Mao Werke


Mao Tse-tung:

UNSERE SCHULUNG UND GEGENWÄRTIGE LAGE*

(12. April 1944)

* Die in dem zentralen leitenden Organ und unter den höheren Funktionären der Kommunistischen Partei Chinas in den Jahren 1942 bis 1944 geführten Diskussionen über die Geschichte der Partei, insbesondere über die Periode von Anfang 1931 bis Ende 1934, haben in beträchtlichem Maße geholfen, die ideologische Einheit in der Partei auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus herbeizuführen. Wenn auch die im Januar 1935 in Dsunyi, Provinz Kueitschou, abgehaltene erweiterte Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Partei die von Anfang 1931 bis Ende 1934 existierende falsche "links"abweichlerische Linie korrigiert, die Zusammensetzung des zentralen leitenden Organs verändert, die Führung mit Genossen Mao Tse-tung an der Spitze verankert und die Parteilinie auf den richtigen marxistisch-leninistischen Weg geführt hat, sind sich dennoch viele Funktionäre der Partei über den Charakter der irrigen Linien der Vergangenheit noch nicht völlig klargeworden. Zur weiteren Hebung des marxistisch-leninistischen ideologischen Niveaus der Parteikader hat das Politbüro des Zentralkomitees der Partei in den Jahren 1942 und 1943 einige Diskussionen über die Parteigeschichte durchgeführt und später, in den Jahren 1943 und 1944, eine ähnliche Diskussion unter den höheren Funktionären der ganzen Partei. Diese Diskussionen waren eine wichtige Vorbereitung zum VII. Parteitag, der im Jahre 1945 stattfand, und trugen dazu bei, daß auf dem Parteitag eine in der Geschichte der Kommunistischen Partei Chinas nie dagewesene ideologisch-politische Einheit erreicht wurde. "Unsere Schulung und die gegenwärtige Lage" ist eine diesen Diskussionen gewidmete Rede des Genossen Mao Tse-tung auf einer Versammlung der höheren Funktionäre in Yenan.

Seit dem letzten Winter studieren die höheren Funktionäre unserer Partei die Frage der zwei Linien in der Parteigeschichte. Das hat das politische Niveau breiter Kreise unserer höheren Funktionäre beträchtlich gehoben. Im Verlauf dieser Schulung haben die Genossen eine Reihe von Fragen gestellt. Hinsichtlich einiger wichtiger Fragen hat das Politbüro des Zentralkomitees seine Schlußfolgerungen gezogen. Diese Schlußfolgerungen sind die folgenden:

1. In bezug auf die Frage, wie man an das Studium der historischen Erfahrungen herangehen muß. Das Zentralkomitee hält es für notwendig, sich darum zu kümmern, daß sich die Kader alle Fragen hinsichtlich der Geschichte unserer Partei ideologisch gründlich durchdenken und daß man gleichzeitig bei der Beurteilung von Genossen, die in der Vergangenheit Fehler gemacht haben, eine milde Politik betreibt, damit einerseits volle Klarheit über die historischen Erfahrungen unserer Partei gewonnen und eine Wiederholung der Fehler vermieden und andererseits alle Genossen für die gemeinsame Arbeit zusammengeschlossen werden können. In der Geschichte unserer Partei gab es den breit entfalteten Kampf gegen die irrige Linie von Tschen Du-hsiu und die irrige Linie von Li Li-san; in beiden Fällen war dieser Kampf absolut notwendig. In den Methoden der Durchführung dieses Kampfes gab es aber Mängel: Einerseits führte der Kampf die Kader nicht dazu, die Ursachen dieser Fehler und die Lage, in der sie gemacht worden waren, sowie die einzelnen Methoden für ihre Korrektur ideologisch vollständig zu erfassen, und das ließ die Möglichkeit einer Wiederholung von Fehlern ähnlicher Natur offen; andererseits wurde die Verantwortung einzelner Personen zu sehr unterstrichen, was nicht dazu beitrug, eine noch größere Anzahl von Genossen für die gemeinsame Arbeit zusammenzuschließen. Diese beiden Mängel müssen uns als Warnung dienen. Wenn wir jetzt die Fragen der Geschichte unserer Partei behandeln, müssen wir das Schwergewicht nicht auf die persönliche Verantwortung gewisser einzelner Genossen legen, sondern auf die Analyse der damaligen Lage, auf den Inhalt der Fehler, auf die sozialen, historischen und ideologischen Wurzeln dieser Fehler und uns an den Kurs halten "Aus früheren Fehlern lernen, um künftige zu vermeiden" und "Die Krankheit bekämpfen, um den Patienten zu retten" ; damit sollen zwei Ziele erreicht werden: eine ideologische Klarheit zu schaffen und Genossen zu gewinnen. An die Behandlung der einzelnen Genossen muß man sorgfältig und behutsam herangehen: weder ein Auge zudrücken noch die Genossen verletzen - ein solches Herangehen ist eins der Kennzeichen für das Aufblühen und Gedeihen unserer Partei.

