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  KOMMUNISTISCHE STREITPUNKTE - Zirkularblätter - Extra zum Krieg - 16.10.1999 - Onlineversion

Liga für die IV. Internationale                                                        Anfang Mai 1999
 

BRD/US/UN/NATO raus aus dem Balkan

Verteidigt Jugoslawien - zerschlagt die imperialistischen Angriffe!

Das vierte Reich: zurück zum Balkan

Gegen alle mörderischen bürgerlichen Nationalisten - 
Für eine sozialistische Förderation des Balkans!

   
für die  Kommunistischen Streitpunkte eingereicht von Marc R., Teilnehmer am Offenen Kommunistischen Forum Hamburg

Letzten Oktober hielt der deutsche Bundestag eine historische Sitzung in Berlin, der neuen Hauptstadt Großdeutschlands. Als ihre letzte Tat, stimmte die ausgehende konservative Regierung von Helmut Kohl zusammen mit der von Gerhard Schröder geleiteten angehenden SPD/Grüne-Koalition dafür, die Bundeswehr in Jugoslawien einzusetzen. Dieses Ereignis fand im alten Reichstagsgebäude statt und symbolisierte die Kontinuität des deutschen Imperialismus. Hier stimmten die sozialen Demokraten zusammen mit den bürgerlichen Parteien am 4. August 1914 für Kriegskredite, als die Schlachten des ersten Weltkriegs begannen. Achteinhalb Jahrzehnte später wurde die "Berliner Republik" durch Abstimmung für imperialistischen Krieg eingeführt.
Sechs Monate später griff die Luftwaffe noch einmal Belgrad an. NATO-Flugzeuge lassen den Tod auf die jugoslawische Hauptstadt regnen, und versuchen, die Wirtschaft durch die Sprengung von Fabriken, Brücken und Eisenbahnen überall im Land zu zerstören. Jetzt bombardieren die Imperialisten Flüchtlingskolonnen in Kosovo, und tun dies als „kollateralen Schaden" in ihrem „humanitären" Krieg ab. In den letzten Monaten hat die Clinton-Regierung Krieg im Balkan gefordert, um nach einem Jahr des Skandals in Washington ihre militärische Kraft zu zeigen und um Weltpolizist in einer US-dominierten Neuen Weltordnung zu spielen. Aber für das letzte Jahrzehnt hat deutsche Imperialismus eine erbarmungslose Kampagne betrieben, um Jugoslawien zu zerstückeln.
Vom monarchischem Zweitem Reich über das faschistischen Dritten Reich bis zum „demokratischen" Vierten Reich hat deutscher Imperialismus versucht, seine Herrschaft dem südöstlichen Europa aufzuerlegen und die lokalen bürgerlichen Staaten schwach und geteilt zu halten. Zu diesem Zweck hat Kaiser Wilhelms Reichswehr, Hitlers Wehrmacht und die Bundeswehr alle Serbien angegriffen. Wenn Lateinamerika der „Hinterhof" des Yankee-Imperialismus ist, ist der Balkan das Hinterland des deutschen Imperialismus, eine Quelle von Märkten, Nahrungsmitteln und Rohstoffen, die in Kriegszeit unerläßlich sind. Während die USA und das Deutschland der NATO heute Angriff zusammen durchführen, wird im Balkan die Saat gesät für neue Kriege zwischen den Imperialisten.
Nach der Niederlage Nazideutschlands im Zweiten Weltkrieg, wurde ein westlicher deutscher imperialistischer Staat wiederhergestellt. Für mehrere Jahrzehnte wurde die Bonner Republik häufig als ein „ökonomischer Riese und politischer Zwerg" beschrieben. Entschlossen, das horrende Erbe der Nazi-Holocaust in Vergessenheit zu bringen, behielten Deutschlands „demokratische" kapitalistische Herrscher ein politisch niedriges Profil und konzentrierten sich darauf, die mächtigste Wirtschaft in Europa aufzubauen. Heute ist Deutschland die Achse der kapitalistischen europäischen Union, dessen neue Währung, der Euro, einfach eine verkleidete D-Mark ist. Jetzt bringt ein „selbstsicheres" (in den Worten des Kanzlers Schröder) Deutschland politisch und militärisch Einfluß zur Geltung.
Viereinhalb Jahrzehnte lang lief die Front des Kalten Kriegs mitte durch Deutschland: im Osten lagen die bürokratisch degenerierten und deformierten Arbeiterstaaten des sowjetischen Blocks und im Westen lag der NATO-Imperialismus. Für viele Jahre wurden Westdeutschlands imperialistische Ambitionen von der Existenz der DDR (und hinter ihr, die Militärmacht der Sowjetunion) gebremst. Dem Zusammenbruch des stalinistischen Regimes der DDR Ende 1989 folgte 1990 der Anschluß des ostdeutschen deformierten Arbeiterstaats an die kapitalistische BRD im Blitzkrieg-Tempo. Seitdem hat ein zuversichtlich gewordenes Groß-Deutschland ver-sucht, seine Vorherrschaft über Europa zu festigen.
