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KOSOVO Antikriegsseite


Zum Begriff des "revolutionaeren Defaitismus"
Die Jour-Fixe-Initiative Bahamas und ihre Deutschtuemelei....

Eine Vor-Anmerkungen zu ihrer Veranstaltung, deren Thesen sie auf einem Flugblatt zu Papier brachten:

Von einem kommen sie doch nicht los, die Bahamas[-Anti-]Nationalist/innen: ihre Deutschtuemelei in negativer Form, d.h. ihr Anti-Nationalismus ist lediglich eine Anti-Deutschtuemlei. Bei ihnen ist "Deutschland" sogar bereits da, wo die Herren der Macht der BRD gern waeren: an der Spitze der NATO... : "Das nach den Schreckensjahren 1989/90 einschneidenste Ereignis ist eingetreten: Deutschland fuehrt Krieg. Einen Krieg, der als hausgemacht deutscher gelten darf, auch wenn beim Ausueben des konkreten Mordens Deutschland unter der Aegide der Nato nicht alles selber organisieren kann."

Freilich kriegen die Herren der Macht in Deutschland diesmal wesentlich mehr und auch williger mit als 1991 gegen den Irak und haben in ihrer Kriegstreiberei gegen Jugoslawien ordentlich mitgemacht und mitangestiftet, aber dass die Verbrechen der herrschenden Klasse der USA und z.B. Englands samt ihrer KriegERkaste kritiklos ungewuerdigt bleiben, faellt auf. Sind sie im "Schwarzen Loch" bei "Bahamas" verschwunden? Gibt es keinen Kampf mehr um Welthegemonie zwischen rivalisierenden Gruppen des Kapitals/Nationen mehr, sondern wieder mal nur noch "boese" Deutsche? Tatsaechlich: auch sie kennen keine Klassen mehr, sondern nur noch Deutsche. Dass es dieses "Deutschland" so gar nicht mehr gibt - zumindest wenn man sich die Produktionsbasis anschaut (wie es fuer Materialist/innen ueblich ist), ist ihnen ebenso verborgen geblieben, wie dass die US-Regierung in ihrer Rolle als (noch) Welthegemonialkraft und Weltpolizist eine hoechst kriegerische Kraft ist. Bei ihnen schmilzt alles auf ihren haesslichen Bauchnabel "Deutschland" zusammen, ueber den sie nicht hinausblicken koennen. Genauso, wie ihr Saeulenheiliger Adorno in seiner "negativen Dialektik" wieder bei der Metaphysik landet - und folgerichtig anno 1968 auch den deutschen Staatsapparat gegen die Studentenrebellion mobilisierte, bleiben sie auf der Ebene buergerlicher Nationalstaatlichkeit. Das hat auch rein gar nichts mehr mit der Losung von Liebknecht "Der Hauptfeind steht im eigenen Land" zu tun, denn sie sehen nur die "deutschen Verhaeltnisse" und alle anderen Nationalismen sowie das Kapital als globales Produktionsverhaeltnis stehen dahinter zurueck.

Ihr Anti-Nationalismus ist und bleibt ein verschaemter Nationalismus, der sich weder theoretisch noch praktisch zu einem revolutionaeren Defaitismus, der in seinem Kern internationalistisch ist, emporarbeiten kann. Und so sind sie auf der Rueckseite ihrer Flugschrift auch wieder ehrlich. Darin heisst es naemlich: "Wer sich wirklich um die Rueckkehr der Fluechtlinge und ein friedliches Zusammenleben von Kosovaren und Serben sorgt, muss die Vertraege von Rambouillet zurueckweisen und fuer die volle Souveraenitaet Jugoslawiens eintreten". Auch da sehen sie wieder nur Kosovaren als Kosovaren und Serben als Serben sowie die jugoslawische Nation als bessere Nation als die deutsche. Sie sehen wieder keine divergierenden Interessen divergierender Klassen, sondern zwei Voelker, die sich um das Wohlergehen einer abstrakten Nation sorgen sollen. Wie immer, verlassen sie damit die Grundlage kommunistischer Politik, die ja eine Aufhebung der Nation anstrebt. Ein revolutionaerer Defaitismus soll - zumindest nach der materialistischen Theorie - in eine proletarische Revolution muenden. Eine Revolution heute - unter globalen Kapitalverhaeltnissen und innerhalb eines vereinigten Europas - kann aber niemals in einem Land stattfinden, sondern nur international - und anfangs in einer Reihe von Laendern, wie z.B. in Europa.

