Das nach den Schreckensjahren 1989/90 einschneidendste Ereignis ist eingetreten:
Deutschland führt Krieg. Einen Krieg, der als hausgemacht deutscher gelten darf, auch
wenn beim Ausüben des konkreten Mordens Deutschland unter der Ägide der Nato nicht alles
selber organisieren kann. Die Zerstörung der alten Bundesrepublik Jugoslawiens seit 1990
systematisch vorangetrieben und eine bis dahin friedlich zusammenlebende Bevölkerung in
ein Sammelsurium fanatisch aufeinander einschlagender Ethnien verwandelt zu haben,
das ist das Verdienst deutscher Außenpolitik von Genscher zu Kinkel und von Kinkel zu
Fischer. Es herrscht der Krieg auch im hier, im Parlament, in den Medien und unter den
Leuten. Die verlautbarte Meinung ist genauso staatsoffiziös wie Gemeingut der einzelnen
Volksgenossen. Ohne Zwang und Zensur schreibt der Journalist was er schreiben soll, denkt
der Bürger was von ihm erwartet wird, steht ein Land zusammen in schwerer Stunde.
Die Situation ist von einzigartiger Durchsichtigkeit aber jede linke
oder pazifistische Kritik stochert im Nebel.
Offensichtlich geht es um den Höhepunkt praktizierter staatlicher
Souveränität, nämlich ungehindert andere Länder überfallen zu dürfen. Offensichtlich
ist das Kriegsgebiet Balkan, entlang traditioneller deutscher Freundschaften und
geostrategischer Kontinuitäten ausgesucht worden. Hier wird das Freund/Feindverhältnis
der Jahre 1941 ff. diesmal demokratisch reproduziert und mit den katholischen (kroatischen
und slowenischen) und muslimischen Balkanbewohnern der Krieg gegen einen traditionellen
Feindstaat erklärt, der schon 1914 und 1941 überfallen und nicht wirklich besiegt werden
konnte: Serbien, bzw. das serbisch dominierte Restjugoslawien.
Offensichtlich wird - in diesem Krieg praktisch noch unrealisiert -
eine eigenständige europäische Kriegspolitik gesucht, die möglichst bald ohne und
demnächst gegen den traditionellen Verbündeten, die USA, europäisch agieren will. Und
offensichtlich, wird alles getan, um jede völkische Barbarei zu begünstigen, sei sie nun
kosovarischer oder serbischen Ursprungs.
Man muß nicht antideutscher Kommunist sein, wie die Autoren dieses
Textes, um zu verstehen, was dieses Land an der Seite seiner Verbündeten gerade
anrichtet. Wer sich als Antifaschist oder demokratischer Sozialist, als Anarchist oder
Pazifist oder schlicht als bürgerlicher Demokrat im französisch-angelsächsischen Sinn
des Wortes versteht, müßte verstanden haben. Doch wer sich die aktuellen Verlautbarungen
dieser Spektren ansieht, dem schaudert. Die einen haben ihre Liebe zur UNO, die
übergangen worden und zum Grundgesetz, das mißachtet worden sei, entdeckt. Andere
spekulieren über die Notwendigkeit auch der Türkei wg. Kurdistan die Bombardierung
gerechterweise anzudrohen. Fast alle unterscheiden zwischen Kosovaren und Serben als
zwischen den Guten und den Bösen.
Und alle bewegen sich mehr oder unfreiwillig in der Logik der
Kriegstreiber:
Die UNO ist nichts anderes als die vermeintlich zivile Entsprechung der
NATO. Das Grundgesetz war von Anfang an die mühsam demokratisch zurecht gemachte
Verfassung des Nachfolgestaates des deutschen Faschismus und wird völlig zurecht vom
Verfassungsgericht profund ausgelegt, das bekanntlich schon vor Jahren einen Krieg um der
Sache unverletzlicher Menschenrechte, besser Völkerrechte willen bejaht hat.
Wer Jugoslawien und Kosovo mit Türkei und Kurdistan in Zusammenhang
bringt, plädiert einfach für noch einen Krieg mehr, damit wegen des zweiten der erste
endlich gerecht werde. Die kosovarischen Organisationen - nicht nur die UCK - sind
selbstverständlich kriminelle Banden, die die Bevölkerung in Geiselhaft nehmen, als
menschliche Schutzschilde mißbrauchen, auf den Marsch in die Emigration schikken, die
Männer zwangsrekrutieren und "Verräter" jederzeit liquidieren. Das kann man
sogar-bei sorgfältigem Studium - der ganz normalen Kriegspresse entnehmen. Warum
kosovarischer Nationalismus irgendwie besser sein soll als der serbische, weniger Blut
vergieße als dieser, überhaupt etwas anderes sei als die systematisch zu Kriegsgreueln
ermunterte Verlierergesellschaft - wie die serbische auch - braucht in Zeiten des Krieges
nicht mehr begründet wer-
den. Es ist die Wahrheit, weil es die Wahrheit sein muß. Punkt.
Gezeichnet Fischer, die deutschen Autonomen, die deutschen Pazifisten, Trotzkisten,
Maoisten, Kurdistan-Soli-Bewegten etc etc etc.
Genossinen und Genossen, Freunde der Vernunft, Feinde Deutschlands,
Gegner kriegerischer Schandtaten!
Wem es ernst ist, mit dem Los der kosovarischen Bevölkerung, muß für
das sofortige Ende des Überfalls auf Jugoslawien kämpfen. Wer sich wirklich um die
Rückkehr der Flüchtlinge und ein friedliches Zusammenleben von Kosovaren und Serben
sorgt, muß die Verträge von Rambouillet zurückweisen und für die volle Souveränität
Jugoslawiens eintreten. Wer die Kriegstreiber wenigstens benennen will, wird im Gebiet des
ehemaligen Jugoslawiens nicht fündig werden: Die Spur dieses Krieges führt nach
Deutschland.
Ein ethnisiertes Völkerrecht? Made in Germany.
Ein völkischer Pazifismus, der nur danach lechzt, die Welt
wegen Auschwitz zu bestrafen?
Deutsche Ideologie.
Eine Linke, die mit ihrem Ethno-Gefasel statt Internationalismus,
ihrem Antiamerikanismus statt Haß aufs Vaterland, ihrem Ökologismus statt
Solidarität mit den Leuten verdienterweise an die Regierungsmacht gekommen ist? Wo
gib es so etwas? Erraten.
Weil in diesen Zeiten, die mit dem Ende dieses ersten Waffenganges erst
so richtig anfangen werden, nichts hilft, außer revolutionärem Defaitismus, nichts
außer der äußersten Anspannung der wenigen Leute, die keinen kritischen Konsens mit
diesem Land wünschen, sondern ablehnen was von ihm ausgeht - und das ist jetzt allem
voran der Krieg gegen Jugoslawien - weil die kompromißlose Haltung gegen den deutschen
Überfall heute schon bestimmt, wer morgen dem ganz normalen deutschen Vollzug im Inneren
etwas entgegenzusetzen haben wird, rufen wir alle Ansprechbaren auf:
Kampf dem deutschen Krieg, Kampf den deutschen Verhältnissen!
BAHAMAS-Redaktion, 21.4.1999