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  KOMMUNISTISCHE STREITPUNKTE - Zirkularblätter - Extra zum Krieg - 16.10.1999 - Onlineversion

Heribert Sommer                                                                                September 1999

Der völkische Wahn

Eine Untersuchung und ein Plädoyer für einen radikalen Humanismus
 
H. Sommer
Teilnehmer am Offenen kommunistischen Forum Süd
Redakteur "Marxistische Kritik"
Ebersdorf, den 22.091999
An
"Kommunistische Streitpunkte"

Einreichung eines Beitrages für das Heft zum Kosovo-Krieg
 

Lieber Vollrat, lieber Ansgar, liebe GenossInnen,

wie ich eurem Heft Nr.3 entnehme, plant ihr die Herausgabe eines Heftes zum Kosovo-Krieg. Wenn dieses noch nicht erschienen ist, dann reiche ich hierfür meinen Artikel "Der völkische Wahn" ein, wenn doch, dann für eine spätere Ausgabe.

Für die von Ansgar im Vorwort angekündigte Übersicht zu Stellungnahmen über den Krieg verweise ich auf die Ausgaben der Marxistische Kritik vom Mai 1999 und die aktuelle Ausgabe Nr.9, die Beiträge zu den materiellen Kriegsgründen der Imperialisten und zum sog. Selbstbestimmungsrecht enthält.

Der Artikel Der völkische Wahn wurde von mir für die Auflage der Kommunistischen Streitpunkte um einige Punkte und eine kurze Vorbemerkung ergänzt. Entgegen meinen Andeutungen ... möchte ich doch lieber einen vollständigen Abdruck des Artikels, entsprechend der redaktionellen Grundsätze.

Bitte ladet mich, wenn es soweit ist, zu einer weiteren Versammlung des Streitpunkte-Kreises ein. An einer Diskussion in diesem Kreis bin ich sehr interessiert und werde es diesmal sicher ermöglichen können dabei zu sein - wobei es mir auch darauf ankäme den Zusammenhang zu den OKFs als Chance und theoretische Aufgabenstellung für die Streitpunkte- / Übergänger-TeilnehmerInnen zu propagieren.

Die Frage von Theorie und Praxis kann sich angesichts der bestehenden OKFs und ihrer radikal-demokratischen Grundsätze doch viel zielgerichteter stellen. Sind die OKFs nicht bereits Teil der Antwort? Ich denke ja. Die aktuelle Zusammensetzung ist dabei doch nicht entscheidend, entscheidend ist, ob die vorgegebenen Grundsätze tragfähig sind.

Revolutionäre Grüße

Heribert


Vorbemerkung zu

Der völkische Wahn

In dem vorliegenden Beitrag beziehe ich mich nicht direkt auf die entwickelte Debatte in den Kommunistischen Streitpunkten, aber dennoch denke ich, dass der Artikel vollständig im Sinne der angestrebten Erneuerung des Kommunismus liegt. Beeinflusst von Feuerbach, der die Spekulation verworfen hat, um die materiellen Dinge, zuerst den Menschen selbst, zur Grundlage der Betrachtung der Welt zu machen, wende ich mich gegen die völkische Zuordnung, die heute mit dem Begriff ethnisch verbrämt wird.
Die Aufhebung idealistischer Vorstellungen ist eine wesentliche Voraussetzung für den Zugang zum materialistischen, humanistischen Denken; sie ist eine Vorbedingung für die Wiederbegründung klassenspezifischer, kommunistischer Denkweise. Die ganze Linke, vielfach auch die, die sich selbst als kommunistisch versteht, muss erst noch "durch den Feuer-bach gehen" wie Marx schreibt. (Oder war es doch Feuerbach selbst, der dies sagte?*
Die völkische Geistesverengung, die den Menschen reduziert und erniedrigt, steht der Befreiung der Menschheit im Wege - ebenso wie die Gottesvorstellung, die noch immer sehr viele Menschen beherrscht und erniedrigt. Wie sich der Gläubige abhängig von seinem Gott fühlt, so glaubt sich der Völkische, z.B. der Deutsche, fest verbunden mit seinem Volk. Im völkischen Glauben aber erhöht sich der Deutsche, der Albaner, der Serbe usw. nur scheinbar, denn er erniedrigt sich als Mensch vor dem völkischen Zerrbild und trägt zur Reproduktion und ideologischen Rechtfertigung der herrschenden Klassen- und Ausbeutungsverhältnisse bei.
Gottesglaube und völkischer Wahn sind als idealistische Konstruktionen Zwillinge und keine Antipoden. Die Verzahnung von (spezieller) Gottgläubigkeit und völkischem Wahn ist sichtbar und zeigt sich z.B. im Kosovo darin, dass die UCK auch katholische Albaner mit völkisch-moslemischem Bannstrahl belegt und vertreibt.**
Zugang zum kommunistischen Gedanken im Sinne von Marx und Engels erhalten wir erst, wenn wir mit den nationalen und völkischen Vorstellungen und Konzeptionen brechen, die als Deformationen in die Arbeiterbewegung hineingetragen wurden und zur Abkehr von der klassenkämpferischen Praxis führten. Diese Voraussetzung ist nicht hinreichend, jedoch unerlässlich. Indirekt wendet sich die Schrift damit gegen diejenigen, die als Antideutsche mit der "Frankfurter Schule" den Klassenkampf negieren und sich ohne revolutionäres Subjekt in theoretische Verwirrung und praktischen Nihilismus stürzen. Die historischen Punkte 29 bis 36 über "nationalen Sozialismus" und Volksfrontverrat habe ich für die Kommunistischen Streitpunkte angefügt, was aber nicht bedeutet, dass das Thema für mich abgeschlossen ist - bei weitem nicht.

Heribert Sommer
22.9.1999


Gegen völkische und nationale Konzepte

Der völkische Wahn

Eine Untersuchung und ein Plädoyer für radikalen Humanismus

Zuerst gilt es festzustellen, dass zwischen völkischen und nationalen Konzepten zu unterscheiden ist. Beides kann deckungsgleich sein - muss aber nicht. Wenn Genossen aus München Zitate von Lenin anführen - wie in "Was tun" geschehen - in denen er sich zur sogenannten "nationalen Frage" äußert, um ihre eigenen völkischen Prämissen zu verteidigen, dann liegen sie falsch, sogar doppelt falsch - soviel nur vorweg.
Die Frage völkischer und nationaler Konzeptionen wird hier etwas ausführlicher behandelt - es ist Zeit dafür. Die Darstellung bezieht sich z.T. auf das Beispiel Kosovo, versucht dann aber auch zu verallgemeinern.
Beginnen will ich mit einer Replik auf Christian Zeller.1 Die Antikritik ist auch für diejenigen interessant, die Zellers Beitrag nicht kennen, denn man begegnet Zellers (bürgerlicher) Argumentation überall.
Er behauptet schon im seinem Titel etwas, was er nicht einmal in Andeutungen nachzuweisen versucht - im Grunde gar nicht behandelt. Gibt es eine "Angst der 'deutschen Linken' vor Selbstbestimmung"? Mit dem Begriff deutsche Linke polemisiert er gerade gegen diejenigen, die den Begriff deutsch für sich als Bestimmung ablehnen. Von einer Angst bei den Antideutschen und Antinationalen zu sprechen ist wenig überzeugend. Auch KommunistInnen, die sich auf die Arbeiterklasse beziehen und den Klassenkampf für nötig halten - wie wir das tun, haben keine Angst vor Selbstbestimmung - sie fragen aber danach was Selbstbestimmung denn sein soll. Wir lassen uns nicht mit undefinierten Schlagworten abspeisen und haben keine Veranlassung sie nachzubeten - erst mal prüfen, was gemeint ist! Die notwendige Vorsicht und Distanz gegenüber nationalen und völkischen Ideen aber vermisst man bei Christian Zeller - jedoch nicht nur bei ihm, auch bei den UCK-Freunden in den Reihen der KPF-München.
Zeller behauptet, Menschenrechte, Selbstbestimmung und Demokratie seien unteilbar. Er versucht damit den Begriff Selbstbestimmung vor Kritik zu schützen, indem er ihn mit zwei anderen - bürgerlich besetzten - in Beziehung setzt, die schwer angreifbar scheinen. Er setzt erst mal dogmatisch voraus, ohne auch nur ansatzweise zu sagen was er eigentlich will.
Er spricht ständig von der kosovarischen Bevölkerung, wen er damit meint spricht er nicht aus. Die kosovarische Bevölkerung wird von völkisch Denkenden in verschiedene Volkszugehörigkeiten eingeteilt. Eine Mehrheit gilt als albanisch, eine Minderheit als serbisch, montenegrinisch, gehört zu den Sinti und Roma oder ist türkisch, usw. - insgesamt werden in Kosovo über 20 Volksgruppen unterschieden. Eine gesellschaftliche Situation, die für den Balkan typisch ist.
An einer Stelle drängt sich der Verdacht auf, dass Zeller den Begriff kosovarische Bevölkerung völkisch fasst und nicht territorial. Er spricht nämlich von „Minderheitsrechten", die „den Serben" - gemeint sind die serbischen Kosovaren - zugestanden werden sollten. Damit spricht er aus, dass die Albaner in Kosovo nun das Obervolk sein sollen, wer anderer Volkszugehörigkeit ist soll einem Minderheitenrecht, einem Sondergesetz unterliegen. Er dreht damit den Spieß, den faschistische Serben vorher gegen die Albaner eingesetzt haben einfach um.
Er zitiert die Forderung von Karl Marx, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist". Genau richtig, gegen jede Unterdrückung des Menschen müssen wir sein. Diesem Ziel kommt Christian Zeller allerdings theoretisch nicht näher. Der Mensch ist ein erniedrigtes Wesen im Kapitalismus - der bei Zeller nicht vorkommt. Es geht um den erniedrigten Menschen in bestimmten Unterdrückungsverhältnissen und nicht nur um den erniedrigten Albaner oder die Albanerin.
Es darf bezweifelt werden, ob es den Menschen im Kosovo oder anderswo auf dem Balkan gefällt, dass sie - vorzugsweise von den Imperialisten - aber mitunter auch von Linken - in völkische Kategorien gepresst werden. Es muss auch bezweifelt werden, dass die Menschen in Kosovo-Methochia sich alle selbst völkisch definieren - das bezweifle ich entschieden. Und was besagte das denn? Wenn sich die Menschen für Geschöpfe Gottes halten, der sie versorgt und ihr Gott ist, dann bestärken wir sie wohl darin und kämpfen für ihre religiöse Selbstbestimmung?
Leute, die einer völkischen Bestimmung des Menschen das Wort reden bestärken die ideologische Absicherung der kapitalistischen Herrschaftsverhältnisse, sie argumentieren im Sinne reaktionärer Gegenaufklärung. Damit sind ausdrücklich auch diejenigen gemeint, die einer völkischen "Selbstbestimmung" das Wort reden. 
Die Seite der Aufklärung betont den Humanismus für den Menschen und wendet sich von religiösen wie völkischen Denkweisen ab.
Heute werden völkische Balkan-Karten mit farblich abgesetzten völkischen Gebietseinteilungen verbreitet. (siehe z.B. Taz/Le Monde diplomatique) Solche Karten sind übles rassistisches Machwerk, entstanden am Computer in Paris, Berlin oder sonstwo in einer Zeitungsredaktion und sie liefern die ideologische Munition für völkische Kriege, für rassistische Verbrechen und die Parzellierung des Balkan. Man könnte solche völkischen Karten auch für Zentraleuropa erstellen, um den Separatismus anzuheizen. Eine hässliche Vorstellung.
Zeller hinterfragt nicht mit einem Wort die Herkunft der völkischen Denkweisen, die zur Rechtfertigung von Kriegen wurden. Er befasst sich auch nicht mit den von Marx genannten Unterdrückungsverhältnissen, er kennt weder Geschichte noch ökonomische Interessen, weder Klassen, noch nicht mal soziale Schichten. Zellers Sichtweise ist durch und durch bürgerlich idealistisch, etwa so klug und tiefschürfend wie die täglichen Einlassungen der imperialistischen Fernsehkommentatoren.
Seine Hauptbegriffe sind Kosovaren, national und Selbstbestimmung und die Antinationalen werden von ihm demagogisch "deutsche Linke" genannt. Zeller polemisiert nur und reproduziert bürgerliche Denkweisen. Die Auseinandersetzung mit der völkischen Fraktion der "Linken", die den Klassenkampf negiert oder sich für "nationale Rechte" in die Bresche wirft muss geführt werden. 
Die Spaltung Jugoslawiens durch den Imperialismus und das völkische Denken

