Nach dem Kongreß

Erklärung zum Benno-Ohnesorg-Kongreß des RefRat mit Gegendarstellung



Date sent: Tue, 10 Jun 1997 23:33:49 +0200 (MET DST) From: Webadm Studenten <h0451wwp@rz.hu-berlin.de> To: p_trend@zelator.berlinet.de Subject: Benno-Ohnesorg-Kongress
RefRat der HUB; e-mail: refrat@rz.hu-berlin.de; http://www2.hu-berlin.de/studis/refrat/

Berlin, den 10.06.97

Erklärung zum
Benno-Ohnesorg-Kongreß

Günter Langer
trend-Redaktion, c/o Anti-Quariat Oranienstr. 45, Berlin Kreuzberg
Berlin, den 13.6.1997

Betr.: Gegendarstellung

An
RefRat der HUB; e-mail: refrat@rz.hu-berlin.de; http://www2.hu-berlin.de/studis/refrat/

Sie haben in ihrer "Erklärung zum Benno-Ohnesorg-Kongreß" vom 10.06.97, die von Ann Stafford (Huch-Redaktion) und anderen verfaßt wurde, folgende verleumderischen und wahrheitswidrigen Behauptungen über mich aufgestellt. Ich verlange unverzüglich die Veröffentlichung meiner Gegendarstellung an gleicher Stelle.

Günter Langer

Der Benno-Ohnesorg-Kongreß, der vom 30. Mai bis zum 1. Juni 1997 in Berlin stattfand, ist kläglich gescheitert. Die Berliner ASten und der RefRat der Humboldt-Uni (siehe dessen Kommentar zum Finanzantrag) haben bereits im Vorfeld die Einladungspolitik und Vorbereitungsweise des Kongresses scharf kritisiert. Das Desaster war vorprogrammiert: Der Sinn des Kongresses ist sein Scheitern", gab selbst Moderator und Organisator Stefan Pribnow ungewohnt ironisch während des Kongresses zu. Nun ist der Konflikt an der Frage aufgebrochen, ob Rainer Langhans, der in einem Interview davon sprach, wir müssen sozusagen die besseren Faschisten werden" u.a. (siehe Ditfurth, Jutta: Feuer in die Herzen" (1994), S. 293ff.; zit. aus: taz v. 12.4.1989), an einem linken Kongreß teilnehmen darf oder nicht. Im Buch Feuer in die Herzen" lassen sich mehrere Zitate finden, welche die Äußerungen Ditfurths belegen und die Ergebnis einer jahrelangen antifaschistischen Arbeit sind. Bei der Internet-Zeitung trend werden nun Ditfurth, die Ökologische Linke und ihre Claqueure" als Politsekte" und Schlimmeres denunziert; Platthirne wie Jutta&Co sind das stinkende Aas der linken Geschichte", schreibt Wau Holland (Chaos Computer Club, Hamburg) im WWW, weltweit von Alaska bis Japan lesbar.

Der Kongreß wäre auch sonst gescheitert, wenn nicht an der Frage des geforderten Rauswurfs von Langhans, dann zumindest an purer Langeweile und Ödnis, wie die ersten beiden Podiumsdiskussionen am Freitag und Samstag eindrücklich zeigten: am Freitag leerte sich der überfüllte Saal mit der Zeit ziemlich deutlich. Nun wurden die ÖkoLis aber als vermeintliche Sündenböcke für die Kongreß-Katastrophe ausgemacht, auf die sich nun alle stürzen. Die Kongreßorganisation wird nicht mehr kritisiert - obwohl ReferentInnen angekündigt waren, die nie kamen (oder auch nie kommen wollten, wie Ralf Reinders; oder nie kommen konnten, wie Gabriele Kröcher-Tiedemann), und nicht alle Arbeitsgruppen fanden überhaupt statt.

Bedrohlich ist die Ankündigung der Redaktionen von trend und Kalaschnikow, wieder einen solchen Kongreß im April nächsten Jahres zu planen. Diesen Rudi Dutschke-Konvent" werden wir auf keinen Fall unterstützen oder finanzieren.

ReferentInnenRat der Humboldt-Universität zu Berlin, AStA TU, Redaktion

Huch!.

Es folgt eine zweiseitige Erläuterung.

Erläuterung zur Erklärung zum Benno-Ohnesorg-Kongreß

Der Sinn des Kongresses ist sein Scheitern" - dieser Sinn" hat sich erfüllt:

  • Das Plenum am Eröffnungsabend (Freitag, der 30. Mai) starb an Langeweile und Ödnis.
  • Beim Plenum am Samstag war als einzige von fünf (!) ReferentInnen Jutta Ditfurth erschienen. Ein zweiter Referent, Pascal Beucker (Konkret), fand sich spontan. Dafür gab es zwei autoritäre, aggressiv-manipulierende Moderatoren (beide trend).
Der Satz: "Dafür gab es zwei autoritäre, aggressiv-manipulierende Moderatoren (beide trend)." ist inhaltlich falsch.

