Die sechs größten
Wohnungskonzerne in Deutschland befinden sich
in den Händen internationaler
Finanzinvestoren. Zu diesem Ergebnis kommt
Fred Schmid vom
Institut für sozial-ökologische
Wirtschaftsforschung (isw)
in seiner Untersuchung. Diese
Wohnungskonzerne bauen in der Regel keine
Wohnungen, sie kaufen Wohnungen auf und
übernehmen kleinere Wohnungsunternehmen. Bei
Enteignung der Konzerne und Überführung in
Gemeineigentum ließen sich statt der jetzigen
Profite für Dividenden und Wohnungsaufkäufen,
viele bezahlbare Wohnungen bauen.
77 Tausend und
eine Unterschrift mit der Forderung nach
Enteignung übergab die »Initiative Deutsche
Wohnen & Co. Enteignen« Mitte Juni dem Berliner
Senat. Laut Landesgesetz hätten nur 20.000
Unterschriften innerhalb von sechs Monaten für
die Zulassung zum Volksbegehren gesammelt
werden müssen. Die Initiative schaffte die
77.001 in nur zwei Monaten: "Dass wir so viele
in so kurzer Zeit sammeln konnten, zeigt
unmissverständlich wie frustriert die
Berliner*innen mit der Profitmacherei der
Immobilienkonzerne sind", erklärte Jenny
Stupka, Sprecherin der Deutsche Wohnen & Co
Enteignen. Neben der Deutschen Wohnen sollen
alle privaten Wohnungsunternehmen mit einem
Bestand von mehr als 3000 Wohnungen enteignet
werden. Allein Deutsche Wohnen (115.500
Wohnungen in Berlin) und Vonovia (44.000)
gehören mehr als 10% aller 1,5 Millionen
Berliner Mietwohnungen. (siehe:
Savills Research, Eigentümerstrukur am
Wohnungsmarkt, März 2019, S. 6f)
Eigentümerstruktur und erste
Konzentrationswelle am Wohnungsmarkt
Die Struktur
der Wohnungsanbieter hat sich seit dem Jahr
2000 deutlich verändert", schreibt Professor
Guido Spars, Forscher für Stadt- und
Regionalökonomie sowie -entwicklung. "Vor allem
große Wohnungsunternehmen prägen mehr und mehr
das Geschehen am Wohnungsmarkt". (Guido
Spars, Bundeszentrale für politische Bildung,
Die Etablierung großer Wohnungskonzerne und
deren Folgen für die Stadtentwicklung, S.1)
|
Eigentümerstruktur
Von den rund 41,3 Millionen Wohneinheiten
(WE) in Deutschland befindet sich ziemlich
genau die Hälfte (20,8 Mio. WE) im
Geschosswohnungsbestand.
Die
Eigentümerstruktur im
Geschosswohnungsbestand:
- 3 Mio.
WE (14,4%) im Eigentum von Selbstnutzern;
- 8,8
Mio. WE (42,3%) im Eigentum von privaten
Kleinanbietern;
- 8,9
Mio. WE (42,8%) im Eigentum von
professionellen, gewerblichen Anbietern
Letztere
teilen sich auf:
-
Privatwirtschaftliche
Wohnungsunternehmen: 3,9 Mio. WE (18,8%);
-
Kommunale Wohnungsunternehmen: 2,4 Mio.
WE (11,5%)
-
Wohnungsgenossenschaften: 2,1 Mio. WE
(10,1%)
-
Sonstige (Kirchen, Gewerkschaften,
öffentliche Whg. U.: 0,5 Mio. WE (2,4%).
(Quelle:
Guido Spars, Bundeszentrale für politische
Bildung, Die Etablierung großer
Wohnungskonzerne und deren Folgen für die
Stadtentwicklung, S.2) |
|
Eine
wesentliche Vorbedingung für den
Konzentrationsprozess am Wohnungsmarkt –
Herausbildung großer Immobilienkonzerne wie
Vonovia, Deutsche Wohnen, LEG – und den
Einstieg der Finanzinvestoren ab Ende der 90er,
in den Nullerjahren und nach der Finanzkrise
2009 bestand in der Abschaffung der
Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen: "Artikel 21
– Gesetz zur Überführung der
Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen
Wohnungsmarkt" (1988 Bundesgesetzblatt).
