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Und noch ein seltsamer Tauschring
Wer es auf sich nimmt, die Kleinanzeigen der Zweimonatszeitschrift
"Connection" - Eigenwerbung: "Das Magazin fürs Wesentliche" -
durchzulesen, der wird in der aktuellen Ausgabe in der Rubrik "Kontakte" auf
folgenden Hinweis stoßen:
"Hexenstammtisch monatlich freitags.
Tauschringstammtisch monatlich mittwochs. Worms". Es folgt eine Telefonnummer. Auch
wenn bei den einschlägigen Tauschringadressen teilweise als Kontaktperson ein Sebastian
Keil angegeben wird, so führt
spätestens die Adresse zum eigentlichen Mastermind: Berthold Röth. Röth gilt als
Repräsentant der völkischen Richtung der Wicca-Bewegung und war Kontaktperson für den
Starmaiden-Earthdream-Coven. Zeitweise versuchte er über die BAG Spirituelle Wege in
Wissenschaft und Politik, Einfluß auf Politik und Ideologie der Grünen zu nehmen. Sein
Name fand sich auch 1991 im Adressbuch von Michael Kühnen. In der von ihm herausgegebenen
Zeitschrift "Mescalito" durfte sich u.a. auch Sigrun Schleipfer ausbreiten, die
Vordenkerin des ariosophischen Armanenordens. Nun hat Röth also die Tauschringe als
mögliches Einflußfeld erkannt.
Nach Hemmoor ist dies der zweite
bekanntgewordene Fall von
Verbindungen nach rechtsaußen. Daß speziell die Anhänger Silvio Gesells, die
"Freiwirtschaftler", die Tauschringe als willkommene Vorfeldorganisationen
betrachten, ist verständlich. So ist die Kontaktperson für einen der Frankfurter
Tauschringe Wera Wendnagel, gleichzeitig zuständig für die deutsche Sektion der an
Gesell orientierten Initiative für natürliche Wirtschaftsordnung. Inzwischen bezieht
sich auch die NPD, besonders in den neuen Bundesländern, zunehmend auf Gesells
Gedankengut. So war bei der konstituierenden Sitzung des Arbeitskreises Wirtschaftspolitik
der NPD Ende Juni in Leipzig einer der Referenten Horst Mikonauschke, früher
Landesvorsitzender der an Gesell ausgerichteten Freisozialen Union in Schleswig-Holstein.
Nicht nur bei den Esoterikern der "Connection", wo die
"Zinswirtschaft" in der aktuellen und der kommenden Ausgabe den Schwerpunkt
darstellt, findet freiwirtschaftliches Gedankengut Anklang, sondern auch bei den
Nationalrevolutionären der Deutsch-Europäischen Studiengesellschaft. In der jüngsten
Ausgabe ihres Blättchen "DESG-inform" heißt es unter der Überschrift
"Silvio Gesell, der Marx der Anarchisten", einer Rezension des gleichnamigen bei
Karin Kramer erschienenen Bandes: "Letztlich wäre es auch wichtig, die Lehren
Gesells mit den nationalrevolutionären Theorien eines Henning Eichberg in den Jahren 60
und 70 und mit dem Gedankengut, das eine Zeitschrift wie 'Wir selbst' verbreitet hat, zu
vergleichen."
Klaus Schmitt, den Herausgeber des besprochenen
Buches, der sich selbst als Anarchisten bezeichnet, werden solche Äußerungen sicherlich
nicht gefallen. Reagiert er doch auf ähnliche Aussagen von antifaschistischer Seite mit
wüsten Pamphleten ("Entspannen Sie sich Frau Ditfurth!"), in denen er dann auch
nicht davor zurückschreckt, die Eugenik zu rechtfertigen, um deren Anhänger Gesell somit
zu entlasten.
Eine Prognose sei gewagt: je gravierendere
Ausmaße die Demontage des Sozialstaates annimmt, desto stärker wird der Rückgriff auf -
an sich positive - Selbsthilfeeinrichtungen wie die vTauschringe sein. Desto stärker wird
aber auch der Versuch der Einflußnahme von freiwirtschaftlicher Seite und - zuweilen in
Personalunion - von der extremen Rechten sein. Auch hier müssen also dringend
Gegenstrategien erarbeitet werden.
o vw
aus: ANTIFASCHISTISCHE
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