Mao AW Band V

Mao Werke


Mao Tse-tung:

DER JUGENDVERBAND MUSS IN SEINER ARBEIT DIE BESONDERHEITEN DER JUGEND BERÜCKSICHTIGEN*
    (30. Juni 1953)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band V, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1978, S.104-110


|104| Die Rufe des Jugendverbandes nach Unabhängigkeit von der Partei gehören bereits der Vergangenheit an. Das heutige Problem mit dem Jugendverband ist ja, daß er zu wenig unabhängig aktiv ist, und nicht, daß er unabhängig sein will.

Der Jugendverband muß seine Aktivitäten mit den zentralen Auf­gaben der Partei koordinieren, aber gleichzeitig eigenständig und unabhängig tätig werden und dabei die Besonderheiten der Jugend berücksichtigen. 1952 habe ich bei einem Gespräch mit Genossen des Zentralkomitees des Jugendverbandes zwei Fragen aufgeworfen, die es überlegen sollte: erstens, wie die Partei die Arbeit des Jugendverbandes anleiten, und zweitens, wie der Jugendverband seine Arbeit leisten sollte. In beiden Fragen geht es unter anderem darum, daß man die Besonderheiten der Jugend berücksichtigen muß. In vielen Gebieten haben die Parteikomitees Zufriedenheit mit dem Jugendverband ausgedrückt, weil er seine Arbeit mit den von der Partei gestellten zentralen Aufgaben verbunden hat. Doch jetzt ist es an der Zeit, Unzufriedenheit zu äußern, nämlich Unzufriedenheit damit, daß es der Jugendverband versäumt hat, in einer Weise unabhängig aktiv zu werden, die den Besonderheiten der Jugend entspricht. Die führenden Organe der Partei und des Jugendverbandes müssen lernen, wie die Arbeit des Jugendverbandes anzuleiten ist. Und sie sollten, um die Massen der Jugendlichen zu organisieren und zu erziehen, beides gut meistern - sowohl die Koordinierung seiner Aktivitäten mit den zentralen Auf­
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Unter der Führung der Partei hat der Jugendverband in jedem Bereich der revolutionären Tätigkeit aktiv mitgewirkt und große Leistungen vollbracht. Ob in Fabrik oder Dorf, ob in Armee oder Schule, nirgends kann unsere revolutionäre Sache ohne die Jugend zum Erfolg geführt werden. Chinas Jugend ist sehr diszipliniert und hat alle ihr von der Partei gestellten Aufgaben erfüllt. Nun, da der Krieg in Korea zum Stillstand kommt und die Bodenreform abgeschlossen ist, verlagern wir den Schwerpunkt unserer Arbeit im Land auf dte sozialistische Umgestaltung und den sozialistischen Aufbau. Dnrum heißt es jetzt lernen. Der Jugendverband muß es verstehen, die Jugendlichen so zu führen, daß sie im Zusammenwirken mit den Älteren eine gute Arbeit leisten: in der Landwirtschaft auf dem Land, in der Industrie in den Städten, beim Lernen in den Schulen, bei der Büroarbeit und auch bei den Ubungen in den Armee-Einheiten, die der Verwandlung unserer nationalen Streitkräfte in eine moderne Armee dienen.

Die Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren müssen studieren und arbeiten; da sie aber in dieser Zeit körperlich wachsen, wäre es sehr gefährlich, wenn man nicht auf ihre Gesundheit achtete. Natürlich müssen sie mehr lernen als die Erwachsenen, denn sie müssen sich vieles aneignen, was die Älteren schon wissen. Aber man darf ihnen weder beim Studium noch bei der Arbeit zu viel aufhalsen. Besonders die Vierzehn- bis Achtzehnjährigen sollten nicht so intensiv wie Erwachsene arbeiten. Wie das so ist mit Jugendlichen, brauchen sie mehr Zeit für Spiel, Unterhaltung und Sport sonst sind sie nicht froh. Später werden sie sich verlieben und heiraten. All das unterscheidet sie von den älteren Leuten.

Ich möchte ein paar Worte an unsere jungen Leute richten: Erstens wünsche ich ihnen gute Gesundheit; zweitens wünsche ich ihnen Erfolg beim Studium; und drittens wünsche ich ihnen Erfolg bei der Arbeit.