Aber es dauert bis 1999 und der Installation einer Koalitionsregierung von SPD und ex-pazifistischen Grünen, um dieses Programm vollständig zu realisieren. Diese kapitalistische Regierung der „Linke" tut, was Kohl in zwei Jahrzehnten bürgerlicher Kabinette zögerte zu versuchen. SPD-Kanzler Schröder, Kriegsminister Scharping und Innenminister Schily, sowie der grüne Außenminister Fischer waren alle in der „Friedens"bewegung der achtziger aktiv. Heute führen sie die militärische Aggression des deutschen Imperialismus an, und sie bremsen Massenproteste durch eine Volksfront der Klassenkollaboration. In der linken Presse ist viel über einen „Verrat"der früheren „rot" (oder wenigstens rosa) Achtundsechzigern an ihren jugendlichen Idealen geschrieben worden. Auch hier gibt es eine Kontinuität: Vor 15 Jahren demonstrierten sie gegen die Stationierung von US Pershing-Raketen und sie waren gegen den NATO-Militarismus aufgrund pazifistisch/environmentalistisch gefärbtem deutschen Nationalismus. Heute sind sie NATO Kriegshetzer, die deutsche Tornados und Leopard-Panzer gegen Jugoslawien senden, wieder in den nationalen Interessen des deutschen Imperialismus.
Ein Kampf gegen die „rot-grüne" Militaristen verlangt keine neue Auflage der schwarzrotgold-deutsch- nationalistische „Friedens"bewegung, sondern eine internationalistische Mobilisierung der Arbeiterklasse überall in Europa und in den USA. Eine breite Palette von Reformisten und Pseudorevolutionären rufen in sozialpazifistischem Chor dazu auf, die Luftangriffe zu beenden und die Soldaten nach Hause zu bringen, bevor sie beschädigt werden. Echte Kommunisten dagegen nehmen Stellung in diesem Kampf. Es ist die dringende Pflicht der Arbeiterbewegung, scharfen Klassenkampf zu unternehmen, um Jugoslawien zu verteidigen und den imperialistischen Angriff zu besiegen. Wie Lenins Bolschewiki im Ersten Weltkrieg es taten, ist es notwendig, den imperialistischen Krieg mit Klassenkrieg zu bekämpfen. Gegen Burgfrieden ist letztendlich Bürgerkrieg auf der Tagesordnung, um das kapitalistisch-imperialistische System, das solche Kriege züchtet, zu zerschlagen.
Hinter dem aktuellen Krieg in Jugoslawien steckt ein Tauziehen zwischen den großen imperialistischen Mächten, die heute noch Verbündeten, aber auch in zunehmenden Maße Konkurrenten sind. Washington will die NATO als Deckung für seine Rolle als Weltpolizist. Berlin sowie Paris und London wollen eine „europäische Verteidigungsidentität", um amerikanische Dominanz abzuschütteln. Hinter anscheinend obskurem Handelsstreit über Bananen und Luxusgüter verbirgt sich einen Kampf über die Kontrolle der Ölreserven des Kaukasus und des ehemaligen Sowjetzentralasien. Der Krieg in Jugoslawien bereitet eine zukünftige Kraftprobe zwischen den imperialistischen Kräften vor. Die Folgen würden sich vielleicht nicht so unmittelbar auswirken wie in den 1912–13 Balkankriegen, die den Ersten Weltkrieg ein Jahr später auslösten. Die Konturen einer zukünftigen Auseinandersetzung zwischen der US-Supermacht und einem deutsch-dominierten Europa nehmen aber schon Form an. 
 Die Pflicht von Revolutionären in allen imperialistischen Ländern ist es, auf der Seite der Opfern des US/Nato-Angriffs zu stehen, und ihre „eigene" Bourgeoisie resolut zu bekämpfen. In den ersten Protestwochen waren Demonstrationen in vielen Ländern sogar viel kleiner als sie während des 1991er Golfkriegs gewesen sind. Aber in solchen Zeiten scharfer internationaler Konflikte kann sich das Bewußtsein unter den Proletariern, der Jugend und den Unterdrückten rasch entwickeln. Alle historische Erfahrung zeigt uns, daß Krieg der Vater der Revolution ist. Das Gespenst eines zukünftigen imperialistischen Dritten Weltkrieges kann nur durch internationale proletarische Revolution gebannt werden. Dies ist das Programm, für das die Liga für die Vierte Internationale kämpft, in ihrer Bestrebung, eine trotzkistische Weltpartei der sozialistischen Revolution zu schmieden.
 

