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Nr.20 onlineversion

Die Jungen Nationaldemokraten -
Sammelbecken der militanten Rechten:
Die Aktivitäten der Rechtsextremen zum diesjährigen 1. Mai haben eine der wenigen noch nicht verbotenen Organisationen ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt: Die Jungen Nationaldemokraten (JN), die Jugendorganisation der NPD.

Die JN wurden 1967 als offizielle Jugendorganisation der NPD gegründet, sie verfügten damals über ca. 1100 Mitglieder. Die NPD befand sich in einer Hochphase und saß in mehreren Landesparlamenten. In der Geschichte des deutschen Rechtsextremismus stellten die JN seitdem immer wieder eine Art Durchlauferhitzer dar. Viele militante Rechte, wie zum Beispiel Michael Kühnen oder Meinolf Schönborn, kamen aus dieser Organisation.

Nach Jahren der Krise wuchsen die JN Anfang der 90er Jahre wieder auf ca. 1200 Mitglieder an. Die Führung versucht seitdem aus den JN eine handlungsfähige Kaderorganisation zu formen. Die Anhänger mußten an Schulungen teilnehmen und inaktive Mitglieder wurden ausgeschlossen, so daß die Mitgliederzahl heute bei etwa 300 liegt. Die Zeitschrift der JN heißt "Einheit und Kampf" und erscheint bundesweit. Bis 1995/96 versuchten sich die JN antihitleristisch und bisweilen nationalrevolutionär zu geben. Sie sprachen sich u.a. in "Einheit und Kampf" für einen "progressiven Nationalismus" aus, distanzierten sich von "Nazis, die Hakenkreuzfahnen schwenken" und wandten sich gegen den platten Antisemitismus der "alten Rechten". Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen mit den traditionell nationalsozialistischen Gruppierungen. Die "Völkischen Blätter" der "Kameradschaft Treptow" empörten sich beispielsweise über "das ganze Anti-NS-Geschreibe" und forderten, den JN "die Bühne für ihre Anti-NS-Hetze zu entziehen". Der "Völkische Freundeskreis" des Führungsmitgliedes der "Nationalen", Christian Wendt, bezichtigte die JN "auf der Grundlage der Hetze gegen den Führer die nationalsozialistische Bewegung ... spalten .. und mißbrauchen zu wollen.

Interessanterweise begannen die JN 1996 zum Teil erfolgreich die 1. Mai Demo in Berlin-Marzahn und die Aktivitäten zum Todestag von Rudolf Heß zu Koordienieren, und bekamen so für die rechte Szene zunehmend eine zentrale Funktion. Denn nach den Verboten diverser NS-Organisationen sind viele neofaschistische Kader den JN beigetreten. Um nur ein Beispiel zu nennen: Steffen Hupka, ehemaliger "Bereichsleiter Nord" der "Nationalistischen Front" (NF), sitzt heute im Bundesvorstand der JN und in der Redaktion von "Einheit und Kampf".

Der Grund für diese Übertritte liegt auf der Hand, die JN kann als Unterorganisation der NPD, die Parteistatus hat, nicht von der Bundesregierung sondern lediglich vom Bundesverfassungsgericht verboten werden, was wiederum Jahre dauern kann.

Die JN trug ihrer wachsenden Bedeutung für die neonazistische Szene Rechnung, indem 1996 eine endeutiger ideologischer Schwenk vollzogen wurde. Gleichzeitig wurde die Redaktion von "Einheit und Kampf", mit Ausnahme des Bundesvorsitzenden Holger Apfel, ausgewechselt. Man distanzierte sich jetzt vom sog. "progressiven Nationalismus" und Apfel verkündete: "Heute ist mehr denn je der Zusammenhalt aller Nationalisten gefragt." Er forderte die Neonazis zur Gemeinsamkeit auf, "zur Überwindung des gemeinsamen Feindes - des politischen Systems der BRD", und bietet die JN quasi als integrative Kraft des Neofaschismus an.

Im Februar haben die NPD und die JN diese Funktion beispielhaft gezeigt. Im Rahmen der Münchener Demo gegen die Wehrmachtsausstellung konnten die JN das gesamte rechte Spektrum mobilisieren. Dadurch gelang es ihnen, die größte rechte Demo seit über 20 Jahren mit annähernd 6.000 TeilnehmerInnen auf die Beine zu stellen.

Im Rahmen der Mobilisierung zum 1. Mai haben die JN versucht, diese Funktion als Sammelbecken und legale Organisationsform, insbesondere der militanten rechtsextremen Bewegung, unter Beweis zu stellen. Diesmal zum Glück nicht sehr erfolgreich.

Die antifaschistischen Kräfte werden sich für die Zukunft auf vermehrte Aktivitäten der JN als zunehmend wichtigste Organisation der Neofaschisten einstellen müssen.

Quellen: Landesamt für Verfassungsschutz, Rechtsextremistische Bestrebungen in Berlin, 1997; J. Mecklenburg (Hg.), Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996; sowie diverse neofaschistische Veröffentlichungen

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