2. Man muß an jede Frage analytisch herangehen und darf nicht alles negieren. Beispielsweise muß man die Frage der Linie der Führung des zentralen leitenden Organs in der Periode vom 4. Plenum1 bis zur Tagung in Dsunyi von zwei Seiten her analysieren: Einerseits muß aufgezeigt werden, daß die politische Taktik, die militärische Taktik und die Kaderpolitik, die damals vom zentralen leitenden Organ verfolgt wurden, in ihren Hauptaspekten falsch waren; andererseits muß auch vermerkt werden, daß es bei den Genossen, die damals Fehler machten, keinen Streit mit uns gab über solche Grundfragen wie die Bekämpfung Tschiang Kai-scheks, das Eintreten für die Agrarrevolution sowie den Kampf der Roten Armee. An die Fragen der Taktik muß man ebenfalls analytisch herangehen. So bestand beispielsweise damals der Fehler in der Frage des Grund und Bodens darin, daß man eine ultralinke Politik betrieb, wonach den Grundherren kein Boden und den Großbauern nur schlechte Grundstücke zugeteilt wurden; dennoch waren die Genossen, die Fehler machten, in der Frage der Beschlagnahme des Grundherrenbodens und seiner Aufteilung unter die landlosen und landarmen Bauern mit uns der gleichen Meinung. Lenin sagte, daß die konkrete Analyse einer konkreten Situation "das innerste Wesen, die lebendige Seele des Marxismus"2 ist. Vielen unserer Genossen fehlt ein analytisches Denkvermögen, sie wollen nicht tief in die komplizierten Dinge eindringen, sie nicht wiederholt analysieren und erforschen, sondern ziehen simple Schlußfolgerungen vor, die entweder eine absolute Bejahung oder eine absolute Verneinung darstellen. Daß dieser Mangel vorhanden ist, besagt auch die Tatsache, daß es unseren Zeitungen an analytischen Artikeln fehlt, daß die Gewohnheit zu analysieren in der Partei noch nicht vollständig ausgebildet wurde. Diesem Zustand muß für die Zukunft abgeholfen werden.

3. Zur Diskussion über die Dokumente des VI. Parteitags. Es ist notwendig, aufzuzeigen, daß die Linie des VI. Parteitags im wesentlichen richtig war, da der Parteitag feststellte, daß die gegenwärtige Revolution ihrem Charakter nach eine bürgerlich-demokratische Revolution ist, da er die damalige Lage als Lage in einer Periode zwischen zwei Aufschwüngen der Revolution definierte, den Opportunismus und den Putschismus verurteilte und das Zehn-Punkte-Programm3 veröffentlichte; alles das war richtig. Der VI. Parteitag hatte auch Mängel; beispielsweise hat er weder auf den überaus langwierigen Charakter der Revolution in China noch auf die außerordentliche Wichtigkeit der ländlichen Stützpunktgebiete für die chinesische Revolution hingewiesen. Und er hatte noch einige andere Mängel und Fehler. Wie dem aber auch sei, der VI. Parteitag hat eine fortschrittliche Rolle in der Geschichte unserer Partei gespielt.

4. Über die Rechtmäßigkeit des 1931 in Schanghai gebildeten provisorischen zentralen leitenden Organs und des nachher von diesem zentralen leitenden Organ einberufenen 5. Plenums4. Das Zentralkomitee hält beide für rechtmäßig, erachtet es aber für notwendig, darauf hinzuweisen, daß die Wahlordnung nicht restlos eingehalten wurde, was uns als eine historische Lehre dienen muß.

5. Zur Frage der Fraktionen in der Geschichte unserer Partei. Zu bemerken ist, daß die Fraktionen, die in der Geschichte unserer Partei bestanden und eine negative Rolle gespielt haben, heute - nach einer Reihe von Veränderungen, die seit der Tagung in Dsunyi vor sich gegangen sind - bereits nicht mehr existieren. Beim jetzigen Studium der beiden Linien in unserer Partei ist es absolut notwendig, darauf hinzuweisen, daß solche Fraktionen in der Geschichte bestanden und eine negative Rolle gespielt haben. Falsch wäre es aber anzunehmen, daß es solche Fraktionen mit ihren früheren falschen politischen Programmen und organisatorischen Formen auch jetzt noch gäbe, nach all den Veränderungen, die im Laufe so vieler innerparteilicher Kämpfe vor sich gegangen sind - innerparteiliche Kämpfe auf der Tagung in Dsunyi im Januar 1935, auf dem 6. Plenum des vom VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees im Oktober 1938, auf der erweiterten Tagung des Politbüros im September 19415, während der in der ganzen Partei im Jahre 1942 entfalteten Ausrichtungsbewegung und des im Winter 1943/44 begonnenen Studiums des Kampfes zwischen den beiden Linien in der Geschichte unserer Partei. Die einstigen Fraktionen existieren heute nicht mehr. Gegenwärtig sind nur Überbleibsel dogmatischer und empiristischer Ansichten erhalten geblieben; die Fortführung und Vertiefung der Ausrichtungsbewegung wird uns ermöglichen, auch diese zu überwinden. Was gegenwärtig in unserer Partei zu einem bedenklichen Grad und fast überall existiert, ist eine durch mehr oder weniger politische Blindheit gekennzeichnete Tendenz zur Mentalität des Burgrittertums6. So fehlen beispielsweise gegenseitiges Verständnis, gegenseitige Achtung und der Zusammenschluß zwischen Genossen von verschiedenen Abschnitten, was daherrührt, daß die Genossen nicht die gleiche Kampfvergangenheit haben, daß sie in verschiedenen Gebieten gearbeitet haben (das eine Stützpunktgebiet unterscheidet sich von dem anderen, die Bedingungen in den vom Feind besetzten Gebieten, in den Gebieten der Kuomintang-Herrschaft und in den revolutionären Stützpunktgebieten ähneln einander nicht) oder in verschiedenen Arbeitszweigen (der eine Truppenverband unterscheidet sich von dem anderen, die eine Art der Arbeit ähnelt nicht der anderen) ; das scheint etwas Gewöhnliches zu sein, ist aber in Wirklichkeit ein ernstes Hindernis für die Einheit der Partei und die Stärkung ihrer Kampfkraft. Die sozialen und historischen Wurzeln der Mentalität des Burgrittertums liegen darin, daß das Kleinbürgertum in China zahlenmäßig ungemein groß ist, sowie darin, daß die ländlichen Stützpunktgebiete durch den Feind für lange Zeit auseinandergerissen worden sind; die unzureichende erzieherische Arbeit innerhalb der Partei jedoch ist die subjektive Ursache für das Aufkommen dieser Mentalität. Eine wichtige Aufgabe für uns besteht gegenwärtig darin, auf diese Ursachen hinzuweisen, die Genossen zu überzeugen, daß sie mit der politischen Blindheit Schluß machen und ihr politisches Bewußtsein heben müssen, die ideologischen Schranken zwischen den Genossen niederzureißen, gegenseitiges Verständnis und gegenseitige Achtung unter den Genossen zu fördern, um den großen Zusammenschluß der ganzen Partei herbeizuführen.