1

Ohne Beweise wird in den deutschen Medien die Behauptung aufgestellt, in Jugoslawien gäbe es eine generelle ethnische Unterdrückung durch die serbische Mehrheit. Diese falsche Behauptung ist Teil eines antiserbischen Zerrbilds, dass von natofreundlichen Journalisten in der Öffentlichkeit gezeichnet wird.
Die Tatsache, dass in Jugoslawien und in Serbien selbst, die verschiedensten ethnischen Gruppen friedlich zusammenleben wird im herrschenden Sprachgebrauch völlig übergangen. Wird von Jugoslawien gesprochen, heißt es meistens nur: die Serben. Mit ihren mächtigen Massenmedien setzen die Herrschenden Westeuropas eine völkische Sichtweise durch, die auf dem Balkan lange Zeit überwunden schien und nun schon viele Menschenleben gefordert hat. Sie betreiben eine Spaltungspolitik durch die die reaktionärsten Elemente dieser Gesellschaften aktiviert und gestützt werden. Das gilt für den autoritären Nationalisten Tudjman in Kroatien genauso wie für die großalbanischen Nationalisten und Faschisten der UCK und für den als "Teufel" verschrieenen Milosevic.
Milosevic schwimmt populistisch auf der nationalen Welle, die er selbst mit entfacht hat und nutzt die Stimmung geschickt zum eigenen Machterhalt. Milosevic und seine Partei haben mit den sozialistischen Traditionen von Titos Jugoslawien gebrochen und begonnen einen neuen serbischen Nationalismus zu begründen. Dennoch ist die BR Jugoslawien weiterhin multiethnisch, wenn auch die Mehrheit zu den Serben gezählt wird. Außer dem nationalen Populisten Milosevic gibt es aber noch andere, nämlich Faschisten, die kräftig die serbische Trommel rühren.

2

Es gibt innere und äußere Faktoren des Nationalismus auf dem Balkan. Die äußeren wie die inneren Ursachen sind ökonomischer Art und werden durch die jeweils herrschende Propaganda vermittelt.
Jugoslawien unterliegt seit Jahren einem Wirtschaftsboykott durch die EU und andere imperialistische Länder. Dieser Boykott wurde mit der Unnachgiebigkeit Jugoslawiens im Balkankrieg begründet. Er hatte tiefgreifende Folgen für die Wirtschaft und den Lebensstandard in Jugoslawien. Die Bedrohung des Landes und der Bevölkerung durch die EU und insbesondere Deutschland wurde immer mehr verstärkt.
In den sechziger und siebziger Jahren waren hunderttausende ArbeitsimmigrantInnen aus Jugoslawien in der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Die dabei gewachsenen politischen und persönlichen Beziehungen zum Westen wurden durch den Boykott untergraben und Jugoslawien wurde durch den ökonomischen Druck des Westen immer weiter in die Ecke gedrängt. Es sieht sich heute sogar gerne an der Seite Russlands, dass zu Zeiten der Sowjetunion ein Gegenspieler Jugoslawiens war. Zwischen dem Kreml und Tito hatte es einen langen Streit über die ökonomische Ausrichtung und das Verhältnis zum Westen gegeben. Jugoslawien wollte die führende Rolle der Sowjetunion nicht anerkennen und bestand auf einem eigenen sozialistischen Weg. Jugoslawien war ein blockfreier Staat und kein Anhängsel der Sowjetunion. Elemente dieses als "Titoismus" bezeichneten eigenen Weges waren eine dezentrale Wirtschaftsplanung, freie Initiative der Betriebe, der Ausbau der Arbeiterselbstverwaltung und mehr Freiheit von Wissenschaft, Kunst und Publizistik - so waren in Jugoslawien im Gegensatz zum Ostblock westliche Literatur und Zeitungen zugänglich. 

3

Der jahrelange Wirtschaftsboykott des Westens wurde zur ökonomischen Grundlage für die Entstehung eines neuen jugoslawischen Nationalismus, der auch als serbischer Nationalismus gepflegt wird. In die ökonomische und politische Isolation geraten, wurde die Nation von Milosevic zu einem einigenden Element hochstilisiert. Der Boykott, der ein Versuch des Imperialismus war Jugoslawien zur politischen Unterwerfung zu zwingen, scheiterte. Dabei war Jugoslawien den Bestrebungen des Kapitals immer aufgeschlossen. Zuletzt wurden sogar Anteile der jugoslawischen Telekom nach Italien verkauft. Allerdings weigerte sich Belgrad billige Kredite der Weltbank anzunehmen und sich auf diese Weise dem imperialistischen Wirtschaftsdiktat zu unterstellen. (Jutta Ditfurth in konkret 7/99, S.19)

4

Der Westen hat stets Partei für die Kroaten und die nichtserbischen Bosnier eingenommen. Obwohl am Beginn des Zerfalls von Bosnien-Herzegowina ein Ultimatum gegen das serbische Drittel der Bevölkerung stand und obwohl mit militärischer US-Hilfe 300.000 Serben aus der Krajna vertrieben wurden, wurde im Westen immer das Feindbild des bösen Serben gepflegt. Die Tatsache, dass es die Moslems und Kroaten waren, die Bosnien-Herzegowina gesprengt haben wurde von Anfang an verschwiegen und wird deshalb auch heute nicht bedacht. Die Tatsache, dass bei der völkischen Vertreibung der Serben aus der Krajna über tausend Menschen ermordet wurden, beschäftigt kein Kriegsverbrechertribunal, wird in der Öffentlichkeit verschwiegen - aus völkischen Gründen.
Stets wurden und werden allein die Serben für Massaker und Vertreibungen verantwortlich gemacht, obwohl sie selbst in großem Umfang zu Opfern der nationalistischen Kämpfe um Territorium wurden. Völkische Massaker der Widersacher werden bisweilen sogar gerechtfertigt. Doch vertriebene und ermordete Serben haben die einseitigen Medien des westeuropäischen Kapitalismus noch nie interessiert. Selbst ausgehungerte serbische Gefangene, die in Lagern fotografiert wurden, präsentierte man der Öffentlichkeit als leidende Moslems.
Der Westen setzt heute eine völkische Spaltungspolitik gegenüber Jugoslawien fort, die bereits bei der Abspaltung Kroatiens, Sloweniens und Bosniens vom jugoslawischen Staat massiv betrieben wurde. Massiv soll hier heißen, mit allen Mitteln: militärisch, politisch, ökonomisch und finanziell. 

5

Die BRD war und ist ein Vorreiter dieser völkisch motivierten Aufspaltungsstrategie des Imperialismus gegenüber Jugoslawien. Selbst der frühere SPD-Kanzler Helmut Schmidt sagt heute laut, dass die Anerkennungspolitik falsch gewesen sei.2 Der deutsche Einfluss im Prozess der Zerstörung des früheren Jugoslawiens war besonders verheerend. Auf dem Balkan wird die in Deutschland selbst praktizierte rassistische Politik zur Außen- und nun auch zur Militärpolitik fortgesetzt. 'Ausländer'feindlichkeit ist in Kosovo heute Serbenfeindlichkeit.

6

Die LDK (Partei von I. Rugowa im Kosovo) hat den albanisch-stämmigen Menschen im Kosovo Kontakte zu serbisch-stämmigen Menschen verboten! Wer sich nicht an dieses Verbot hielt, drohte ausgeschlossen und verfolgt zu werden. Die UCK hat dieses aktive völkische Teilungsprinzip noch blutig zugespitzt. Sie verübte Attentate auf serbische Flüchtlingslager, sie ließ albanische Kosovaren ermorden, die sich nicht an dieses Kontaktverbot halten wollten, die sich öffentlich für Jugoslawien bekannt hatten.
Die völkischen Verbote der albanischen Nationalisten sind konkreter Ausdruck angeblicher völkischer Selbstbestimmung. Diese völkischen Verbote sind inhuman. Sie setzen binationale Ehen unter kriminellen Druck, sie zerstören Familien.
Der Wahn des Völkischen, wie er von serbischen Nationalisten gepredigt wird, wurde von den nationalistischen Albanern im Kosovo mit demselben wahnhaften Chauvinismus beantwortet.
Ein Vergleich: hätten die Schwarzen in Südafrika auf die Apartheid mit schwarzem Rassismus geantwortet, wäre dies dann ein gerechter Kampf für rassische Selbstbestimmung gewesen?

7

Die selbsternannten "Humanitären" der Natomächte, sind die Feinde eines friedlichen, auf Gleichheit aller Menschen abzielenden Zusammenlebens. Sie unterstützen zur Durchsetzung ihrer Aufspaltungspläne formal die Mehrheitsvolksgruppe in ihrem Kampf gegen die anderen Volksgruppen. Humanitäre Ziele sind lediglich der Vorwand - Clinton selbst gab zu, die USA verfolgten im Kosovo besondere Interessen.
Die Menschenrechte werden mit der völkischen Brille betrachtet und auf angebliche Volksgruppenrechte reduziert. Die NATO stellt sich auf die Seite der albanischen Mehrheit im Kosovo und unterstützt die UCK, die den national-reaktionären Teil der albanisch-stämmigen Kosovobevölkerung vertritt. Die Unterstützung des Westens für die UCK währt schon länger: Die UCK gilt als eine CIA-Kreatur, die jedoch später besonders von Deutschland gepäppelt wurde. Aus der BRD und anderen NATO-Ländern fließen ihr Gelder und Waffen zu. Sie dürfen dort offen Geld sammeln, rekrutieren und sie genießen diplomatische Anerkennung.
Formal treten die Imperialisten für gleiche demokratische Rechte und für Minderheitenschutz im Kosovo ein, faktisch verteidigen sie auch damit ökonomische Interessen. Die NATO stellt sich durch ihre Deckung für die UCK aber gegen die zahlreichen anderen Volksgruppen im Kosovo und Jugoslawien. Die völkische Saat ist aufgegangen. Im Kosovo schürt die UCK die Kriegsstimmung mit vaterländischen Liedern und wer sich diesem Nationalismus entgegenstellt, dessen Leben wird bedroht.
Über hunderttausend kosovarische Serben und zehntausende Sinti und Roma wurden von den völkischen UCK-Fanatikern nach dem Rückzug der jugoslawischen Armee aus dem Land getrieben. Serbische Massaker an albanischen Zivilisten vor dem NATO-Angriff sind nicht nachgewiesen.3 Es gab kulturelle und politische Unterdrückung, Schikanen, Morde und bewaffnete Auseinandersetzungen mit UCK-Separatisten. Mit dem NATO-Bombardement stieg die Aggression gegen die albanische Mehrheit an, gab es hunderte von Morden durch serbische Faschisten und viele Opfer der Kämpfe zwischen UCK und jugoslawischer Armee. Das sind die Resultate der 'humanitären' NATO-Intervention.

