohlstandsenklaven verschließen vor der Masse ihrer Opfer die Grenzen: mit Abschiebungen, Sammellagern, Schnellverfahren - eben dem alltäglichen Terror gegen Flüchtlinge. Der rassistische Normalzustand ist Konsens in breiten Schichten der Bevölkerung. Die damit verbundene Benachteiligung und Diskriminierung von MigrantInnen und Flüchtlingen findet v.a. in der BRD ihren schärfsten Ausdruck in massenhaften Angriffen und Brandanschlägen. Eine Selbstorganisierung von MigrantInnen und Flüchtlingen zur Erkämpfung ihrer politischen und sozialen Rechte wird daher auch weiterhin notwendig sein, genauso, wie sich linke Solidarität zu diesen Kämpfen entwickeln sollte.

Gegen den Klassenkampf von oben !

Was in der rassistischen Kampagne gegen Flüchtlinge funktioniert, wird jetzt fortgesetzt in der nationalistischen Kampagne für den "Standort Deutschland". Alte, Kranke, Behinderte und Erwerbslose werden als SchmarotzerInnen diffamiert, weil ihre Arbeitskraft nicht oder nicht optimal ausgebeutet werden kann. Sie gelten als überflüssiger Ballast und werden in Armut und Obdachlosigkeit gedrängt. Die Arbeitslosigkeit nimmt rapide zu, Soziale Projekte werden weggekürzt. Während die Profite der Konzerne steigen, sollen ausgerechnet die "den Gürtel enger schnallen", die sowieso immer zu wenig hatten. Lehrlinge, SchülerInnen, Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen gehen auf die Straße, ArbeiterInnen protestieren gegen die Verschlechterungen ihrer Lebenssituation, wie jüngst die Berg- und Kohlearbeiter.

Kampf dem Patriarchat !

Sozialabbau und Verarmung treffen vor allem Frauen besonders, reaktionäre Frauenbilder fassen wieder Fuß. Die Familie wird wieder verstärkt als "Keimzelle des Staates" propagiert, um Frauen auf die ihnen zugewiesene Rolle als Hausfrau und Mutter einzuschwören. Frauen leisten die (unbezahlte) Reproduktionsarbeit und müssen als Doppelbelastung unter schlechteren Bedingungen als Männer ihre Arbeitskraft verkaufen. Ihnen wird die Selbstbestimmung über ihren Körper abgesprochen, durch den §218 werden sie kriminalisiert. Der alltägliche Sexismus gegen Frauen in dieser von Männerdominanz geprägten Gesllschaft nimmt zu. Die patriarchale Struktur durchzieht die feinsten Winkel dieser Gesllschaft.

Deshalb organisieren Frauen sich eigenständig und setzen sich gegen patriarchale Unterdrückung zur Wehr ! Denn von Männern, die nicht mit der von ihnen ausgeübten HERRschaft brechen, haben sie nichts zu erwarten!

Schluß damit!

Gerade hier in Berlin werden die Folgen der HERR-schenden Politik besonders deutlich. Die Stadt soll für den Regierungsumzug "gesäubert" werden. Zur Durchsetzung von Räumungen der letzten besetzten Häuser und Wagenburgen wurde General Schönbohm herangezogen. 25 öffentliche Plätze wurden in Berlin zu "gefährlichen" Orten erklärt, an denen durch ein spezielles "Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz" (ASOG) sämtliche Persönlichkeitsrechte außer Kraft gesetzt sind. Betroffen sind überwiegend Menschen, die nicht ins Stadtbild der HERRschenden passen. Obdachlose und Junkies werden vertrieben und MigrantInnen sehen sich rassistischen Diskriminierungen und Praktiken ausgesetzt. Die Durchsetzung von "Recht und Ordnung" im öffentlichen Raum wird immer mehr von privaten Sicherheitsdiensten übernommen. Das beste Beispiel dafür ist die BVG, die darüber hinaus vielen Menschen durch rapide Fahrpreiserhöhungen die Mobilität nimmt.

Soziale Projekte, darunter Frauenprojekte, werden massiv gestrichen.