Wenn diese angeführten Fragen von der ganzen Partei klar begriffen werden, dann wird das nicht nur den sicheren Erfolg der gegenwärtigen Schulung innerhalb der Partei, sondern auch den sicheren Sieg der chinesischen Revolution gewährleisten.

II

Die gegenwärtige Lage wird durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet: Die erste besteht in der Stärkung des antifaschistischen Lagers und in der Schwächung des faschistischen Lagers; die zweite im Wachstum der Volkskräfte und im Verfall der volksfeindlichen Kräfte innerhalb des antifaschistischen Lagers. Die erste Besonderheit ist völlig offenkundig und leicht zu bemerken. Hitler wird bald geschlagen sein, die japanischen Aggressoren gehen ebenfalls dem Zusammenbruch entgegen. Die zweite Besonderheit ist noch nicht so offenkundig, sie ist noch nicht von allen so leicht zu sehen. Sie macht sich aber in Europa, in England und in den USA sowie in China von Tag zu Tag immer mehr bemerkbar.

Das Wachstum der Volkskräfte in China muß man an unserer Partei - als Zentrum - zeigen.

Die Entwicklung unserer Partei in der Periode des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression kann man in drei Phasen einteilen. Die erste Phase ist die von 1937 bis 1940. In den ersten zwei Jahren dieser Phase, das heißt in den Jahren 1937 und 1938, schätzten die japanischen Militaristen die Kuomintang hoch ein, sahen die Kommunistische Partei geringschätzig an und setzten daher ihre Hauptkräfte zum Angriff gegen die Kuomintang-Front ein. In ihrer Politik gegenüber der Kuomintang bedienten sie sich des militärischen Schlags als Hauptmittel und politischer Verlockungen zur Kapitulation als Hilfsmittel; den unter Führung der Kommunistischen Partei stehenden antijapanischen Stützpunktgebieten maßen sie dagegen keine Bedeutung bei, da sie annahmen, daß dort nur ein kleines Häuflein von Kommunisten Partisanenaktionen führe. Doch ab Oktober 1938, seit der Besetzung Wuhans durch die japanischen Imperialisten, begannen sie ihre Politik zu ändern, indem sie die Hauptaufmerksamkeit auf die Kommunistische Partei richteten und die Kuomintang dagegen geringschätzig behandelten; sie bedienten sich der Kuomintang gegenüber politischer Verlockungen mit dem Ziel, sie zur Kapitulation zu bewegen, als Hauptmittel und des militärischen Schlags als Hilfsmittel; ihre Hauptkräfte aber setzten sie nach und nach gegen die Kommunistische Partei ein. Denn zu dieser Zeit hatten die japanischen Imperialisten bereits gemerkt, daß sie die Kuomintang nicht mehr zu fürchten brauchten, hingegen aber die Kommunistische Partei fürchten müßten. In den Jahren 1937 und 1938 war die Kuomintang relativ aktiv im Krieg gegen die japanische Aggression und unterhielt ziemlich gute Beziehungen zu unserer Partei; obwohl sie die antijapanische Volksbewegung in vieler Hinsicht einschränkte, ließ sie zu gleicher Zeit verhältnismäßig mehr Freiheit zu. Nach dem Fall von Wuhan wurde die Kuomintang infolge ihrer militärischen Niederlagen sowie im Zusammenhang mit dem Anwachsen ihrer Feindseligkeit gegen die Kommunistische Partei immer reaktionärer, immer aktiver im Kampf gegen die Kommunisten und immer passiver im Krieg gegen die japanische Aggression. Im Jahre 1937 hatte die Kommunistische Partei infolge ihrer Rückschläge in der Periode des Bürgerkriegs insgesamt nur etwa 40000 organisierte Parteimitglieder und eine etwas mehr als 30000 Mann starke Armee, und deshalb wurde sie von den japanischen Militaristen geringschätzig behandelt. Im Jahre 1940 dagegen war die Zahl der Mitglieder unserer Partei bereits auf 800000 und die Stärke der Armee auf fast 500000 Mann angewachsen, während die Bevölkerungszahl der Stützpunktgebiete - sowohl jener, die Getreide und Steuern nur an eine Seite, als auch jener, die sie an beide Seiten entrichteten Partei - etwa 100 Millionen erreichte. Im Laufe dieser wenigen Jahre hatte unsere Partei eine breite Front befreiter Gebiete eröffnet; dadurch konnte sie fünfeinhalb Jahre lang die Hauptkräfte der japanischen Eindringlinge daran hindern, einen strategischen Angriff an der Kuomintang-Front zu unternehmen, zog die Hauptkräfte der japanischen Armee auf sich, rettete die Kuomintang-Front aus ihrer Krise und hielt den langdauernden Widerstandskrieg durch. Aber in dieser Phase beging ein Teil der Genossen unserer Partei einen Fehler; sie unterschätzten die Kräfte des japanischen Imperialismus (infolgedessen sahen sie den langwierigen und erbitterten Charakter des Krieges nicht ein und behaupteten, die Hauptform der Kriegshandlungen müßte ein Bewegungskrieg großer Truppenverbände sein, und mißachteten den Partisanenkrieg) und verließen sich auf die Kuomintang; diesen Genossen fehlte ein nüchterner Verstand und eine selbständige Politik (das erzeugte Kapitulantentum gegenüber der Kuomintang und Schwankungen bei der Durchführung der Politik einer kühnen Massenmobilisierung zur Schaffung antijapanischer demokratischer Stützpunktgebiete hinter den feindlichen Linien sowie der Politik einer beträchtlichen Erweiterung der unter Führung unserer Partei stehenden Truppen). Zur gleichen Zeit hatte unsere Partei eine gewaltige Anzahl neuer Mitglieder, die noch keine Erfahrungen besaßen, in ihre Reihen einbezogen, und auch alle Stützpunktgebiete hinter den feindlichen Linien waren erst kurz vorher geschaffen worden und hatten sich noch nicht festigen können. In dieser Phase tauchte in der Partei infolge der günstigen Entwicklung der allgemeinen Lage und des Wachstums der Partei und der Armee eine Art von Überheblichkeit auf, viele wurden dünkelhaft und eingebildet. In dieser Phase überwanden wir die rechte Abweichung in der Partei und setzten eine selbständige Politik durch. Und so schlugen wir nicht nur den japanischen Imperialismus, schufen wir nicht nur Stützpunktgebiete, vergrößerten wir nicht nur die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee, sondern wir wehrten auch die erste antikommunistische Kampagne der Kuomintang ab.

