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KOMMUNISTISCHE STREITPUNKTE - Zirkularblätter - Nr. 5 - 10.02.2000 - Onlineversion Wal Buchenberg Elemente eines emanzipierten Sozialismus |
Das Versprechen des Sowjetsystems, es würde Ausbeutung und Unterdrückung in der Welt beenden, blieb bloße Propaganda. Positives Ziel dieses Systems war, rückständige Gesellschaften zu modernisieren und zu industrialisieren. Seine historische Aufgabe war also keine andere als die des Kapitalismus, nur sollten Modernisierung und Industrialisierung schneller und mancherorts auch sozial verträglicher erledigt werden. Die kapitalistischen Gesellschaften gewannen den Systemwettbewerb in der Hauptfrage, wer die Produktivkräfte umfassender entwickeln kann, und bestätigten damit die Theorie von Karl Marx, dass der Sozialismus nur eine Weiterentwicklung des Kapitalismus sein kann. Aber kapitalistische Entwicklung gelingt nur dadurch, dass politische, militärische und wirtschaftliche Macht und die damit verbundenen Kenntnisse in wenigen Händen monopolisiert, die Pflichten und Risiken der Lohnarbeit und die gewollte Ohnmacht des als Bürger und Wähler gekleideten Untertans aber an um so mehr Menschen verteilt werden. Das Sowjetsystem stritt mit dem Kapitalismus um die Frage: Wofür wird geplant? - Für eine Volkswirtschaft oder nur für einzelne Unternehmen? In beiden Systemen aber bleiben die Werktätigen ohnmächtig und werden von ihren Machthabern verplant und bevormundet: Die einen von ihrer Planerbürokratie und Parteiführung, die anderen von ihren Managern, Politikern und der Staatsbürokratie. Spätestens seit dem Untergang des Sowjetsystems spitzt sich alles auf die Frage zu: Wer plant und entscheidet für wen? Plant und entscheidet eine elitäre Minderheit für und über die Mehrheit oder plant und entscheidet die werktätige Mehrheit für sich und damit über die Gesellschaft? Längst haben in Deutschland und den entwickelten Gesellschaften des Westens die Gewerkschaften, Bürgerinitiativen und alle oppositionellen Individuen, Gruppen und Gruppierungen das Machtmonopol von Kapitalisten und politischer Klasse untergraben. Sie unterminieren täglich und wöchentlich das Entscheidungsmonopol der Kapitalisten und ihrer Manager im Kampf gegen Lohnsenkungen, Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Betriebsschließungen. Die Lohnabhängigen mischen sich sogar in innerkapitalistische Fragen wie Unternehmensfusionen oder Ladenöffnungszeiten ein. Die Auseinandersetzungen um die Nutzung von neuer Technik wie Gentechnik, Atomtechnik oder Transrapid sind nichts anderes als immer neue Machtfragen. In sozialen Fragen wie der Rentenpolitik, in außenpolitischen Fragen wie Militärinterventionen und Waffenexport oder in der Steuerpolitik wird der Regierung ihr verfassungsmäßiges Entscheidungsmonopol jeden Tag und jede Stunde streitig gemacht. Neben diesen großen politischen Fragen gärt der Kleinkrieg in jeder Stadt um Kindergartenschließungen, Schulfragen oder Straßenbau. Dabei wird jedesmal neu festgelegt, ob die herrschende Minderheit oder die machtlose Mehrheit das Sagen hat. Manchmal verteidigen Teile des Volkes wie im Kampf gegen die Rechtschreibreform einfach nur den schlechten Status quo gegen die Arroganz der Mächtigen. Selbst dann, wenn eine Volksbewegung sachlich im Unrecht ist - darüber muß dann eine sachliche Debatte geführt werden - bleibt sie politisch im Recht gegen die Herrschenden. Indem sich die politischen und gewerkschaftlichen Bewegungen, auch dort wo sie vielleicht sachlich im Unrecht sind, in die "Regierungsgeschäfte" und in das Management ihrer Unternehmen einmischen, praktizieren sie schon eine Gesellschaft, in der nicht wenige Machthaber, sondern die Werktätigen selbst entscheiden. Eine