8

Bei den Antinationalen, die z.T. schon lange vom Klassenkampf und manche inzwischen auch vom Antikapitalismus Abschied genommen haben, gibt es inzwischen auch polemische Distanz zum Humanismus, zum Postulat der Menschenrechte. Die Tatsache, dass der Imperialismus mit der Parole der Menschenrechte seine kriegerische Aggression legitimiert wird nicht durchschaut, wenn man beginnt die Menschenrechte selbst zu diffamieren. Die Taktik der Herrschenden sich auf die Menschenrechte zu berufen ist doch alt. Das deutsche Kaiserreich und mit ihm die Mehrheit der Sozialdemokratie legitimierte so z.B. den Krieg gegen das barbarische Russland.
Es wird unterschieden zwischen Menschen- und Bürgerrechten, welche in der Konstitution von 1793 zusammengefasst waren. Die Grundrechte waren: Gleichheit, Freiheit, Sicherheit, Eigentum. "Die praktische Nutzanwendung des Menschenrechts der Freiheit ist das Menschenrecht des Privateigentums." (Karl Marx)4 Ein Kern des Menschenrechts im bürgerlichen Sinne ist das Recht auf Privateigentum, ein weiterer der Schutz des egoistischen Individuums.  Marx kritisiert dies als Trennung des Menschen vom Gemeinwesen. "Jene individuelle Freiheit, wie diese Nutzanwendung derselben, bilden die Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft. Sie lässt jeden Menschen im andern nicht die Verwirklichung, sondern vielmehr die Schranke seiner Freiheit finden." 
So verstandene egoistische Menschenrechte mit dem Kern des Privateigentums sind hier nicht gemeint. Marx kritisiert nicht das Recht auf individuelle Freiheit sondern jene individuelle Freiheit, die als Kern das Recht auf Privateigentum beansprucht. 
Menschenrechte verstanden als individuelle und kollektive Rechte jenseits des Privateigentums bedürften erst der genauen Definition. Für eine Kritik können u.a. die Deklarationen der UNO als Ansatz herangezogen werden.5 Eine simple Negation ohne Aufhebung erzeugte einen antiaufklärerischen Rückfall und keine humanistische Weiterentwicklung.6

9

Die Ablehnung nationaler oder völkischer Konzepte genügt nicht. Es muss eine soziale Antwort her, die einen Weg aus den unterdrückerischen Verhältnissen aufzeigt. Sich nur mit Ideen der herrschenden Meinung entgegenzustellen, reicht doch nicht aus - praktische Alternativen und Handlungsansätze sind gefragt. Gesellschaftskritik ohne praktische Alternative kann im Fatalismus enden.
Klassenkampf kann nur international erfolgreich geführt werden, weshalb alle Konzepte einer angeblichen "nationalen Befreiung" nicht nur falsch, sondern rückwärts gewandt (reaktionär) sind. Die alte sozialistische Konzeption hatte den Kampf für "nationale Befreiung" anerkannt. Das war zu einer Zeit des Kolonialismus berechtigt. Doch kämpft etwa die UCK heute gegen Kolonialismus? Nein, sie kämpft darum sich dem EU-Imperialismus unterordnen zu dürfen.
Dem materiellen Gehalt nach ging es beim NATO-Krieg gegen Jugoslawien um Territorium, um Gebietsaufteilung im Sinne des NATO-Imperiums und nicht um die Rechte der darauf lebenden Menschen.
Würden in einem Kosovo unter NATO/UCK-Oberhoheit die Serben und andere Volksgruppen gleich behandelt oder zu "Ausländern" gestempelt, ganz nach dem völkischen Prinzip des alten Staatsbürgerschaftsrechts in Deutschland? Diese Frage hat sich schon beantwortet, denn Nichtalbaner werden gewaltsam vertrieben.
Jugoslawien war übrigens bereit die Autonomierechte im Kosovo wieder herzustellen7, den Natostrategen war dies aber nicht mehr genug, sie wollten mehr und schafften mit dem Diktat von Rambouillet den Vorwand zum Eingreifen in den Krieg.

10

In der Sowjetunion wurden den verschiedenen Volksgruppen Autonomierechte gewährt, was sehr richtig war. Daraus sollte man aber keine falschen Schlüsse ziehen. Das innerhalb der Union der sozialistischen Sowjetrepubliken notwendige Recht auf Selbstbestimmung, Autonomie oder gar Lostrennung für Teilrepubliken und Teilgebiete war ein richtiges Zugeständnis der Rätemacht gewesen. Es war jedoch an sich ein territoriales Prinzip gewesen und kein völkisches, d.h. dieses Recht bezog sich auf ein bestimmtes Gebiet und dessen Bewohner und nicht auf eine Volkszugehörigkeit.
Das Zugeständnis nationaler Rechte war ein taktisch notwendiges, jedoch keineswegs eine Strategie. Die Revolutionäre wollten strategisch eine weltweite Befreiung der Menschheit einleiten und vertraten keine national-bornierten Illusionen. 

11

Die Grundhaltung der UCK ist die des Blutes - humane Befreiungsideale vertritt diese Armee nicht. An den Wänden der UCK-Versammlungslokale - z.B. in Deutschland - hängt die Losung: "Wir kämpfen für unser Blut".
Schon seit Jahren untersagen die politischen Führer der Albaner ihren "völkischen Blutsverwandten" den Kontakt mit Angehörigen der serbischen Minderheit in Kosovo. Die LDK gab diese völkische Verhaltensmaßregel schon vor Jahren heraus. Die UCK trieb diese Hetze noch weiter: sie ließ Anfang des Jahres sechs prominente albanische Kosovaren, die sich öffentlich für Jugoslawien und Milosevic aussprachen ermorden. Diese Nationalisten erzwingen die Spaltung bewusst, um eine Entfremdung der verschiedenen Volksgruppen herbeizuführen. Die "Blut und Boden"-Ideologie ist eine faschistische, mit Emanzipation und Menschenrecht hat diese rassistische Konstruktion nichts gemeinsam. 
Die reaktionäre Haltung der UCK wird noch deutlicher, wenn wir sie mit andern Kämpfen gegen nationale Unterdrückung vergleichen. Der Befreiungskampf in Südafrika z.B. hatte keine entsprechenden reaktionären Züge, dem Rassismus der Weißen wurde kein Rassismus der Schwarzen entgegengehalten, Ziel war eine soziale und keine völkische Befreiung. Auch wenn es schwarze rassistische Haltungen im südafrikanischen Befreiungskampf zeitweise gab. ('black consciousness')

12

Die Forderung nach dem sogenannten "Selbstbestimmungsrecht der Völker" wie sie heute nicht nur vom Imperialismus, sondern auch von manchen Linken formuliert wird, muss aus marxistischer, also materialistischer Sicht verworfen werden. Diese Ablehnung bezieht sich einerseits auf die völkische Definition von Selbstbestimmung und lässt sich in folgende Punkte zusammenfassen:
  1. Diese völkische Forderung spaltet und steht selbst einem "multiethnischen" (bürgerlichen) Konzept entgegen.
  2. Kommunisten sind für gleichberechtigtes Zusammenleben, für kulturelle Vielfalt und die Verwirklichung sozialer Gleichheit unabhängig von der Abstammung. 
  3. Die völkische Bestimmung steht dem gemeinsamen Kampf der Unterdrückten entgegen. Die revolutionäre sozialistische Gesellschaftskonzeption der Zukunft zielt auf soziale Gleichheit auf der Grundlage eines humanen Menschenbildes ohne Ansehen der Abstammung.
  4. Die arbeitende Klasse sollte sich wieder mehr im internationalen Denken üben und auf politische ethnische Stempel und Zuordnungen völlig verzichten. Konkret heißt dies ein humanes Denken im europäischen und im Weltmaßstab zu entwickeln.
  5. Das revolutionär-proletarische Denken des 21. Jahrhunderts soll weltweit alle Unterdrückten solidarisch einigen - ohne Ansehen der nationalen und ethnischen Herkunft, unter Wahrung kultureller Freiheit.
  6. Es geht um einen sozialen Klassenkampf von unten gegen die besitzenden Klassen und ihre Parteien und nicht um irgendwelche idealistischen, "völkischen" Rechte.
Die Unterdrückten haben das soziale Interesse sich zu einigen und einen solidarischen politischen Kampf aufzunehmen, der das Ziel hat, die ökonomische Unterdrückung, d.h. die Ausbeutung in Lohnarbeit zu überwinden. Dieser Kampf darf sich nicht gegen andere ökonomisch unterdrückte Arbeiter, Bauern und sozial Entwurzelte richten, sondern muss sich gegen die Mächtigen, die ökonomisch Herrschenden wenden um emanzipativ zu sein.

13

Was ist der materielle Gehalt der Selbstbestimmung? Da eine Definition dieses Begriffes fehlt, von den Vertretern nicht geliefert wird, fehlt jeder Hinweis auf solch einen materiellen Inhalt.
Gehen wir nur von dem Wort aus, dann handelt es sich wohl um das eigene Recht eines jeden etwas zu bestimmen oder einer Bevölkerung etwas zu bestimmen. In der bürgerlichen Demokratie ist dieses Recht das Wahlrecht, das allgemeine Recht zur Wahl von politischen Vertretungen. Das Recht auf Selbstbestimmung wäre in diesem bürgerlichen, idealistischen Sinne demnach das allgemeine Wahlrecht. In der Monarchie wäre es das allgemeine Recht, sich einem vermeintlich göttlichen Willen folgend, einem Monarchen zu unterstellen. Doch dies ist keine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem materiellen Gehalt.
Materielle Rechte sind insbesondere Besitzrechte. Es ist schon viel wenn jeder sich selber besitzt, etwa im Gegensatz zur Sklaverei. Es betrifft die Persönlichkeitsrechte des einzelnen Individuums, auf Leben, Unversehrtheit, Freizügigkeit und demokratische Bürgerrechte. Eine Bevölkerung kann sich aber nicht selbst bestimmen, im materiellen, also ökonomischen Sinne selbst bestimmen, solange es privates Eigentum an Produktionsmitteln und Lohnarbeit gibt. Lohnarbeit bedeutet Abhängigkeit und Fremdbestimmung und das ist das Gegenteil von Selbstbestimmung. Selbstbestimmung ist dem Wesen nach materielle Selbstbestimmung, das bloße Ideal der Selbstbestimmung wird in der kapitalistischen Demokratie nur dem Namen, aber nicht dem Inhalt nach verwirklicht.
Materielle Selbstbestimmung gibt es demnach nur in einer kommunistisch organisierten Gesellschaft, die kein privates Eigentum mehr kennt. Selbstbestimmung, dem Namen nach, ohne materiellen Gehalt, also Selbstbestimmung im bürgerlichen Sinne, bedeutet demnach nicht mehr (und nicht weniger) als Meinungsfreiheit, Persönlichkeitsrechte und allgemeines Wahlrecht. Materielle Selbstbestimmung ist Kommunismus.

14

Die Macht in kapitalistischen Gesellschaften liegt in den Händen der besitzenden Klasse, die von der Aneignung des erarbeiteten Mehrwerts lebt. Der Mehrwert wird immer noch erarbeitet und entsteht nicht an der Börse oder durch Spekulation - wie uns manche Schreiber vormachen wollen. Diese Tatsache ist der besitzenden Klasse bekannt, das wissen die Kapitalisten ganz genau, deshalb streben sie auch immer weiter danach, den Lohn zu senken, um ihren Profitanteil zu vergrößern. Sie profitieren von einem ökonomischen System, dass auf Ungerechtigkeit beruht. Der Reichtum wird von vielen erarbeitet und wenige Besitzende eignen sich den Mehrwert an. Gleichzeitig nimmt die Verschwendung zu wie auch die Verarmung und Verelendung in der Bevölkerung.
Die Kapitalisten sitzen sicher an der Macht, solange die arbeitende und arbeitslose Bevölkerung sich nicht einig ist und idealistischen, z.B. menschenfeindlichen, rassistischen Denkweisen auf den Leim geht. Das gilt für Zentraleuropa ebenso wie für den Balkan.
Für die notwendige Einheit der unterdrückten Klassen und Schichten kämpfen die KommunistInnen und revolutionären SozialistInnen - die soziale, klassenkämpferische Einheit ist der Schlüssel für die Beendigung von Kriegen, Militarismus und für die Niederwerfung des Kapitalismus.