"Bis 1990
mussten viele Wohnungsunternehmen wegen der
Gemeinnützigkeit bestimmte Steuern nicht
zahlen, dafür waren sie bei Miete und Gewinn
stark eingeschränkt", schreibt der
Spiegel mit Verweis auf das Bundesinstitut
für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das
dies als wichtigste Vorbedingung nennt, dass
die Wohnungen an die Börse kamen. "Erst das
Ende der Gemeinnützigkeit hob die
Gewinnschranken auf und machte Hunderttausende
Wohnungen für Investoren attraktiv".
|
Am 01.01.1990 wurde das
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG)
aufgehoben.
Gemeinnützigen Wohnungsunternehmen waren
bis dahin von der Körperschafts-, Gewerbe-
und Vermögensteuer befreit. Das WGG regelte
die Bedingungen für die Anerkennung als
gemeinnütziges Wohnungsunternehmen.
-
Einerseits waren sie verpflichtet, ihre
Tätigkeit auf den Bau und die Betreuung,
die Bewirtschaftung von Wohnungen sowie
auf städtebaulichen Entwicklungs- und
Sanierungsmaßnahmen zu beschränken,
-
andererseits waren sie von der
Körperschaft-, Gewerbe- und
Vermögensteuer befreit. Darüber hinaus
gab es Befreiungen bei der
Grunderwerbsteuer und Ermäßigungen bei
der Grundsteuer.
- An die
Eigentümer/Gesellschafter eines
gemeinnützigen Wohnungsunternehmens
konnte – auch unter den Regeln des WGG –
Gewinne ausgeschüttet werden, allerdings
begrenzt auf jährlich höchstens 4 % der
eingezahlten Kapitaleinlage.
Nicht
steuerpflichtig sind nach § 5 I Nr. 10 des
Körperschaftssteuergesetzes weiterhin die
sog. Vermietungsgenossenschaften, die
mindestens 90 Prozent ihrer
Geschäftstätigkeit auf die Vermietung ihrer
Wohnungsbestände an Mitglieder ausgerichtet
haben.
Nach
Wegfall der Verpflichtungen aus dem
Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz hatten
Länder und Kommunen freie Hand, regelmäßige
Mieterhöhungen vorzunehmen und auch
Wohnungsbestände ihrer bisher
gemeinnützigen Unternehmen "zu versilbern"
und an private Investoren zu verkaufen.
Insbesondere nach der Finanzkrise 2008/09,
erreichten die Verkäufe öffentlicher
Wohnungsbestände ihren Höhepunkt, nachdem
internationale Investoren den
Immobilienmarkt als sichere Kapitalanlage
entdeckt hatten. Zwischen 2009 und 2014
stieg das Transaktionsvolumen von 3 Mrd.
auf 25 Mrd. Euro. |
|
Der
Wohnungsmarkt geriet so in den Fokus aus- und
inländischer Investoren. Dazu trug auch die
Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne bei, die
ab 2002 von der rot-grünen Bundesregierung
gewährt wurde. Danach können Unternehmen und
auch Immobilien steuerfrei gehandelt werden,
ohne dass die enthaltenen stillen Reserven –
Differenz zwischen Buch-/Bilanzwert und
Verkaufspreis – nachversteuert werden müssen.
Die Wohnungen
sind dadurch gänzlich zu einer Ware geworden.
Insbesondere nach der Finanzkrise 2008/09,
erreichten die Verkäufe öffentlicher
Wohnungsbestände ihren Höhepunkt, nachdem
internationale Investoren den Immobilienmarkt
als sichere Kapitalanlage entdeckt hatten.
Zwischen 2009 und 2014 stieg das
Transaktionsvolumen von 3 Mrd. auf 25 Mrd.
