(12. August 1953)
Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band V, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1978, S.113-122
|113| Unsere Konferenz war erfolgreich, und Ministerpräsident Tschou hat eine gute Zusammenfassung gegeben.
Es ist jetzt klar, daß es seit den Bewegungen gegen die „drei Übel“ und die „fünf Übel“ in der Partei zwei Arten von Fehlern gibt, die ihrem Wesen nach verschieden sind. Die einen sind gewöhnliche Fehler, wie zum Beispiel die „fünf Übertreibungen“, Fehler, die jederzeit jedem unterlaufen können; die „fünf Übertreibungen“, also die „fünf Zuviel“, können sich auch in „fünf Zuwenig“ verwandeln. Die anden sind Fehler prinzipieller Natur, zu diesen gehört z. B. die Tendenz zum Kapitalismus. Diese sind eine Widerspiegelung der bürgerlichen jdeologie innerhalb der Partei und entspringen einem dem MarxismusLeninismus entgegengesetzten Standpunkt.
Die Bewegungen gegen die „drei Übel“ und die „fünf Übel“ haben der bürgerlichen Ideologie innerhalb der Partei schwere Schläge versetzt. Aber das bürgerliche Denken wurde damals nur insoweit schwer angeschlagen, als es in Korruption und Verschwendung zum Ausdruck kam; nicht abgerechnet wurde bisher mit dem bürgerlichen Denken, wie es sich in Fragen der Parteilinie manifestiert. In dieser Erscheinungsform findet man es nicht nur im Bereich Finanzen und W irtschaft, sondern auch in Politik und Justiz, in Kultur und Bildungswesen und in anderen Arbeitsbereichen, und zwar sowohl bei Genossen der zentralen Ebene als auch bei Genossen der örtlichen Ebenen.
Die Fehler in der Finanz- und Wirtschaftsarbeit wurden vom letzten Dezember an, als Genosse Bo Yi-bo sein neues Steuersystem der "Gleichberechtigung öffentlicher und privater Unternehmen “[1] vorstellte bis zu unserer jetzigen Konferenz einer scharfen Kritik unterzogen.
|114| Dieses System hätte, wenn es weiter praktiziert worden wäre, unvermeidlich vom Marxismus-Leninismus und von der Generalinie der Partei für die Übergangsperiode weg zum Kapitalismus geführt.
Wohin soll die Übergangsperiode führen, zum Sozialismus oder zum Kapitalismus? Die Generallinie der Partei schreibt den Übergang zum Sozialismus vor. Dieser Übergang erfordert eine ziemlich lange Periode des Kampfes. Anders als im Fall von Dschang Dsi-schan [2] ist der Fehler, der mit dem neuen Steuersystem begangen wurde, eine Frage der Ideologie, eine Frage der Abweichung von der Generallinie der Partei. Wir müssen einen Kampf gegen die bürgerlichen Ideen in der Partei entfalten. Ihrer ideologischen Haltung nach teilen sich die Parteimitglieder in drei Kategorien: Einige Genossen stehen fest und unerschütterlich und sind in ihrem Denken Marxisten-Leninisten; eine große Anzahl von Genossen hat im wesentlichen eine marxistisch-leninistische Gesinnung, hat sich aber von nicht-marxistisch-leninistischen Ideen anstecken lassen; mit einer kleinen Anzahl steht es nicht gut, ihr Denken ist nicht marxistisch-leninistisch. In der Kritik an Bo Yi-bos falschen Ideen sagten manche, seine Fehler entsprängen dem kleinbürgerlichen Individualismus; das ist nicht ganz richtig. In erster Linie muß er seiner bürgerlichen Ideen wegen kritisiert werden, die dem Kapitalismus nützen und dem Sozialismus schaden. Nur eine solche Kritik ist richtig. „Links“opportunistische Fehler, sagten wir schon früher, sind eine Widerspiegelung des kleinbürgerlichen Fanatismus innerhalb der Partei; sie traten in Zeiten des Bruchs mit der Bourgeoisie auf. In den drei Perioden der Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie, also in der Periode der erstmaligen Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, in der Periode des Widerstandskrieges gegen Japan und in der gegenwärtigen Periode, war es immer die bürgerliche Ideologie, deren Einfluß einige Leute in der Partei ins Wanken brachte. Auch Bo Yi-bos Fehler kam unter solchen Bedingungen zustande.