„Deutsche an die Front"? 

 Mitte der Achtziger unterschrieb die SPD ein gemeinsames Kommuniqué mit der ostdeutschen stalinistischen SED, das in hochtrabender Rhetorik erklärt, „nie wieder soll Krieg von deutschem Boden ausgehen". Damals versuchte die SPD, Ostdeutschland durch seine Ostpolitik zu unterhöhlen („Wandel durch Annäherung"). Jahrzehnte verräterischer stalinistischer Politik, eine „friedliche Koexistenz" mit dem Imperialismus zu suchen, bereiteten den Weg für die Konterrevolution. Die Sozialdemokratie wurden die Speerspitze der kapitalistischen Wiedervereinigung, welche die DDR und ihre (bürokratisch verzerrten) sozialen Eroberungen zunichte machte. Sehr bald fingen die deutschen Kapitalisten an, die Gewerkschaften und die Wohlfahrtseinrichtungen des „Sozialstaates" anzugreifen. Letzteres wurde als „deutsches Modell" gelobt, bis zur angeblichen Verbannung der „roten Bedrohung". Nun ist es als unprofitabel angesehen. Und jetzt (ein Jahrzehnt später) ist ein imperialistischer Krieg der Aggression von deutschem Boden ausgegangen.
 Als die SPD 1914 ihre Evolution zur reformistischen Unterstützung des deutschen Kapitalismus durch die Abstimmung über die Kriegskredite vollendete, erklärte Kaiser Wilhelm, daß er „nicht mehr Parteien kenne, nur Deutsche". Im Bundestag sind heute 96 Prozent der Abgeordneten Teil der Kriegspartei. Die PDS, die neugeborenen Sozialdemokraten, die aus der ostdeutschen stalinistischen SED herauskamen, stimmten gegen den Bundeswehr-Einsatz. Aber sie will nur dem imperialistischen Angriff eine UN-Maske aufsetzen, wie im koreanischen Krieg 1950-53. Der parlamentarische Führer der PDS, Gregor Gysi, erklärte nach seiner Reise zu Belgrad: „Die Alternative heißt UNO. Die Kompetenz muß von der NATO zur UNO übergeben werden, um damit auch der bisherigen Weltordnung zu entsprechen" (Neues Deutschland, 15. April). 
Trotz Gysis eindeutiger Loyalitätserklärung gegenüber der bestehenden (kapitalistischen) Weltordnung, war die SPD über seinen Besuch beim jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miloševic empört. Schröder erklärte, die PDS müsse aufpassen, sich „nicht langsam den Vorwurf einhandeln, von einer fünften Kolonne Moskaus zu einer fünften Kolonne Belgrads zu werden". Aber die PDS dient der deutschen Bourgeoisie treu. Am Wochenende nach den ersten Bombenangriffen organisierten sie eine „Antikriegs"-Demonstration von etwa 20.000 Personen auf dem Berliner Alexanderplatz. Gleichzeitig teilten die PDS Führer mit, daß die Partei die Koalitionsregierung in Mecklenburg nicht verlassen würde oder ihre „Duldung" der SPD Regierung in Anhalt-Sachsen beenden würden. Sicher tun diese eingefleischte Reformisten nichts, um die Arbeiterklasse gegen den Krieg zu mobilisieren. Die PDS ist nur Junior-Partner der Kriegskoalition. Im Gegensatz zu den Grünen wurde ihnen die Möglichkeit noch nicht angeboten, ihre „Antikriegs"-Berufung zu versteigern.
Vor allem versuchen die PDS und ihre „linken" Anhänger sich den Interessen des deutschen Imperialismus anzubiedern, indem sie versuchen, die Schuld am jugoslawischen Krieg ausschließlich den Amerikanern zu geben. In seinem Neuen Deutschland-Interview erklärte Gysi: „Und was den Integrationsprozeß in Europa betrifft – Jugoslawien gehört nämlich zu Europa – sind wir hier um Jahre zurückgeworfen. Daran kann nur eine Macht Interesse haben – die USA." 
Noch offenere Appelle an den deutschen Imperialismus wurden von der junge Welt veröffentlicht – Sprachrohr für verschiedene Reste der stalinistischen SED (die Kommunistische Plattform wie auch die westdeutsche DKP). Nachdem der Bombenangriff begann, führte die Zeitung Interviews mit dem ehemaligen deutschen Flottenadmiral und Chef des militärischen Abschirmdienstes (MAD) Elmar Schmähling und mit dem CDU-Bundestagabgeordneten Willy Wimmer, der den Bombenangriff als einen „großen Fehler" kritisiert. 
Besonders offensichtlich war ein Kommentar vom Hauptredakteur der junge Welt, Werner Pirker, unter dem Titel „Ein deutsches Wort":
 „Es besteht kein europäisches und auch kein deutsches Großmachtinteresse, Serbien ins historische Niemandsland zu befördern, zumal die Herren ihrer eigenen Propaganda von Serbien als dem letzten Bollwerk des Kommunismus nicht unbedingt Glauben schenken dürften. Trotzdem gelang es der überseeischen Supermacht weitgehend problemlos, ihr Destabilisierungskonzept für Südosteuropa gegen die ursprüngliche Kontaktgruppen-Position durchzusetzen, die Integrität Jugoslawiens für ungültig zu erklären und die großalbanischen Halluzinationen zur Aggression in eigener Sache zu nutzen. Denn mit der Unterwerfung Jugoslawiens wäre die Einkesselung Rußlands vollendet. [...]
Seit Bismarck haben die Deutschen dem Verhältnis zu Rußland außerordentliche Bedeutung zugemessen. Ihr Versuch, die russische nationale Existenz auszulöschen, setzte ihrer eigenen beinahe ein Ende. Die Blockade, die nun vom IWF über Rußland verhängt wird, verfolgt das gleiche Vernichtungsziel. Und das Ziel der neoliberalen Supermacht nach alleiniger Weltherrschaft."
Also, diesen angeblichen Linken zu Folge, war das Problem mit Hitler, daß er „deutsches Großmachtinteresse" bedrohte!! Possenhaft! Pirkers „deutsches Wort" ist ein besonders groteskes Beispiel eines verbreiteten Themas in den Antikriegsprotesten. „Amis go home!"-Rufe sind im deutschen nationalistisch-pazifistischen Milieu fast instinktiv geworden. 
Zu behaupten, daß der deutsche Imperialismus keine eigenen Interessen daran hat, Jugoslawien militärisch anzugreifen und zu zerstückeln, bedeutet, ihre eigene Bourgeoisie zu entlasten. . . und mehr als ein Jahrhundert deutscher Geschichte zu leugnen. Die kontinentale Macht Deutschland versuchte wiederholt ihre eigene Vorherrschaft über „den Südosten" einzuführen, d.h. die Verhinderung oder die Zerstörung jedes Staats, der die Südslawen umfaßt. Die deutsche Linke baut auf bürgerliche Antikriegssentiments und appelliert an imperialistische „Nationalinteressen". Damit erklärt sie ihr Loyalität gegenüber ihren bürgerlichen Herrschern in zukünftigen imperialistischen Konflikten, genauso wie Schröder, Fischer und Scharping es taten in der deutsch-nationalistischen „Friedens"-bewegung der Achtziger.
Der soziale Patriotismus von vielen „Antikriegs"-Sprechern nimmt lächerliche Ausmaße an. So hat PDS-Bundestagsabgeordneter Winfried Wolf das Gespenst angehoben: „Sagen sich die Alliierten möglicherweise erneut, wie Ende des letzten Jahrhunderts beim Boxer-Aufstand in China, ,The Germans to the front‘?" (Junge Welt, 10. April). Wolf wurde lange mit Ernest Mandels Marke des Pseudotrotzkismus verbunden. Also haben wir hier das Spektakel dieses Ex-Pseudotrotzkisten, der besorgt ist, daß die arme Bundeswehr von ihren Verbündeten in die Front gedrängt wird! Deswegen will er Kriegsminister Scharping fragen „wie [...] ist es um den Schutz der deutschen Soldaten im mazedonischen Tetovo bestellt?" Er befürchtet, daß das Bundeswehr-Lager dort einem Angriff durch serbische Artillerie, Milizen oder sowjetische „Frog" Boden-Boden-Raketen ausgesetztsein könnte!! Jedoch halten sich die mazedonischen Expeditionskorps der Bundeswehr bereit, in Jugoslawien als Frontkämpfer für das Vierte Reich einzudringen.
Es ist die deutsche Bourgeoisie, die „Germans to the front" befürwortet. Das rosa und olivgrüne Kabinett hat die Gelegenheit eifrig ergriffen, deutsche militärische Macht im Ausland einzusetzen. „Humanitäre" Kriegspropaganda wird verwendet, um historische Aversionen sowohl zuhause als auch auf dem Rest des Kontinents zu überwinden, um zu sehen, wie deutschen Truppen wieder durch Europa marschieren. Wenn sich amerikanische Generäle und die strategischen Analysten des Weißen Hauses sich um ein „Vietnam Syndrom" sorgen, das militärische Abenteuer im Ausland bremst, sind ihre deutschen Pendants zuhause mit einem noch größeren „Dritten- Reich-Syndrom" gegenüber Krieg konfrontiert.

