Stadt. Land. Fluß




Gotham City und die Zukunft des öffentlichen Raumes
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Frankfurt - Kleiner Bericht aus einer "großen" Stadt

von der Innenstadt AG Frankfurt

In Frankfurt, wie in anderen Städten, fanden Anfang Juni verschiedene Aktionen in Innenstädten statt. Sie richteten sich gegen die Vertreibung und (rassistische) Ausgrenzung bestimmter Personengruppen, die Privatisierung ehemals öffentlicher Räume und Dienste und gegen die Konstruktionen eines identitätsstiftenden Sicherheitsbedürfnisses. Die Aktionswoche stellte den Versuch unterschiedlicher linker politischer Gruppen in der Stadt dar, sich auf das Thema Innenstadt zu konzentrieren, das sich als Fokus für eine Kritik an Ausschlußmechanismen aufdrängt. Die Möglichkeit Politiken von Stadtentwicklung, Kultur-, Sicherheits- und Sozialpolitik aus innenstädtischer Perspektive zu kritisieren, wies in den einzelnen Aktionen auf die Plausibilität dieses Ansatzes hin und wird an der Dokumentation einiger deutlich, von denen hier beispielhaft berichtet wird:

Den Auftakt der Woche machte ein Fest im Bahnhofsviertel mit diversen frauenpolitischen und antirassistischen Initiativen. Neben der Aneignung des öffentlichen Raumes ging es gegen die städtischen Kontrollen im Viertel. Formuliert wurden insbesondere die Forderungen nach legalen Arbeitsbedingungen für SexarbeiterInnen und somit die Abschaffung der Frankfurter Sperrgebietsverordnung, sowie ein Ende der Verfolgung von DrogenbenutzerInnen.

In der Taunusanlage, aus der 1994 DrogenbenutzerInnen systematisch vertrieben worden waren, fand eine Diskussionsveranstaltung: "Drogendealer, anständige Bürger und das Dirty Work" statt. Im Mittelpunkt standen hierbei die kriminalisierenden und rassistischen Stereotype, die insbesondere bei dem Begriff des "Dealers" kursieren und deren unkritische Rezeption "der" Linken.

Gegen die Stadtentwicklungspläne in Frankfurt und die Zerstörung billigen Wohnraumes richtete sich die symbolische Bebauung eines Geländes, auf dem die IG Metall ein Hochhaus plant. Das Bahnhofsviertel und der Bahnhof selbst sind dabei bevorzugte Orte für die exklusive Zurichtung innerstädtischer Räume auf Kapitalinteressen.

Für die Erschließung öffentlicher unkontrollierter Räume und gegen die Ausschließung bestimmter Gruppen und subkultureller Milieus in der Stadt, demonstrierten nachts unter dem Motto "Lärm '97" 2000 Leute in der Innenstadt. Die Demo wurde von Anfang an von einem massiven Polizeiaufgebot nicht nur begleitet, sondern auch immer wieder auseinandergetrieben. Die Leute, die sich von der angedrohten Repression nicht einschüchtern ließen, verständigten sich lange auf eine Ausweichstrategie und trafen sich an verschiedenen zentralen Plätzen in der Stadt. Die gawalttätigen Drohgebärden (Kessel, Wasserwerfer) fanden an verschiedenen Stellen ihren körperlichen Ausdruck: u.a. bei der Räumung der Musikwagen oder den Verhaftungen und Prügeleien während der Demo. Die örtliche Presse reagierte auf die Aktion und den Polizeieinsatz zumeist mit der Entpolitisierung der Demonstration als einer (unangemeldeten) Loveparade und beklagte die Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes gegen die munteren jungen Menschen.

Sozialpolitische Disziplinierung als Teil städtischer Ordnungspolitik wurde auf der Tagung "Arbeitsdienst - wieder salonfähig?" thematisiert. Neuregelungen der Sozialgesetzgebung bilden das Netz gesetzlicher Vorgaben, durch die auch die Stadt Frankfurt ihre Zumut- und Verfügbarkeitsstandarts erhöht. Auf der Tagung wurde der Versuch gemacht, die aktuellen Maßnahmen in einen historischen Zsammenhang zu setzen und auf Anteile von Traditionslinien aufmerksam zu machen.

Den Abschluß der Aktionswoche bildete das Diskussions-Pickn' Music-Treffen: "Frauen? Quer am Main-stream". Inhaltlich ging es vor allem um die Mißbrauchbarkeit der realen Angst von Frauen im öffentlichen Raum für die Sicherheitsmanager der Stadt. Die im Verbund mit "Zeil Aktiv" u.a., die die rassitischen Kontrollen und Razzien im Stadtraum verschärfen und dies mit dem Sicherheitsbedürfnis besonders von Frauen zu legitimieren versuchen. Es wurde der Frage nachgegangen, wie und inwieweit die eigenen Bedrohungsbilder und -szenarios selbst schon Resultat des gesellschaftlichen Sicherheitsdiskurses sind, bei dem häufig die Realität auf dem Kopf steht: zuhause im trauten Familienkreis ist es sicher, auf der Straße - besonders nachts - droht Frau ständig Gefahr.

So selbstverständlich die zeitweise Aneignung der zum Teil ungewöhnlichen städtischen Räume für die Teilnehmenden war, so irritierend waren die Ankündigungen für das städtische Ordnungsamt. Die Präsenz der Polizei bei einer angekündigten Filmveranstaltung bildete dabei den absurden Höhepunkt der straken Aufmerksamkeit ordnungspolitischer Institutionen. Auf diese Weise hatten alle irgendwie ihre Aktionswoche.