mitte 1995

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Nr.12 onlineversion

Kurzmeldungen

Mahnwoche zum 8. Mai

Die Umdeutung der deutschen Geschichte hat aus dem 8. Mai 1945, dem Tag der Befreiung vom Nazi-Faschismus, einen "Trauertag des Zusammenbruchs und der Kapitulation" gemacht. Von offizieller Seite wird der "Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft" gedacht, ein Versuch deutsche Täter zu den eigentlichen Opfern zu erklären. Die Einzigartigkeit der faschistischen deutschen Vernichtungsmaschinerie soll relativiert werden, "Auschwitz gegen Dresden" ist die Devise. Es ist bitter notwendig, gegen diese Entwicklung zu mobilisieren, sie zu stoppen.

Ein Bündnis verschiedener Antifa-Gruppen organisiert vom 2. bis 8. Mai eine Mahnwoche, in der 70 verschieden Veranstaltungen zum 50. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus stattfinden. Am 7. Mai ist eine Demonstration geplant, die vom Alex, vorbei an verschiedenen Orten des Widerstands zur "Neuen Wache" führt.

GdP-Ausschluß von Republikanern erlaubt

Düsseldorf. Den Ausschluß von Republikaner-Mitgliedern aus der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat das Landgericht Düsseldorf bestätigt. Im Programm der Partei gebe es Anhaltspunkte für eine Verharmlosung des Nationalsozialismus, eine Überbetonung des Nationalen und eine Ausgrenzung von AusländerInnen, so die Begründung des Gerichts.

Neonazi auf Justiz-Laufbahn

In Berlin wird auf Staatskosten ein Rechtsextremist zum Volljuristen ausgebildet. Der Bundesführer der verbotenen "Wiking-Jugend", Wolfgang Nahrath, ist zur Zeit in der Berliner Justizverwaltung "Beamter auf Probe". Er bereitet sich auf sein zweites Staatsexamen vor. Die Gleichgültigkeit der Gerichtspräsidentin kann der Beamtensekretär in der Berliner ÖTV-Bezirksverwaltung, Ingo Hinz, nicht nachvollziehen. Hinz: "Es ist rechtlich möglich, Nahrath zu entlassen - man muß es nur wollen", denn auch Beamte auf Probe müssen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Andernfalls kann ihnen gekündigt werden.

Werbung für Rechtsextreme

Im November letzten Jahres warb das "DGZ-Magazin, Monatsblatt der Christlichen Gewerkschaften", für den umstrittenen "Komm mit"-Jugendkalender, von dem sich selbst die konservative CDU-Frauenministerin Claudia Nolte distanzieren mußte. Denn "Komm mit" bezieht eindeutig Stellung. "In Sachen Patriotismus" seien "unsere größtenteils linken Medien anzuklagen", so der Kalender für 1995. "Lesenswert oder gar empfehlenswert" seien hingegen Rechtaußen-Postillen wie "Junge Freiheit", "Mut" oder "Criticon". Im Jahr zuvor hatte der Kalender Deutschland in den Grenzen von 1937 und das Deutschlandlied in allen drei Strophen abgedruckt.

Martin Lessenthin, Chefredakteur des DGZ-Magazins, sieht keinen Grund, sich von der Anzeige zu distanzieren: "'Komm mit' wird von wichtigen christlichen Meinungsträgern unterstützt."

Einblick-Prozeß beendet

Groß-Gerau (Hessen). Den Herstellern und VertreiberInnen der Anti-Antifa Broschüre "Der Einblick" wurde der Prozeß gemacht. Mit zwei Jahren für Norman Kempken und einem Jahr auf Bewährung und zusätzlicher Geldstrafe für Stephan Cumic wurden die Hauptangeklagten und aktiven Neonazis verurteilt. Weitere Angeklagte erhielten für ihre Beihilfe Geldstrafen und Ableistung von Arbeitsstunden. Zwar wurden bei mehreren Hausdurchsuchungen Disketten und Festplatten beschlagnahmt, doch ein Großteil des Materials wurde ohne jede Ansicht mit der Begründung "nicht verfahrensrelevant" den Personen wieder ausgehändigt. Diese und weitere "Ermittlungspannen" sind beispielhaft für den Umgan der Justiz mit (Neo-)faschisten. Derselbe Apparat führt doch seine Ermittlungen gegen Antifaschisten gewöhnlich mit erstaunlicher Akribie, Ausdauer und Phantasie durch.

Druckerei löst Vertrag mit "Junger Freiheit"

Weimar. Nach dem vermutlich von Linksextremisten verübten Brandanschlag auf das Firmengebäude will der Eigentümer der Unionsdruckerei in Weimar den Vertrag mit der rechtskonservativen Zeitung "Junge Freiheit" (Potsdam) auflösen. Laut Geschäftsführer werde nach einer einvernehmlichen Lösung gesucht. (Az.: 80486/93)

Hessisches Landesarbeitsgericht:
Zivilcourage ist legitim

In der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde die Deutsche Bundespost (Postdienst) erneut dazu verurteilt, die Abmahnungen gegen neun PostzustellerInnen zurückzunehmen. Die KollegInnen hatten sich im Vorfeld der hessischen Kommunalwahl 1993 geweigert DVU-Zeitungen mit der Überschrift "Für ein deutsches Frankfurt" zu verteilen. Das Landesarbeitsgericht bestätigte im Dezember 1994 eine Entscheidung des Arbeitsgerichtes Frankfurt, die besagte: Die ZustellerInnen können sich auf ihre Gewissensentscheidung berufen. Der Zustellboykott war legitim.

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