Ich schlage vor, allen Studenten und Schülern eine zusätzliche Stunde zum Schlafen zu geben. Theoretisch haben sie heute acht Stunden Schlaf, aber in Wirklichkeit sind es nur sechs oder sieben, und die meisten spüren, daß das nicht genügt. Die jungen Leute in der Schule neigen zu Nervosität; oft können sie nur schwer einschlafen, und dann kommen sie nur schwer aus dem Bett. Unbedingt müssen neun Stunden Schlaf zur Regel gemacht werden. Eine Anweisung dazu ist zu erlassen und durchzusetzen, Diskussion unnötig. Laßt die Jugendlichen aus­reichend schlafen, und die Lehrer auch.
|106| Die Revolution hat viele schöne Dinge gebracht, aber auch eine Sache, die nicht so gut ist. Jeder ist überaktiv und übereifrig, so daß oft Übermüdung eintritt. Nun müssen wir dafür sorgen, daß alle, Ar­beiter, Bauern, Soldaten, Studenten, Schüler und Kader, gesund bleiben. Natürlich ist es nicht so, daß man automatisch gut lernt, wenn man bei guter Gesundheit ist. Dazu braucht es noch richtige Methoden.

Heute wird in der Unterstufe der Mittelschulen zu viel Zeit für den Unterricht aufgewendet; es empfiehlt sich, die Zahl der Stunden ange­messen einzuschränken. Es finden zu oft Aktivistensitzungen statt; auch diese sollten weniger werden. Sowohl dem Studium als auch Unterhaltung, Erholung und Schlaf muß volle Aufmerksamkeit ge­schenkt werden. Die jungen Arbeiter, Bauern und Soldaten lernen bei ihrer Arbeit, daher ist auch hier beides voll zu berücksichtigen: Arbeit und Studium auf der einen Seite, Unterhaltung, Erholung und Schlaf auf der anderen.

Wir müssen die Sache an beiden Enden fest anpacken, Studium und Arbeit bilden das eine, und Schlaf, Erholung, Unterhaltung das andere. Bisher haben wir nur das eine Ende fest in die Hand genommen, das andere aber überhaupt nicht oder wenn, dann nicht mit festem Griff. Jetzt kommt es darauf an, auch dieses Ende fest anzupacken, sich also um die Unterhaltung zu kümmern; sie braucht Zeit und Einrichtungen. Das Zentralkomitee der Partei hat beschlossen, die Zahl der Sitzungen und die fürs Studium vorgesehene Zeit zu verringern, und ihr müßt kontrollieren, ob dieser Beschluß auch verwirklicht wird. Stellt jeden zur Rede, der sich weigert, ihn durchzuführen.

Kurz gesagt, man muß dafür sorgen, daß die Jugendlichen gesund bleiben, gut lernen und erfolgreich arbeiten. Einige führende Genossen sind lediglich an der Arbeit der Jugendlichen interessiert, ihre Gesundheit ist ihnen gleichgültig. Ihr könnt ihnen das vorher Gesagte entgegenhalten. Ihr habt allen Grund dazu, denn ihr sollt die junge Generation schützen, damit sie gut heranwächst. Uns Älteren wurde vorenthalten, was uns zustand; die Erwachsenen bekümmerten sich nicht um ihre Kinder. Die Erwachsenen hatten einen Tisch zum Essen, die Kinder mußten ohne auskommen. In der Familie hatten die Kinder nichts zu sagen, und wenn sie weinten, waren ihnen Schläge sicher. Im neuen China von heute müssen wir es anders machen und mehr an die Interessen unserer Kinder und Jugendlichen denken.