Die Jahre 1941 und 1942 bildeten die zweite Phase. Um den Krieg gegen England und die USA vorzubereiten und zu führen, verfolgten die japanischen Imperialisten noch beharrlicher den von ihnen nach dem Fall von Wuhan eingeschlagenen Kurs, nämlich nicht mehr die Kuomintang, sondern die Kommunistische Partei als Hauptgegenstand ihres Schlags zu betrachten. Sie zogen einen größeren Teil ihrer Hauptkräfte um alle unter Führung der Kommunistischen Partei stehenden Stützpunktgebiete zusammen, unternahmen eine "Säuberungsaktion" nach der anderen, betrieben die grausame Politik des "dreifachen Total", konzentrierten ihre Schläge hauptsächlich auf unsere Partei. Infolgedessen befand sich unsere Partei in den Jahren 1941 und 1942 in einer äußerst schwierigen Lage. In dieser Phase verkleinerten sich die unter Führung unserer Partei stehenden Stützpunktgebiete, ihre Bevölkerung ging auf weniger als 50 Millionen Menschen zurück, der Bestand der Achten Route-Armee verringerte sich auf etwas über 300000 Soldaten, unter den Kadern gab es sehr hohe Verluste, wir hatten außerordentliche Schwierigkeiten auf dem Gebiet der Finanzen und der Wirtschaft. Zugleich setzte die Kuomintang, in der Annahme, daß sie ihre Hände nunmehr frei hätte, alle Mittel zum Kampf gegen unsere Partei ein, organisierte die zweite antikommunistische Kampagne und unternahm im Zusammenwirken mit den japanischen Imperialisten Angriffe gegen uns. Aber diese schwierige Lage war für uns Kommunisten eine gute Schule, wir haben dabei sehr viel gelernt. Wir lernten, wie man gegen all die feindlichen Aktionen kämpfen muß: gegen die "Säuberungsaktionen", gegen die Politik des "Anknabberns"8, gegen die Kampagne zur "Verstärkung der öffentlichen Sicherheit"9, gegen die Politik des "dreifachen Total" und gegen die Politik der Ermunterung zu politischem Widerruf. Wir meisterten eine solche Tätigkeit - oder begannen sie zu meistern - wie die Verwirklichung des "Drei-Drittel-Systems" in den Machtorganen der Einheitsfront, die Durchführung der Bodenpolitik, die Entfaltung der Ausrichtungsbewegung auf drei Gebieten (Schulung, Parteiarbeit, Literatur), die Durchführung der Politik "weniger Truppen, aber bessere, und eine einfachere Verwaltung", die Verwirklichung der einheitlichen Führung, die Bewegung "Unterstützung der Regierung und Sorge für das Volk" sowie die Entwicklung der Produktion; wir befreiten uns von vielen Mängeln und überwanden auch die in der ersten Phase aufgetauchte Überheblichkeit vieler Genossen, die sich eingebildet hatten, für sie wäre jetzt alles eine Kleinigkeit. Obwohl wir in dieser Phase hohe Verluste erlitten, gelang es uns dennoch, festen Boden unter den Füßen zu gewinnen, wobei wir gleichzeitig sowohl den Angriff der japanischen Eindringlinge als auch die zweite antikommunistische Kampagne der Kuomintang abwehrten. Angesichts des Umstands, daß die Kuomintang eine antikommunistische Politik betrieb und wir einen Kampf zur Selbstverteidigung gegen diese Politik führen mußten, entstand in der Partei eine Art ultralinker Abweichung: So glaubte man beispielsweise, daß es bald in der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu einem Bruch kommen würde, und begann deshalb, den Grundherren übermäßig schwere Schläge zu versetzen und den Zusammenschluß mit Persönlichkeiten, die außerhalb der Kommunistischen Partei stehen, zu vernachlässigen. Aber auch diese ultralinke Abweichung haben wir überwunden. Wir stellten die Prinzipien "im Recht sein, Vorteil haben und maßhalten" auf im Kampf gegen die Provozierung von Reibungen und wiesen darauf hin, daß in der Einheitsfront sowohl der Zusammenschluß als auch der Kampf notwendig ist und der Zusammenschluß durch den Kampf angestrebt werden muß; auf diese Weise bewahrten wir die antijapanische nationale Einheitsfront ebenso im Landesmaßstab wie in den Stützpunktgebieten.

Vom Jahre i94; bis zur Gegenwart dauert die dritte Phase an. Unsere Politik hat auf allen Gebieten noch größere Früchte getragen; insbesondere wurden durch die Entfaltung der Ausrichtungsbewegung auf den drei Gebieten und die Entwicklung der Produktion Erfolge von ausschlaggebender Bedeutung erzielt, und das führte dazu, daß die ideologischen Grundlagen und die materielle Basis unserer Partei unbesiegbar wurden. Außerdem haben wir im vergangenen Jahr gelernt oder zu lernen begonnen, die Politik der Kaderüberprüfung und die Politik der Bekämpfung feindlicher Agenten durchzuführen. Bei einer solchen Sachlage vergrößerten sich erneut unsere Stützpunktgebiete; die Bevölkerungszahl der Stützpunktgebiete - sowohl jener, die Getreide und Steuern nur an eine Seite, als auch jener, die beides an beide Seiten entrichteten - ging erneut über 80 Millionen hinaus, die Armee wuchs wiederum auf 470000 Mann, die Volksmiliz auf 2270000 Mann an, die Zahl der Parteimitglieder stieg auf über 900 000.