Tauziehen in der NATO

 Es ist wahr, daß seit dem angeblichen Raçak-Massaker im Januar Washington auf Krieg gegen Jugoslawien gedrungen hat. Dies war der opportune Vorwand für die Bombenangriffe. In einem einzelnen Raketenangriff auf eine Flüchtlingskolonne wurden zweimal so viele Albaner von der US-Luftwaffe getötet als in diesem finsteren Vorfall in einem von der Kosovo Befreiungsarmee (UÇK) kontrollierten Bereich starben.
Ein früherer Funktionär von „Ärzte ohne Grenzen", Jean Christophe Rubin bemerkte in Le Monde
„Die NATO definiert einen Feind, droht ihm und greift letztendlich an und zerstört ihn... Um so eine Maschinerie in Bewegung zu bringen, einem Auslösermechanismus ist notwendig... Der Hebel der NATO ist heute... humanitär. Es braucht Blut, ein Massaker, etwas, das die öffentliche Meinung so wütend macht, daß es eine gewalttätige Reaktion begrüßen wird ... Um es ganz offen zu sagen: Der Westen braucht Leichen... In Kosovo warten wir auf sie, und wir bekommen sie."
Er wies darauf hin, daß in diesem Einsatz sogenannte nicht-staatliche Organisationen (NGOs) und „Menschenrechts"organisationen eine Schlüsselrolle beim Vorbereiten des Terrains spieen. Und dann gibt es die Rolle der Medien in der Kriegshetze. Die taz versucht seit Monaten Kriegsstimmung zu erzeugen. Sie veröffentlichten Berichte über Massaker in Kosovo, die später dementiert werden mussten.
Die Herrscher der USA haben zwar am meisten auf einen militärischen Angriff auf die Serben gedrungen. Sie wollen aber an der Spitze der Truppe stehen und sich vergewissern, daß sie unter amerikanischem Befehl bleibt. Schon vor einem Jahr verweigerte Bonn seine Zustimmung zur Unterbindung von Waffenlieferungen aus Albanien an die UÇK. Bonn sagte, dies wird „Unterstützung des serbischen Unterdrückersystems gegen die Kosovo-Albaner" bedeuten (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Mai 1998). Jungle World (14. April) berichtete, daß in der NATO-Planung, der Kopf des militärischen Komitees des Bündnisses, der deutsche General Klaus Naumann offen für einen Bodenkrieg eintrat. Die Mehrheit seiner imperialistischen Verbündeten wiesen dies als zu riskant zurück. Der Journalist bezieht sich auf einen Spruch der vierziger Jahre, nach dem die NATO dazu dienen sollte, „die Russen raus, die Deutschen unten und die Amerikaner drin zu halten". Er fragt: „Beim Übernehmen des Befehls des Kosovo-Krieges und der Kontrolle der von Deutschland losgelassenen Dynamik, wollten die USA die europäische Union oder ihre deutsche Führungsmacht ,unten halten‘"?
Simultan mit dem Krieg gegen Jugoslawien feiert die NATO ihren 50. Jahrestag mit einem Gipfelfest. Aber die Feiern verbergen wachsende Unterschiede. Die Kriegsplaner im Pentagon und im nationalen Sicherheitsrat wollen einen „neuen strategischen Begriff" entwickeln. Dies soll die antisowjetische Strategie ersetzen, die den USA erlaubte, Hegemonie unter den Imperialisten zu behalten. Da der gemeinsame Feind verschwunden ist, will die USA, daß die NATO als einer selbstmandatierte internationale Polizei für „out-of-area" Einsätze dient. Liberale klagen darüber, daß Washington sich nicht einmal darum kümmerte, nach einer UN Resolution zu fragen. Aber das war weder Versehen noch Arroganz – es sollte einen Präzedenzfall etablieren. 
Der wirkliche unmittelbare Faktor, der Washington dazu bewegt, die Führung der Kriegskampagne gegen Jugoslawien zu übernehmen, war nicht ein nützliches (wenn nicht überhaupt fabriziertes) Dorfmassaker, sondern eine Besprechung letzter Dezember zwischen Großbritannien und Frankreich mit deutscher Zustimmung. Diese forderte die europäische Union auf, „die Kapazität für autonome Handlung, gestützt von glaubwürdigen militärischen Kräften" zu entwickeln. Wenn Washington nicht die Führung ergriffen hätte, hätte es dieser autonomen Handlung in Kosovo gegenüber gestanden. 
Der Hauptarchitekt solch einer „autonomen" europäischen militärischen Kraft wäre derselbe General Naumann, der heute das militärische Komitee der NATO leitet. Reformistische Kritiker des jugoslawischen Krieges beklagen Washingtons Zertrampeln des Rechtes auf nationale Souveränität. Naumann aber erklärte in einem neuen Interview mit dem Stern (31. März): „Alle Bemühungen, nach Ende des Kalten Krieges eine neue Weltordnung zu schaffen, sind bisher gescheitert. Aber nationale Grenzen verlieren immer mehr an Bedeutung." Naumann wurde gefragt, ob die europäischen NATO-Länder da nicht zum Hilfstrupp für den selbsterklärten Weltpolizisten USA werden. Er antwortet: „Ohne die Amerikaner geht gegenwärtig nichts [...]Wir können doch nicht darüber klagen, daß Amerika zu mächtig ist. Den Europäern fehlt der geschlossene politische Wille". 
Wenn ein deutscher imperialistischer General erklärt, daß Grenzen immer mehr an Bedeutung verlieren und „geschlossenen politischen Wille" fordert, sind die Völker seines Hinterlandes gewarnt. 1992 veröffentlichte Naumann, damals Generalinspekteur der Bundeswehr, „Verteidigungspolitische Richtlinien," wo er das Ziel von Bundeswehr-Einsätzen definiert als: die Verteidigung von Deutschland gegen externe Gefahr und die „politische Erpressung" sowie auch „die Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des Zugangs zu strategischen Rohstoffen überall in der Welt im Rahmen einer gerechten Weltordnung". Auf dem Schlachtfeld von Jugoslawien werden heute sowohl Washingtons als auch Berlins strategische Begriffe ausgetragen, während Serben und Albaner den Preis in Form von Opfern und ökonomischer Verwüstung bezahlen. 