Euro.
Herausbildung
großer Wohnungskonzerne
Eine Art
Startsignal für die Verhökerung von
gemeinnützigen Wohnungen im großen Stil war der
Verkauf von 114.000 Eisenbahnerwohnungen durch
den Bund im Jahr 2000. Treppenwitz der
Geschichte: Am 11. Juli 2019 ist in der
Süddeutschen Zeitung unter der Überschrift
"Bahn baut Wohnungen" zu lesen: Die Bahn wolle
in den kommenden Jahren 100.000 neue
Beschäftigte einstellen und dabei seien
"bezahlbare Mieten für unsere Mitarbeiter ein
großes Thema geworden".
Dem Beispiel
der Bahn folgten auch zahlreiche Gemeinden, die
teils aus Finanznot ihre kommunalen Wohnungen
verkauften; allen voran Berlin, das rund
100.000 Wohnungen an die
US-Investmentgesellschaften Cerberus und
Oaktree verscherbelte.
Professor
Guido Spars kommt zu dem Ergebnis: "Seit 2000
bis 2015 wechselten somit knapp 3,2 Millionen
Wohnungen den Eigentümer (Transaktionen ab 800
verkauften Wohnungen im Paket), davon alleine
rund 1,3 Millionen Wohnungen zwischen 2004 und
2007". (Spars, S. 2) Eine zweite Verkaufswelle,
mit jährlich im Durchschnitt 320.000 Wohnungen
(täglich also fast 1.000) schwappte zwischen
2013 bis 2015 über den Wohnungsmarkt.
In den Jahren
ab 2010 sind es häufig die gleichen Wohnungen
oder auch Wohnungsunternehmen, die den
Eigentümer wechseln. Spars: "Seit dem Jahr 2010
liegt der Anteil der Wiederverkäufe an den
Transaktionen bei über 70 Prozent (BBSR 2015).
Immer mehr Investoren ‚der ersten Stunde‘
verkauften in den letzten Jahren an
Wohnungsunternehmen und etablierte Player des
Wohnungsmarktes". (Spars, S. 3)
Die
"Investoren der ersten Stunde" waren
größtenteils reine Finanzinvestoren, die die
Wohnungen in erster Linie als
Spekulationsobjekt betrachteten. Sie kauften
die Wohnungen oder auch kleinere
Wohnungsunternehmen in der Absicht, sie nur
kurzfristig zu halten und zu verwerten, also
mit Gewinn weiter zu verhökern. Dazu passt
auch, dass sie vorrangig sanierungsbedürftige
Wohnungen aus dem unteren Preissegment der 50er
bis 70er Jahre kauften. Diese sanierten sie
dann, legten die Sanierungskosten auf die
Mieter um, katapultierten die Wohnungen in ein
höheres Preissegment und verkauften i.d.R. die
Wohnungen wieder – mit erheblichem Gewinn.
An die Stelle
der Finanzinvestoren traten zunehmend größere
und große Immobilienkonzerne und
Wohnungsunternehmen, die die Wohnungswirtschaft
professionell-gewerblich betrieben. Sie kauften
Wohnungen, um ihren Gesamtprofit durch höhere
Mieteinnahmen zu mehren und gewisse
Skaleneffekte zu erzielen: Senkung der
Fixkosten (Verwaltung, Management),
Bewirtschaftungskosten (z.B.