Im Jahre 1943; sind in der China-Politik der japanischen Militaristen keinerlei Änderungen eingetreten, die Attacken gegen die Kommunistische Partei stehen nach wie vor an erster Stelle. Vom Jahre 1941 an bis auf den heutigen Tag, also seit mehr als drei Jahren, bedrängen über 60 Prozent aller japanischen Truppen in China die unter Führung unserer Partei stehenden antijapanischen Stützpunktgebiete. Während dieser Jahre konnten die mehrere Hunderttausend Mann zählenden Kuomintang-Truppen, die hinter den feindlichen Linien zurückgelassen worden waren, dem Vorstoß der japanischen Imperialisten nicht standhalten; ungefähr die Hälfte kapitulierte vor dem Feind, und etwa die Hälfte wurde vernichtet; nur sehr geringe Reste dieser Truppen befinden sich weiterhin hinter den feindlichen Linien oder sind evakuiert worden. Die Kuomintang-Truppen, die vor dem Feind kapituliert haben, drehen ihre Waffen um und greifen uns an; so hat sich unsere Partei gleichzeitig des Ansturms von mehr als 9o Prozent der Marionettentruppen zu erwehren. Die Kuomintang hat sich nur weniger als 40 Prozent der japanischen und weniger als 10 Prozent der Marionettentruppen zu erwehren. Seit dem Fall von Wuhan im Oktober 1938 haben die japanischen Militaristen ganze fünfeinhalb Jahre lang an der Kuomintang-Front keinen einzigen strategischen Angriff unternommen, es gab lediglich einige wenige relativ große Operationen (Tschekiang-Kiangsi, Tschangscha, Westhupeh, Südhonan, Tschangdö), - und das allein der Form halber. Ihre Hauptaufmerksamkeit konzentrierten sie auf die unter Führung unserer Partei stehenden antijapanischen Stützpunktgebiete. Unter diesen Umständen schlug die Kuomintang die Politik ein, in die Berge zu gehen, abseits zu stehen und dem Kriegsgeschehen zuzuschauen. Rückte der Feind heran, wehrte sie ihn nur ab; zog sich der Feind zurück, schaute sie erneut mit verschränkten Armen zu. Im Jahre 1943 wurde die Innenpolitik der Kuomintang noch reaktionärer, sie entfaltete die dritte antikommunistische Kampagne; aber auch diese Kampagne wurde von uns abgewehrt.

Von 1943 an bis zum Frühjahr dieses Jahres verschlechterte sich allmählich die Lage der japanischen Aggressoren an der pazifischen Front; die Gegenoffensive der USA verstärkt sich; im Westen droht Hitler schon zu stürzen unter den schweren Schlägen der sowjetischen Roten Armee. Um sich vor dem Untergang zu retten, verfielen die japanischen Imperialisten auf die Idee, sich der Peiping-Hankou- und der Kanton-Hankou-Eisenbahnlinie in ihrer ganzen Ausdehnung zu bemächtigen; andererseits erachteten es die japanischen Imperialisten angesichts der Tatsache, daß ihre Politik, die Kuomintang in Tschungking durch Verlockungen zur Kapitulation zu bewegen, noch immer keine Ergebnisse gezeitigt hatte, für notwendig, der Kuomintang noch einen Schlag zu versetzen. So entstand bei ihnen der Plan eines großangelegten Angriffs an der Kuomintang-Front in diesem Jahre. Die Honan-Operation10 dauert bereits länger als einen Monat an. Die feindlichen Kräfte betragen dort nur einige Divisionen, trotzdem ergriffen die einige Hunderttausend Mann starken Kuomintang-Truppen die Flucht, ohne den Kampf aufzunehmen, und nur die buntscheckigen Truppen sind noch einigermaßen widerstandsfähig. Unter den Truppen Tang En-bos herrschte ein unglaubliches Durcheinander, die Offiziere waren von den Soldaten, die Armee vom Volk losgelöst; diese Truppen büßten über zwei Drittel ihres Personalbestands ein. Einige Divisionen Hu Dsung-nans, die nach Honan geworfen wurden, sind gleich beim ersten Zusammentreffen mit dem Feind in die Flucht geschlagen worden. Das alles ist ausschließlich eine Folge der reaktionären Politik, die von der Kuomintang während der letzten Jahre unentwegt betrieben wird. Während der fünfeinhalb Jahre seit dem Fall von Wuhan trägt die Front der unter Führung der Kommunistischen Partei stehenden befreiten Gebiete die schwere Last der Abwehr der Hauptkräfte der japanischen und der Marionettentruppen. Wenn auch künftig in dieser Situation gewisse Veränderungen eintreten können, so können diese nur zeitweiligen Charakter haben, da der Zustand extremer Fäulnis, in dem sich die Kuomintang befindet ein Zustand, der sich infolge ihrer fünfeinhalb Jahre lang betriebenen reaktionären Politik des passiven Widerstands gegen Japan und des aktiven Kampfes gegen die Kommunistische Partei herausgebildet hat -, sie künftig unweigerlich zu einem ernsten Rückschlag führen wird, und dann wird die Aufgabe unserer Partei, die japanischen und die Marionettentruppen abzuwehren, noch schwerer werden. Dadurch, daß die Kuomintang fünfeinhalb Jahre lang ihre Hände in den Schoß legte und zuschaute, hat sie ihre Kampffähigkeit eingebüßt. Die Kommunistische Partei hat während dieser fünfeinhalb Jahre erbitterte Kämpfe geführt und dadurch ihre Kampffähigkeit erhöht. Eben dieser Umstand wird für die Zukunft Chinas entscheidend sein.