15

Unterdrückende Nation - unterdrückte Nation?
Die revolutionäre Linke, die Lenin als Lehrer hatte, war es gewohnt Nationen als politische Kategorien ebenso zu verwenden wie "Völker". Die Begriffe wurden bedenkenlos benutzt und hielten Einzug in die linke Theorie. Eine dabei eingeführte Unterscheidung war die zwischen "unterdrückten" und "unterdrückenden" Nationen. Kategorien, die hier in ihrer Qualität angezweifelt werden sollen.
  • Der Begriff der unterdrückten Nation wurde zu einer Zeit von Lenin geprägt, als die entwickelten kapitalistischen Nationen ihre Herrschaft in Form kolonialer Unterdrückung ausübten.
  • Die Bildung der Nationalstaaten war ein relativer historischer Fortschritt gegenüber der Kleinstaaterei und der religiösen Zersplitterung in der Zeit des Feudalismus und frühen Kapitalismus.
  • Die Gesellschaften der Nationalstaaten sind nur der Idee nach eine Einheit. Materialistisch betrachtet sind sie gespaltene Klassengesellschaften. Beherrschende sind die besitzenden Klassen, unterdrückt sind die arbeitenden und arbeitslosen Klassen und Schichten.
  • Die unterdrückten Menschen werden durch die idealistische Konstruktion von "Nationen" und "Völkern" dem Glauben nach in das System integriert, sie können sich identifizieren, lenken ihren Selbstwert nach außen. Solche nationalen Ideale und Identitäten lähmen und irritieren die Menschen ebenso wie der Gottesglaube, der sie abhält in der realen Welt für ihre Rechte als Menschen zu kämpfen.
  • Der Gottesglaube an ein höheres Wesen macht den Menschen zum Sklaven. Der Mensch setzt sich ein Wesen gegenüber und ordnet sich ihm unter. Wie Feuerbach sagt, betet der Mensch im Glauben ohne es zu merken sein eigenes Wesen an. Er erniedrigt sich dabei und seine Mitmenschen für einen Geist, der u.a. seinem Wunsche nach Unsterblichkeit entspringt. Der Mensch schuf sich die Götter und im Monotheismus den einen Gott nach seinem Bilde, als Abbild der menschlichen Gesellschaft.

  • Zu Zeiten des Monopolkapitals wurde der eine Gott zur absoluten geistigen Fiktion - aller Bildung und Wissenschaft zum Trotz.
  • Volk und Nation sind vergleichbare geistige Konstruktionen, die sich die Menschen als Ideal gegenüber halten. Der Glaube ist unabdingbar - Volk und Nation werden ohne ihn politisch und ökonomisch völlig sinnlos. Das gilt insbesondere in einer Zeit internationaler, zumindest kontinentaler Ökonomie und übernationaler politischer Institutionen.
  • Das republikanische Verständnis von Nation ist ein territoriales. Die Nationen haben sich insbesondere nach Wirtschaftsräumen gebildet. Die Herausbildung innerer Märkte bedingte die politische Einigung und schuf sich als ideologischen Überbau das Bild der Nation. Die Zerschlagung von Wirtschaftsräumen führt im Rückschluss dann wieder zur Belebung völkischer Identitätsvorstellungen - wie auf dem Balkan zu beobachten.
  • Der Ausweg ist die Forderung nach einer sozialistischen Föderation auf dem Balkan. Solch eine Föderation müsste auf völkische Zuordnungen verzichten und das Ziel haben Jugoslawien wiederherzustellen, wieder einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu schaffen.

16

Die Forderung nach einem angeblichen 'Selbstbestimmungsrecht der Völker' ist eine idealistische Konstruktion, die die soziale Identität der Unterdrückten bricht. Diese Losung ist doppelt falsch, da sie
  1.  an völkischen, reaktionären Denkweisen ansetzt, die längst überholt sind und die keinerlei humane Befreiungsperspektive und ethische (moralische) Relevanz beinhalten und
  2. weil sie den sozialen Kampf der unterdrückten Klassen und Schichten zu Gunsten eines vorbürgerlichen Volksgemeinschaftsideals negiert.

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Die Ausbeuter, die sich die Mehrwertschöpfung aneignen, freuen sich über solche Volksparolen, da sie trefflich von der herrschenden Klasse, der Bourgeoisie, ablenken. Die Bourgeoisie ist Teil des Volkes - der besitzende Teil. Sie hat außer dem Profit auch noch die Meinung auf ihrer Seite. Denn wer das Geld hat, hat im Kapitalismus auch die Macht. Macht heißt auch die Macht über die Köpfe, über die Gedanken und die Vorstellungswelt der Menschen auszuüben, was mit Hilfe der Massenmedien gelingt. Sie dienen der herrschenden Ordnung und verbreiten deren Ideen. Die Reichen werden angehimmelt. Sie sind die "Schönsten", die "Erfolgreichsten" und werden allgemein bewundert - und Leben doch auf Kosten der großen Mehrheit. Die Reichen sind auch sehr spendabel, sie haben ein gutes Herz und spenden - nicht nur zu Weihnachten - für die armen Negerkinder.

18

Nation und Volk
- historische Einordnung:
Auf dem Weg der Menschheitsgeschichte war die Herausbildung von Nationalstaaten zweifellos ein historischer Fortschritt. Die Etappen der Geschichte lassen sich in mehrere Stufen unterscheiden, die nicht alle überall durchlaufen wurden, aber als Schema ein Bild abgeben, dass eine Einordnung und Annäherung erlaubt. Den Gesellschaften die mit fortgeschritteneren Menschen zusammentrafen war es möglich historische und ökonomisch-technologische Etappen und Schritte zu überspringen. So konnten Stämme, die vorher lediglich über Pfeil und Bogen verfügten, in einem Schritt zum Gewehr übergehen als ihnen diese Technologie von anderen "mitgebracht" wurde. Sie mussten nicht die gesamte Entwicklung über Armbrust bis zum Vorderlader nachahmen.
Als wesentliche Etappen der Menschheitsgeschichte können heute angesehen werden:
  1.  Urkommunistische Frühgesellschaft
  2. Die Antike
  3. Der Feudalismus des Mittelalters
  4. Der Kapitalismus
  5. Der kapitalistische Imperialismus
  6. Der frühe Sozialismus
  7. Die kommunistische Gesellschaft
Diesen Epochen lassen sich verschiedene Gesellschaftsformationen und Eigentumsformen über die Produktionsmittel zuordnen: dem Urkommunismus die matristische Sippenordnung und das Gemeineigentum; der Antike die Sklavenhaltergesellschaft und das Privat- und Sippeneigentum; dem Feudalismus die absolute Monarchie und das kirchliche, feudale und bäuerliche Eigentum; dem Kapitalismus der Parlamentarismus und das Privat- und Familieneigentum an Produktionsmitteln; dem Imperialismus die Demokratie und das Privat- und Aktieneigentum; dem Frühsozialismus die Republik und das Staatseigentum - dem Kommunismus die Rätedemokratie und das Gemeineigentum.
Dieses Ordnungsschema ist natürlich angreifbar, nicht nur weil es nicht erfüllt ist und als letzte Stufe auch die Barbarei stehen könnte, sondern weil es von einem eurozentristischen Blickwinkel ausgeht. Es soll als Orientierung dienen und erhebt darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Das Schema verdeckt zudem, dass die Abfolge durchaus nicht synchronisiert verlief und verläuft - im Gegenteil. Beispielsweise war die politische Form des frühen Kapitalismus vielfach die konstitutionelle Monarchie und zahlreiche heutige Länder des EU-Imperialismus sind formal noch Monarchien, die aber auf repräsentative Aufgaben reduziert wurden. In der Antike gab es schon frühdemokratische Formen in Griechenland, von der die Sklaven aber ausgeschlossen waren. Dasselbe gilt für die römische Republik.
Ideologisch sind der Urgesellschaft die Naturreligion, der Antike der Polytheismus, dem Mittelalter der Monotheismus (Katholizismus), dem Kapitalismus und Imperialismus der Lutherismus, dem Realsozialismus der Materialismus und dem Kommunismus der materialistische Humanismus als wesentliche Eigenheiten zuzuordnen.

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Im Zuge der Herausbildung des Kapitalismus, der seine Ursprünge in den mittelalterlichen Städten Europas hatte, ergab sich die ökonomische Notwendigkeit der Überwindung von Handelsschranken. Im kleinen Rahmen der Städte schufen die Zünfte sich Vorrechte, die z.T. bis heute wirken. Patrizier, Fugger und Medici waren erste berühmte Bourgeois, die sich vom reaktionären Mief des Mittelalters abhoben. 
Es entstanden neue Klassen und neue ökonomische Möglichkeiten, die u.a. durch Zoll- und Währungsschranken an der Entfaltung gehindert wurden. Das neu entstandene Bürgertum erlebte mit der französischen Revolution seinen politischen Durchbruch. Die proletarischen und plebejischen Schichten wurden in Uniformen gesteckt und fochten in Napoleons Feldzügen. 
Napoleon brachte das bürgerliche Gesetzbuch mit und die Handelsschranken zum Einsturz. Als Antwort auf die französische Revolution begann auch in Deutschland eine nationale Bewegung, die ihren ersten Höhepunkt im Revolutionsversuch von 1848 hatte. Die Revolution scheiterte und die Reaktion setzte sich durch. Die ökonomische Notwendigkeit suchte sich eine Ideologie und fand sie im nationalen Gedanken, der eine Einigung über religiöse, kleinstaaterische und ökonomische Schranken hinweg darstellte. In Frankreich und England hatte die Herausbildung des Nationalstaates schon viel früher begonnen. Richelieu hatte die religiöse Zersplitterung des Landes blutig beendet, seine Nachfolger und britische Herrscher betrieben eine neue Wirtschaftspolitik (Merkantilismus), die als eine frühe ökonomische Grundlage für späteres nationales Denken angesehen werden kann.
Die Bildung von Nationalstaaten war ebenso eine Forderung und Folgerung zur Überwindung von Fremdherrschaft (Polen) oder zur Überwindung von Diaspora und Völkermord (Israel).

- begriffliche Einordnung
 In der Epoche des Nationalstaats wird der Volksbegriff um der Einheit des Volkes Willen weiter gefasst, im Grunde nicht mehr allein völkisch definiert. Der Begriff des Volkes wird im Staatsrecht unter den Begriff des Staatsvolks zusammengefasst. Der Begriff der Nation ist territorial bestimmt und ein Überbegriff für den Volksbegriff. So gut wie immer bestehen Nationen aus mehreren "Völkern" oder Volksabstammungen. Mal gibt es Hauptvölker und andere Volkszugehörigkeiten werden verschwiegen und unterdrückt oder es wird eine neue Volkskategorie definiert wie beispielsweise in den USA oder Australien. Deren Bevölkerung setzt sich weitgehend aus ehemaligen Einwanderern, Verbannten oder Sklaven zusammen. Die ursprüngliche Bevölkerung wurde marginalisiert. Das gilt auch für Lateinamerika.
Die Begriffe Volk und Nation unterliegen wie alles Gesellschaftliche dem historischen Wandel. Sie werden von den herrschenden Klassen politisch definiert und instrumentalisiert um eine Einheit mit den Unterdrückten zu suggerieren. Sie beruhen mehr auf Gefühlen als andere politische Begriffe, schalten den Verstand aus, was sie mitunter so gefährlich macht. Nationen sind reine Definitionssache, weshalb sie von den herrschenden Klassen so definiert werden wie es ihnen genehm ist. 
Die relative Bedeutung und absolute Bedeutungslosigkeit des Volksbegriffs wird schon daran deutlich, dass die Bevölkerungen beispielsweise Zentraleuropas durch Zu- und Abwanderungen über die Jahrhunderte hinweg einem ständigen Wandel unterzogen waren und sind - "reine" Völker sind ein faschistisches Gespinst, bar jeglicher Realität.8 Die Wanderungsbewegungen haben ökonomische Ursachen oder treten in der Folge von Kriegen auf. Über die Generationen verwischen sich die Unterschiede, durchdringen sich gegenseitig, werden kulturelle Eigenheiten und Vielfältigkeiten.
Die Paarung und die Liebe haben niemals Rücksichten auf völkischen Kleinmut genommen, die universelle Natur den Menschen bricht sich Bahn. Völkische Zuordnung widerspricht dem Wesen des Menschen und seiner Gesellschaftlichkeit; sie ist ein aus politischem Interesse oder Wahn heraus verkündetes Ideal. Kulturprodukt ist sie nicht - im Gegenteil, sie ist ein Beharren auf Vergangenem, stellt sich dem gesellschaftlichen Prozess in den Weg.
Das sog. "Selbstbestimmungsrecht der Völker oder Nationen" ist kein justitiabler Begriff des Völkerrechts, wird in der UNO-Charta zwar genannt aber nirgends festgelegt und bestimmt. Es wurde seit dem Ende des 19.Jahrhunderts als Autonomierecht gegen Fremdherrschaft und Imperialismus postuliert. Seither wird es vom Imperialismus selbst selektiv angewandt: zur Abspaltung von Gebieten, mitunter auf der Grundlage neu erdachter oder aus der Geschichte hervorgekramter völkischer oder nationaler Definitionen.
 

