a) Die BRD ist Standort zentraler Kommandostäbe der USA- Streitkräfte
Europa in Stuttgart, Heidelberg und Wiesbaden. Dort operieren entsprechende Führungsstäbe
der militärischen Geheimdienste und ihnen nachgeordnete Einheiten und
Dienststellen.
b) Beispiel Landstreitkräfte: Viele kennen evtl. die Begriffe MI
(Military Intelligence), CIC (Counter Intelligence Corps), ASA (Army Security
Agency) in verschiedenen Versionen.
Anfang der 80er Jahre gab es Bemühungen, diese unterschiedlichen
Richtungen einer geheimdienstlichen Tatigkeit für die Interessen des Heeres
zu vereinen und damit einen effektiven Geheimdienst aufzubauen. Er sollte
folgende Anforderungen erfüllen:
1. Nutzung von allen geheimdienstlichen Quellen und analytische Zusammenführung
aller Informationen aus diesen Quellen;
2. Bearbeitung der Informationen auf der Basis moderner EDV Anlagen mit dem
Ziel, den Kommandeuren Lagebil der möglichst in Echtzeit anzubieten;
3. Ausbau der Systeme zur Erfassung und Bewertung von Indikatoren für
den Spannungsfall;
4. effektive Vorbereitung des Übergangs auf die Kriegsstrukturen und
Erprobung aller geheimdienstlichen Mittel und Methoden für den Kriegsfall ;
z.B. die Mittel der elektronischen Kampfführung, aber auch der Einsatz von
Fernspäh-Gruppen, von E-Fall-Funkern und nicht zuletzt die Überroll-Gruppen
(Stay-Behind).
Im Ergebnis dieser Aktivitäten entstand das
Intelligence and Security Command (INSCOM):
Das Führungsorgan von INSCOM ist in Heidelberg beim Europa-Kommando des
Heeres (USAREUR) stationiert. Ein zentraler Stab war bisher in München in
der McGraw-Kaserne als 66th MI-Group tätig, er wurde nach Augsburg verlegt.
Per 31.12.1985 waren bei INSCOM-Einheiten in der BRD und Westberlin 4.460
Mitarbeiter beschäftigt. Die Hauptrichtungen der Tatigkeit sind:
- Geheimdienstliche Unterstützung aller militärischen Planungen
des Heeres für den Kriegs-schauplatz Europa.
- Nutzung aller Mittel der elektronischen Aufklärung (SI-GINT = Signal
Intelligence)
- Nutzung menschlicher Quellen (HUMINT = Human Intelligence; umfaßt
den Einsatz aller menschlicher Quellen, vom Geheimdienst-Offzier z.B. als Militärattaché
bis zum Agenten).
Schwerpunkt-Arbeit mit Agenten:
In jedem Geheimdienst der Teilstreitkräfte existieren große
Struktureinheiten, die für die Werbung und Führung von Agenten für
die Militärspionage zuständig sind. Selbst der Marine-Geheimdienst
(Naval Intelligence Command - NIC) unterhielt - fern von den Meeren - in
Augsburg und Westberlin solche Dienststellen. Militärspione wurden durch
die US-Geheimdienste von Anfang an im großen Umfang eingesetzt.
Massenwerbungen sind ein Charakteristikum - und auch bis zuletzt, obwohl es in
den Führungen der Geheimdienste immer Auseinandersetzungen um die
Relationen Technik - Mensch gab.
Entwicklung und Ausbau der Fernmelde/Elektronischen Aufklärung
(FmEloAufkl)
Bis vor einigen Jahren gehörte der zentrale Geheimdienst der USA für
die fernmeldetechnische und elektonische Spionage, die NATIONAL SECURITY AGENCY
- NSA, zu den großen Geheimnissen der USA.
Die Aufgaben dieses Zweiges der Aufklärung sind:
- Erfassung und Auswertung aller elektromagnetischen Abstrahlungen (SIGINT).
Sie umfaßt: COMINT (Communications Intelligence): vom Satellitenfunk bis
zum Fernschreiber/ Faxgerät; ELINT (Electronic Intelligence):
charakteristische Abstrahlungen von Waffen- und Waffen leitsysternen, Computern;
- Brechen fremder Codes, Dechiffrierungen
- Schutz der eigenen Nachrichtenverbindungen.
Unter der fachlichen Aufsicht der NSA agieren spezielle Dienste aller
Teilstreitkräfte:
Landstreitkräfte: INSCOM
Ihre größeren Dienststellen sind z.B.
- Field Station Augsburg/Gablingen (größte Wullenweber
Kreisantennenanlage) 1985: 1.814 Mitarbeiter
- Field Station Berlin/Teufelsberg (aufgelöst) 1985: 795 Mitarbeiter
(INSCOM-Personal); dazu Personal der Luftwaffe und eine britische Einheit (26.
