Arbeitsgruppe
Marxismus und Revolte
Stand: 25. Mai 1997

Durch Faschismus, deutsche Teilung und "formierte Gesellschaft" (Erhard) - also Hochverrat (Wolfgang Harich) - wurde in der BRD der marxismus nicht nur de faxto, sondern auch programmatisch abgedankt: Führte einst eine sozialdemokratische Partei der Arbeiterklasse Russlands eine sozialistische Revolution durch, verzichtete eine sozialistische Partei Deutschlands im Godesberger Programm auf eben diese revolutionäre Veränderung der gesellschaft und erklärte sich zu Sozial"demokraten".

In Deutschland war der "orthodoxe Marxismus" somit ausschließlich durch die DDR und deren propagandisten repräsentiert. Deren Ideologie war in der nationalen Frage "Legitimationsideologie", also sichtbar verlogen und unglaubwürdig, deshalb verächtlich.

Die "Neue Linke" mußte somit ab "ab ovo" neu beginnen. Die Wiederaneignung des Marxismus konnte somit nur unter defizitären Voraussetzungen erfolgen, hauptsächlich rezipiert wurden Theorien des "utopischen Messianismus" des frühen Lukács, die notwendigerweise zur Karikatur der 20er, 30er, 40er Jahre, der Pseudoautorität des EKKI, des fälchlich personal-identifizierten Weltgeistes verkommen mußten.

Ob diese defizitäre Rezeption des Marxismus in der gegebenen historischen Situation notwendig oder zufällig war, welche weitergehenden Wirkungen sie auf die Zerfallserscheinungen der "68er Bewegung" hatte, soll in der Arbeitsgruppe thematisiert werden.