Hausmeister-Service) pro Wohneinheit. Auch sie
nutzen den Sanierungsspielraum (mit der
gesetzlich erlaubten Umlage auf die Mieter) und
den Mieterhöhungsspielraum. "Die größten
Mietsteigerungen (…) konnte mit
durchschnittlich fast 20% die seit 2013 zur
Deutsche Wohnen AG gehörende Berliner GSW
realisieren", heißt es bei BBSR 2017. Spars:
"Es lässt sich jedoch grundsätzlich erkennen,
dass die börsennotierten Unternehmen
Mieterhöhungsspielräume, die bei Mieterwechsel
oder bei Modernisierung entstehen,
weitestgehend ausnutzen". (Spars, S. 6)
Auch für
Finanzinvestoren waren große Wohnungskonzerne
interessant, vor allem wenn diese börsennotiert
waren. Vor allem nach der Finanzkrise suchten
Versicherungen, Pensionsfonds und
Vermögensverwalter nach soliden, aber dennoch
rentablen Möglichkeiten, das Vermögen ihrer
Kunden zu mehren. Vor allem in Zeiten fallender
und Nullzinsen warf Betongold für Großanleger
vergleichsweise solide Renditen ab.
Börsennotierte Wohnungskonzerne boten sich
dabei als übersichtliche und solide
Anlageobjekte an. Gerade ausländische
Investoren entgehen dabei dem Problem, dass sie
sich dabei mit den Tücken des deutschen
Mietwohnungsmarktes herumschlagen müssen.
So ist es
nicht verwunderlich, dass erstens, die größten
privatwirtschaftlichen Wohnungsgesellschaften –
mit einer Ausnahme: Vivawest (121.000
Wohnungen; Anteilseigner RAG und IB BCE) – alle
börsennotiert sind (Vonovia, der größte
Wohnungskonzern, ist im Dax-30 gelistet.
Deutsche Wohnen, LEG, TAG, Grand City
Properties im M-Dax und der kleinste, Adler
Real Estate, im S-Dax.), und sich zweitens die
sechs größten Wohnungskonzerne in den Händen
internationaler Finanzinvestoren, vor allem aus
den USA, befinden (Soweit nicht anders
angegeben, alle Angaben aus dem Jahr 2018.)
Zu beachten
ist: wenn das Aktienkapital weitgehend in
Streubesitz ist, genügt größeren Aktionären ein
relativ geringer Prozent-Anteil (etwa über 5 –
10%), um beherrschenden Einfluss auf die AG
ausüben zu können.
Wohnungs
konzern |
Sitz |
Wohnungen und
Wohneinheiten |
Aktionärsstruktur |
Großaktionäre zusammen |
Gewinn
in €
vor Steuern |
Gewinn
in €
nach Steuern |
Vonovia |
Bochum |
396.000 |
-
BlackRock:
7,5%
-
Norges Bank:
6,6%
-
Massachusetts Financial Services (MFS):
2,7%
|
16,8%
Rest: Streubesitz
|
3,9 Mrd. |
2,4 Mrd. |
Deutsche
Wohnen |
Berlin |
164.000 |
-
BlackRock:10,2%
-
MFS: 9,94%
-
Norges Bank:
6,93%
-
State Street
Corporation: 3,10%
|
30,17%
Rest: Streubesitz |
2,83 Mrd. |
1,83 Mrd. |
LEG
Immobilien |
Düsseldorf |
134.000 |
-
BlackRock:
9,7%
-
MFS: 9,3%
-
Axa
(Versicherungs-Gruppe, Fkr): 3,0%
-
BNP-Paribas
(frz. Großbank): 2,8%
-
Norges: 2,7%
|
27,5%
Rest: Streubesitz |
1,1 Mrd. |
0,84 Mrd. |
TAG
Immobilien |
Hamburg |
84.000 |
-
MFS: 11,4%
-
Capital
Group Companies
(US-Investmentgesellschaft): 9,6%
-
BlackRock:
6,1%.