Richtig ist: Alle Moderatoren, also auch ich, waren durch den Raumvertrag des TU-AStA mit dem Präsidialamt verpflichtet, "autoritär" die Unversehrtheit und Redefreiheit aller anwesenden Personen zu schützen. Eine Manipulation hat dabei nicht stattgefunden.
  • Das Plenum am Sonntag platzte an der Frage, ob (esoterische) FaschistInnen bei linken Kongressen referieren dürfen.

Für alle Veranstaltungen waren ReferentInnen angekündigt:

  • die nichts von ihrer Einladung wußten oder längst abgesagt hatten (Thomas Ebermann, Ralf Reinders, Freerk Huisken, Joachim Hirsch etc. pp.);
  • oder die im Knast saßen und nicht kommen konnten (wie Rolf Heißler);
  • oder tot sind (wie Gabriele Kröcher-Tiedemann).

Die meisten Arbeitsgruppen waren so schlecht vorbereitet, daß sie überhaupt nicht stattfanden.

Für die Kritik der Asten hat sich die Kongreßvorbereitung im übrigen revanchiert, indem sie bei der Pressekonferenz vor dem Kongreß die Asten auch noch beschuldigte, u.a. nicht genug Geld für den Kongreß zu zahlen (z.B. AStA FU: 6000 DM) - obwohl sie selbst minimalste Regeln der Antragsstellung nicht eingehalten hatten, und der Bedingung des ReferentInnenRates, ein Konzept vorzulegen und den RefRat im Programmheft deutlich nicht als Veranstalter zu nennen, nicht nachgekommen sind. AStA FU und RefRat HU wurden als Veranstalter des Kongresses aufgeführt, obwohl sie nur Unterstützer waren.

Statt daß sich die Veranstalter wahrheitsgemäß selbst die Schuld am Scheitern des Kongresses geben, wird versucht, eigene Fehler durch Denunziation auf die Ökologische Linke bzw. Jutta Ditfurth abzuwälzen.

Tatsächlich brach am Samstag der Konflikt an Jutta Ditfurths Antrag auf, Rainer Langhans nicht auf dem Podium zu dulden. Dank der Manipulation der beiden Moderatoren von trend und der Passivität des Veranstalters Pribnow (Kalaschnikow) durfte der Antrag nicht abgestimmt werden. Daraufhin entzog die Zeitschrift Konkret dem Kongreß ihre Unterstützung. Abgestimmt wurde hingegen über die Distanzierung von einem Attentat" auf den junge Welt-Geschäftsführer (Buttercremetorte; Antrag abgelehnt).

Am Sonntag wurde Ditfurth als Stalinistin" denunziert, die mit Eisenstangenmentalität" am Abend zuvor die beiden Moderatoren vom Podium gelockt" (!) habe. Einer wie Langhans gehöre dazu, weil er früher dabei gewesen sei (Günter Langer, trend). Eine deutliche Mehrheit des Publikums wollte nun Ditfurths Kritik an Langhans hören. Der Satz: "Einer wie Langhans gehöre dazu, weil er früher dabei gewesen sei (Günter Langer, trend)." ist falsch.

Ich habe statt dessen gesagt: "Rainer Langhans ist ein Zeitzeuge. Er darf nicht nur deswegen des Saales nicht verwiesen werden, sondern alle hier anwesenden Personen haben das Recht auf freie Rede und Teilnahme."
Die Moderatorin Illig hatte sie aufgerufen und etwa eine Viertelstunde lang versuchte Günter Langer Ditfurths Redebeitrag physisch zu verhindern (sie war ReferentIn des Abschlußplenums). Der Satz: "Die Moderatorin Illig hatte sie aufgerufen und etwa eine Viertelstunde lang versuchte Günter Langer Ditfurths Redebeitrag physisch zu verhindern (sie war ReferentIn des Abschlußplenums)." ist falsch.

Richtig ist: Ich habe weder physisch noch sonstwie Frau Ditfurth am Reden gehindert. Sie hatte sich nicht auf die Rednerliste gesetzt, weil sie sich bis dahin gar nicht im Saal befand. Sie war auch nicht Referentin des Abschlußplenums. Sie war dazu weder eingeladen, noch hatte sie sich dafür vorgeschlagen (siehe Programmheft, S.19)

Nachdem die Rest-68erInnen vom Publikum schließlich am fortwährenden Protestieren gehindert werden konnte, trug Ditfurth folgendes vor

(Originalwortlaut):

»[...] Ich habe gestern beantragt, und das gilt auch heute, daß ein esoterischer Faschist wie Langhans nichts als Referent auf diesem Podium zu suchen hat.