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- philosophiegeschichtliche Einordnung
Zur Mitte des 19.Jahrhunderts entwickelten mehrere Philosophen ihre Vorstellung für eine Befreiung der Menschheit von Unterdrückung. Die einen verstanden darunter mehr die geistige Versklavung, die anderen die direkt materielle Ausbeutung.
Ludwig Feuerbach, der Religionskritiker, ist bis heute nicht popularisiert. Er wird von den Kirchenleuten gefürchtet, denn er wandte sich vom Geist, der zur Verehrung angebetet wird, ab und er wandte sich dem Menschen zu. Karl Marx war in jungen Jahren stark von Feuerbach inspiriert, griff diese humanistische Einstellung auf und machte sie zu einer Säule des wissenschaftlich begründeten Sozialismus.
Feuerbachs Kritik der Gottesvorstellung kann zur Basis einer neuen Aufklärung werden, die mit allen Idealismen, denen sich der Mensch Untertan macht bricht. So wie die Gottesvorstellung, die ein geistiges Konstrukt zum Ideal erhebt, den Menschen negiert und erniedrigt, so geschieht dies auch mit anderen Idealen, die der Mensch hochhebt, um sich zu erniedrigen.
Die Vorstellung von der Nation als eingebildetem Ideal tut nichts anderes. Nation oder Vaterland sind ein Idealbild, auf das manche Patrioten oder Nationale ihre "Liebe" lenken wie auf einen Gott - zu kurz kommt dann oder völlig negiert wird  die Liebe zum Menschen.
Die Vorstellung vom einheitlichen "Volk" fällt noch hinter die Nationalstaatsvorstellung zurück, negiert jedoch ebenso den Menschen, erniedrigt ihn im Namen von Blutsbanden, deren besondere Relevanz zweifelhaft erscheint, wenn man den Menschen als Teil einer Menschheit, als Gattungswesen und als selbstständiges Individuum begreift.
Erhöht wird der Mensch nur in seiner Vorstellung von der einen Menschheit, die ihre soziale Befreiung erkämpft hat und in der Achtung des eigenen und jeden anderen Individuums. Ein Missverständnis wäre es hieraus zu lesen, der Mensch habe sich schon selbst gefunden, das hat er eben noch nicht, dafür muss gekämpft werden. Eine Zielvorstellung der Menschheitsentwicklung, die als Kommunismus bekannt ist. Der notwendige Weg der Befreiung zu diesem Ziel, führt über die Beseitigung nationaler und völkischer Wunschvorstellungen, Ideale und Glaubensbekenntnisse, zur Überwindung der realen Klassengesellschaft - dieser Weg ist der soziale Kampf der Klassen!

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Heute völkische Vorstellungen zu verlängern, gar für emanzipativ zu halten ist ein Rückfall, ein reaktionärer Schritt in graue Vorzeit. Der rettende Menschheitsgedanke ist kein Idealismus, sondern die notwendige Konzentration des Menschen auf sich selbst, die Menschheit als sich findende Spezies in der Natur auf diesem Planeten.
Genauso wie diese Vorstellung real werden kann, genauso real ist die vorherrschende Spaltung der kapitalistischen Gesellschaften in Klassen. Die Völker und Nationen sind gespalten, nur scheinbar einheitlich, sie sind gespalten in soziale Klassen.
Emanzipatorische Kategorien sind demnach nur: Mensch, Klassenkampf und sozialistische/kommunistische Gesellschaft.
Völkische Zuordnungen überwinden nicht die auf der Grundlage des Privateigentums an den Produktionsmitteln bestehende Unterdrückungsform, sondern sehen über sie hinweg, legitimieren sie, verlängern sie.
Kulturelle Unterdrückung und Ausgrenzung ethnischer Gruppen auf Grund ihrer Herkunft, Sprache, Kultur, das war und ist die Methode der Nationalisten. Sie wurde genutzt um die eigene Nation, das "eigene" Volk überzubewerten, sich gar zur herrschenden Nation zu erklären. In Deutschland gibt es immer noch nationale und faschistische Gruppen und Parteien, die genau dies tun. Ihr Menschenbild ist einfältig, gibt sich natürlich als "Befreiung" aus und zwängt die Menschen doch ein in ein falsches Nationalkorsett, erniedrigt sie zur Anbetung eines Deutschtums, dass es wie keine andere völkische Wahnvorstellung verstanden hat, Europa und die Welt mit Blut, Tränen, Gewalt und Dummheit zu überströmen. Nationale Arroganz ist oft die Reaktion auf eine reale Erniedrigung. Viele junge Leute in Ostdeutschland glauben an ein Deutschtum, sie versuchen damit womöglich unbewusst die westdeutsche Arroganz zu kontern, indem sie sich selbst ein "superdeutsches" Denken aufzwingen. Der Mensch erniedrigt sich im nationalen Rausch, bedenkt nicht seine soziale Identität.

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Der Befreiung bringen die nationalen und völkischen Konzepte weder das einzelne Volk, noch die Menschheit insgesamt näher, denn dieses Ziel führt vom befreienden Menschheitsgedanken weg: spaltet, schafft neue Unterdrückung und negiert die sozialen Verhältnisse. Negiert wird also nicht nur der einzelne Mensch als Individuum, negiert werden auch die realen sozialen Verhältnissen unter denen die Menschen leben. Negiert wird nicht nur das individuelle Recht des Menschen, sondern negiert werden auch die sozialen Rechte der Menschen. Diese Negation drückt sich aus in Ausländergesetzen und gesellschaftlicher Diskriminierung von Personen anderer Nationalität oder Herkunft.

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Abkehr vom Völkischen
Die völkische Propaganda ist einem multiethnischen, bürgerlichen und einem sozialistischen, auf soziale Gleichheit abzielenden Menschenbild direkt entgegen gerichtet. Internationalisten und andere, die sich dem Humanismus verpflichtet fühlen, sind gegen die völkische Klassifizierung der Menschen. Wir sehen die sozialen Unterschiede und die Notwendigkeit, das die Unterdrückten ihre Interessen in einem gemeinsamen Kampf gegen die besitzende Unterdrückerklasse (Kapitalisten, Großgrundbesitzer und deren Parteien) verteidigen. Wenn sich die Menschen in verschiedene Volksgruppen auseinander dividieren lassen, dann stärkt dies die Position der Unterdrücker und sichert deren Herrschaft. Völkische Konzepte sind deshalb überkommen und reaktionär und verhindern einen notwendigen sozialen Fortschritt für die Abschaffung der Klassenschranken und gegen die Vorurteile der Unterdrückten untereinander.

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Nun, werden manche einwenden, was sollen wir sagen, wenn der Begriff und die Verwendung des Volksbegriffs derartig antiemanzipatorisch erscheint. Können wir völlig auf dieses Wort verzichten, können wir die völkische Zuordnung meiden? Natürlich kann es im politischen Zusammenhang sehr sinnvoll sein die völkische Zuordnung zu meiden, nicht nur weil sie falsche Assoziationen weckt, auch weil sie soziologisch unpräzise und tendenziell diskriminierend wirkt. In einem Wahlslogan bezeichnete sich eine Partei als "das andere Deutschland" - was sagte sie damit? Mit dieser völkisch/nationalen Zuordnung und Selbstdefinition wird zwar eine Differenz zur Mehrheit der Deutschen gesucht, doch es bleibt eine nationale Bestimmung. Was aber ist mit den Millionen Immigranten und Immigrantinnen? Sie bleiben in dieser politischen Bestimmung außen vor, sie sind eben weiter die "Ausländer". Das stimmt auch dann, sollte sich den Urhebern diese Logik nicht erschließen. 
Die Abkehr von völkischer Bestimmung wäre auch eine Abkehr vom Begriff des "Volkes". Solch eine Abkehr ermöglicht die Ersetzung dieses Begriffs durch das Wort Bevölkerung. Bevölkerung ist gleichzusetzen mit Einwohnern. Mit der Verwendung des Begriffs Bevölkerung verzichtet man bewusst auf eine ethnische Zuordnung; er ist zu verstehen als gesamtgesellschaftlicher Begriff, entsprechend dem Begriff der städtischen Bürgerschaft. Worum es also zumindest gehen muss, um mit dem idealistischen Volksgedanken politisch zu brechen ist der Kampf um gleiche Bürgerrechte für die gesamte Bevölkerung!

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Warum negiert der Volksgedanke den Menschen und sein Menschenrecht? Der propagierte völkische Gedanke behauptet unterschwellig ein einheitliches Volksinteresse, das gilt für den Begriff der Volksfront ebenso wie für den Begriff der Volksgemeinschaft, auch wenn die Begriffe politisch unterschiedlich gepolt sind. Er unterstellt eine Volkseinheit, die es nicht gibt und der die sozialen Interessen seiner Individuen untergeordnet werden. Kurz gesagt mussten Arbeiter und Bauern ihre Klasseninteressen dem stalinistischen Diktat einer Volksfront unterordnen. Sie mussten auf revolutionäre Aktion und Enteignungen verzichten, um die "verbündete" besitzende Mittelklasse zu schonen. Das geschah in den dreißiger Jahren in Frankreich und Spanien und Anfang der siebziger in Chile. (siehe Abschnitt 31ff)
Die Unterordnung sozialer, also Klasseninteressen unter völkisches Diktat verlangten auch die Nazis und verboten und unterdrückten gleich alle Arbeiterorganisationen. Eine vermeintliche Volksgemeinschaft stürzte zum Wohl des Kapitals Europa in den Abgrund des Terrors und des Krieges. Dies sind Beispiele für die massive Unterdrückung sozialer und individueller Rechte im Namen eines völkischen Gedankens.

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Die mindeste Gegenforderung ist die nach allgemeinen gleichen Rechten für alle Bürger und Bürgerinnen. Allgemeine und gleiche Bürgerrechte sind integraler Bestandteil revolutionäre Gesellschaftskonzeption. In der französischen Revolution und später übernommen in der Pariser Kommune sprachen sich die Individuen mit "Bürger" oder "Bürgerin" an. Später, in der russischen Revolution, die sich empfand als fussend auf diesen vorhergegangenen Aufständen, gab es auch diese Anrede. In der späteren Sowjetunion wurde die Anrede zu Genosse und Genossin gewandelt. Die Nazis, sie waren der schrecklichste Rückfall in völkisches Denken, benutzten die Anrede "Volksgenosse". Imitierten nicht nur in dieser Bezeichnung die Kommunisten und zogen alles auf die völkische Ebene. Schon diese Anrede verweist auf die Bedeutung und die Gefahr völkischer Zuordnung. In dieser Anrede widerspiegelte sich schon die Regression, die zu einer totalen Negation alles Menschlichen in den Konzentrationslagern führte. Massenhafte Vergasungen. Grausame Menschenversuche. Absolut entwürdigende Behandlung der Menschen durch die Faschisten.

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Völkische Einordnung hatte in Zeiten der Frühgeschichte einen gedanklichen Fortschritt enthalten, als es um die Überwindung der Aufspaltung der Gesellschaft in rivalisierende Stämme gegangen war. Jedoch heute ist jede Belebung und Verwendung des Volksbegriffs ein gedanklicher Rückfall, der neue Unterdrückung produziert, selbst wenn dies in der Absicht geschieht Unterdrückung zu überwinden. Der gedankliche Versuch durch die Zuordnung des Minderheitenschutzes gegenüber dieses Volksgedankens, hilft nur wenig. Teile der Bevölkerung werden zu "Minderheiten" definiert, da ist es zu der Zuordnung von "Andersartigkeit" oder "Minderwertigkeit" nicht mehr weit. Klar ist damit auch der Gedanke verbunden, dass sich die Minderheit der Mehrheit unterordnen müsse. Schon der Begriff "Minderheit" impliziert die Notwendigkeit eines Schutzes - alles eine Folge des völkischen Denkens, dass sich abgrenzt. Die Definition einer Gesellschaft als "völkische" Gemeinschaft macht den Schutz derjenigen nötig, die nicht in diesen Volksbegriff aufgenommen werden. Alle BürgerInnen eines Territoriums, die nicht zum Volksbegriff, der sich ethnisch definiert, gezählt werden, werden gedanklich aussortiert, unterliegen einer Ausgrenzung, die zur Verfolgung gesteigert wird, wenn der Volksgedanke nicht überwunden wird.
Die bürgerliche Revolution war ein Schritt zur Überwindung des völkischen Gedankens und Glaubens. Der Nationalbegriff war ein Konstrukt zur ideologischen Legitimation des Staates und der Menschheitsbegriff ist ein Schlüssel zur Befreiung des Menschengeschlechts.
Auf dem Weg zur Befreiung der Menschheit kommt der arbeitenden Klasse, der Arbeiterklasse, eine zentrale Bedeutung zu. Denn nur die arbeitende Klasse hat die gesellschaftliche Kraft die Produktionsmittel in Besitz zu nehmen. Denn die Macht der bürgerlichen Klasse, der Bourgeoisie, gründet sich nicht auf den Einfluss ihrer Parteien, sondern letztlich, muss eigentlich heißen ursprünglich, nur auf den Besitz. Unter Besitz sind hier im Besonderen die Maschinen, Grund und Boden, Immobilien und die Technologie, der geistige Besitz zu verstehen. Die Machtausübung geschieht allerdings politisch und militärisch mit dem bewaffneten Staat. Die Machtgrundlage, die ökonomische Basis aber sind die Eigentums- und Produktionsverhältnisse; - der Staat, die Ideologie (z.B. Religion und völkisches Denken), die Kultur, u.a. sind dagegen Erscheinungen des gesellschaftlichen Überbaus.