Wie Bonn die Auflösung von Jugoslawien durchsetzte

In unserer Erklärung vom 2. April wiesen wir auf Beweise hin, nach denen das UÇK von Anfang an vom MAD bewaffnet wurde, besonders aus NVA-Bestände. Außerdem gibt es zahlreiche Hinweise auf Verbindungen zwischen der UÇK und dem BND. Sogar die New York Times zitiert US-Beamte, die feststellen, daß diese kosovarische Marionettenarmee in Rauschgifthandel verstrickt ist. In der Tat, die ganze Operation erinnert stark an die nicaraguanischen Contras, die von Washingtons Geheimdienstlern zusammengebastelt wurden. Nur sind in diesem Fall die Puppenspieler Deutschen statt Amerikaner gewesen. Die UÇK macht kein Hehl daraus, ein bloßes Werkzeug der Nato zu sein. Jedenfalls schwenken kosovarische Demonstranten in Deutschland amerikanische Fahnen und Plakate, die verkunden: „NATO, wir sind ihre Bodentruppen!" (Spiegel, 5. April).
 Dies ist Teil einer breiteren deutschen Politik, die mehr als ein Jahrzehnt aggressiv versucht hat, Jugoslawien zu zersplittern. Die jugoslawische Föderation fiel schon aufgrund der zentrifugalen Kräfte des Marktes auseinander. Die wohlhabendere Republiken (Slowenien und Kroatien) wollten sich von der Finanzierung der Entwicklung der ärmeren Südregionen befreien. Sie suchten Zugang zur kapitalistischen „Europäische Gemeinschaft". Obwohl Jugoslawien unter Tito und seinen Nachfolgern sich als sozialistisch bezeichnete, war das durchschnittliche Einkommen in Kosovo kaum ein Sechstel dessen von Slowenien. Serbenführer Miloševic tat einiges, mit seinen nationalistischen Hetzreden nationale Spannungen zu verschlimmern, insbesondere gegen die Kosovaren. Dies spielte den prokapitalistischen kroatischen und slowenischen Nationalisten in die Hände. Die stalinistische Bürokratie unter Tito und seinen Nachfolgern unterhöhlte die Grundlagen des jugoslawischen deformierten Arbeiterstaats. So bereiteten sie den Weg vor für Konterrevolution und die Zerstörung des Landes. Aber der Todesschlag kam von Bonn.
 Als Kroatien einseitig die Unabhängigkeit erklärte, und militärische Einsätze gegen die jugoslawische Nationale Armee (JNA) Mitte 1991 begann, sagte der deutscher Außenminister Hans-Dietrich Genscher dem Zagreber Regime: „Jeder abgegebene Schuß bringt die Unabhängigkeit näher". Nicht nur die regierende CDU/FDP-Koalition befürwortete diese Linie. Die Grünen unter Fischer forderten die Anerkennung den abgespaltene nordjugoslawischen Republiken seit August 1991. Ein Kreis von SPD-Politikern um Karsten Voigt und Norbert Gansel gab den entscheidenden Stoß für einseitige deutsche Anerkennung von Slowenien und Kroatien.
 Washington sträubte sich zunächst gegen die Zersplitterung Jugoslawiens. Die USA setzte auf den ehemaligen Bankier, der an der Macht in Serbien gekommen war – Slobodan Miloševic. Deutschlands europäische Verbündete Großbritannien und Frankreich, traditionell mit Serbien verbunden, zögerten auch. Die UN hatte auf bestimmte „Menschenrechts"-Bedingungen bestanden. Diese schließen Garantien der Rechte der nationalen Minderheiten ein. Aber im Oktober 1991 stimmten sämtliche Parteien im Bundestag dafür, die abgespaltenen Republiken anzuerkennen, wenn dies nicht von der EG unterstützt würde. Und diese Anerkennung wurde unabhängig von Garantien für die Minderheiten. Als Indiz für die Wichtigkeit die Bonn dieser Sache beimaß mag gelten, daß Deutschland auf einem EU-Treffen in Maastricht im Dezember 1991 die Anerkennung der Unabhängfikeit Sloweniens und Kroatiens zu einer Bedingung für den Beschluß zur Einführung einer gemeinsamen Währung machte – zentraler Bestandteil des Maastricht-Abkommens. Der Rest der Regierung stimmte dem zu. Kohl erklärte, dies sei „ein großer außenpolitischen Erfolg für die deutsche Regierung, die seit langem auf die Anerkennung von Slowenien und Kroatien gedrungen hat". Dann ging Bonn vor und erkannte sie dennoch einseitig. Eine Woche später folgte die Anerkennung durch den Vatikan.
 Die neuen Staaten waren praktisch Neokolonien von Deutschland. Der faschistische Gewaltherrscher in Kroatien, Tudjman, erklärte: „Wir Kroaten haben keine Furcht vor einem wiedervereinigten Deutschland. Im Gegenteil, je stärker ein vereinigtes Deutschland, desto besser wird es für Kroatien." Es war niemandem entgangen, daß die zwei Staaten, die Kroatien anerkannt hatten, dieselben waren, die den faschistischen Ustascha-Staat im Zweiten Weltkrieg unterstützt hatten. Deutschland gab nicht nur diplomatische Unterstützung, es bewaffnete auch seine Neokolonie. Ein Bericht der UN klagte Deutschland an, weil es das Waffenembargo durchbrochen und Kroatien 60 Panzer geliefert hatte. Inzwischen traten Dutzende deutscher Söldner in die kroatische Armee und die HOS-Miliz ein, viele von ihnen Nazis. Die berüchtigte „schwarze Legion", der HOS, wurde von einem Deutschen geführt.
 Seit Jahren sind die westlichen Medien voll von sensationellen Berichten über „ethnische Säuberungen" durch serbische Einheiten in Bosnien und Kosovo. Die Gruelgeschichten werden selektiv ausgewählt und manipuliert, um Akzeptanz für „humanitäre Eingriff" (d.h. Krieg gegen die Serben) zu erzeugen. Geschichten über serbische Konzentrationslager wie Omarska wurde große Publizität gegeben, während kroatische Lager wie Capljina nicht erwähnt wurden. Ein Dokument des Roten Kreuz berichtete von 46 Internierungslagern in Bosnien 1993. Die Mehrheit davon (mit der größten Anzahl von Gefangenen) wurden von der bosnischen Regierung kontrollierten. Inzwischen führte die Unabhängigkeit der zwei nördlichen jugoslawischen Republiken schnell zur Zersplitterung von Bosnien-Herzegovina, und zum fünfjährigen Krieg dort, der Tausende von Leben gekostet hat. 
 Alle Seiten in diesem Kampf versuchten, nationale Minderheiten zu vertreiben, um ethnisch homogene nationale Staaten zu konsolidieren. In diesem Kampf waren die meisten „ethnisch gesäuberten" Flüchtlingen Serben. Dies schließt 250.000 Serben aus der Krajina-Region (wo sie seit Jahrhunderten gelebt hatten) ein. Sie wurden vom Tudjman-Regime vertrieben. 70.000 Serben wurden aus Sarajevo vertrieben, vom islamisch-fundamentalistischen Izetbegovic-Regime in Bosnien. Die serbischen nationalistischen Kräfte in Bosnien haben schreckliche Verbrechen begangen, genauso wie die bosnische Mosleme und Kroaten. Der Westen behauptet, „multiethnische Demokratie" in Jugoslawien zu befürworten. Tatsache aber ist, daß Serbien der ethnisch heterogenste Bestandteil früheren Jugoslawiens ist. 63 Prozent seiner Bevölkerung sind Serben, 14 Prozent Albaner und 23 Prozent andere Minderheiten. Slowenien, Kroatien und die kroatischen und bosnischen Teile von Bosnien sind alle mehr als 90 Prozent ethnisch homogen. 

