Nach dem Kongreß
Pressemitteilung der trend-redaktion zum Abbruch des Kongresses am 1.6.1997

1.6.1997, 17.00 Uhr

Pressemitteilung

Benno-Ohnesorg-Kongreß in der Technischen Universität Berlin abgebrochen

Zwei ehemalige Mitglieder der Bewegung 2. Juni schützten den Moderator der 3. Generaldebatte "Radikale Opposition heute?" vor tätlichen Angriffen

Am 31.5.1997 gelang es Jutta Ditfurth (Zeitschrift Ökolinx), die Moderatoren der 2. Generaldebatte, Günter Langer und Karl-Heinz Schubert (beide trend-Redaktion), vom Podium zu vertreiben, weil der Veranstalter dieses unterstützte, indem Stefan Pribnow von der Redaktion Kalaschnikow die Moderation übernahm. Zuvor hatte Jutta Ditfurth verlangt, daß Rainer Langhans (Kommune 1) des Saales verwiesen werden müsse, weil er ihrer Meinung nach ein "esoterischer Faschist" sei. Dies war auf Intervention seitens der Moderatoren gescheitert.

In einer nächtlichen Notsitzung der auf dem Kongreß anwesenden Genossinnen und Genossen des Berliner SDS des Jahres 1967, des Vertreters der CISNU, derjenigen persischen Organisation, die den Anti-Schah-Protest in Berlin vorbereitet und getragen hatte, dem Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen und der Redaktion der Onlinezeitung TREND wurde eine Erklärung beschlossen, vor Eintritt in die 3. Generaldebatte zu verlesen werden sollte.

Gegen 14.20 Uhr am heutigen Tage wurde die 3. Generaldebatte "Radikale Opposition heute?" mit folgenden TeilnehmerInnen eröffnet: Johannes Agnoli (Hochschullehrer, Italien), Biplab Basu (Antirassistische Initiative Berlin), Bernd Gehrke (DDR-Bürgerrechtler, Bündnis Kritischer GewerkschafterInnen Ost/West, Berlin) Johann von Rauch (ehemals Bewegung 2. Juni, München) sowie einer Vertreterin der Zeitschrift Freiraum (München) und einem Mitglieder LinkeListe/JungeDemokraten, Berlin. Moderiert wurde das Podium von Indre Illig Studentin, Berlin) und Günter Langer (Redaktion trend, Berlin).

Vor Eintritt in die Debatte verlaß Günter Langer die in der Nacht zuvor beschlossene Erklärung, sie hatte folgenden Wortlaut:

In Abwandlung des Spruchs der russischen Anarchistin Emma Goldmann "Wenn ich hier nicht tanzen darf, ist dies nicht meine Revolution", sagen wir: "Wenn hier nicht alle Protagonisten des Protestes vom 2. Juni 1967 teilnehmen dürfen, die es wollen, ist das nicht unsere Veranstaltung". Seit gestern wissen wir auch, wer mit dem Programm-Motto "Wer hat Angst vor'm Eiermann?" gemeint war. Es ist Jutta Ditfurth und ihre Claqueure aus einer Gruppe, die sich Ökolinx nennt.

Wir vermissen ferner die Teilnahme des im Programmheft angekündigten Rolf Heißler. Wie informierte ZeitgenossInnen wissen, sitzt der Genosse seit über zwanzig Jahren im Knast. Wir finden, daß es Zeit ist, ihm von nun an die Freiheit zu geben, an allen zukünftigen Veranstaltungen teilzunehmen.

Im Programm wird ferner der durch und durch deutsche Charakter dieser Veranstaltung deutlich. Der internationale Aspekt blieb völlig ausgeblendet. Damals kämpften wir gegen das despotische Schah-Regime, gegen den Krieg in Vietnam, gegen den Faschismus in Griechenland, Spanien und Portugal, für die Freiheit von Huey Newton und Angela Davis. Laßt uns heute wenigstens die Freiheit von Mumia Abu-Jamal, Geronimo Pratt und Leonard Peltier aus US-amerikanischen Gefängnissen fordern.

Nach einigen anschließenden Wortgefechten ergriff Johannes Agnoli das Wort. Er kritisierte den Versuch von Jutta Ditfurth und ihrer Ökolinx-Gruppe, ihnen politisch nicht genehme Personen von diesem Kongreß auszugrenzen. An Günter Langer kritisierte er, daß dieser in seinem Redebeitrag Jutta Ditfurth nicht mehr als "Genossin" sondern als "die Person" bezeichnet hatte.

Als Günter Langer daraufhin antwortete, daß er Personen, die ihn mit "blankem Haß in den Augen" vom Podium vertreiben, nicht mehr als "Genossin" bezeichnen könne, sprang Manfred Zieran, der Lebensgefährte von Jutta Ditfurth, auf das Podium und versuchte, auf Günter Langer einzuprügeln.

Es ist allein der Tatsache zu verdanken, daß sich spontan die beiden ehemaligen Mitglieder der Bewegung 2. Juni ( Bommi Baumann und Johann von Rauch - der Bruder des von der Polizei 1971 erschossenen Georg von Rauch) schützend vor den Angegriffenen stellten und deutlich machten, weitere Tätlichkeiten entsprechend zu verhindern, daß es zu keinen weiteren Gewalttätigkeiten seitens der Ökolinx-Gruppe kam.

Nach diesem Tumult verließen alle RefentInnen das Podium. Dabei erklärte Biplab Asu, daß er mit einer Linken, die "Gewalt in der Diskussion einsetzt", nicht mehr diskutieren will. Dabei wurde er massiv von AnhängerInnen der Ökolinx-Gruppe niedergeschrien. Dem schloß sich Bernd Gehrke mit der Begründung an, daß er mit einer Linken, die "prügeln will", nicht diskutieren werden.

Stefan Pribnow schlug nun vor, daß erstens Jutta Ditfurth, die Möglichkeit erhalten solle, ihre Position zu begründen, und zweitens dann die ReferentInnen mit der 3. Generaldebatte beginnen sollten.

Jutta Ditfurth las nun, stehend vor leerem Podium, einige Zitate aus einem taz-Interview von Rainer Langhans aus dem Jahre 1985 (!!!) vor, die sie mit ihren Interpretation versah, die einzig darauf abzielten, ihn als "esoterischen Faschisten" zu charakterisieren.

Da keiner der ReferentInnen aufs Podium zurückkam, wurde der Kongreß an dieser Stelle abgebrochen.

Für die trend Redaktion

Karl Müller