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Die Menschen völkisch unterteilt zu denken, d.h. den Anschein zum Wesen zu erheben, angebliche 'Blutsbande' zu betonen, um soziale Bindungen und soziale Interessen vergessen zu machen. Die Menschen in Rassen unterteilt zu denken, d.h. ebenso den äußerlichen Anschein zum Wesen zu machen.
Das Wesentliche, die sozialen Unterschiede in der kapitalistischen Gesellschaft, werden verhüllt durch den Volksgedanken. War es nicht gerade der Marxismus, der die sozialen, materiellen Unterschiede zwischen den Menschen erkannte? Hat nicht Karl Marx auf die Teilung der Gesellschaften in Klassen hingewiesen und so das Wesen der Unterdrückung und Ausbeutung des Menschen durch den Menschen offenbart. Hat nicht Marx die ökonomische Basis, die Eigentums- und Produktionsverhältnisse als wesentliche Grundlage der Gesellschaft erkannt?
Können sich Leute auf Marx berufen, wenn sie völkische Rechte einfordern - sie können, aber tun sie es zu Recht? Nein, sie tun es zu Unrecht, denn es war und ist gerade der Marxismus, der den völkischen und nationalen Anschein der Gesellschaft zerreißt. Es ist gerade der Marxismus, der auf das Wesen der kapitalistischen und anderen unterdrückenden Gesellschaften hinweist: auf die soziale Spaltung in Klassen.
 
Nationale Sozialismuskonzeptionen - im Widerspruch zum Manifest

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Im Manifest der Kommunistischen Partei werden die gesellschaftlichen Klassen und der Klassenkampf als entscheidend in der Geschichte erkannt. Dem Proletariat steht die besitzende Klasse der Bourgeois gegenüber, die den Weltmarkt ausbeutet und "die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet". Doch wie gestaltet das Proletariat seinen Kampf um die Macht und die Befreiung der Menschheit?
Es ist der alte Streit um Nation, Klassenkampf und Kommunismus. In einer Kritik der Münchner "Was tun"- Gruppe (inzwischen KPF bei der PDS) setzte ich mich mit deren antiquiertem, nationalen Sozialismus-Verständnis auseinander. Sie hatten in ihrer Flugschrift vom Februar 1998 in einer Unterzeile getitelt: "Für ein sozialistisches Deutschland". Dem hielt ich entgegen: "Die Forderung nach einem 'sozialistischen Deutschland' erscheint auf den ersten Blick antiquiert, von DDR-Terminologie beeinflusst, auf den zweiten Blick ist sie schlichtweg unsinnig. Schon Marx hielt von nationalen sozialistischen Konzeptionen nichts. Der Versuch den Sozialismus in einzelnen vom Weltmarkt isolierten Ländern oder im Falle Deutschlands in einem "halben Land" durchzusetzen war zum Scheitern verurteilt. Diese Konzeption entsprach auch niemals den Vorstellungen der revolutionären Generationen und Aktivisten. Erst Stalin verballhornte mit seinem "Sozialismus in einem Land" die internationalistische Konzeption und Aufgabenstellung der Revolutionäre. ... Eine revolutionär-sozialistische Neukonzeption, wie sie tatsächlich notwendig ist, darf nicht wieder mit nationalen Sozialismusvorstellungen daherkommen. ..."
Wer nach dem Scheitern der Sowjetunion noch immer an nationalen Sozialismus-Konzeptionen festhält, der hat wirklich nichts verstanden. Genosse Nick Brauns berief sich darauf, dass es schon im Manifest geheißen habe der Klassenkampf sei "zwar seinem Inhalt nach international, seiner Form nach aber national". Der entsprechende Satz im Manifest lautet aber etwas anders: "Obgleich nicht dem Inhalt, ist der Form nach der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler." Dieses Zitat taugt wirklich nicht dazu eine nationale Sozialismus-Konzeption zu rechtfertigen, denn es bezieht sich nicht auf die kommunistische Gesellschaft, sondern auf die Kampfform und enthält zudem die wichtige Einschränkung "zunächst".
Schon vor über 150 Jahren waren Marx und Engels also der Meinung, dass der Klassenkampf zunächst ein nationaler sei. Dieses zunächst deutet eben gerade auf die notwendige Internationalisierung des Kampfes für den Kommunismus hin und spricht gegen die nationale Engstirnigkeit. Es wird noch bestärkt durch die Formulierung im nächsten Satz des Manifests: "Das Proletariat eines jeden Landes muss natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie fertig werden." Sie schreiben zuerst, wohlgemerkt zuerst.
Ein Klassenkampf, der auf eine nationale, also etwa deutsche Sozialismuskonzeption abzielt, ist nicht nur der Form nach, sondern inhaltlich - also qualitativ - ein nationaler Klassenkampf. Eine nationale sozialistische Konzeption für Deutschland oder für sonst ein Land ist also nicht nur der Form, sondern dem Inhalt nach falsch. Sie liegt nahe bei Lassalle und beim Gothaer Programm der SAPD von 1875, das Marx deswegen mit Bezugnahme aufs Manifest kritisiert hatte. Genau dort argumentiert Marx dann mit dem Weltmarkt wie ich das gegenüber den Münchnern ebenfalls getan habe - wie das Kommunisten, die keinen nationalen Glauben kennen, eben so sehen. Marx kritisiert das Gothaer Programm, das davon spricht die Arbeiterklasse wirke für ihre Befreiung "im Rahmen des heutigen nationalen Staats" und attestiert dieser Haltung eine Abkehr vom Internationalismus.

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Wie wenig die nationale Haltung und Herangehensweise mit Marx und Engels gemeinsam hat zeigt folgendes Zitat aus dem Manifest: "Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen Parteien nur dadurch, dass sie einerseits in den verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats hervorheben und zur Geltung bringen, andrerseits dadurch, dass sie in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung vertreten." Das gesamte Proletariat ist das internationale Proletariat, die Gesamtbewegung ist die weltweite Bewegung, denn: "Die Arbeiter haben kein Vaterland."
Nationale Orientierungen und Konzeptionen widersprechen dieser Aufgabenstellung ebenso wie die Hervorhebung völkischer Kategorien. Die Arbeiter und Arbeiterinnen haben kein Vaterland und das völkische Denken läuft ihren Interessen von Grund auf zuwider. Völkisches Denken bedeutet in zweierlei Hinsicht die Aufgabe des Marxismus. Zum einen ist es eine Abkehr vom internationalen, weltweiten Befreiungskampf; zum anderen ist es eine Negation der spezifischen Klasseninteressen der Lohnabhängigen. Volksinteressen herauszustellen führte die kommunistische Bewegung ab vom proletarischen Weg.
Ein Meister dieser nachhaltig wirkenden theoretischen Verwirrungskunst war Georgi Dimitroff. Wegen seiner Standhaftigkeit im Reichstagsbrandprozess ist er hoch geachtet, doch seine politische Einschätzung des Faschismus war, wie sich zeigen sollte, untauglich. Dimitroff hielt den Bericht beim VII.Weltkongress der Kommunistischen Internationale 1935, die zu diesem Zeitpunkt bereits ziemlich verrottet war, und begründete den harten Rechtsschwenk, der schon vorher eingeleitet worden war. Die linksradikale Politik der Komintern vom Anfang der dreißiger Jahre, die die Sozialdemokraten fatalerweise als Sozialfaschisten bezeichnete, gegen die die Revolutionäre den Hauptstoß zu richten hätten, wurde jäh gewendet ohne auch nur ansatzweise reflektiert oder kritisch revidiert zu werden. Der harte Rechtsschwenk trug den Namen Volksfrontpolitik.
Der Volksfrontverrat in Frankreich und Spanien

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In Dimitroffs Bericht ist immer wieder vom Volk oder vom arbeitenden Volk die Rede. Dimitroff definiert diesen Begriff nicht, stellt ihn einfach in den Raum, ergänzt ihn um den der Volksfront und setzt diese scheinbar gleichwertig neben den Begriff der Arbeitereinheitsfront.  Die Arbeitereinheitsfront war das Bündniskonzept zur Vereinigung aller Kräfte der Arbeiterklasse im Kampf gegen den Faschismus, ohne Preisgabe der revolutionären Zielsetzung. Die Arbeiterorganisationen sollten unter dem Motto "getrennt marschieren, vereint schlagen" zusammenhalten gegen ihren gemeinsamen Feind. Der Faschismus war als Herrschaftsform im Interesse und im Auftrag des Kapitals erkannt worden. Die Einheit der Arbeiter sollte als Klassenfront hergestellt werden.
Dimitroff behauptet, seine Taktik sei die einer breiten antifaschistischen Volksfront auf der Grundlage der proletarischen Einheitsfront. Volksfront bedeutet ein gleichberechtigtes Bündnis mit bürgerlichen und kleinbürgerlichen Kräften einzugehen. Der Begriff von der Grundlage der Arbeiter konnte nur heißen, dass sich die an der (ökonomischen) Macht befindlichen Bourgeois auf die Arbeiter als Teil ihrer sozialen Basis stützen konnten - also eine ganz alltägliche Konstellation bürgerlicher Herrschaft. Neu war nur, dass Kommunisten diese Volksfront als antifaschistische Taktik im Interesse der Arbeiterklasse verkauften.
Die von Dimitroff vorgenommene Gleichsetzung der beiden Begriffe, die Tatsache, dass er sie nebeneinander stellt ohne sie zu unterscheiden, ging in ihrer Bedeutung an den Millionen Mitgliedern der kommunistischen Parteien weltweit vorüber. Es gab keinen Aufstand der GenossInnen, denn alle wollten endlich eine erfolgversprechende Taktik im Kampf gegen die Faschisten. Stalin hatte schon begonnen die kommunistische Bewegung durch Inhaftierung und Ermordung zahlreicher führender Kader zu enthaupten. Er hatte die demokratischen Prinzipien ausgeschaltet und sein Apparat herrschte mit terroristischen Methoden. Die Moskauer Prozesse verliefen parallel zu den ersten "Volksfront-Abenteuern", ebenso parallel wie die bewaffneten Angriffe der Stalinisten auf die internationalen Arbeitermilizen (POUM u.a.) im Spanienkrieg.
Dimitroff hatte die Begriffe scheinbar gleichgesetzt, jedoch faktisch lief seine Volksfronttaktik auf etwas anderes hinaus: auf die Ersetzung des Einheitsfrontbegriffs und damit der Einheitsfrontpolitik.
Doch diese Veränderung war nicht rein taktischer Natur, sie war ein historischer Einschnitt in die Geschichte, denn die Volksfrontpolitik hatte tiefgreifende theoretische und praktische Konsequenzen für die Arbeiterbewegung. Die Folgen der Volksfrontpolitik lassen sich kurz gesagt wie folgt zusammenfassen:
  • Abkehr vom Klassendenken und vom Klassenkampf im Sinne des kommunistischen Manifests
  • Unterstützung von kommunistischen Parteien für bürgerliche Regierungen
  • Unterordnung der Arbeiterklasse unter die Interessen der Besitzenden
  • Keine Unterstützung der Arbeiterklasse für die revolutionären Ziele der Bauern (Bodenreform)
  • Hetze und Terror innerhalb der Arbeiterbewegung gegen all diejenigen, die am Klassenkampf festhielten