Vom zweiten Reich zur vierten:
Kontinuität Deutschlands antiserbischer Politik

 Deutschlands antiserbische Politik geht bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Friedrich Liste, der „Vater deutscher nationaler Wirtschaftswissenschaften", erklärte das „ganze südöstliche Europa" zum deutschen Hinterland. Kaiser Wilhelm betrachtete es als eine Brücke zum Nahen Osten, wegen seinen Ambitionen auf eine deutsche Einflußzone von Berlin bis Bagdad. Deswegen waren deutsche Regierungen konsequente Gegner einer starken Kraft der Südslawen auf dem Balkan. Deutschland wollte den Balkan „balkanisieren", in leicht kontrollierbare kleine Staaten unterteilen. Nach der Einigung Deutschlands unter Bismarck 1870, steigerte Berlin seine Bemühungen, russischen Einfluß in der Region zu verhindern. Als 1875/76 ein Aufstand gegen das sterbende Osmanische Reich ausbrach, rebelliert die Serben mit russichen Unterstützung. Ein militärisches Dokument beschrieb, was nunmehr die konstante deutsche Politik im Balkan geworden ist: „die griechische, die albanischen und die moslemischen Elemente zu unserem Vorteil auszunutzen und diese Stämme gegen die Südslawen auszuspielen" (zitierte in Klaus Thörner „Divide et impera!" Jungle Welt, 14. April). Die Berliner Konferenz 1878 unter Bismarck etablierte Serbien, Montenegro, Rumänien und Bulgarien als kleine Staaten, die wirtschaftlich abhängig von Deutschland waren. Im Balkankrieg 1912 wurden die Staaten der Balkanliga von Rußland gegen das osmanische Reich gestützt. In der anschließenden Friedenskonferenz aber versuchten Deutschland und Österreich eine Erweiterung Serbiens zu verhindern. Albanien wurde als ein Pufferstaat errichtet, sogar mit einem deutschen Prinzen.
Als nach dem Attentat eines serbischen Nationalists auf Erzherzog Ferdinand in Sarajewo der ersten Weltkrieg ausbrach, erklärte der deutsche Kaiser, „mit den Slawen, muß man nach der Regel divide und impera verfahren" (die römische imperiale Politik von teil und herrschen). Die „Slawen werden nicht geboren, um zu herrschen, sondern zu dienen," fügte er hinzu. Wenn Serbien nicht kapitulieren würde, „wird Belgrad bombardiert und besetzt". Wie 1991 und wie heute, spielten die sozialen Demokraten eine besonders verräterische Rolle. „Die Losung ,Serbien muß sterbien‘, zuerst von der Arbeiterzeitung (dem zentralen Organ deutscher sozialer Demokratie in Österreich) erhoben, war sehr beliebt in Deutschland" (Ralph Hartmann, „Die ehrlichen Makler" Die deutsche Außenpolitik und der Bürgerkrieg in Jugoslawien. Eine Bilanz [1998]).
Nach Deutschlands Niederlage im imperialistischen Weltkrieg und der Zerschlagung von versuchten Arbeiterrevolutionen 1918 und 1923, war die Weimar Republik zu schwach, um viel im Balkan zu erreichen. Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise und den daraus folgende Handelskriegen aber wendeten sich die deutsche Regierung und die deutschen Kapitalisten in Richtung südöstliches Europa, um unerläßliche Ressourcen zu sichern, sogar bevor Hitler an der Macht kam. Unter dem Nazi-Regime führte eine „Verrechnungs"system von Handelsquoten und Preisgarantien dazu, daß der deutsche Anteil an jugoslawischen Importen von 18 Prozent 1934 auf 55 Prozent (1938, nach dem Anschluß Österreichs) anstieg (Johann Wuescht, Jugoslawien und das Dritte Reich [1956]). Die Situation war in Bulgarien und Rumänien ähnlich.
 Im Frühjahr 1941 dachte Hitler, daß er Jugoslawiens Eintritt in den Dreierpakt erzwingen könne. Als dies führte zu einem Volksaufstand April 1941, führte Nazi-Deutschland einen Blitzkrieg gegen Jugoslawien. Er fing an mit einem Bombenangriff auf Belgrad am Ostern. Hitler gab die Befehl „Jugoslawien ... als eine Staatsorganisation soll zerschlagen wurden". In seinem Tagebucheintrag für den 7. April 1941 gab Nazipropagandaminister Joseph Goebbels Richtlinien für Propaganda mit: „Kroaten: steicheln! Autonomie... Spitze gegen Serben. Vor allem bezüglich der Kroaten, Haß gegen Serben schüren". Hitler errichtet einen pro-österreichischen faschistischen „Freistaat" in Kroatien und riet Ustasha-Führer Pavelic zu einer „national intoleranten Politik, um die relativ starke serbische Minderheit in Kroatien zu reduzieren" zu verfolgen, für fünfzig Jahren. Dies ist genau das, was das kroatische Regime von Pavelic-Bewunderer Tudjman mit deutschen Waffen und amerikanischen Beratern getan hat. 
 Während des Kriegs wurde ein großer Teil Kosovos aus dem deutsch-besetzten Serbien ausgegliedert und an Albanien angeschlossen. Albanien wiederum war ein italienisches Protektorat. Als Italien sich 1943 ergab, besetzte die Wehrmacht auch Albanien. Um die jugoslawischen Partisanen zu bekämpfen, rekrutierte Himmler eine albanische Waffen-SS Bergdivision, die Skander-Beg-Division, die im Prizren in Kosovo ihre Hauptquartier hatte. Interessanterweise, sollte ein gewisser Kurt Waldheim, der zukünftige Präsident Österreichs und Generalsekretär der Vereinten Nationen, die albanischen Einsatzgruppen der Wehrmacht im Auge behalten. Damals war er Abwehroffizier der Armeegruppe E in Saloniki, verantwortlich für die ganze Südbalkanregion. Sein Kommandant erteilte folgenden Befehl: „Keine Liquidierung der Albaner in deutschen Konzentrationslagern wegen der ausgezeichneten Haltung von albanischen Einheiten auf der Ostfront".