|
27,1%
Rest: Streubesitz |
0,54 Mrd. |
0,49 Mrd. |
Grand City
Properties |
Luxemburg |
87.000 |
-
Größter
Einzelaktionär: Immobiliengesellschaft
Aroundtown: 38%
(Diese gehört zu 36% dem Investmentbanker
und Immobilienspekulanten Yakir Gabay)
|
|
0,70 Mrd. |
0,49 Mrd. |
Adler Real
Estate
|
Berlin
|
62.000 |
-
Mezzanine
Investors (Luxemburg): 14,4%
-
Fairwater
Multi-Strategy Investment (Irland): 13,5%
-
Klaus Wecken
(Schweiz): 14,9%
-
Thomas
Bergander: 6,7%
-
Eigene
Aktien: 3,6%
|
53,1%
Rest: Streubesitz |
0,45 Mrd. |
0,27 Mrd. |
BlackRock: US-Fondsgesellschaft,
größter Vermögensverwalter der Welt (über
6,5 Billionen Dollar verwaltetes
Vermögen)
Massachusetts Financial Services MFS:
USA, eine der ältesten
Vermögensverwaltungsgesellschaften der
Welt
Norges
Bank: Norwegens Staatlicher
Pensionsfonds (größter Staatsfonds der
Welt)
Quelle:
Wohneinheiten (Statista);
Gewinne/Profite. Geschäftsberichte |
Die sechs
größten börsennotierten Wohnungskonzerne
verfügten über einen kumulierten
Wohnungsbestand von 927.000 Wohnungen; 113.000
WE mehr als im Jahr 2015: + 14%.
Bezogen auf
den gesamten Geschosswohnungsbestand (20,8
Millionen WE) sind das nur knapp 5 Prozent
(4,46%), aber immerhin fast ein Viertel (24%)
des Wohnungsbestands Privatwirtschaftlicher
Wohnungsunternehmen (Aufteilung siehe oben).
In
Ballungszentren sind die Anteile weit größer:
in Berlin z.B. verfügen Vonovia und Deutsche
Wohnen zusammen über 10 Prozent aller
Mietwohnungen; in Kiel gehören der Vonovia etwa
ein Viertel Mietwohnungen, in Dresden sind es
rund 15%. (Savills/Schenk, S.6)
Profite
Die sechs
Wohnungskonzerne holten 2018 aus ihren Mietern
einen Brutto-Profit (vor Steuern) von
aggregiert fast zehn Milliarden heraus: 9,52
Mrd. Euro. Nach Steuern blieb davon ein
Netto-Profit von 6,32 Mrd. Euro. Dieser wird zu
etwa der Hälfte als Dividende an die Aktionäre
ausgeschüttet – zuvorderst an die
Finanzkonzerne und Vermögensverwalter
BlackRock, MFS und andere. Mieter sind so
gesehen Melkkühe, die Vermögende noch reicher
machen. Der restliche Teil der Netto-Profite
wird in der Regel für Investitionen verwendet,
aber weniger für den Bau neuer Wohnungen, denn
für den weiteren Aufkauf von Wohnungsbeständen.
Bei
Enteignung der Konzerne und Überführung in
Gemeineigentum ließen sich statt Dividenden
und Wohnungsaufkäufen jährlich etwa 40.000
Wohnungen bauen.
Bei Enteignung
der Konzerne und Überführung in Gemeineigentum
ließen sich statt der jetzigen Profite für
Dividenden und Wohnungsaufkäufen, sehr wohl
Wohnungen bauen: bei 6,3 Milliarden Euro
Nettoprofit etwa 40.000 (ohne
Grundstückskosten).
Auch der Staat
verdient am jetzigen Mietwucher: Die Differenz
zwischen Bruttogewinn und Nettoprofit – bei den
sechs Wohnungskonzernen gut drei Milliarden
Euro – ist größtenteils auf Ertragsteuern
zurückzuführen (teilweise auch Zinsen – drei
der sechs Konzerne weisen nur das EBIT aus =
Earning Before Interest and Taxes: Gewinn vor
Zinsen und Steuern). Nehmen wir den
Steueranteil mit zwei Drittel, dann kassiert
der Staat über zwei Milliarden Euro an
Steuereinnahmen, allein von den sechs
Konzernen. Das ist weit mehr als die
Öffentliche Hand pro Jahr an Zuschüssen für den
Sozialen Wohnungsbau bereitstellt. 2019 leistet
der Bund 1,5 Mrd. Euro so genannte
Kompensationszahlungen ("Entflechtungsmittel")
an die Länder, die seit 2006 für den Sozialen
Wohnungsbau zuständig sind (in den Jahren davor
waren es noch weniger). 2020 sollen es zwei
Milliarden zweckgebundene Finanzhilfen für den
Sozialen Wohnungsbau sein (BGBl. I, S. 404).