politische Revolution ist im Gange. Der Kapitalismus hat mit der Maschinerie und Technik auch die Fähigkeiten und Kenntnisse seiner Lohnarbeiter durch Ausbildung und Wechsel der Tätigkeiten auf immer neue Höhen weiterentwickelt und so die Bedingungen dafür geschaffen, dass die notwendig beschränkten Kenntnisse und Fähigkeiten von allen Einzelnen sich verbinden zu staunenswerten kollektiven Leistungen, die alle Heldentaten der antiken Götter und Heroen in den Schatten stellen. Die Elemente einer emanzipierten Gesellschaft brauchen nicht erfunden, sondern können in den bestehenden Verhältnissen entdeckt und aus ihnen entwickelt werden. Der gesellschaftliche Wille - wirtschaftlich gesprochen der gesellschaftliche Plan - entwickelt sich nur aus dem freien Willen der Individuen. Damit die Mitglieder der Gesellschaft frei entscheiden können, muß jede Monopolisierung von wirtschaftlicher, politischer und militärischer Macht und den damit verbundenen Kenntnissen und Informationen aufgebrochen werden. Nur auf einer freiheitlichen Grundlage kann sich die freiwillige Kooperation in der Gesellschaft entfalten und können sich dadurch die Lösungen für die gemeinschaftlichen Aufgaben entwickeln. Nur auf einer freiheitlichen Grundlage kann die Herausbildung einer neuen Machtelite dauerhaft verhindert werden.
1. Die bisherigen Betriebsräte der Belegschaften treten an die Stelle der Aufsichtsräte des Kapitals und übernehmen deren Rechte. Kleinbetriebe werden in Genossenschaften umgewandelt. 2. Alle Betriebe führen ihre Kalkulation, Buchführung und Forschung und Entwicklung öffentlich (z.B. im Internet). 3. Jeder hat Anspruch auf dieselbe Ausbildungszeit. Nach einer theoretischen und praktischen Allgemeinausbildung ist die Verteilung der restlichen Bildungsjahre über ein Lebensalter frei. 4. Alle Beschäftigungsverhältnisse werden auf Zeit abgeschlossen. Die langjährige Fesselung an einen Betrieb oder eine einzige Beschäftigung stirbt aus. 5. Auf kommunaler Ebene werden Produkt- und Dienstleistungsbörsen eingerichtet, die landesweit vernetzt sind. An diese Börsen machen die Betriebe ihre Produktions- und Serviceangebote und bestellen dort ihre betriebliche Nachfrage. Die privaten Verbraucher melden ihren privaten Konsum ebenfalls an diese kommunalen Börsen. Hinzu kommt noch die Nachfrage der Kommunen für Gemeinschaftsaufgaben wie Bildung, Kranke, Notzeiten etc., für die die Kommunen besondere Fonds unterhalten. Ein Landesfonds mit Weltgeld wird eingerichtet für den Waren- und Dienstleistungsverkehr mit dem kapitalistischen Ausland. Die kommunalen Börsen verrechnen landesweit Angebot und Nachfrage. Die Kommunen übernehmen die Verteilung und Transport der hergestellten Produkte und bestellten Dienstleistungen. 6. Betriebe und Kommunen sind in ihren Entscheidungen souverän, die Zentralregierung legt nur Leitlinien fest. 7. Alle Repräsentanten (Räte) in Betrieb und öffentlicher Verwaltung (Stadträte, Landesräte) werden jährlich in geheimer und direkter Persönlichkeitswahl (keine Listenwahl) gewählt. 8. Alle Sitzungen von Repräsentanten (Betriebsräte, Stadträte, Landesräte) sind öffentlich für die von ihnen Vertretenen (werden z.B. auch live im kommunalen oder landesweiten Fernsehen übertragen). 9. Alle Grundsatzentscheidungen werden in Urabstimmungen auf betrieblicher, kommunaler oder landesweiter Ebene getroffen. Jede Entscheidung einer Repräsentationsebene kann durch Urabstimmung der jeweils Vertretenen korrigiert werden. 10. Gewerkschaften und Parteien gelten wie Kirchen oder Vereine als private Vereinigungen, die sich selbst verwalten. Gewerkschaften werden aus den Betriebsfonds unterhalten, andere Vereinigungen aus den kommunalen Fonds. |
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