Bo Yi-bos Fehler ist kein Einzelfall. Solche Fehler findet man nicht nur auf zentraler Ebene, man findet sie genauso auf der Ebene der Verwaltungsgroßregionen und der der Provinzen und Städte. Jede Verwaltungsgroßregion, jede Provinz und jede Stadt sollte eine Sitzung einberufen und ihre Arbeit im Lichte des Beschlusses der 2. Plenartagung des VII. Zentralkomitees der Partei und der Ergebnisse der gegenwärtigen Konferenz überprüfen, um die Kader zu erziehen.
Kürzlich machte ich eine Reise
nach Wuhan und Nanking; ich habe dabei vieles erfahren, und das war sehr
nützlich. In Peking erfahre
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ich
praktisch nichts, deshalb werde ich weiterhin von Zeit zu
Zeit auf Reisen gehen. Das zentrale Leitungsorgan ist eine
Fabrik, die Ideen produziert. Wenn sie nicht weiß, was auf den Unteren Ebenen
vor sich geht, wenn ihr die Rohstoffe oder Halbfabrikate fehlen, wie kann sie
dann produzieren? Manchmal liefern die örtlichen Organe schon Fertigprodukte,
dann braucht das zentrale Leitungsorgan sie nur im ganzen Land zu verbreiten.
Nehmen wir die Bewegungen gegen die alten und die neuen „drei Übel“
[3] als
Beispiel. Beide wurden von örtlichen Behörden initiiert. Die der Zentrale
unterstellten Abteilungen geben willkürlich Direktiven aus. Was von diesen
Abteilungen kommt, sollte eigentlich von erstklassiger Qualität sein, ist aber
tatsächlich minderwertig, es gibt sogar große Mengen völlig wertlosen Ausschuß
darunter. Die leitenden Organe der Verwaltungsgroßregionen und der Provinzen
und Städte sind die örtlichen Ideenfabriken, und sie sind ebenfalls
verpflichtet, erstklassige Produkte zu liefern.
Bo Yi-bos Fehler ist eine Widerspiegeiung der bürgerlichen Ideologie. Er nützt dem Kapitalismus, schadet dem Sozialismus und Halbsozialismus und steht im Gegensatz zum Beschluß der 2. Plenartagung des VII. Zentralkomitees der Partei.
Auf wen sollen wir uns stützen? Auf die Arbeiterklasse oder auf die Bourgeoisie? Der Beschluß der 2. Plenartagung des VII. Zentralkomitees hat schon längst klargestellt: „Wir müssen uns von ganzem Herzen auf die Arbeiterklasse stützen.“ Der Beschluß führt weiter aus, daß in der Frage der Wiederherstellung und Entwicklung der Produktion die Regel lautet: An erster Stelle steht die Produktion der staatlichen Industrie, an zweiter die der Privatindustrie und an dritter die des Handwerks. Der Schwerpunkt ist die Industrie und innerhalb der Industrie die Schwerindustrie, die staatlich ist. Von den fünf Wirtschaftssektoren, die es gegenwärtig bei uns gibt, ist der staatliche der führende. Die kapitalistische Industrie und der kapitalistische Handel müssen schrittweise in Richtung Staatskapitalismus geführt werden.
Der
Beschluß der 2. Plenartagung stellt fest, daß das Lebensniveau der Arbeiter und
anderen Werktätigen auf der Grundlage einer gesteigerten Produktion gehoben
werden muß. Menschen mit bürgerlichen Ideen messen diesem Punkt keine Bedeutung
bei, und Bo Yi-bo ist in dieser Hinsicht typisch. Wir müssen das Schwergewicht
auf die Entwicklung der Produktion legen, aber beides, die Entwicklung der Produktion
und die Erhöhung des Lebensniveaus des Volkes, im Auge behalten. Für sein
materielles Wohlergehen muß etwas getan werden, aber weder zu viel noch
überhaupt nichts. Es gibt gegenwärtig immer
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noch
eine Anzahl von Kadern, die das Wohlergehen des Volkes nicht interessiert und
die sich nicht im geringsten um seine Nöte kümmern. In der Provinz Kueitschou hat
ein Regiment den Bauern eine große Fläche Ackerland weggenommen. Das war eine
schwerwiegende Verletzung der Interessen des Volkes. Es ist falsch, sich nicht
um das Wohlergehen des Volkes zu kümmern, aber das Schwergewicht muß auf die
Produktion und den Aufbau gelegt werden.