Zerschlagt den Imperialismus durch internationale sozialistische Revolution!

 So ist es klar, daß die Politik, Jugoslawien zu zersplittern, eine Konstante des deutschen Imperialismus im 20. Jahrhhundert gewesen ist. Während deutsche und amerikanische kapitalistische Herrscher im Krieg gegen Jugoslawien verbunden sind, unterscheiden sich ihre Zwecke. Die USA wollen ihre Rolle als imperialistische Vorherrscher verstärken. Sie versuchen, ihre deutschen und anderen europäischen imperialistischen Verbündeten/Rivalen unter Kontrolle zu halten. Deutschland ist mehr an regionaler Vorherrschaft interessiert, einschließlich der Kontrolle über Rohstoffe (wie Eisen- und Chrombergwerke im nördlichen Kosovo), landwirtschaftliche Produkte und Märkte. So steht es in Naumanns Verteidigungspolitikrichtlinien. Jene, die sich auf Deutschlands Großmachtinteressen stützen, um gegen den Krieg zu sein, schlagen einfach ein wirksameres Mittel für imperialistische Vorherrschaft über die Region vor. Dies ist ziemlich explizit unter manchen im PDS-Milieu, die deutsche Politik in Richtung langfristiger Bündnisse mit dem kapitalistischen Rußland verändern wollen (wobei ihre frühere Verbindungen zur UdSSR lukrativ wären).
 Einen Admiral Schmähling, (ehemaligen Chef des MAD) aufzurufen, die Opposition gegen den Krieg zu führen ist, wie den Nazi-Abwehr-Chef Admiral Canaris dazu aufzurufen, gegen Hitler anzutreten. Aufrufe für „Frieden" innerhalb des kapitalistischen Systems bedeuten nur die Verschiebung militärischer Konflikte. Aber imperialistische „Friedenspolitik" (wie von der „rot-grüne" Koalition verkündet) wird zu einem späteren Datum Kriegspolitik. Um das imperialiste, kapitalistische System zu bekämpfen, das zu zwei Weltkriegen in diesem Jahrhundert und unzähligen regionalen Kriegen geführt hat, ist es notwendig, die Macht der Arbeiterklasse zu mobilisieren. Selbst nach großen Entlassungen hat Deutschland eines des stärksten industriellen Proletariate auf dem Planeten. Aber seine potentielle Stärke muß auf einer revolutionären Klassenbasis mobilisiert werden. 
Selbst jene „Antikriegs"-Gruppen und Personen, die sich nicht direkt auf deutsche nationale Interessen rufen, bauen ihre Opposition darauf, die angeblichen Regeln des gegenwärtigen kapitalistischen Systems durchzusetzen. Viele der Antikriegsappelle basieren auf der Klausel im Grundgesetz, wonach es illegal ist, einen Aggressionskrieg zu unternehmen. Dies ist die Art von leerem Prinzip, das viele bürgerliche Verfassungen schmückt. Es bedeutet überhaupt tnichts. Dieselbe Verfassung garantiert volle Beschäftigung, aber Deutschland hat jetzt Millionen von Arbeitslosen, so viele wie am Vorabend der Nazi Macht-Übernahme. Während solche Appelle scheinbar ein Mittel sind,breite Unterstützung zu finden indem man sich auf ein angebliches rechtliches Verbot stützt, würde dies die Massen aber nur betrügen, indem man ihnen vortäuscht, daß sie den Krieg durch solche Mittel bekämpfen können. In der Praxis bedeutet es, dieselben Bundesrichter in Karlsruhe heranzuziehen, die das Einsperren von früheren DDR Führern der DDR und die Abschiebung von Zehntausenden von Kurden gutgeheißen haben.
 Appelle an die Fiktion des „internationalen Gesetzes" und an die Vereinten Nationen, wie in einem Aufruf Berliner Gewerkschafter am 3. April, sind auch gefährlich. Die UN diente als ein Deckmantel für imperialistische Angriffe in Korea sowie im Kongo. Diese Höhle imperialistischer Räuber bereitete den Weg zum persischen Golfkrieg mit seinen Sanktionen vor. Sie versucht weiterhin den Irak zu unterjochen, und dies führt zum Tode von Hunderttausenden von Irakern. Andere heben hervor, daß die NATO eine „souveräne Nation" angegriffen hat. General Naumann, Kanzler Schröder und Präsident Clinton haben es klar gemacht, daß sie bereit sind (und sogar scharf darauf), auf der Souveränität kleiner Nationen herumzutrampeln. Aber was ist Souveränität – es ist das Recht nationalen Herrscher auf exklusive Kontrolle über „ihr" Gebiet. Durch die Behauptung, serbische „Souveränität" zu bewahren, haben Miloševic & Co. jahrelang das Recht der großen albanischen Mehrheit auf Unabhängigkeit geleugnet. Marxisten verteidigen das Recht auf Selbstbestimmung von Nationen und Nationalitäten, aber sie kämpfen um die unbeschränkte Vorherrschaft von der Arbeiterklasse durch einen proletarischen Staat. 
