September 1995

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Nr.14 onlineversion

amnesty international:
Deutsche Polizisten mißhandeln Ausländer

Anfang Mai dieses Jahres stellte amnesty international in Bonn einen Bericht vor, in dem über 70 Fälle von Mißhandlungen durch Polizisten an ausländischen Menschen innerhalb der letzten drei Jahre benannt wurden. amnesty sprach von teilweise so schweren Vorfällen, daß dies "der Folter gleichkommt". Mehr als die Hälfte der Vorwürfe richten sich gegen Beamte der Berliner Polizei.

"Guck mich nicht so an, du Scheißausländer!" brüllte ein Polizist und trat dem Marokkaner Mimoun T. in die Hoden. Wenige Minuten zuvor war T. zusammen mit einem Freund in der Nähe des Frankfurter Hauptbahnhofes von mehreren uniformierten Polizisten angehalten worden. Er kam gar nicht erst dazu, sich auszuweisen. Denn bevor er seine Papiere vorholen und zeigen konnte, erhielt Mimoun T. von einem Beamten einen Fußtritt, ein anderer schlug ihn mit einem Polizeiknüppel heftig auf den Hinterkopf. T. fiel zu Boden und wurde mit Handschellen gefesselt. Anschließend versetzten die Beamten ihm weitere Fußtritte und schlugen ihn mit dem Kopf auf den Boden. Der Freund von T. wurde Augenzeuge dieser Mißhandlung am Abend des 7. Oktober 1992. (taz, 17.5.95)

Dieses Beispiel ist einer der Fälle, die amnesty vorstellte. T. wurde so schwer verletzt, daß er mehrere Tage im Krankenhaus verbringen mußte. Als er die Beamten wegen der Mißhandlungen anzeigte, bekam er selber eine Anzeige wegen "Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte".

amnesty sprach davon, "daß es sich nicht nur um isolierte Einzelfälle handelt". Vielfach scheinen die Übergriffe rassistisch motiviert. Insbesondere in Berlin ging amnesty davon aus, daß die Mißhandlungen "einem bestimmten Muster folgen", also systematisch sind. Im Bericht steht, daß "die Anzahl mutmaßlicher Mißhandlungen durch die Polizei in Berlin überproportional und beunruhigend hoch" sei.

Innensenator Heckelmann stellt sich taub

In dem Bericht wurde auch vermerkt, daß Heckelmanns Innenverwaltung bundesweit die einzige war, die "Informationsersuchen von amnesty international durchgängig unbeantwortet ließ". Darüberhinaus wirft amnesty der Berliner Staatsanwaltschaft vor, Ermittlungen "nicht mit der gebotenen Sorgfalt und Unparteilichkeit" geführt zu haben. Die Berliner Behörden wurden aufgefordert "eine unabhängige Überprüfung" der Vorfälle zu veranlassen.

Ein Sprecher Heckelmanns ließ auf die Vorwürfe nur verlauten: "Schlicht absurd" (taz 17. 5. 1995).

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