Auch die Frage der Nutzung, Einschränkung und Umgestaltung des kapitalistischen Sektors der Wirtschaft hat die 2. Plenartagung sehr klar dargelegt. Der Beschluß spricht davon, daß die privatkapitalistische Wirtschaft sich nicht ungehemmt ausbreiten darf und in verschiedener Hinsicht eingeschränkt werden muß - in ihrem Tätigkeitsfeld, durch die Steuerpolitik, die Marktpreise und die Arbeitsbedingungen. Das Verhältnis zwischen der sozialistischen und der kapitalistischen Wirtschaft ist ein Verhältnis zwischen Führendem und Geführtem. Einschränkung und Widerstand gegen die Einschränkung ist im neudemokratischen Staat die Hauptform des Klassenkampfes. Das neue Steuersystem spricht von der „Gleichberechtigung öffentlicher und privater Unternehmen“; das ist eine Abweichung von der Linie, daß die staatliche Wirtschaft der führende Sektor ist.
Über den genossenschaftlichen Zusammenschluß der individuellen Bauernwirtschaften und Handwerksbetriebe drückt sich der Beschluß der 2. Plenartagung klar aus:
Solche Genossenschaften sind kollektive Wirtschaftsorganisationen der werktätigen Massen auf der Grundlage des Privateigentums, die von der vom Proletariat geführten Staatsmacht gelenkt werden. Die kulturelle Rückständigkeit des chinesischen Volkes und sein Mangel an genossenschaftlicher Tradition wird uns bei der Ausbreitung und Entwicklung der Genossenschaftsbewegung große Schivierigkeiten bereiten; doch wir können solche Organisationen schaffen, und wir müssen sie schaffen, verbreiten und entwickeln. Gäbe es nur einen staatlichen Sektor der Wirtschaft und keinen genossenschaftlichen, dann könnten wir die Einzelwirtschaften der Werktätigen nicht schrittweise zur Kollektivierung führen, dann wäre es nicht möglich, vom neudemokratischen Staat zum sozialistischen Staat der Zukunft fortzuschreiten, dann könnte die führende Position des Proletariats in der Staatsmacht nicht gefestigt werden.
Dieser
Beschluß wurde im März 1949 verabschiedet,
aber es gibt immer noch eine ganze Reihe von Genossen, die bisher keine Notiz
von ihm
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genommen
hnben und denen nun das längst Bekannte als das Neueste vom Neuen erscheint. In
seinem Artikel „Verstärkt die politische Arbeit der Partei auf dem Lande“
schrieb Bo Yi-bo, es sei „eine haltlose Illusion“, daß der Weg der Einzelbauern
über gegenseitige Hilfe und genossenschaftlichen Zusammenschluß zur
Kollektivierung führe, „denn die bestehenden Gruppen der gegenseitigen Hilfe
können sich, da sie auf der Einzelwirtschaft beruhen, nicht schrittweise zu Kollektivfarmen
entwickeln, und noch weniger wird man auf diesem Weg zur Kollektivierung der
ganzen Landwirtschaft gelangen“. Das widerspricht dem Beschluß der Partei.
Es gibt derzeit zwei Einheitsfronten, zwei Bündnisse. Das eine ist das Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft, dieses ist das Fundament. Das andere ist das Bündnis der Arbeiterklasse mit der nationalen Bourgeoisie. Die Bauern sind Werktätige, keine Ausbeuter, das Bündnis der Arbeiterklasse mit ihnen ist ein langfristiges Bündnis. Dennoch gibt es zwischen Arbeiterklasse und Bauernschaft Widersprüche. Wir müssen die Bauern, unter Beachtung des Prinzips der Freiwilligkeit, schrittweise vom individuellen zum kollektiven Eigentum führen. Auch zwischen staatlichem Eigentum und kollektivem Eigentum wird es in der Zukunft Widersprüche geben. Diese Widersprüche sind alle nichtantagonistisch. Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie dagegen ist antagonistisch.