Es gibt viel zu Langhans zu sagen. Ich will es auf einen kurzen Auszug beschränken. Langhans, früher Mitbewohner der Kommune I in Berlin, bezeichnet den Nationalsozialismus als ersten großen Versuch, Materie und Spiritualität zu verschmelzen. Spiritualität in Deutschland heißt Hitler.

Denn die Faszination, die ungeheure Vollständigkeit des Lebens in diesem faschistischen Staat bestand ja darin, daß erst mal auch der Tod mit hineingenommen wurde in das Lebenskonzept des Nationalsozialismus".Was schaden schon Folter und Völkermord dem Zyniker, wenn es den Ausstieg aus dem Körper gibt", den wir studieren müssen". Wirklich schrecklich am Faschismus ist für Langhans, daß sich hier ein Volk in einem rauschhaften Amoklauf auf eine Gottsuche gemacht hat, die alles wollte, was nur irgend an Schönem, Lichtem möglich war - und dabei in der tiefsten Hölle landet".

Die deutschen Jüdinnen und Juden, die KommunistInnen und SozialistInnen, Roma und Sinti, Schwule und andere Verfolgte scheinen für Langhans bis heute nicht Teil dieses Volkes zu sein, denn wo hätten sie sich im Faschismus vergleichsweise rauschhaft" auf Gottsuche" begeben? Von Hitler muß man erst mal seine Vision verstehen und dann seine Fehler sehen [...] Wir müssen sozusagen die besseren Faschisten werden", sagte der Exkommunarde. Der Faschismus war für Langhans nur die pervertierte Version des an sich richtigen Anliegens, einen neuen Menschen zu schaffen". Und: Wir müssen uns genau anschauen, was er [Hitler] Großes versucht hat".

In Seminaren in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen verkündete Langhans in den letzten Jahren Thesen wie: Die Nazis" und vor allem die SS" hatten eine hohe Sterbekultur" und waren uns armen Zeitgenossen im Bewußtsein der Notwendigkeit des Sterbens überlegen. [...]

Wenn die Kritik an der Glorifizierung des SS-Todeskultes und am NS-Faschismus hier, auf diesem Kongreß, nicht vorausgesetzt werden kann, dann haben wir nichts gemeinsam.«

(Quelle: Jutta Ditfurth: Feuer in die Herzen", 2. Auflage 1994, S. 293ff., erscheint neu im September 1997 im Konkret Literatur Verlag; zit. u.a. aus: taz v. 12.4.1989)

Es ging also nicht darum, ob auf diesem Kongreß jemand tanzen darf", sondern darum, wie Alt-68erInnen sich der Tatsache stellen, daß einige unter ihnen zu neuen" Rechten und FaschistInnen wurden.

Etwa 2/3 der Anwesenden teilten die Kritik an Langhans. Nach dem Vortrag der Pro-NS- und SS-Zitate von Langhans war der Kongreß geplatzt. Das Abschlußplenum fand nicht statt.

Sämtliche bisher erschienenen Darstellungen von trend geben den Verlauf des Kongresses nicht korrekt wieder. Ein weiteres Beispiel: Manfred Zieran (Ökologische Linke) war dreimal von der Moderatorin des Abschlußplenums am Sonntag zum Redebeitrag aufgerufen worden. Jedes Mal verhinderte Günter Langer den Wortbeitrag, indem er das Mikrophon an sich riß. Schließlich nahm sich Zieran das Mikrophon durch einen eleganten Sprung vor die Tische der ReferentInnen des Abschlußplenums, ohne irgendwen körperlich anzugreifen.

Hätte Zieran nicht selbst klug und mit Witz reagiert und hätte sich nicht eine andere Person schützend dazwischengestellt, hätten ihn allerdings die Schläge dreier Männer getroffen: Günter Langer, Bommi Baumann und Johann von Rauch.

Der Satz: "Hätte Zieran nicht selbst klug und mit Witz reagiert und hätte sich nicht eine andere Person schützend dazwischengestellt, hätten ihn allerdings die Schläge dreier Männer getroffen: Günter Langer, Bommi Baumann und Johann von Rauch." ist falsch.

Richtig ist: Ich war Moderator der 3. Generaldebatte (neben Indre Illig) und hatte für eine geordnete und für alle offene Veranstaltung zu sorgen. Vor Eintritt in die Rednerliste war dies von mir klarzustellen. Das hatte ich mit einer Erklärung getan. Daraufhin kritisierte einer der Referenten, Prof. Agnoli, die vortägige Vorgehensweise von Frau Ditfurth und meine Weigerung, Frau Ditfurth als Genossin zu bezeichnen. In diesem Moment stürzte Herr Zieran aufs Podium, warf alle Getränke auf dem Moderatoren/Referenten-Tisch um und drohte mich zu schlagen. Den Herren von Rauch und Baumann, gelang es, mich von Herrn Zieran abzuschirmen.