Wie ihr seht, Genossen, haben die von unserer Partei geführten demokratischen Kräfte des Volkes in den sieben Jahren von Juli 1937 bis zur Gegenwart drei Phasen durchgemacht - einen Aufschwung, ein Abebben und einen neuen Aufschwung. Wir haben die erbitterten Angriffe der japanischen Eindringlinge zurückgeschlagen, ausgedehnte revolutionäre Stützpunktgebiete geschaffen, die Reihen der Partei und der Armee bedeutend erweitert, die von der Kuomintang in breitem Maße durchgeführten drei antikommunistischen Kampagnen abgewehrt und die in der Partei aufgetauchten rechten und "linken" falschen Ansichten überwunden; die ganze Partei hat viele wertvolle Erfahrungen erworben. Das sind die Ergebnisse unserer Arbeit in den sieben Jahren.

Jetzt besteht die Aufgabe darin, sich auf die Erfüllung einer noch verantwortungsvolleren Mission vorzubereiten. Wir müssen bereit sein, die japanischen Eindringlinge unter allen Umständen aus China zu vertreiben. Damit unsere Partei eine so verantwortungsvolle Mission übernehmen kann, ist es notwendig, unsere Partei, unsere Armee und unsere Stützpunktgebiete noch weiter zu entwickeln und zu festigen, ist es notwendig, unsere Aufmerksamkeit auf die Arbeit in den Großstädten und an den Hauptverkehrslinien zu richten, ist es notwendig, die Arbeit in den Städten auf eine gleich wichtige Stufe wie die Arbeit in den Stützpunktgebieten zu heben.

Was unsere Stützpunktgebiete anbelangt, so waren sie in der ersten Phase durch unsere Arbeit zwar stark gewachsen, aber noch nicht gefestigt, und deshalb verkleinerten sie sich in der zweiten Phase gleich bei den ersten starken Schlägen des Feindes. In der zweiten Phase machten alle unter Führung unserer Partei stehenden antijapanischen Stützpunktgebiete eine harte Schule durch, sie wurden weitaus fester als in der ersten Phase; das ideologisch-politische Niveau der Funktionäre und der Parteimitglieder stieg bedeutend, sie lernten vieles, was sie früher nicht gekannt hatten. Es wird jedoch noch Zeit erforderlich sein, um völlige ideologische Klarheit zu erreichen und die Politik zu beherrschen; wir haben noch vieles zu lernen. Unsere Partei ist noch nicht so stark, so geschlossen und noch nicht fest genug, um eine noch verantwortungsvollere Mission als die jetzige zu übernehmen. Jetzt geht es darum, im weiteren Verlauf des Widerstandskriegs unsere Partei, unsere Armee und unsere Stützpunktgebiete noch mehr zu entwickeln und zu festigen. Das ist das erste, was wir leisten müssen bei der ideologischen und materiellen Vorbereitung, die für die große, uns in der Zukunft bevorstehende Arbeit notwendig ist. Ohne eine solche Vorbereitung werden wir die japanischen Eindringlinge nicht vertreiben, werden wir ganz China nicht befreien können.

Unsere Arbeit in den Großstädten und an den Hauptverkehrslinien ist bisher immer sehr unzulänglich gewesen. Wenn wir die vom japanischen Imperialismus unterdrückten Millionenmassen der Werktätigen und anderer Bevölkerungsschichten in den Großstädten und an den Hauptverkehrslinien auch jetzt nicht für uns gewinnen und um unsere Partei scharen, wenn wir die Massen nicht zum bewaffneten Aufstand vorbereiten, dann werden unsere Armee und unsere ländlichen Stützpunktgebiete in Ermangelung einer Unterstützung durch die Städte auf allerlei Schwierigkeiten stoßen. In den mehr als zehn Jahren, die wir im Dorf verbrachten, setzten wir uns stets dafür ein, das Dorf gut kennenzulernen und ländliche Stützpunktgebiete aufzubauen. Das war notwendig. Die vom VI. Parteitag gestellte Aufgabe, den Aufstand in den Städten vorzubereiten, wurde in diesen mehr als zehn Jahren nicht erfüllt und konnte auch nicht erfüllt werden. Aber es ist jetzt anders: Die Beschlüsse des VI. Parteitags werden nach dem VII. Parteitag erfüllt werden. Dieser Parteitag wird wahrscheinlich bald einberufen werden und die Fragen der Verstärkung der Arbeit in den Städten sowie der Erringung des Sieges im ganzen Land erörtern.

Von großer Bedeutung ist die Industriekonferenz, die bei uns im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia schon seit einigen Tagen im Gange ist. Im Jahre 1937 gab es im Grenzgebiet insgesamt nur 700 Fabrikarbeiter, im Jahre 1942 stieg ihre Zahl auf 7000, und gegenwärtig sind es ihrer 12000 geworden. Diese Zahlen darf man keineswegs ignorieren. Wir müssen in den Stützpunktgebieten lernen, die Industrie, den Handel und den Verkehr in den Großstädten zu leiten, andernfalls werden wir zur gegebenen Zeit versagen. Die Vorbereitung des bewaffneten Aufstands in den Großstädten und an den Hauptverkehrslinien sowie die Meisterung der Kunst, die Industrie und den Handel zu verwalten - das ist das zweite, was wir bei der ideologischen und materiellen Vorbereitung leisten müssen. Ohne diese Vorbereitung werden wir die japanischen Eindringlinge ebenfalls nicht vertreiben, werden wir ganz China ebenfalls nicht befreien können.