Die Bourgeoisie wird bestimmt
versuchen, Leute zu korrumpieren, sie mit „in Zucker gehüllten Geschossen“ zu
beschießen. Die Bourgeoisie hat zweierlei zuckerumhüllte Geschosse, solche
materieller und solche ideeller Natur. Eines der ideellen Zuckergeschosse hat
sein Ziel getroffen - Bo Yi-bo. Bo
Yi-bo beging seinen Fehler, weil er dem Einfluß der bürgerlichen Ideologie
erlegen war. Die Bourgeoisie applaudierte zu dem Leitartikel, der das neue
Steuersystem propagierte, und das wiederum freute Bo Yi-bo. Bevor er das neue
Steuersystem einführte, hatte er zuerst die Bourgeoisie nach ihrer Meinung
gefragt und mit ihr ein Gentleman‘s Agreement abgeschlossen, hatte es aber
versäumt, das Zentralkomitee zu informieren. Das Handelsministerium und der
Bund der Versorgungs- und Absatzgenossenschaften waren damit nicht
einverstanden, und auch das Ministerium für Leichtindustrie war unzufrieden.
Von den 1 100 000 Kadern und Angestellten in den Bereichen Finanzen, Wirtschaft
und Handel ist die überwiegende Mehrheit gut, nur eine Meine Anzahl ist es
nicht. Diejenigen, die nicht gut sind, kann man wieder in zwei Kategorien
einteilen: Konterre
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volutionäre,
die hinausgesäubert gehören, und Revolutionäre, ob Parteimitglieder oder
nicht, die Fehler gemacht haben und denen man durch Kritik und Erziehung helfen
muß, sich zu ändern.
Um den Sieg der sozialistischen Sache sicherzustellen, müssen wir in der gesamten Partei, in erster Linie aber in den Leitungsgremien der Partei, der Regierung und Armee und der Massenorganisationen auf zentraler Ebene, auf der Ebene der Verwaltungsgroßregionen und der der Provinzen und Städte die falsche Tendenz des Rechtsopportunismus, das heißt, die bürgerliche Ideologie in der Partei, bekämpfen. Die Verwaltungsgroßregionen, die Provinzen und Städte sollten zu geeigneter Zeit Konferenzen unter Einbeziehung der Bezirksparteisekretäre und Kommissare [4] abhalten, um die Kritik und Diskussion in Gang zu setzen und die Frage der zwei Wege, des sozialistischen und des kapitalistischen, zu klären.
Um den Sieg des Sozialismus sicherzustellen, müssen wir die kollektive Führung verwirklichen und Dezentralismus wie Subjektivismus bekämpfen.
Gegenwärtig müssen wir den
Subjektivismus bekämpfen, sowohl in der Form des blinden Draufgängertums als
auch in der Form des Konservatismus. In den Jahren der neudemokratischen Revolution
kamen sowohl rechte als auch „linke“ subjektivistische Fehler vor. Tschen
Du-hsiu und Dschang Guo-tao begingen rechte Fehler und Wang Ming zuerst „linke“
und dann rechte. Die Ausrichtungsbewegung in Yenan konzentrierte sich auf die
Bekämpfung des Dogmatismus und bekämpfte daneben auch den Empirismus. Beides,
Dogmatismus wie Empirismus, sind Formen des Subjektivismus. Wenn die Theorie
nicht mit der Praxis verbunden wird, kann eine Revolution nicht siegen. Die
Ausrichtungsbewegung löste damals dieses Problem. Wir taten richtig daran, den
Kurs „Aus früheren Fehlern lernen, um künftige zu vermeiden; die Krankheit
bekämpfen, um den Patienten zu retten“ einzuschlagen. Mit der diesmaligen
entschiedenen und gründlichen Kritik an Bo Yi-bo soll nichts anderes erreicht
werden, als daß diejenigen, die Fehler begangen haben, ihre Fehler berichtigen
und daß der siegreiche Vormarsch des Sozialismus sichergestellt wird. Jetzt
haben wir die Periode der sozialistischen Revolution, und immer noch gibt es
Subjektivismus. Draufgängertum und Konservatismus, beides wird der Realität
nicht gerecht, beides ist subjektivistisch. Die Revolution und der Aufbau
können nicht erfolgreich sein, wenn der Subjektivismus nicht überwunden wird.