(zu "Sozialer Wohnungsbau", s. Holm/Schreer,
Mietpreis-Explosion und Wohnungsnotstand,
isw-report 116/117, S. 33 – 38).
Privatwirtschaftliche Wohnungskonzerne bauen in
der Regel keine Wohnungen, sie kaufen Wohnungen
auf. Am liebsten im Tausenderpack, indem sie
kleinere Wohnungsunternehmen übernehmen bzw.
mit ihnen fusionieren. Den größten Coup plante
Vonovia im Jahr 2015: Der größte deutsche
Wohnungskonzern wollte den zweitgrößten, die
Deutsche Wohnen für 14 Milliarden Euro
übernehmen. Es wäre ein Immobiliengigant mit
mehr als einer halben Million Wohnungen
entstanden. Die Fusion scheiterte letztlich am
Widerstand der Deutsche Wohnen.
Fiskus
beschleunigt Konzentration am Wohnungsmarkt
Die Vorliebe
von Immobilienkonzernen für Übernahmen (oder
Beteiligungen) an ganzen Wohnungsunternehmen
hat auch einen steuerlichen Grund. Beim Erwerb
eines Hauses oder einer Wohnung wird
Grunderwerbsteuer fällig, je nach Bundesland
zwischen 3,5 und 6,5 Prozent. Wer allerdings
Immobilien nicht direkt kauft, sondern Anteile
an einem Unternehmen, dem diese Immobilien
gehören, zahlt in der Regel überhaupt keine
Grunderwerbsteuer. Einzige Bedingung: Der
Käufer darf nicht mehr als 95 % der Anteile
übernehmen. Felix Rohrbeck in der
ZEIT (4.2.16):"Obwohl Vonovia sich durch
die Übernahme der Deutsche Wohnen also 147.000
Wohnungen einverleiben würde, müsste der
Konzern nicht einen Cent Grunderwerbsteuer
zahlen".
Und: "Der Konzern wächst durch Zukäufe. Dadurch
‘werden Unsummen bewegt, entsteht aber keine
einzige neue Wohnung in Deutschland’,
kritisiert der Mieterbund".
Die
Konzentration auf dem Wohnungsmarkt wird sich
fortsetzen.
Literatur und Quellen:
- Andrej Holm
/ Claus Schreer: Mietpreis-Explosion und
Wohnungsnotstand; isw-report 116/117, 2019
https://www.isw-muenchen.de/produkt/report-116-117/
- Spars,
Guido: Die Etablierung großer
Wohnungskonzerne und deren Folgen für die
Stadtentwicklung. Bundeszentrale für
Politische Bildung, 2018
https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/stadt-und-gesellschaft/216870/etablierung-grosser-wohnungskonzern
- Schenk,
Matti / Savills, Eigentümerstruktur am
Wohnungsmarkt, März 2019
https://pdf.euro.savills.co.uk/germany-research/ger-2019/spotlight-eigentumerstruktur-am-wohnungsmarkt.pdf
- Das sind
Deutschlands größte Vermieter, Spiegel,
19.11.2018
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/vonovia-deutsche-wohnen-leg-deutschlands-groesste-vermieter-a-1238295.html
- Rohrbeck,
Felix: Die Schlacht der XXL-Vermieter, Die
ZEIT, 4.2.16
https://www.zeit.de/2016/06/wohnungskonzerne-fusion-vonovia-deutsche-wohnen/komplettansicht
Editorischer
Hinweis
Wir spiegelten
die Untersuchung von
http://www.kommunisten.de/rubriken/kapital-a-arbeit/7613-groesste-deutsche-wohnungskonzerne-in-der-hand-von-blackrock-co
, wo sie am 30.7.2019 erschien.
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