III

Um neue Siege zu erringen, müssen wir die Kader der Partei auffordern, den Ballast abzuwerfen und den Apparat einzuschalten. Wenn wir vom "Abwerfen des Ballastes" sprechen, so meinen wir, daß wir in unseren Köpfen noch vieles herumtragen, von dem wir uns befreien müssen. Es gibt viele Dinge, die zu einer Last, zu einer drückenden Bürde für uns werden können, wenn wir ihnen blind anheimfallen und uns ihrer nicht bewußt sind. Zum Beispiel: Einer hat Fehler gemacht und glaubt nun, er könne sich von diesen Fehlern nicht mehr befreien, ist daher niedergedrückt und mutlos; es kann auch sein, daß einer keine Fehler begangen hat und nun meint, er wäre fehlerfrei, so daß er überheblich wird. Hat einer keinen Erfolg in der Arbeit, kann es sein, daß er pessimistisch wird und den Kopf hängen läßt; hat er Erfolg, kann es wiederum passieren, daß er die Nase hochträgt. Hat jemand wenig Kampferfahrung, so kann auch sein Verantwortungsgefühl gering sein; einem anderen wieder können seine langen Kampferfahrungen zu Kopf steigen. Genossen, die aus der Arbeiterschaft oder aus der Bauernschaft kommen, können aus Stolz über ihre Klassenherkunft auf Intellektuelle von oben herabschauen, diese wiederum können, weil sie gewisse Kenntnisse besitzen, die Genossen, die aus der Arbeiterschaft oder aus der Bauernschaft kommen, geringschätzig betrachten. Jede spezielle Fachausbildung kann dazu führen, daß man sich über andere erhaben dünkt und sie mißachtet. Sogar die Jahre, die einer zählt, können dazu dienen, daß man überheblich wird: Ein junger Mensch mag, weil er gescheit und gewandt ist, die Achtung vor älteren Menschen missen lassen, während ältere Leute wegen ihrer vielen Erfahrungen auf die Jugend geringschätzig herabschauen können. Alle diese Dinge können, wenn man sich ihrer nicht bewußt ist, zu einer drückenden Bürde, zur Last werden. Ein wichtiger Grund dafür, daß manche Genossen auf hohem Roß sitzen, von den Massen isoliert sind und immer wieder Fehler begehen, liegt eben darin, daß sie diese Art von Ballast mit sich herumschleppen. Eine der notwendigen Voraussetzungen für die Verbundenheit mit den Massen und für die größtmögliche Vermeidung von Fehlern ist somit, daß man sich selbst überprüft, ob man einen solchen Ballast trägt, diesen abwirft und seinen Geist freimacht. In der Geschichte unserer Partei sind mehrmals Fälle von Dünkelhaftigkeit aufgetreten, die uns stets Schaden brachten. Der erste Fall ereignete sich in der ersten Hälfte des Jahres 1927. Die Armee des Nordfeldzugs erreichte damals Wuhan, und manchen Genossen war der Kamm geschwollen; sie waren von sich selbst so eingenommen, daß sie die Absicht der Kuomintang, über uns herzufallen, vergessen hatten. Das Ergebnis davon waren die Fehler der Linie Tschen Du-hsius, die dazu führten, daß die damalige Revolution mit einer Niederlage endete. Der zweite Fall ereignete sich im Jahre 1930. Die Rote Armee machte sich den Krieg, den Tschiang Kai-schek gegen Feng Yü-hsiang und Yän Hsischan führte,11 zunutze und errang einige Siege; wiederum wurden einige Genossen überheblich und waren von sich eingenommen. Infolgedessen kam es zu den Fehlern der Linie Li Li-sans, die ebenfalls den Kräften der Revolution Verluste eintrug. Der dritte Fall ereignete sich im Jahre 1931. Die Rote Armee hatte den dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" zerschlagen, und gleich darauf entfaltete das ganze chinesische Volk angesichts der japanischen Invasion eine grandiose antijapanische Bewegung; und abermals wurden einige Genossen dünkelhaft und eingebildet. Daraus ergaben sich noch ernstere Fehler in der politischen Linie, und das kostete uns ungefähr 90 Prozent der so mühselig gesammelten Kräfte der Revolution. Der vierte Fall ereignete sich im Jahre 1938. Der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression hatte begonnen, die Einheitsfront war hergestellt, und wiederum gab es einige Genossen, die anmaßend und selbstgefällig wurden, so daß sie Fehler begingen, die in mancher Hinsicht an die Linie Tschen Du-hsius erinnerten. Diesmal wurde der revolutionären Tätigkeit in jenen Gegenden, wo die falschen Ansichten dieser Genossen den größten Einfluß hatten, viel Schaden zugefügt. Alle Genossen der Partei müssen aus diesen wiederholten Fällen von Überheblichkeit, aus diesen wiederholten Fehlern die Lehren ziehen. Vor kurzem haben wir den Artikel Kuo Mo-jos über Li Dsi-tscheng12 nachgedruckt, um auch damit den Genossen ein warnendes Beispiel vor Augen zu führen, damit sie nicht den Fehler begehen, sich Erfolge zu Kopf steigen zu lassen.

Wenn wir vom "Einschalten des Apparats" sprechen, so meinen wir, daß wir unseren Denkapparat gut gebrauchen sollen. Es gibt manche Menschen, die zwar keinen Ballast mit sich herumschleppen und den Vorzug besitzen, daß sie mit den Massen verbunden sind, jedoch nicht fähig sind, nachzudenken, oder nicht Willens, von ihrem Gehirn reichlichen Gebrauch zu machen und sich weidlich den Kopf zu zerbrechen; die Folge davon ist, daß sie ebenfalls nichts zustande bringen können. Dann gibt es Leute, die ihr Gehirn nicht gebrauchen können, weil sie einen Ballast mit sich herumtragen, der ihren Intellekt erdrückt. Lenin und Stalin haben oft den Rat gegeben, man solle es verstehen, sein Gehirn zu gebrauchen; wir müssen den Leuten gleichfalls dazu raten. Die spezielle Funktion des Gehirns ist es, als Denkapparat zu dienen. Menzius sagte: "Das Amt des Verstandes ist das Denken."13 Damit hat er eine richtige Definition der Gehirnfunktion gegeben. In allen Angelegenheiten müssen wir unser Gehirn gebrauchen und gründlich nachdenken. Ein Spruch besagt: "Man zieht die Brauen zusammen und kommt auf eine Idee." Das heißt: Viel Nachdenken gebiert Weisheit. Wenn wir von der in unserer Partei so verbreiteten Praxis des blinden Handelns loskommen wollen, müssen wir die Genossen ermutigen, nachzudenken, die Methode der Analyse zu lernen und sich die Gewohnheit des Analysierens anzueignen. Von einer solchen Gewohnheit merkt man in unserer Partei zu wenig. Wenn wir den Ballast abwerfen und den Apparat einschalten, das heißt, wenn wir mit leichtem Gepäck marschieren und nachzudenken verstehen, dann werden wir den Sieg erringen.

