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1997

Rubrik
1.Mai
1.Mai Debatte

Aus Interim: 406

Thema: l. Mai, Stalinisten, Kisten und Schubladen, autonome Schubladen.

I see it al1 now, now I see what you 're after. Das ist die wohl richtige englische Übersetzung aus meinem Wörterbuch von "Nachtigall, ick hör dir trapsen. "
Ich gehöre wohl auch zu den "linksradikalen Zusammenhängen" in denen "der Versuch unternommen wird, Fehler der eigenen Politik zu reflektieren..." Frosch und Qualle haben jedoch diesen Prozeß offensichtlich bereits abgeschlossen und gehen nun in die Offensive, weil sie wissen wo's langgeht; und ein autonomes Politik-Machen ist dabei auch bereits in Sicht, nach dem Motto: Der Haupfeind steht in den eigenen Reihen.

Oder hat die Revolution etwa tatsächlich, wie Ihr schreibt, richtigerweise "immer etwas mit Gesellschaft zu tun"?!

Also im Ernst. Euer Schreibstil - und häufig ist von der Form auch auf den Inhalt zu schließen - ist schon ziemlich reißerich, zynisch, wenig emanzipatorisch bis autoritär. (Nur einige Beispiele: "muß einmal mehr gesagt sein", "höchstgradig kontraproduktiv, "unter derart "konterrevolutionärem" Vorzeichen", "mit den GULAG- Aufsehern von morgen" "gemeingefährlichen idealistischen "Pragmatismus" "inhaltshohle, verlogene Sache") Das ist das glatte Gegenteil von dem, was ihr postuliert.

Auch ich bin auf autonomen Demos bereits von der RIM mit dem Knüppel angegriffen worden, aber dafür mache ich doch nicht die autonomen OrganisatorInnen verantwortlich. Ich frage euch, was ist genau passiert, als Stalin-Plakate während der LLL-Demo geklebt wurden. Die völlig überzogene Assoziation demnächst "im roten Block vermutlich auf der Stelle erschossen zu werden" ist wohl eher eurer Phantasie entsprungen, der ein traditioneller Anti-Kommunismus zugrundeliegt oder sogar eine politologische "Totalitarismustheorie". Die Antifa -Akti on in Berlin kann nicht einfach mit Stalinisten und/oder der RIM in einen Topf geworfen werden. Es fehlt wohl eher eine genauere Auseinandersetzung mit ihren Inhalten und ihrer Bündnispolitik. Sie für die "weitere Ghettoisierung und politische Einflußlosigkeit dieser Ziele und Inhalte" gemeint ist die autonome, emanzipatorische Politik) verantwortlich zu machen, ist dagegen absurd. Wäre hierbei nicht eher die anfangs hochgelobte Reflektion der eigenen Politik incl. Fehlern angebrachter ?

Den angeblichen "Grundsatz" keine Einmischung in fremde Kieze" stelle ich so auch in Frage. Warum hier einen Regionalismus vertreten, wenn doch viele auch aus dem Westen seit Jahren in Ostberlin wohnen und leben. In der Antifa-Aktion Berlin sind außerdem sicherlich auch Leute aus der Ex-DDR oder aus anderen Ländern organisiert. Dürfen die nicht in Mitte oder in Prenzelberg demonstrieren. Wer ist so fremd? Einen ritualisierten schwarzen Block unterstütze ich schon aus ganz persönlichen Gründen nicht, aber warum der Antïfa Aktion unterstellen sie praktiziere keine Militanz und was habt ihr dabei für einen beschränkten, eingeschränkten Militanzbegriff im Kopf?

Warum soll es ihnen nur um ein "Pop-Ereignis" gehen, womit ihr impliziert, daß es euch selbst - in Abgrenzung zu ihnen - um Ernsthaftigkeit und "wirkliches Interesse an einem politischen 1.Mai in Berlin" geht?

Bleibt das "Prinzip Hoffnung", daß sich Leute von niemandem irgendwohin "Jagen lassen", auch nicht in euer "Bockshorn".

"Es ist nicht die Zeit, um wunschlos zu sein, die Entbehrenden denken auch gar nicht daran. Sie träumen davon, daß ihre Wünsche einmal erfüllt werden. Sie träumen davon, wie die Redensart heißt, bei Tag und bei Nacht, also nicht nur bei Nacht." Ernst Bloch
Das Huhn & der Karpfen.