Es müssen junge Kader in das Zentralkomitee des Jungendverbandes gewählt werden. Zur Zeit der Drei Reiche führte Tsao Tsao seine riesige Armee zum Yangtse, um das Königreich Wu in Ost-China anzu
|107| greifen. Dschou Yü, damals dem Alter nach noch ein „Jugendverbandsmitglied“, wurde zum Oberkommandierenden der Wu-Armee ernannt. Tscheng Pu und andere kampferprobte Generäle protestierten, wurden aber später überredet, sich seinem Kommando zu fügen, und schließlich wurde die Schlacht gewonnen. Nun wollen wir, daß die heutigen „Dschou Yü“ im Zentralkomitee des Jugendverbandes sitzen, aber man will nichts davon hören! Lauter ältere Leute sind Kandidaten für das Zentralkomitee des Jugendverbandes, viel zu wenig junge Leute sind darunter. Kann das so gehen? Natürlich können wir nicht allein nach dem Alter entscheiden, die Fähigkeiten zählen auch. Ursprünglich waren auf der Kandidatenliste für das Zentralkomitee des Jugendverbandes nur neun Genossen unter 30 Jahren zu finden, doch nachdem dann das Zentralkomitee der Partei diese Frage diskutiert hatte, erhöhte sich die Zahl auf über 60; das ist aber noch immer nur wenig mehr als ein Viertel aller Kandidaten. Beinahe drei Viertel sind über 30, und doch beklagen sich einige Genossen, daß diese Zahl nicht groß genug sei. Ich aber denke, es ist völlig genug damit. Einige Genossen sagen, man könne nicht sicher sein, daß all diese über 60 jungen Leute in jeder Hinsicht kompetent sind. Wir sollten volles Vertrauen in unsere jungen Leute haben; die meisten von ihnen werden sich ihren Aufgaben ge­wachsen zeigen. Mag sein, daß sich einige wenige als unfähig erweisen, aber davor braucht man sich nicht zu fürchten, denn sie können in späteren Wahlen ersetzt werden. Wenn man so verfährt, wird die Hauptorientierung nicht falsch sein. Die Jugendlichen sind uns nicht unterlegen. Alte Leute haben mehr Erfahrung, das ist natürlich ein Vorteil, aber sie bauen physisch allmählich ab, sie sehen nicht mehr so gut, hören nicht mehr so gut wie früher, und ihre Glieder sind nicht so flink wie die der Jungen. Das ist ein Naturgesetz. Man muß die Genossen überzeugen, die diese Auffassung nicht teilen.

Der Jugendverband soll die Besonderheiten der Jugend berücksichtigen und sein eigenes Tätigkeitsfeld haben, muß sich aber gleichzeitig der Führung durch das Parteikomitee der entsprechenden Ebene unterordnen. Das ist nichts Neues, das ist seit langem so und seit je ein Grundsatz des Marxismus. Man muß von der Realität ausgehen. Jugend ist Jugend, warum sonst sich mit einem Jugendverband abgeben? Junge Menschen sind anders als ältere, Mädchen anders als Burschen. Laßt ihr diese Besonderheiten außer acht, werdet ihr euch von den Massen loslösen. Jetzt habt ihr neun Millionen Verbandsmitglieder, doch wenn ihr die Besonderheiten der Jugend ignoriert, dann
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In seiner Arbeit muß der Jugendverband auf die Mehrheit seiner Mitglieder Rücksicht nehmen und zugleich den Fortgeschrittenen unter ihnen Aufmerksamkeit widmen. Das mag einige der fortgeschrittenen Elemente nicht zufriedenstellen, denn sie möchten, daß der Verband strengere Anforderungen an alle Mitglieder stellt. Das wäre nicht richtig, davon müßt ihr sie überzeugen. Der Statutenentwurf des Jugendverbandes enthält zu viele Pflichten, aber zu wenig Rechte. Da muß es ein bißchen mehr Spielraum geben, damit die Mehrheit mithalten kann. Ihr solltet das Hauptaugenmerk auf die Mehrheit richten und nicht nur auf die Minderheit schauen.

Euer Statutenentwurf sieht vor, ein Mitglied als freiwillig ausgeschieden zu betrachten, wenn es vier Monate lang nicht an den regelmäßigen Zellensitzungen teilgenommen hat; das ist zu streng. Selbst das Parteistatut spricht von sechs Monaten, könnt ihr es nicht ebenso halten? Legt im Statut nichts fest, was unmöglich durchzuführen ist oder was zwar für eine Million Mitglieder möglich, aber für die übrigen acht Millionen unmöglich ist. Die Prinzipien müssen auf flexible Weise angewandt werden. Zwischen dem, was sein sollte, und dem, was ist besteht ein Unterschied. Es braucht Jahre, um bestimmte Artikel unserer Gesetze wirklich durchzusetzen. Viele der Artikel im Ehegesetz zum Beispiel haben programmatischen Charakter, sie vollständig in die Tat umzusetzen wird mindestens eine Zeit von drei Fünfjahrplänen erfordern. Der Artikel „Kein Gerede hinter dem Rücken“, obwohl im Prinzip richtig, braucht nicht im Statut niedergelegt zu werden. Die Bekämpfung des Liberalismus ist eine langfristige Aufgabe, er existiert auch in der Partei in nicht gerade geringem Maße. Ihr mögt zwar alle üble Nachrede verbieten, aber ihr könnt sie nicht wirklich verhindern. Zieht die Grenzen nicht zu eng; das Wesentlichste ist, klar zwischen uns und dem Feind zu unterscheiden.