 Der Appell der Berlin Gewerkschafter fordert „eine Rückkehr zu Verhandlungen". Aber die „Verhandlungen" in Rambouillet waren eben keine, sondern nur ein imperialistisches Diktat. Der NATO-Entwurf enthielt das Recht von Nato-Truppen, überall in Jugsolawien hinzugehen und sich zu stationieren, auf Kosten der jugoslawischen Regierung. Dies würde nicht nur ein Kolonialprotektorat in Kosovo, sondern überall im Land einführen. Revolutionäre Marxisten fordern: BRD/USA/UN/NATO raus aus dem Balkans und bleibt draußen! Das Hauptproblem im Krieg gegen Jugoslawien ist die Frage des Imperialismus und der Kampf, um ihn zu zerschlagen. In einer Diskussion über Lateinamerika in den dreißigern stellte der bolschewistische Revolutionär Leo Trotzki die Frage, wo Revolutionäre in einem militärischen Konflikt zwischen England und Brasilien stehen sollten. Er antwortete:
  „Ich frage Sie, auf wessen Seite des Konflikts wird die Arbeiterklasse sein? Ich antworte für mich persönlich – in diesem Fall werde ich auf der Seite des ,faschistischen‘ Brasilien gegen das ,demokratisches‘ Großbritannien sein. Warum? Weil in dem Konflikt zwischen ihnennicht um eine Frage von Demokratie oder Faschismus geht. Wenn England siegreich sein sollte, stellt es einen anderen Faschisten in Rio de Janeiro an die Macht und legt Brasilien doppelt in Ketten."
– „Anti-imperialistischer Kampf ist der Schlüssel zur Befreiung" (September 1938)
Es ist nicht schwer, zu begreifen, was heute in Kosovo geschehen würde, sollten die NATO-Imperialisten die jugoslawische Armee besiegen und Serbien unterjochen. Es würde sicher zur unmittelbaren „ethnischen Säuberung" der Serben aus Kosovo führen. Irgendein anderer nationalistischer Schlächter würde an der Stelle der gegenwärtigen Herrscher installiert. 
 Heute ist es entscheidend, klare Stellung nicht nur gegen die Bombenangriffe, sondern für die Verteidigung von Jugoslawien, für die Niederlage des von deutschem und US Imperialismus geführten NATO-Angriffs und für die Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Basis eines revolutionären Programms zu nehmen. Als einen ersten Schritt rufen wir zu Arbeiteraktionen auf, um den Transport von Kriegsmaterialien auf Zügen, Lastwagen, durch Luft oder in den Häfen zu blockieren. Die Aktion von griechischen Eisenbahnern, die sich weigerten, Kriegsmaterial der NATO zu transportieren, sollten andere Taten ermütigen. Aber was ganz dringend erforderlich ist, ist der Aufbau einer revolutionären Partei wie die der Bolschewiki, die im Kampf gegen den ersten imperialistischen Weltkrieg geschmiedet wurde. Solch eine Partei würde seinen Kampf gegen den Krieg nicht auf Appelle zu bürgerlichen Politikern, sondern auf internationalen Aufrufe für Kampf durch die Arbeiterklasse basieren.
Es wird keine „multiethnische Demokratie" in Jugoslawien geben. Die neuen kapitalistischen Staaten hier werden auf der Basis des Anschürens von virulentem nationalem Haß gebaut. Ihnen fehlt Kapital und jede Möglichkeit, ihrer Bevölkerung adäquate Lebensbedingungen zu liefern. Was im letzten Jahrzehnt im früheren Jugoslawien geschehen ist, ist nicht das Ergebnis des „uralten nationalen Hasses", sondern einer absichtlich aufgeschürten chauvinistischen Hysterie konterrevolutionärer Kräfte. Der einzige Weg, sie zu besiegen, ist durch den Kampf für Arbeiterrevolution. Dies wäre die Basis für echte Gleichheit und Bruderschaft im Rahmen einer sozialisierten Planwirtschaft in einem Staat der auf Arbeiterräten basiert. Um diesen Staat zu führen und den Kampf dafür zu leiten, müssen leninistisch-trotzkistische Parteien aufgebaut werden, die auf dem Programm der sozialistischen Weltrevolution basieren. Dieses Programm wurde durch die Kommunistische (Dritte) Internationale in ihren frühen Jahren verkörpert und von Trotzkis Vierter Internationale weitergeführt. Die Liga für die Vierte Internationale und ihre Sektionen versuchen solch eine Partei aufzubauen. Wir wollen das revolutionäre Programm und Bewußtsein in jeden größeren Kampf der Arbeiter und Unterdrückten einbringen, sei es der Kampf gegen Polizeibrutalität, sei es die Verteidigung von Immigranten, sei es der Kampf gegen den imperialistischen Krieg.
Nach The Internationalist, Nr. 7, April/May 1999 (gekürzt)

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