Signal Unit).
Luftwaffe: Electronic Security Command - ESC
Europa-Division in Ramstein; mit Einheiten in Augsburg, Bad Aibling,
Flughafen Hahn, Flughafen Lindsey (Wiesbaden) und Sembach; in Westberlin die
690th Electronic Security Wing ( 1990) mit Stab in Tempelhof, Anlagen in
Marienfelde und Teilen im Teufelsberg.
Marine: Naval Security Group - NSG
Europa - Stab in London; Außenstelle in Augsburg
Wertung:
Das Informationsaufkommen aus der Fm/Elo-Spionage der westlichen
Geheimdienste, einschließlich der britischen und französischen
Einheiten (und der BND-Aktivitäten), war so umfassend und in der Regel
tagesfertig (Echtzeitaufkommen), daß damit für bestimmte Bereiche die
aufwendige Werbung und Steuerung von Agenten (die zudem immer das Risiko von
Gegenmaßnahmen trugen) eingeschränkt werden konnte.
Dienststellen mit besonderen Aufgaben (zur Abrundung):
- US Army Russian Institute in Garmisch-Partenkirchen: Ausbildung von
Geheimdienstoffzieren für Einsatz in osteuropäischen Ländern;
- Befragungswesen mit einem großes Zentrum in München (Außenstellen
in den Aufnahmelagern Gießen, Zirndorf, Friedland), enge Kooperation mit
BND und in Westberlin. Hauptaufgabe ist die umfassende nachrichtendienstliche
Befragung von Flüchtlingen/Übersiedlern und Bearbeitung sogenannter Rückverbindungen
(d.h. Bemühungen, diese als Agenten zu werben).
- Post- und Telefonkontrolle in Westberlin: Army Special Operations Field
Office Berlin - Standort: Tempelhof. Eine Besonderheit ist: bis 1990 oblag den
Alliierten diese Funktion in Westberlin. Selbst das Landesamt für
Verfassungsschutz u.a. deutsche Stellen mußten Antrag bei den USA stellen
und erhielten die Ergebnisse (auch "vorsortiert"?) von diesen.1990 kam
es übrigens zu einer Vielzahl von Arbeitsrechtsklagen, da die vorwiegend
deutschen An gestellten eine Übernahme zum Verfassungsschutz anstrebten.
Der britischen Dienst unterhielt in Westberlin das Observationskommando "CHARLY",
dessen Einsatz vorrangig gegen sowjetische Vertreter in ganz Berlin gerichtet
war.
Militär-Uerbindungs-Missionen (Military Liaison Mission) bestanden in
Potsdam bzw. Neufahrland.
Die Central Intelligence Agency (CIA) in Deutschland
Auch in der BRD bedient sich die CIA der traditionellen Etablierung von
Auslandsresidenturen in diplomatischen Vertretungen. Darüber hinaus geben
ihr die militärischen Einrichtungen Schutz und Tarnung für spezielle
Dienststellen. Ihre Hauptaufgaben waren die politische, wirtschaftliche und
militärische Spionage gegen die Sowjetunion, die DDR und die anderen
Warschauer-Vertrag-Staaten.
Frankfurt/Main
Seit 1945 wird das IG-Hochhaus (Abrams-Building) am Grüneburg-Platz von
den USA genutzt. Dort und in weiteren Dienststellen sind operative Strukturen
und technische Dienste der CIA disloziert, die Funktionen für die
Aufgabenstellungen in ganz Osteuropa wahrnehmen.
Außerdem sind im Raum Frankfurt die Telekommunikations-Einrichtungen
zur Verbindung mit dem CIA-Head-Quarter (HQ) stationiert. Hier operieren oft
auch spezielle Einsatzgruppen - z.B. für den arabischen Raum (es gab z.B.
einige Jahre eine spezielle Libyen-Gruppe, die mit hochrangigen CIA-Spezialisten
besetzt war; sie erfüllte evtl. besondere Aufgaben der Terrorabwehr).
Stuttgart
In den 80er Jahren wurde eine zentrale Führungsstelle für Europa
beim Hauptquartier der USA-Streitkräfte für Europa (USEUCOM) in
Stuttgart-Vaihingen unter der Bezeichnung "Plans and Analysis Staff"
festgestellt.