In den Jahren der demokratischen Revolution war der Fehler des Subjektivismus
mit der Methode
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der
Ausrichtung korrigiert worden, so daß die gesamte Partei -
die Genossen, die der korrekten Linie gefolgt waren, und
die, die Fehler begangen hatten - geeint
wurde. Von Yenan aus brachen die Genossen zu verschiedenen Kriegsschauplätzen
auf, und die ganze Partei errang,
geeint wie ein Mann, den Sieg im Landesmaßstab. Heute, wo unsere
Kader reifer und ihr politisches Niveau höher geworden ist,
steht zu hoffen, daß es nicht allzu lange Zeit dauern wird, bis sie ihre
Leitungstätigkeit vom Subjektivismus im großen und ganzen befreit haben und ihr
Bemühen, das Subjektive mit dem Objektiven in Einklang zu bringen, Erfolg
zeitigt.
Der Schlüssel für die Lösung all dieser Probleme ist die Festigung der kollektiven Führung und die Bekämpfung des Dezentralismus. Wir haben den Dezentralismus seit je bekämpft. Die Direktive des Zentralkomitees an seine Regionalbüros und an die Armeekommandeure vom 2. Februar 1941 legte fest, daß alle Rundtelegramme, Erklärungen und innerparteilichen Direktiven, die für das ganze Land von Bedeutung sind, zuerst dem Zentralkomitee zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Im Mai erließ das Zentralkomitee eine Direktive, in der es dazu aufrief, die gesamte Außenpropaganda der verschiedenen Stützpunktgebiete zu vereinheitlichen. Am 1. Juli desselben Jahres, zum 20. Jahrestag der Gründung der Partei, faßte das Zentralkomitee einen Beschluß zur Stärkung des Parteigeistes mit dem Schwergewicht auf der Bekämpfung des Dezentralismus. Im Jahre 1948 erließ es weitere Direktiven in diesem Sinne. Am 7. Januar erteilte es eine Direktive üiber die Einrichtung eines Systems der Berichterstattung und im März eine zusätzliche Direktive dazu. Das Politbüro verabschiedete auf seiner Tagung im September desselben Jahres eine Resolution über die Regelung der Berichterstattung an das Zentralkomitee und des Einholens von Instruktionen beim Zentralkomitee. Am 20. September faßte das Zentralkomitee einen Beschluß über die Stärkung des Systems des Parteikomitees. Am 10. März 1953 beschloß es, sich mehr um die Anleitung der Regierungsarbeit zu kümmern, um der Gefahr vorzubeugen, daß Regierungsabteilungen sich seiner Führung entziehen.
Zentralisation und
Dezentralisation befinden sich in einem permanenten Widerspruch zueinander.
Der Dezentralismus hat, seit wir in die Städte einzogen, zugenommen. Damit dieser
Widerspruch gelöst wird, müssen alle prinzipiellen und wichtigen Angelegenheiten
zuerst von den Parteikomitees diskutiert und beschlossen werden, bevor die
Regierung zur Ausführung schreitet. Solche wichtigen Beschlüsse wie die
Errichtung des Denkmals der Helden des Volkes auf dem Tiänan-
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men-Platz
und das Abreißen der Stadtmauer von Peking zum Beispiel wurden vom
Zentralkomitee getroffen und von der Regierung ausgeführt. Fragen von
zweitrangiger Bedeutung können den leitenden Parteigruppen der
Regierungsabteilungen überlassen werden. Es geht nicht, daß das Zentralkomitee
alles monopolisiert. Der Kampf gegen den Dezentralismus wird breiteste
Zustimmung finden, weil den meisten Genossen in der Partei an der kollektiven
Führung gelegen ist. Nach ihrer Haltung zur kollektiven Führung lassen sich
drei Kategorien von Parteimitgliedern unterscheiden. Die erste Kategorie ist
sehr bemüht um eine kollektive Führung. Die zweite Kategorie kümmert sich
nicht sonderlich darum und ist der
Meinung, das Parteikomitee täte am besten daran, sie in Ruhe zu lassen; aber
wenn es denn sein muß, hat sie auch nichts gegen eine Kontrolle. „Laßt mich am
besten in Ruhe“ zeigt Mangel an Parteigeist; „nichts gegen eine Kontrolle
haben“ zeigt, daß immerhin noch ein gewisses Maß an Parteigeist vorhanden ist.