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Die Arbeiterklasse kann nur Anziehungskraft auf die Mittelklassen (Kleinbourgeoisie, Bauernschaft) ausüben, wenn sie geschlossen als Klasse für eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft kämpft. Die antikapitalistische Aktion erscheint erst stark und überzeugend, wenn sie von einer Klasse getragen wird. Solche Überzeugung in der Tat hätte die Mittelklassen mitgerissen, doch die Volksfront ließ die Arbeiterklasse als schwach und nicht überzeugend erscheinen, sie bot nur eine Variation bürgerlicher Politik, versetzt mit sozialistischer Phrase. Das wurde als falsch durchschaut und führte zwangsläufig in die Niederlage. So in Spanien 1936-39. 
Erste praktische Folge der Volksfrontpolitik war die Unterstützung kommunistischer Parteien für bürgerliche Regierungskoalitionen. Der VII. Kongress der Internationale hatte diese Politik, die in Frankreich und Spanien bereits betrieben wurde, abgesegnet. Gleichzeitig verschärfte Stalins Regime die Repression gegen die alte Garde der Bolschewiki. Es begannen die "Moskauer Prozesse", die zur Vernichtung der führenden Kader der Oktoberrevolution und zur Deportation von Millionen Menschen in Lager führten. Die Vernichtungswelle richtete sich auch gegen Funktionäre und Kader der Kommunistischen Internationale (KI) und gegen GenossInnen, die an der spanischen Revolution teilgenommen hatten.
Die konterrevolutionäre Politik im Innern der Sowjetunion wurde von der KI ergänzt durch eine Politik der Revolutionsverhinderung auf der internationalen Bühne. In Frankreich hatte die KP die Arbeiter schon so weit gebracht, die Marseillaise zu singen und die französischen Nationalfarben, die Trikolore, zu akzeptieren. Der Nationalismus war damit in die Arbeiterklasse eingedrungen, was eine totale Abkehr vom Internationalismus der Revolutionäre der Pariser Kommune von 1871 bedeutete. Die Revolutionäre dieser ersten Diktatur des Proletariats, wie sie von Engels bezeichnet wurde, hatten die nationalen Symbole Lied und Fahne verhöhnt, denn sie waren die Zeichen des Burgfriedens der Arbeiterklasse mit der Bourgeoisie. Die Übernahme bürgerlicher Symbolik sind der augenfällige und hörbare, sinnliche Ausdruck nationaler Volksfrontpolitik und gipfelte später in wiederholten KP-Parolen die Volksfront durch eine "Front der Franzosen" zu ersetzen.
Nach den Wahlen vom Mai 1936 erzielte die Volksfront von Sozialistischer Partei, Radikaler Partei (kleinbürgerlich) und KP einen Wahlsieg. Die KP tolerierte die Volksfrontregierung ohne sich mit Ministern zu beteiligen - dies war aber nur eine scheinbare Distanz. Kurz nach den Wahlen, im Juni kam es zu einer landesweiten Arbeiterbewegung mit hunderten von Betriebsbesetzungen. Die Arbeiter sahen sich ermutigt und wollten Unterstützung von "ihrer" Regierung. Pierre Frank spricht von einer objektiv revolutionären Situation, der die subjektiven Faktoren fehlten. Das wesentliche Manko war die Zögerlichkeit der KP, die wie die ganze Volksfront und die Gewerkschaften vor allem daran dachte, wie man der Massenbewegung möglichst schnell ein Ende bereiten könnte, "ohne dem kapitalistischen Eigentum auch nur im Geringsten Abbruch zu tun".
Die große Massenaktion zwang die Kapitalisten in die Defensive und ermöglichte den Gewerkschaften umfassende Zugeständnisse, die jedoch nicht Gegenstand des Volksfrontprogramms gewesen waren. Die Führungen von KP und Sozialisten erkannten die Streikbewegung nicht als einheitlichen Generalstreik an, sahen nur ein Summe von Einzelaktionen. Die KP weigerte sich also das Gesamtinteresse der Bewegung zu artikulieren und mehr noch: ein führender Funktionär stellte sich in Paris, als die Massenbewegung Tage nach der Übereinkunft von Matignon "gewaltigen Umfang" erreichte, vor die Aktivisten der KP und erklärte, man müsse mit den erzielten Erfolgen zufrieden sein, nachgeben und Kompromisse schließen. So wurde die Bewegung abgewürgt, die doch ein hervorragendes Beispiel selbsttätiger Klassenaktion war: die Arbeiter waren nicht nur in den Streik getreten, sondern hatten ihre Betriebe besetzt. Sie machten sich damit zu aktiven Subjekten in den Betrieben, waren nicht nur mehr Rädchen im Profitgetriebe, sondern menschliche Wesen, die dem kapitalistischen Eigentum damit, wenn auch vielleicht noch nicht immer bewusst, einen schweren Hieb versetzten.
"Die Betriebsbesetzung stellt im politischen Bewusstsein der Arbeiterklasse einen sehr großen Schritt vorwärts dar. Man hat im übrigen seitdem in Frankreich Beispiele gehabt - LIP ist das Berühmteste davon -, wo die Arbeiter ihr Unternehmen in Gang gesetzt und das Ergebnis ihrer Arbeit verkauft haben und damit die Unnötigkeit unternehmerischer Einmischung aufzeigten, die für das Funktionieren von Unternehmen und Produktion nicht nötig war. Mit anderen Worten - die Produzenten aller Art können von nun an sehr wohl die Bedürfnisse der Menschheit ohne das Vorhandensein der Kapitalistenklasse sicherstellen. Die Betriebsbesetzung war somit mehr als ein Kampfmittel, sie bedeutete auf dem Weg des Kampfes für den Sozialismus einen Schritt vorwärts." (Pierre Frank) Bewusstwerdung ist ein praktischer Prozess und Betriebsbesetzungen sind ein Schritt auf dem Weg der Arbeiter von der Klasse an sich zur Klasse für sich.
Die selbsttätige Aktion der Arbeiterklasse vom Juni 1936, um dies noch einmal zu wiederholen, war kein Ergebnis der Volksfront, die Aktiven wurden von diesem Wahlerfolg ermutigt aber letztlich von KP und Gewerkschaften auch gebremst. Unter anderem eine Folge der Juniaktion war ein starker Anstieg der Mitgliederzahlen in der französischen KP, die zur Massenorganisation geworden war. Von etwa 30.000 Mitgliedern 1934 stieg die Zahl auf 380.000 im Oktober 1936. Doch die KP war eine reformistische Partei geworden, sie fand nun Gehör, doch der revolutionäre Elan war dahin. Der Fortschritt im Sinne der Arbeiterklasse, der stark erhöhte Organsiationsgrad auch der Gewerkschaften, war jedoch kein Ergebnis der Volksfront, sondern u.a. der selbsttätigen Aktion der Arbeiter vom Juni 1936 gewesen.

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Um ein Gesamtbild zu erhalten, sei noch ein flüchtiger Blick auf die internationale Politik der Volksfront in Frankreich geworfen. In den Kolonien änderte sich nichts. Streikende wurden weiterhin vom Militär niedergeschossen - besonders in Algerien, Tunesien und Marokko. Anstatt die Kolonisierten zu unterstützen ließ die Volksfront deren französische Organisation, den "Nordafrikanischen Stern" auflösen, obwohl der doch der Volksfront beigetreten war. Die KP, die längere Zeit mutig die Kämpfe der Kolonisierten unterstützt hatte, verteidigte nur noch formal das Recht auf Lostrennung der Kolonien und sprach sich nun für eine freie Union aus, was die Faschisten (Hitler, Mussolini) blockieren sollte.
Nach dem Krieg setzte die KP diese pronationale Linie fort, forderte etwa eine algerische Nation unter Einschluss der französischen Kolonialherren und propagierte "eine wahrhaft französische Union" mit Algerien. Diese nationalistische KP-Politik war eine Folge der Laval-Stalin-Erklärung, die ein Bündnis der Sowjetunion mit dem kapitalistischen Frankreich begründete. Stalins Vertrag mit Frankreich war klassenübergreifende Volksfrontpolitik auf staatlicher Ebene und wurde von der KP Frankreichs willig vollstreckt. Das belegt die These, die KPen seinen nach der Deformation der Kommunistischen Internationale nur noch Agenturen der Sowjetbürokratie gewesen. Jedenfalls lag diese Politik vollständig im außenpolitischen Interesse der Stalinkaste und macht die FKP zur proletarischen Stütze das französischen Kolonialsystems.
In Gestalt des bürgerlichen Politikers Daladier unterzeichnete die Volksfront das "Münchner Abkommen", dass Hitler-Deutschlands Expansionsinteressen entgegenkam und nichts anderes war als ein Verrat an Tschechien. Da ist es nicht verwunderlich, dass diese Kapitulationsurkunde die Volksfront spaltete und zerstörte. Zwar versuchte die KP noch Front gegen das Münchner Abkommen zu machen, doch die Arbeiter ließen sich nicht zum Generalstreik mobilisieren - ihre Kraft war nach den vorhergegangenen Enttäuschungen erlahmt.

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Die Stalin-Laval-Erklärung vom Mai 1935, in der Moskau sein "Verständnis" für die nationale Verteidigungspolitik Frankreichs ausdrückte, war im Grunde gar nicht an die französische Bourgeoisie adressiert. Der wäre es vollkommen egal gewesen, ob Moskau "Verständnis" für die nationalen Belange Frankreichs bekundet - nicht egal aber war die Haltung der französischen KP, die mit dieser Erklärung auf eine Politik der Vaterlandsverteidigung eingeschworen wurde.  Der zu diesem Zeitpunkt innerhalb der Armee bestehende konspirative Apparat der KP wurde sang- und klanglos aufgelöst - die revolutionären Zielsetzungen wurden über Bord geworfen. Die Liquidierung dieses antimilitaristischen Propagandaapparats, der Broschüren und Kasernenzeitung herausbrachte, war ein Zugeständnis an die französische Bourgeoisie. Dies war eine Klassenzusammenarbeit, ein Verrat an den kommunistischen Prinzipien.
Mit der Auflösung ihrer Soldatenzellen verstieß die KP gegen die 4.Bedingung zur Aufnahme in die Kommunistische Internationale (KI), die die Verpflichtung auferlegte, eine kommunistische Arbeit innerhalb des bürgerlichen Heeres zu leisten. Die FKP folgte der Stalin-Linie und plakatierte: "Stalin hat recht". Außerdem wurde mit diesem nationalen Burgfriedenspakt, der über die Politik Moskaus vermittelt wurde, die 6.Aufnahmebedingung für die KI gebrochen, die lautete: "Jede Partei ... ist verpflichtet ..., den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, dass ohne revolutionären Sturz des Kapitalismus keinerlei internationale Schiedsgerichte, keinerlei Abkommen über Einschränkung von Kriegsrüstungen, keinerlei 'demokratische' Erneuerung des Völkerbundes im Stande sein werden, neue imperialistische Kriege zu verhüten." 
Pierre Frank formuliert die Folge der Stalin-Laval-Erklärung drastisch: "Die Billigung der Laval-Stalin-Erklärung war der entscheidende Schritt auf dem Wege zur Klassenzusammenarbeit. Das war kein Fehler, sondern Verrat. Die Laval-Stalin-Erklärung ist der genaue Zeitpunkt, an dem der Übergang der Sektionen der KI von revolutionären Parteien, die sie bis dahin waren, zu reformistischen Parteien zu verzeichnen ist." 

