September 1995

zurück zur titelseite/inhalt

Nr.14 onlineversion

"Verband Junger Journalisten Berlin-Brandenburg" tendiert nach rechtsaußen

Dieser laut eigenen Angaben 854 Mitglieder (im Jahr 1994) zählende Verein gibt - nur an Mitglieder und nur gegen Entgelt - "Presseausweise" aus. Führende Mitglieder tendieren nach rechtsaußen und auch bei den nationalliberalen Unterwanderungsversuchen der FDP mischt der Verein mit.

Auf den ersten Blick läßt sich kein Unterschied zum Bundesdeutschen Presseausweis erkennen. Doch statt der Unterschrift des brandenburgischen Innenministers Alfons Ziel (SPD), Vorsitzender der Innenministerkonferenz, findet sich auf der Rückseite des "Presseausweises" vom VJJ ein Stempel mit dem Vereinslogo. Dieses ähnelt - rein zufällig, versteht sich - der Unterschrift Ziels. Von der IG Medien darauf aufmerksam gemacht, wandte sich der Minister im April letzten Jahres an den Deutschen Presserat.

Bereits im Dezember 1993 hatte es Querelen um den "Verband Junger Journalisten Berlin-Brandenburg (Berliner Jugendpresse BJP e.V.", so der volle Vereinsname) gegeben. Berlins damaliger Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) trat aus dem Kuratorium des Vereines zurück. Krüger erklärte, er könne "nicht sicher sein, daß nicht mein Name und meine politische Funktion als Senator für Jugend und Familie dazu verwendet werden, die Etablierung eines personellen und informellen Reservoirs im Umfeld rechtsextremer Aktivitäten zu erleichtern". Laut Krüger entschlossen sich auch die anderen Kuratoriumsmitglieder - "nach eingehender Prüfung der Vorwürfe gegen ein Mitglied des Vorstandes des VJJ" - zum Rücktritt.

In einem Schreiben an den Verband Junger Journalisten nennt Krüger konkret den 31jährigen Torsten Witt, seit der Gründung des Vereins 1984 ununterbrochen Vorsitzender. Krüger, heute Bundestagsabgeordneter, erwähnt eine Tätigkeit für die "Junge Freiheit", "sympathisierende Kontakte zu rechtsextremen Jugendzeitschriften" und öffentliche Solidarisierung Witts mit dem österreichischen Rechts-Populisten Jörg Haider.

Der Verband ist in dieser Hinsicht nicht ganz unbelastet, wie die Vereinsgeschichte zeigt:

1984 als Berliner Jugendpresse e.V. gegründet, gehörten ihm hauptsächlich Mitglieder der CDU-Nachwuchsorganisationen Junge Union und Berliner Schüler Union und "Redakteure" dieser Publikationen an. Fortan entwickelte sich der Verein nach rechts: Vorstandsmitglieder traten zu den Republikanern über. Während Torsten Witt beteuert, politische Aktivitäten der Vereinsmitglieder würden nur toleriert, "soweit diese sich im Rahmen des Bekenntnisses zu der freiheitlichen Grundordnung und zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bewegen" und damit prahlt alle Vereinsmitglieder persönlich zu kennen, stand im Impressum der NPD-nahen Zeitung "Denkzettel" das Logo der "Berliner Jugendpresse". Der presserechtlich Verantwortliche dieses Blattes, der Berliner Andreas Storr, wurde im Verfassungsbericht 1992 als führendes Mitglied der "Jungen Nationaldemokraten" benannt. Dieser Nachwuchsorganisation der NPD war die politische Betätigung im damaligen Westberlin verboten.

Berliner FDP: Ziel von rechten Unterwanderungsversuchen

Der VJJ-Vorsitzende Witt ist heute Mitglied der FDP. Hier gilt er als Vertreter des rechten Flügels.

Von 1991 bis 1992 bekleidete Witt einen Vorstandsposten bei den Berliner Jungen Liberalen. Er ist nicht das einzige Mitglied der Berliner Jugendpresse, das zugleich im Vorstand der FDP-Nachwuchsorganisation sitzt. Während dieser Zeit machte die Politik der Jungen Liberalen einen gewaltigen Satz nach rechts: Forderungen nach einem "Freistaat Preußen", einem "Europa der Vaterländer", Abschaffung des Rechtes auf Asyl und ausgeweitete Kompetenzen der Staatsmacht hat sich der blau-gelbe Nachwuchs auf die Fahnen geschrieben. Als Vorbild gilt nicht die FDP, sondern die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) des Jörg Haider. Deren Zeichen wurde - leicht abgewandelt - zum Symbol der Jungliberalen gemacht. Mit Kritiken innerhalb der Organisation wurde rauh umgegangen. Zum Eklat kam es auf einem Kongreß der Jungen Liberalen im Oktober 1992: Es gab Handgreiflichkeiten, nachdem vorher der Verdacht des Wahlbetruges geäußert wurde und mehrere hundert Mark Mitgliedsbeiträge verschwanden. Ein weiterer Kongreß der Jugendorganisation, auf dem ein neuer - nicht rechtslastiger - Vorstand gewählt wurde, konnte nur unter Polizeischutz stattfinden.

zurück zum seitenanfang