ANMERKUNGEN

1) Es handelt sich um das 4. Plenum des auf dem VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas im Januar 1931.

2) Siehe Lenins Artikel "Kommunismus". Vgl. auch "Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China", Anmerkung 10, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 294.

3) Siehe "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus", Anmerkung 26, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 206.

4) Es handelt sich um das S. Plenum des auf dem VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas im Januar 1934.

5) Auf dieser Tagung wurde die Frage der politischen Linie in der Geschichte der Partei, insbesondere in der Periode des Zweiten Revolutionären Bürgerkriegs, behandelt.

6) Die Tendenz zur Mentalität des Burgrittertums ist eine Tendenz zum Gruppenwesen. Sie trat hauptsächlich während des langdauernden Partisanenkriegs auf unter den Verhältnissen, als die ländlichen revolutionären Stützpunktgebiete verstreut und voneinander getrennt waren. Diese Stützpunktgebiete wurden anfangs zum großen Teil in Gebirgsgegenden geschaffen, und jede Gruppierung schien eine Ritterburg zu bilden; das eben war der Grund, diese Tendenz als Mentalität des Burgrittertums zu bezeichnen.

7) Gebiete, die Getreide und Steuern nur an eine Seite zahlten, waren jene relativ stabilen Teile der Stützpunktgebiete, wo die Bevölkerung Getreide und Steuern nur an die antijapanischen demokratischen Machtorgane entrichtete. Gebiete, die Getreide und Steuern an beide Seiten zahlten, waren Gebiete an der Grenze der Stützpunktgebiete und außerdem Partisanengebiete. Da der Feind diese Gebiete ständig beunruhigte, war die Bevölkerung neben der Abgabe von Getreide und Steuern an die antijapanischen demokratischen Machtorgane häufig gezwungen, auch etwas Getreide und Steuern an die Marionettenmacht des Feindes zu entrichten.

8) Gemeint ist die Methode, zu der die japanischen Imperialisten ihre Zuflucht nahmen, nachdem ihre großangelegten Angriffsoperationen gegen die antijapanischen Stützpunktgebiete gescheitert waren. Von der Methode des raschen "Verschlingens" gingen die japanischen Imperialisten zu der Methode des langsamen, allmählichen "Anknabberns" über. Sie versuchten, durch planmäßige Befestigung des Territoriums und durch sorgfältig vorbereitete Vorstöße Stück um Stück von den Territorien der Stützpunktgebiete abzuschneiden, diese dadurch zu verkleinern und die von ihnen besetzten Gebiete zu erweitern.

9) Im März 1941 stellten die japanischen Eindringlinge und die Landesverräter in Nordchina die Losung der "Verstärkung der öffentlichen Sicherheit" auf. Diese Kampagne bestand in der Durchführung von Haussuchungen, in der Errichtung des Bao-Djia-Systems, in der Überprüfung der Familienangehörigen von Haus zu Haus und in der Organisierung von Marionettentruppen. Alle diese Maßnahmen zielten darauf ab, die antijapanischen Kräfte zu unterdrücken.

10) Im März 1944 eröffneten die japanischen Eindringlinge die Honan-Operation, bei der sie 50000 bis 60000 Mann einsetzten. Die 400000 Mann starken Kuomintang-Truppen, die unter dem Befehl von Djiang Ding-wen, Tang En-bo und Hu Dsung-nan standen, ergriffen die Flucht, ohne überhaupt erst den Kampf aufzunehmen. 38 Kreise, darunter die Städte Dschengdschou und Loyang, wurden nacheinander vom Feind erobert. Die Verluste in den Einheiten Tang En-bos beliefen sich auf 200000 Mann.

11) Dieser Militärmachthaber-Krieg großen Maßstabs zwischen Tschiang Kai-schek auf der einen Seite und Feng Yü-hsiang und Yän Hsi-schan auf der anderen ging der Lunghai- und der Tientsin-Pukou-Eisenbahn entlang vor sich. Der Krieg begann im Mai 1930 und dauerte ein halbes Jahr, bis Oktober 1930 die Verluste beider Seiten an Toten und Verwundeten betrugen 300000 Mann.

12) Im Jahre 1944 schrieb Kuo Mo-jo die Arbeit "Zum 300. Jahrestag der Ereignisse von 1644" zur Erinnerung an den Sieg des unter Führung von Li Dsi-tscheng in den letzten Jahren der Ming-Dynastie ausgebrochenen Bauernaufstands. Darin erklärte er, daß der Aufstand im Jahre 1645 eine Niederlage erlitt, weil nach dem Einzug der aufständischen Bauernarmee Li Dsi-tschengs in Peking (1644) einige ihrer Führer durch liederliches Leben verdorben wurden und zwischen den einzelnen Gruppen ein Kampf entbrannte. Diese Arbeit wurde zunächst in der Tschungkinger Zeitung Hsinbua Jibao veröffentlicht und später als Einzelschrift in Yenan und in allen befreiten Gebieten herausgegeben.

13) Zitat aus Menzius, Buch XI, "Gao Dsi ', Teil 1.

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