Kampf der Umstrukturierung! Raus auf die Strasse !

Widerstand organisieren !

Die Politik der HERRschenden wird nicht ohne jeglichen Widerstand hingenommen . Daher soll innenpolitisch jetzt wieder ein anderer Wind wehen. Der Polizei- und Überwachungsstaat wird aufgerüstet. Ob gegen den Widerstand gegen die Castor-Transporte, gegen antifaschistischen Widerstand, bei der Räumung besetzter Häuser, wo Menschen für kollektives Zusammenleben statt Vereinsamung in Mietskasernen kämpften und kämpfen, bei Newroz-Festen und anderen kurdischen politischen Aktivitäten, bei der Kriminalisierung linker Diskussions- und Organisationsstrukturen, wie z.B. bei der "radikal". Bundesweit werden Wohnungen durchsucht, poli-tische Zusammenhänge überwacht und nach angeblichen Mitgliedern von Gruppen wie K.O.M.I.T.E.E. und A.I.Z. gefahndet. In den Knästen sind hunderte von kurdischen politischen Gefangenenen inhaftiert, ebenso noch immer Gefangene aus der RAF und dem Widerstand.

Für eine befreite Gesellschaft!

Den HERRschenden ist zur Erreichung ihres Ziels je-des Mittel recht. Im Wettlauf um die Führungsrolle der BRD in Europa und der Welt bleibt für reformistische Parteien und Gewerkschaften nur noch wenig Platz. Inzwischen nehmen sie noch nicht mal mehr ihre traditionellen Rollen im Rahmen einer "Sozialpartnerschaft" wahr, sondern machen sich z.B. mit dem "Bündnis für Arbeit" zu aktiven Erfüllungsgehilfen für Kapitalinteressen. Ihnen kommt lediglich die Aufgabe zu, die Auswirkungen der imperialistischen Politik etwas abzumildern, zu verschleiern und in der Konsequenz Unruhen wie in Frankreich 95/96 zu verhindern. Wenn sie den "sozialen Frieden" gefährdet sehen, dann bangen die HERRschenden in erster Linie um ihre eigene Sicherheit, ihre Macht, die sie durch die aufflammenden Kämpfe dahinschwinden sehen. Durch Wahlen und Hoffnungen auf den Parlamentarismus wird sich jedenfalls nichts Grundlegendes ändern.

Nur durch eine revolutionäre Veränderung und eine emanzipatorische Politikform revolutionärer Bewegungen kann eine soziale, gerechte Gesellschaft für die gesamte Menschheit erreicht werden. Dies kann weder von oben angeordnet noch mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden. Eine solcher Prozeß benötigt die Förderung von Eigenverantwortung , Selbstbestimmung und Entwicklung des Bewußtseins.

Dies ist u.a. ein Grund dafür, weshalb wir zu einer eigenständigen Demo ab R.L.-Platz aufrufen.

Der Bruch mit kapitalistischer Ausbeutung ist unabdingbar um freie, umfassende Bildung für alle und einen selbstbestimmten Arbeitsprozeß, der sich an den Bedürfnissen der Menschen und nicht an Profitinteressen ausrichtet zu gewährleisten, nur so wird die hemmungslose Zerstörung der Natur ein Ende haben können. Die Beseitigung sexistischer und rassistischer Unterdrückung ist notwendig, um eine wirklich befreite, gleichberechtigte Gesellschaft zu schaffen.

Für dieses Ziel gehen am 1.Mai weltweit Menschen auf die Straße. Noch laufen viele dieser Kämpfe getrennt voneinander. Bringen wir sie zusammen und führen wir sie gemeinsam weiter !

Demobündnis Rosa-Luxemburg-Platz

( Fax 030/6153869)

Verhindert Faschoaktivitäten ! Erkundigt euch ab 25.4. beim Infotelefon (030/6157329) über Gegenaktionen und werdet aktiv!

Gegen Ausbeutung und Unterdrückung !

Es gibt keine Alternative zur Revolution!

Zusammen kämpfen !

1.Mai 97, 13 Uhr

Rosa-Luxemburg-Platz Berlin