Deutschlands aktueller Kampf um die Ukraine
von Emil Neubauer

02-2014

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Die deutschen Gazetten berichten seit zwei Monaten per „Liveticker“ in unappetitlich „demokratischer“ Selbstgefälligkeit über die vom ultranationalistischen bis faschistischen Mob getriebenen bürgerkriegsähnlichen Vorgänge in der Ukraine. Die Art und Weise herablassender und auf Gutsherrenart aus Berlin und Brüssel verlautbarten „Beurteilungen“ und „Empfehlungen“ zur „Gewaltlosigkeit“ sind eine völkerrechtswidrige Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates. Deutschland verbietet sich beispielsweise selbst vehement die harmloseste Kritik an seiner Exportoffensive, mit der es die Industrien der EU-“Partner“ nieder konkurriert.

Der deutsche Schrei nach Beachtung der Menschenrechte durch Kiew ist eine Farce, wenn man bedenkt, dass sich dort eine auf Basis freier Wahlen legitimierte Regierung mit groben Mitteln gegen einen aggressiven Mob wehrt, während die Herren daheim wegen angeblich drohender Gefahr durch einen verlorenen Haufen von Autonomen städtische „Gefahrenzonen“ einrichten.  Daran ist abzulesen, was dem deutschen Michel droht, wenn er denn mal aufwachen würde. Deutschland und die EU-Kommission spielen tagtäglich die Brandstifter im ukrainischen Bürgerkrieg und gerieren sich dabei als biedere "Menschenfreunde".

Hier an der Stelle wird keinem einzigen nationalen geschäftsführenden Ausschuss der nationalen Bourgeoisien das Wort geredet. Schließlich ist die politische Weltarena mit der Weltwirtschaftskrise 2006 in ein Hauen und Stechen der führenden Nationalstaaten um die Neuaufteilung des Weltmarkts übergegangen. Daher verweist auch das mit der Ukraine-Krise einhergehende Herumtrampeln homophober deutscher Altparteien auf der homophoben russischen Öffentlichkeit anlässlich der Winterolympiade in Sotschi auf anderes, das auch bei der gerade gelaufenen Münchner Sicherheitskonferenz 2014 gepusht wurde: Deutschland will seine Weltmachtrolle pfäffisch ummantelt mit allen Mitteln – auch militärischen – ausbauen.

Zur Ausdehnung seiner Vormacht in Europa destabilisiert Deutschland in historischer Kontinuität des Teile und Herrschen schon lange vor 1990 die Nationalstaaten Europas in altdeutsch-völkischer Manier: in den 1990ern betrieb die deutsche Menschenrechts-Nation die sukzessive Zerlegung der BRJugoslawien, nun dynamisiert es unter gleichem Label der "Menschenrechte" den Zerfall der Ukraine und demnächst droht sich die Balkanisierung Europas nicht nur in Spanien (Stichwort Katalonien) fortzusetzen, sondern in Großbritannien (Schottland), Belgien (Flandern), Italien (Südtirol, Padania)...

Sich gegenüber der virulenten Gefahr der völkischen Sezessionskriege in europäischen Nachbarländern ahnungslos gebend plädierte der deutsche Oberhirte selbst auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit preußischer Chuzpe für die deutsche Formel „Menschenrecht bricht UN-Völkerrecht“:  

Das Prinzip der staatlichen Souveränität und der Grundsatz der Nichteinmischung dürfen gewalttätige Regime nicht unantastbar machen. Hier setzt das 'Konzept der Schutzverantwortung' an: Es überträgt der internationalen Gemeinschaft den Schutz der Bevölkerung vor Massenverbrechen, wenn der eigene Staat dieser Verantwortung nicht nachkommt. Als äußerstes Mittel ist dann der Einsatz von Militär möglich, und zwar nach sorgfältiger Prüfung und Folgenabwägung sowie Ermächtigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.“(1)  

Das erinnert fatal an die Konzeption eines liberalen oder gar ethischen Imperialismus deutscher Färbung von 1915 des Pfaffenbruder Friedrich Naumann(2).  

Die Spatzen der GroKo pfeifen es auf allen Wellenlängen: die ökonomische europäische Vormacht Deutschland beansprucht jetzt auch die offene politische Führung in der EU samt einer Vereinheitlichung der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs- und Militärpolitik der EU. Deutschland will auf dem Rücken des von ihm neu geordneten Europa seine Weltmachtrolle ausbauen. Die EU-Kommission flankiert als deutsches supranationales EU-Exekutiv-Organ den dritten Neuordnungsversuch Berlins, um selbst zu überleben. Beim Stichwort „Europa“ sollte stets bedacht werden, was der NS-Ober-Europäer überhaupt: Werner Daitz, Mitglied des Außenpolitischen Amtes, 1940 in einer Denkschrift von sich gab:  

"Wir müssen grundsätzlich immer nur von Europa sprechen, denn die deutsche Führung ergibt sich ganz von selbst aus dem politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, technischen Schwergewicht Deutschlands und seiner geografischen Lage."(3) 

Das Mantra Europa ist ist aus der Sicht Deutschlands die Chiffre für Europa als Bundesstaat unter impliziter oder expliziter deutscher Führung als Zweckgemeinschaft zum Aufstieg zur Weltmacht – nun auch des 21. Jahrhunderts. Hierin spielt Russland für Deutschland eine Sonderrolle. Die Vorgänge in der Ukraine 2013/14 blieben ohne die Herstellung dieses Zusammenhangs unverständlich.

Daher dazu folgend ein Auszug aus Kapitelfolge 32 vom 16.01.2014 von: Der hässliche Deutsche – dritter Akt? - Teil I: Kritik der deutschen Zustände und Ideologie, insbesondere der deutschen Außenpolitik der Berliner Republik nach 1989  

Zwischenbilanz III: Deutschlands Stellung im Weltmachtgefüge nach 2010
[Es erfolgt die Weiterleitung zur "Proletarischen Plattform]

Anmerkungen

1) Rede Bundespräsident Joachim Gauck zur:
Eröffnung der 50. Münchner Sicherheitskonferenz 31.01.2014

2)
Friedrich Naumann, Mitteleuropa, Berlin 1915  
3)
Werner Daitz, Europa-Charta (PDF) 1940
http://www
.uni-tuebingen.de/gerd.simon/DaitzEuroCharta.pdf 

 

Editorische Hinweise

Wir spiegelten den Aufsatz von: http://www.proletarische-plattform.org