An dieses „nichts gegen eine Kontrolle haben“ müssen wir bei solchen Genossen
anknüpfen, und wir müssen ihren Mangel an Parteigeist durch Überzeugungs- und
Erziehungsarbeit überwinden. Sonst würde jedes Ministerium seinen eigenen Weg
gehen, und das Zentralkomitee könnte die einzelnen Ministerien, die Minister
könnten ihre Abteilungsund Amtsleiter, die Leiter der Unterabteilungen ihre
Sektionsleiter nicht mehr kontrollieren. Kurz, keiner könnte mehr keinen
kontrollieren, und als Ergebnis hätten wir überall unabhängige Königreiche und
Hunderte von Fürsten. Bei der dritten Kategorie handelt es sich um eine
Handvoll. Diese Leute lehnen die kollektive Führung stur ab und wollen nichts,
als in Ruhe gelassen zu werden. Der Beschluß zur Stärkung des Parteigeistes
betont die strenge Beachtung der Disziplin des demokratischen Zentralismus, mit
anderen Worten, die Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit, des
Einzelnen unter die Organisation, der unteren Instanz unter die obere und der
gesamten Partei unter das Zentralkomitee (ein Fall der Unterordnung der Mehrheit
unter die Minderheit, weil diese Minderheit die Mehrheit repräsentiert). Man
soll seine Meinung äußern, aber die Einheit der Partei zu unterminieren ist
eine höchst schändliche Sache. Nur das Vertrauen in die politische Erfahrung
und die Weisheit des Kollektivs garantiert, daß die Führung von Partei und
Staat korrekt ist und die Reihen der Partei unauflösbar fest geschlossen
bleiben.
Liu Schao-tschi sagte auf dieser
Konferenz, daß er einige Fehler gemacht habe, und auch Genosse Deng Hsiao-ping
sagte, er habe einige Fehler gemacht. Wer auch immer einen Fehler begeht, muß
Selbstkritik
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üben,
und ausnahmslos jeder muß sich der Aufsicht der Partei und der Führung der
Parteikomitees der verschiedenen Ebenen unterstellen. Das ist die
Grundbedingung für die Erfüllung der Aufgaben der Partei. Es gibt im ganzen
Land Leute - und es sind
nicht wenige -‚ die bei
Anarchie gedeihen. Bo Yi-bo ist so einer. Er ist politisch und ideologisch in
bestimmtem Maße korrumpiert, und es ist absolut notwendig, ihn zu kritisieren.
Ein letzter Punkt. Wir müssen immer bescheiden, bereit zu lernen und beharrlich sein.
Wir müssen beharrlich sein. Im Krieg des Widerstands gegen die USA-Aggression und der Hilfe für Korea zum Beispiel haben wir den USA-Imperialisten schmerzhafte Schläge versetzt, so daß ihnen der Schreck in die Glieder fuhr. Das war günstig für den Aufbau unseres Landes, ja, es war eine wichtige Bedingung für ihn. Und das Wichtigste war, daß unsere bewaffneten Kräfte gestählt wurden, daß die Kämpfer ihre Tapferkeit und die Kommandeure ihre Findigkeit entfalten konnten. Es ist wahr, wir hatten Verluste an Menschen und hatten Kosten; wir haben den Preis bezahlt. Aber wir scheuten keine Opfer; was wir einmal in Angriff genommen haben, führen wir zu Ende. Als Hu Dsungnan das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia angriff, zogen wir nicht aus diesem Gebiet ab, obwohl uns nur noch eine Kreisstadt geblieben war. Es machte uns auch nichts aus, von Blättern zu leben, wenn es sein mußte. Diese Art von Unerbittlichkeit brauchen wir.