Prestige erwirkt man sich nur allmählich. Es gab eine Zeit, da waren in der Armee Leute, die Spottlieder über andere machten. Wir haben das weder verboten noch untersucht, und doch ist unsere Armee deswegen nicht zusammengebrochen. Wir haben nur einige wenige, aber dafür wesentliche Dinge fest in die Hand genommen, zum Beispiel haben wir die drei Hauptregeln der Disziplin und die acht Punkte zur Beachtung durchgesetzt; so wurde unsere Armee schrittweise auf den richtigen Weg geführt. Die echte Bewunderung der Massen für ihre Führer rührt allein aus den Erfahrungen, die sie in der revolutionä-
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Die allgemeine Aufgabe der Partei für die Übergangsperiode ist es, binnen drei Planjahrfünften die sozialistische Industrialisierung und die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft, des Handwerks, der kapitalistischen Industrie und des kapitalistischen Handels im wesentlichen zu vollenden. Drei Fünfjahrpläne bedeuten eine Zeit von fünfzehn Jahren. Ein kleiner Schritt jedes Jahr, das macht einen großen alle fünf Jahre; drei solch große Schritte, und wir haben es nahezu geschafft. „Im wesentlichen vollenden“ heißt eben nicht gänzlich vollenden. Wenn wir von „im wesentlichen vollenden“ sprechen, wählen wir eine vorsichtige Ausdrucksweise; es ist in dieser Welt immer besser, bei allem vorsichtig zu sein.

Gegenwärtig ist Chinas Landwirtschaft im großen und ganzen Einzelwirtschaft, sie muß schrittweise sozialistisch umgestaltet werden. Beim Weitertreiben der Bewegung der gegenseitigen Hilfe und des genossenschaftlichen Zusammenschlusses in der Landwirtschaft muß am Prinzip der Freiwilligkeit festgehalten werden. Sie nicht weiterzutreiben würde auf den kapitalistischen Weg führen, wäre also eine Rechtsabweichung. Sie zu rasch voranzutreiben geht auch nicht, das würde „Links“abweichung bedeuten. Die Bewegung muß eben Schritt um Schritt tun, wobei für jeden Schritt eine gute Vorbereitung notwendig ist. Wir sind immer dagegen gewesen, eine Schlacht zu schlagen, wenn wir nicht gut vorbereitet und des Sieges nicht sicher waren; und wir waren dagegen, wenn wir zwar vorbereitet, aber dennoch nicht
|110| sicher waren, sie auch zu gewinnen. Als wir gegen Tschiang Kai-schek kämpften, begingen einige Leute anfangs subjektivistische Fehler; doch später, als dieser Subjektivismus durch eine Ausrichtungsbewegung überwunden war, gingen wir als Sieger hervor. Die Schlacht, die wir heute schlagen, ist die Schlacht für den Sozialismus; wir kämpfen für die Vollendung der sozialistischen Industrialisierung und der sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft, des Handwerks, der kapitalistischen Industrie und des kapitalistischen Handels. Das ist die allgemeine Aufgabe, die dem Volk des ganzen Landes gestellt ist. Was nun die Frage betrifft, wie sich der Jugendverband in die Durchführung dieser allgemeinen Aufgabe einschalten kann, so solltet ihr angemessene Leitlinien festlegen, die den Besonderheiten der Jugend Rechnung tragen.

ANMERKUNGEN:

*       Ansprache von Genossen Mao Tsetung beim Empfang für das Präsidium des II. Nationalkongresses des Neudemokratischen Jugendverbandes Chinas.

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