Residentur Bonn
Die Residentur hatte 120 Planstellen. Sie nutzte jahrelang als Tarnung die
Bezeichnung: "Office of Coordinator and Adviser - OCA". Eine
Auslandsresidentur dieser Größe ist gegliedert wie eine Abteilung:
- Leiter-Resident (genannt: Chief of Station - COS); er ist de facto
akkreditiert bei den Geheimdiensten des Gastlandes;
- Stellvertreter für operative Aufgaben - Referat Abwehr
- zwei Referate für operative Aktivitäten (DDR und Sowjetblock)
- Referat Berichtswesen/Information
- Referat Administration
- Verbindungsstäbe zu den Geheimdienst der BRD (Referat Liaison) und zu
den militärischen Geheimdiensten der USA.
Residentur Westberlin
Bis 1973 gingen alle Aktivitäten .gegen Ostberlin und die DDR allein
von Westberlin aus; mit der Einrichtung der USA-Botschaft in der DDR erfolgte
eine Teilung. In Westberlin arbeitet ein Teil der Mitarbeiter unter
diplomatischer Abdeckung der US-Mission, ein anderer Teil unter der militärischen
Tarnung "U.S. Army Field System Office - USAFSO".
Das Schema der Tarnbezeichnungen war auch hier nicht sonderlich kreativ: Der
Resident hatte die Bezeichnung: Special Advisor to the Commander Berlin Brigade
und sein Stellvertreter die Tarnung: Special Advisor to the Minister (=
Botschafter) . Solche Stereotype in den Tarnungen erleichterten der
Gegenspionage der DDR die Identifizierung.
Außenstellen in den Generalkonsulaten
Die Leiter der Außenstellen werden als Chief of Bases bezeichnet und
alle nutzten ebenfalls seit Jahren die Tarnung OCA.
Wichtige Basen in der BRD waren:
- Hamburg: bis Anfang 70er Jahre Hauptausgangspunkt der Werbung und
Steuerung von Agenten gegen die DDR;
- Frankfurt/Main: zentrale Funktion bei Operationen in Osteuropa;
- München: Uerbindungsstab zum BND; Operationen Richtung Südosteuropa,
Kontakte zu den Sendern Radio Free Europe/Radio Liberty
CIA-Residentur in der DDR ab 1973
Mit der Errichtung von Botschaften der westlichen Staaten in Berlin/DDR
begann auch die Installierung von Geheimienst-Residenturen unter diplomatischer
Abdeckung. Die Besonderheit bestand darin, daß die Mitarbeiter nach wie
vor Westberlin als operatives, technisches und privates Hinterland nutzen
konnten (d.h. Vorbereitung, Auswertung und Berichterstattung über
nachrichtendienstliche Aktionen erfolgten immer in Westberlin - damit für
die Abwehr weniger Angriffspunkte). Die CIA war in der DDR mit 6 - 7
Mitarbeitern vertreten, sie waren alle diplomatisch akkreditiert. Auffällig
war, daß relativ häufig Frauen eingesetzt wurden (auch das Referat
DDR im CIA-HQ hatte eine Chefin) und Ehepaare gemeinsam/arbeit steilig
Geheimoperationen durchführten.
In 80er Jahren gab es eine starke Konzentration auf Gesprächsaufklärung
und Abschöpfkontakte in zwei Grundrichtungen:
- mit offìziellen Stellen: Partei, Staat, Wissenschaft und Kultur
- mit oppositionellen Kräften: Kirche, Friedensgruppen.
Insbesondere die letztgenannten Kontakte erbrachten der CIA ein hohes
Informationsaufkommen zu speziellen Seiten der Entwicklung in der DDR (nicht
immer ein objektives Bild).
Die Bereitwilligkeit der Gesprächspartner, jede Information zu übergeben
und auch taktische Orientierungen entgegenzu nehmen, enthob die CIA von der
Notwendigkeit, hier mit klassischen nachrichtendienstlichen Mitteln der
Agentenwerbung vorzugehen. (Beispiel: Der Mitarbeiter der CIA-Residentur Imre
Lipping führte Kontakte mit Ralf Hirsch und R.Eppelmann).
Diese Entwicklung führte dazu, daß in der Struktur der
CIA-Auslandsresidentur in der DDR eine deutliche Teilung zwi schen Mitarbeitern
zur Agentenführung und Mitarbeitern für Gesprächsaufklärung
stattfand und die personelle Besetzung deutlich zugunsten der Gesprächsaufklärer
verändert wurde. Außerdem wurde dieser Teil durch Angehörige des
Geheimdienstes des Außenministeriums (Bureau of Intelligence and Research
- INR) und durch häufig einreisende Mitarbeiter des Analysebereichés
der CIA-Zentrale verstärkt. Besonders in der Abschöpfarbeit kam es zu
einem intensiven Zusammenwirken der CIA-Mitarbeiter mit Angehörigen der
Auslandsresidenturen der britischen und französischen Geheimdienste in der
DDR (Lipping z.B. tauschte sich fast täglich mit seinen britischen und
französischen Partnern aus).
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