Wir müssen lernen, dürfen nicht
eingebildet werden oder auf andere herabschauen. Gänseeier halten sich für
etwas Besseres als Hühnereier, Schwarzmetalle schauen auf seltene Metalle
herab. Geringschätzigkeit dieser Art ist unwissenschaftlich. Obwohl China ein
großes Land und unsere Partei eine große Partei ist, gibt es für uns keinen
Grund, auf kleine Länder oder kleine Parteien herabzuschauen. Wir müssen immer
bereit sein, von den Völkern der Bruderländer zu lernen, und echten
Internationalismus beweisen. Im Außenhandel sind manche Leute arrogant und
überheblich, das ist falsch von ihnen. In der ganzen Partei muß
Erziehungsarbeit geleistet werden, insbesondere unter den Personen, die ins
Ausland gehen. Wir müssen angestrengt studieren und hart arbeiten, um innerhalb
von 15 oder etwas mehr Jahren die
sozialistische Industrialisierung und die sozialistische Umgestaltung unseres
Landes im wesentlichen zu vollenden. Und selbst dann, wenn unser Land stark
geworden ist, müssen wir bescheiden bleiben und stets zu lernen bereit sein.
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Einige Bestimmungen, die die 2.
Plenartagung des VII. Zentralkomitees verabschiedet hat, sind nicht in den
Beschluß aufgenommen worden. Erstens soll das Geburtstagfeiern unterbleiben.
Durch Geburtstagfeiern läßt sich das Leben doch nicht verlängern. Das Wichtige
ist, seine Arbeit gut zu machen. Zweitens soll das Geschenkemachen
unterbleiben, zumindest in der Partei soll man es lassen. Drittens Toaste nur
auf
ein Minimum beschränken. Zu bestimmten Anlässen mögen sie angebracht sein.
Viertens das Applaudieren auf ein Minimum beschränken. Man soll es nicht
verbieten, und wenn die Massen aus Enthusiasmus klatschen, soll man sie nicht
mit kaltem Wasser übergießen. Fünftens Orte nicht nach Personen benennen.
Sechstens keinen chinesischen Genossen mit Marx, Engels, Lenin oder Stalin
gleichsetzen. Unser Verhältnis zu diesen ist das des Schülers zu seinen
Lehrern, und so soll es auch sein. Diese Bestimmungen zu beachten beweist wahre
Bescheidenheit.
Kurz gesagt, wir müssen bescheiden, lernwillig und beharrlich bleiben und am System der kollektiven Führung festhalten, um die sozialistische Umgestaltung zu vollenden und den Sozialismus zum Sieg zu führen.
ANMERKUNGEN
* Rede von Genossen Mao Tsetung auf der Nationalen Finanz- und Wirtschaftskonferenz inm Sommee 1953
1 Dieses neue Steuersystem wurde im Dezember 1952 vorgeschlagen und trat im Januar 1955 in Kraft. Obwohl dem Namen nach für die "Gleichberechtigung öffentlicher und privater Unternehmen“, erleichterte es in Wirklichkeit die Steuerlast für die privaten Industrie- und Handelsunternehmen und bürdete den staatlichen und genossenschaftlichen Betrieben mehr Steuern auf, daher begünstigte es auf Kosten der letzteren die Kapitalisten. Sobald Genosse Mao Tsetung seine Kritik vorgebracht hatte, wurde dieser Fehler korrigiert.
2 Dsehang Dsi-sehan war Sekretär des Bezirkskomitees Tientsin der Kommunistischen Partei Chinas gewesen. Korrumpiert von der Bourgeoisie, verkam er zu einem Veruntreuer großen Stils; er wurde in der Bewegung gegen die „drei Übel“ zum Tod verurteilt.
3 Mit der Bewegung gegen die alten „drei Übel“ ist der Kampf gegen Korruption, Verschwendung und Bürokratismus im Jahre 1951 gemeint, mit der Bewegung gegen die neuen „drei Übel“ der Kampf gegen Bürokratismus, Komrnandoallüren und Verletzungen von Gesetz und Disziplin im Jahre 1953.
4 Die Kommissare waren administrative Leiter der Kommissarbüros, welche Außenstellen der Volksräte der Provinzen und autonomen Gebiete waren und mehrere Kreise verwalteten.