Was in ihrer Strategie zum Tragen kommt, ist gerade das, was sie ansonsten kritisieren: naemlich der deutsche Sonderweg, den u.a. Fischer gern gehen wuerde. Er wuerde naemlich gern dem deutschen kriegerischen und ungemuetlichen Imperialismus wieder seine Gemuetlichkeitsmaske ueberziehen und als Friedensstifter in die Geschichte eingehen. Die ersten Versuche dazu hat er ja bereits unternommen. Damit aber wuerde und muesste die BRD-Regierung aus dem Konsortium der NATO ausscheren und sich gegen die USA (ihren Hauptkonkurrenten im Kampf um Welthegemonie) stellen. Dies kann sie freilich nicht allein und hat deshalb auch mit den anderen europaeischen Bourgeoisien ihr "europaeisches Haus" ERrichtet. Eine direktere Konfrontation mit der USA wird die EU freilich erst nach langem diplomatischen und propagandistischen Geplaenkel wagen - und auch erst dann, wenn die USA zunehmend Buendnispartner verliert, die die Herrschenden Deutschlands/Europas dann fuer sich und ihre strategischen Interessen "einheimsen" koennen.

Der Anti-Amerikanismus der SPD ist bekannt und koennte sich ggf. schlimmstenfalls mit Teilen der Friedensbewegung, die die USA als "Hauptfeind" ansehen, zusammenschliessen. Der nationale Defaitismus der Bahamas-Gruppe, der aufruft zum "Kampf dem deutschen Krieg, Kampf den deutschen Verhaeltnissen!" ist strategisch lediglich der kleinbuergerlich-militantistische Ausdruck fuer genau diese politische Stossrichtung.

Und so ist es auch nur ehrlich, wenn sie im Schwarzumrandeten der Flugblattrueckseite dann ihre Stossrichtung neu benennen: "Defaitismus kontra deutschen Krieg". Ja. Richtig gelesen. Das Wort "revolutionaer", was noch so verbalradikal auf der Vorderseite dahingeschrieben war, ist ploetzlich - so mir nix, dir nix - verschwunden. Wo kein revolutionaeres Subjekt ausfindig zu machen ist, kann es auch keinen revolutionaeren Defaitismus geben - und damit auch kein Subjekt, was in der Lage waere, den Krieg zu beenden und seine Grundlage zu ueberwinden.

Zu den Grundlagen zaehlt nach wie vor die Lohnarbeit und die Kapitalueberakkumulation sowie heute mal wieder der Zusammenstoss zwischen Produktivkraeften mit dem Produktionsverhaeltnis, die in diesem Rahmen und in ihrer Fesselung in Destruktivkraefte umschlagen.

Revolutionaerer Defaitismus ist der Klassenkampf und Klassenkrieg gegen die Massenschlaechterei und Barbarei des Buergertums, der besitzenden Klasse. Soviel hier zur Begriffsbestimmung des "revolutionaeren Defaitismus", den die Bahamas-Autoren genau so wenig begriffen haben, wie die kommunistisch-revolutionaere Theorie. Dass mit ihrem scheinradikalen Gestus hoechsten (Hof-)Staat, aber keine Revolution zu machen ist - und auch der Krieg bzw. die Kriegsursache nicht ueberwunden werden kann, sollte nun klar geworden sein. Sie haben es ja selbst geschrieben.

Ich weiss aber auch, was Herr Moeller und Herr Becker sagen werden: ich haette sie nicht richtig verstanden. Die Initiative und ihre Ideologen neigen leider zu einer Verhaltensweise, die ich genauso wenig leiden kann, wie jede Deutschtuemelei und alle anderen Nationalismen: naemlich ihre Kritiker/innen als "dumm" hinzustellen und laecherlich zu machen. Fuer mich ist das uebrigens ein Grund, lieber zum "kritischen Anti-Kriegs-Plenum" in's "El Locco" zu gehen - was zeitgleich stattfindet, statt an ihrer Veranstaltung teilzunehmen.

Angelika,

Initiative menschliche Emanzipation