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Die Abkehr von revolutionärer Praxis und das Abwürgen selbsttätiger, revolutionärer Aktionen kennzeichnete nicht nur die französische Volksfront, es war ebenso ein wesentliches Element stalinistischer Politik im Spanienkrieg. Ohne auf die inneren Strukturen der spanischen Arbeiterbewegung näher einzugehen sollen hier die Folgen der Volksfrontpolitik für die spanischen Revolution nachgezeichnet werden.
Seit Beginn der 20er Jahre wurde Spanien von einer Militärdiktatur beherrscht, die sich mit dem Einbruch der Weltwirtschaftskrise selbst verbraucht hatte. Der Militärdiktator Primo de Rivera trat zurück und der König Alfonso XIII. setzte Berenguer als Diktator ein. Dieser scheiterte ebenfalls, tritt zurück und im April 1931 erreichen die Republikaner bei Gemeindewahlen den Durchbruch - die Republik wird ausgerufen und Wahlen zur Cortes ausgeschrieben. Es kommt zu Zusammenstößen von Monarchisten und Arbeitern und es werden mehrere Kirchen niedergebrannt, da die Menschen über die reaktionäre Rolle des katholischen Klerus, der in der Tradition der spanischen Inquisition steht aufgebracht sind.
Die Corteswahlen bringen den Republikanern eine Mehrheit, zwar sind die Sozialisten stärkste Fraktion, doch das Bürgertum stellt die Majorität. Die spanische Arbeiterklasse wurde besonders hart ausgebeutet und hatte sich in zahlreichen Streikkämpfen bewährt. Der Aufstand der asturischen Arbeiter 1934 war ein Prolog für den kommenden revolutionären Aufschwung.
Anfang der 30er Jahre war die KP eine bedeutungslose Splittergruppe, die nach den Vorgaben aus Moskau mit linksradikalen Parolen operierte ("Dritte Periode"). Moskau ersetzte die bisherige Führung. Die KP wandte sich gegen die antifaschistische Zusammenarbeit in den Arbeiterallianzen und hielt diese isolationistische Politik auch eine Zeit lang durch. Leo Trotzki hatte schon seit 1930 für die Bildung von spanischen Sowjets propagiert und wandte sich im Januar 1931 in einem Brief sogar an die Leitung der KPdSU und forderte diese auf, sich für  eine kommunistische Einheit in Spanien einzutreten. Die KP schwenkte 1935 vom linksradikalen Kurs zur Volksfrontpolitik über und schloß sich den Arbeiterallianzen an.
Wie in Frankreich fühlte sich die Arbeiterklasse durch den Wahlsieg der Volksfront gestärkt und zur Aktion ermutigt. Sich mit dem bürgerlichen Programm der bürgerlichen Volksfrontregierung nicht zufriedengebend, traten Arbeiter in den Streik und Bauern forderten eigenes Land zum Bebauen. Die Massen begannen in revolutionären Schwung zu geraten, was die Bourgeoisie mächtig beunruhigte und in Gestalt der Armee auf den Plan rief. Was unter den Augen der Öffentlichkeit und lange angekündigt vorbereitete worden war, nahm am 17.Juli seinen Lauf. Die Militärs erhoben sich, beginnend in spanisch Marokko und die bürgerliche Regierung sah nur zu. Die Arbeiter erheben sich ebenfalls, sehen die Gefahr für sich und ihre Organisationen und bilden Milizen. Weil sie den Arbeitern die Waffen verweigerten werden die Zentralregierung und die Kataloniens ersetzt - die Arbeiter bekommen Waffen und schlagen den Militäraufstand zurück. Doch die Faschisten werden nicht entschlossen verfolgt und zerschlagen, sondern sie können sich in Enklaven sammeln - ein verhängnisvoller Fehler.
Die an der Regierung befindlichen Kleinbürger, die sich auf die volle Unterstützung der KP verlassen konnten, retteten sich durch die Arbeiterbewaffnung, waren dann aber entschlossen, diese revolutionäre Eigeninitiative zu zerschlagen und die Kontrolle zurückzugewinnen. Von den Revolutionären wurde versäumt die proletarischen Eigenstrukturen (Arbeiterallianzen und Komitees) zu Räteorganen auszubauen und einen zentralen Kongress einzuberufen, um eine Situation der Doppelherrschaft zu erreichen. Mit Arbeiterbewaffnung erwuchs - wie in Russland 1917 - eine revolutionäre Situation, die zur proletarischen Revolution hätte entwickelt werden müssen - doch es fehlte eine entsprechend geschulte Führung der Arbeiterklasse. 

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Prostalin-Schreiber wie der Berliner Fritz Teppich sind noch heute bemüht die Verbrechen von NKWD und spanischer KP-Führung zu kaschieren. In einer Broschüre über den hervorragenden Film Land and Freedom von Ken Loach verbreitete er noch 1997 die Legenden und Lügen der Stalin-Bürokratie. Er rückt die POUM oder deren Anführer Maurin in die Nähe der Faschisten, betont mehrfach demagogisch die angebliche Verstrickung von Falangisten. Seine Zeugen sind die Faschisten selbst, z.B. der Nazibotschafter Faupel, was er durch die Floskel "nachrangig" sei ihm dies, nur scheinbar relativiert. Was Teppich einen "Hinterlandputsch" nennt, war eine Provokation der unter stalinistischem Einfluss stehenden Polizei. Seit der Zurückschlagung des Militärputsches im Juli 1936 wurde die Telefonzentrale in Barcelona, wie viele andere Einrichtungen auch, von revolutionären (anarchistischen) Arbeitern besetzt gehalten. Die Regierung wollte nun die Kontrolle, um ungestört ins Ausland telefonieren zu können, und schickte Polizei (Zivilgardisten). Es kam zum Aufstand, der jedoch von POUM und Anarchisten nicht genutzt wurde, die Revolution voranzutreiben. Danach setzte eine Welle der Unterdrückung ein, die von den Stalinisten angezettelt wurde. Diese befanden sich nach der Absetzung Caballeros im Bündnis mit der rechten PSOE (Sozialisten). Caballero musste weichen, da er sich geweigert hatte die POUM zu verbieten und als konterrevolutionäre Organisation zu verfolgen. Er hielt die POUM für eine Arbeiterorganisation und die von der KP vorgelegten Dokumente über eine angebliche Verbindung von Nin (POUM-Führer) und Franco für gefälscht. Die POUM wurde von der nachfolgenden Regierung verboten und  ihre Führer wurden verhaftet - Nin wurde vom NKWD ermordet.
Teppich ist weit davon entfernt die reale Lage wiederzugeben, vielleicht kann er es nicht besser, aber dann hätte er besser geschwiegen. Zweifellos wäre es notwendig gewesen den vereinzelten Milizen eine Koordination und gemeinsame Führung zu geben, z.B. in Form eines landesweiten Sowjets. Dazu hätte man das bestehende System der antifaschistischen Komitees ausbauen und regional wie landesweit vereinigen müssen, doch das wurde unterlassen. Vielmehr wurden die revolutionären Milizen, in die sich auch zahlreiche Kommunisten und Revolutionäre aus vielen Ländern freiwillig eingereiht hatten, unter Androhung und Einsatz von Waffengewalt zur Auflösung gezwungen. Ihnen wurde in den Rücken gefallen, selbst in Situationen in denen sie im Kampf mit den Faschisten lagen. Das war die militärische Situation. Die politische erklärt den konterrevolutionären Hintergrund dieses Vorgehens.
In Moskau liefen die gleichnamigen Prozesse gegen den sogenannten "trotzkistischen Block", der als Verbündeter der "faschistischen Bourgeoisie" und Hort der "Konterrevolution" ausgemacht worden war. Stalin und seine Leute waren also damit beschäftigt ein Blutbad unter den alten Bolschewiki anzurichten, während sich in Frankreich und Spanien revolutionäre Stimmungen und Situationen entwickelten. Nachdem sie die alten Bolschewiki-Revolutionäre Sinowjew und Kamenew in der UdSSR hingerichtet hatten, befassten sie sich etwas mit Spanien und die KI gab eine Erklärung ab. Sie sprach sich für eine "demokratische Revolution" aus, vermied tunlichst das Wort "Sozialismus" und verschob den "Sieg der Arbeit über das Kapital" auf unbestimmte Zeit.
Stalin persönlich schrieb dann dem neuen Ministerpräsidenten Caballero, einen Sozialisten, einen Brief, worin er forderte alles zu tun, damit Spanien "nicht als kommunistische Republik angesehen werden kann". Folglich sollte die Regierung "keinerlei Angriffe auf das Eigentum" dulden und vor allem die Kleinbürger der Städte zur Regierungsverantwortung heranziehen. Kein Wort in diesem Stalin-Brief zu den Interessen und Forderungen der Arbeiter und Bauern oder zu den Komitees, die jede kommunistische Politik als Ansatz für Räteorganisationen gesehen hätte.
Die spanische Revolution lag nicht im Interesse der Stalin-Bürokratie, deshalb wurde sie unterdrückt. NKWD-Agenten reisten nach Spanien und setzten dort ihr blutiges Handwerk fort. Sie folgten getreu der Anweisung, die von der Komintern herausgegeben worden war: Das Präsidium des EKKI billigte "die auf völlige und endgültige Zerschmetterung des Trotzkismus in Spanien gerichtete Linie der Partei als notwendig zum Sieg über den Faschismus." So lautete der Befehl: zuerst Zerschlagung des Trotzkismus, danach des Faschismus. (Das erwähnt Teppich natürlich mit keinem Wort.)
Stalin ließ sich die Waffenlieferungen an Spanien übrigens mit Gold bezahlen und seine Ratschläge an die dortige Regierung waren nichts anderes als konterrevolutionär und auch aus der Sicht der Sowjetunion ein Verbrechen.
Das von Stalin im Rahmen der Volksfrontpolitik verfolgte Konzept der Hinwendung zum Bürgertum vergleicht Pierre Frank zurecht mit Noskes Bluthundpolitik - sie ist gründlich und blutig gescheitert. Sie führte zur Abwürgung der revolutionären Masseninitiative in Frankreich wie in Spanien; zur blutigen Niederlage im spanischen Bürgerkrieg und ermöglichte und begünstigte den Aufstieg des Faschismus und die Katastrophe im 2.Weltkrieg.

(wird fortgesetzt)
Stand: 23.9.99


Anmerkungen

* Das Zitat stammt aus dem Artikel Luther als Schiedsrichter zwischen Strauß und Feuerbach (MEW 1, S. 26). Derselbe Artikel ist unterzeichnet mit Kein Berliner, wurde Marx zugeschrieben, findet sich aber auch in Ludwig Feuerbach, Ausgewählte Werke in sechs Bänden, Suhrkamp 1975 (Bd. 3, S. 244). Es ist also unklar, ob der Artikel und damit der Ausspruch von Karl Marx oder von Ludwig Feuerbach stammt.

** siehe z.B.: junge Welt, 27.8.1999, S.7: "Seit KFOR und UNMIK die Verantwortung für die Sicherheit im Kosovo übernommen  haben, sind über 200 000 Serben, Roma, Montenegriner und selbst Albaner katholischen Glaubens aus dem Kosovo vertrieben worden ...."

1 Artikel in Sozialistische Zeitung, SoZ (Juni 99); Abdruck in: Materialsammlung 13.1 für das erste bundesweite Treffen der Teilnehmer der "Offenen Kommunistischen Foren", Hamburg, 5.7.99

2 Süddeutsche Zeitung, 3.4.99

3 Racak war ein Kampf zwischen UCK und jugoslawischer Armee

4 siehe: Marx: Zur Judenfrage, (MEW 1, S. 363 ff)

5 siehe: Internationale Dokumente zum Menschenrechtsschutz, Reclam

6 Menschenrechte können als soziale Grundrechte aufgefasst werden. Die Menschenrechte auf Arbeit, Wohnung, Bildung und Erholung sind zwar in einigen Landesverfassungen der BRD aufgeführt, was der sozialen Realität Hohn spricht. Soziale Grundrechte waren in den Verfassungen frühsozialistischer Länder (DDR, Sowjetunion usw.) verankert.

7 Jugoslawien hatte dem 10-Punkte-Plan der "Balkan-Kontaktgruppe" zugestimmt, als die NATO in Rambouillet nachlegte und die Stationierung einer NATO-Truppe anstatt einer ursprünglich vorgesehenen Friedenstruppe mit russischer Beteiligung forderte. Außerdem wurde verlangt, daß Jugoslawien nach drei Jahren ein Referendum über die Unabhängigkeit des Kosovo akzeptiert.

8 Beispiele: Völkerwanderung; Auswanderung nach USA/Amerika; polnische Einwanderung ins Rheinland; nordafrikanische Einwanderer nach Frankreich; südeuropäische und türkische Einwanderung nach Deutschland, Schweiz, Österreich; afrikanische Einwanderung nach Britannien usw.

 
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