(25. November 1928)
Diese Version aus: Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.79-118)
|79| DIE SELBSTÄNDIGE MACHT IM GRENZGEBIET HUNAN-KlANGSl UND
DIE AUGUSTNIEDERLAGE
Bodenverhältnisse im Grenzgebiet. Grob gerechnet, befinden
sich über 60 Prozent des gesamten Bodens in den Händen der Grundherren
und weniger als 40 Prozent in den Händen der Bauern. In der Provinz
Kiangsi ist die stärkste Konzentration des Grundbesitzes im Kreis
Suitschuan zu beobachten, wo den Grundherren etwa 80 Prozent des Bodens
gehören. Ihm folgt der Kreis Yunghsin, wo in den Händen der Grundherren
etwa 70 Prozent des Bodens konzentriert sind. In den Kreisen Wan-an, Ninggang
und Liänhua gibt es relativ mehr Bauern auf Eigenland, aber auch hier
gehört den Grundherren immer noch der größere Teil des
Bodens - etwa 60 Prozent, den Bauern aber gehören nur 40 Prozent.
In den Kreisen Tschaling und Linghsiän
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der Provinz Hunan befinden
sich in den Händen der Grundherren rund 70 Prozent des Bodens.
Über die Zwischenklassen. Bei solchen Bodenverhältnissen
könnte eine bedeutende Mehrheit der Bevölkerung die Beschlagnahme
und die Neuverteilung des ganzen Bodens [17] unterstützen.
Aber die Bevölkerung des Dorfes teilt sich etwa in drei Gruppen von
Klassen, und zwar: die Klassen der großen und mittleren Grundherren,
die Zwischenklassen der kleinen Grundherren und der Großbauern sowie
die Klassen der Mittelbauern und der armen Bauern. Die Interessen der Großbauern
sind oft mit den Interessen der kleinen Grundherren verbunden. Der Boden
der Großbauern macht einen geringen Teil des gesamten Bodens aus,
aber zusammen mit dem Boden der kleinen Grundherren ergibt sich ziemlich
viel. Ähnlich sieht es wahrscheinlich im ganzen Lande aus. Im Grenzgebiet
wird die Politik der vollständigen Beschlagnahme und der gründlichen
Neuverteilung des Bodens durchgeführt, deshalb richtet sich der Schlag
hier sowohl gegen die Feudalherrenklasse als auch gegen die Zwischenklassen.
Das ist unsere Politik, aber ihre praktische Durchführung stößt
auf ernste Hindernisse von Seiten der Zwischenklassen. In der Anfangsperiode
der Revolution kapitulierten die Zwischenklassen nur zum Schein vor der
Klasse der armen Bauern, tatsächlich aber nutzten sie ihre althergebrachte
gesellschaftliche Stellung und die Sippenmacht aus, um die armen Bauern
einzuschüchtern und die Aufteilung des Bodens hinauszuschieben. Wenn
aber ein Aufschub nicht mehr möglich war, verheimlichten sie die wahren
Ausmaße ihres Grundbesitzes oder behielten den fruchtbaren Boden
für sich und gaben den mageren ab. In dieser Periode ließen
sich die armen Bauern, die lange Zeit mit Füßen getreten worden
waren und den Sieg der Revolution nicht für gesichert hielten, häufig
von den Zwischenklassen überreden und wagten kein aktives Vorgehen.
Ein aktives Vorgehen gegen die Zwischenklassen im Dorf begann erst mit
dem Aufschwung der Revolution, zum Beispiel nach der Eroberung der Macht
in einem Kreis oder in mehreren Kreisen, nach mehrfachen Niederlagen der
Truppen der Reaktion und nach mehrfacher Demonstration der Stärke
der Roten Armee. Im Südteil des Kreises Yunghsin zum Beispiel, wo
die Zwischenklassen zahlenmäßig am stärksten sind, kam
es auch am häufigsten vor, daß die Bodenaufteilung hinausgeschoben
und die Größe des Grundbesitzes verheimlicht wurde. Die Aufteilung
begann hier tatsächlich erst, nachdem die Rote Armee am 23. Juni den
großen Sieg bei Lungyüankou errungen und das Machtorgan des
Distriktes
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In allen Kreisen herrscht jedoch das feudale Sippschaftssystem vor; oft
trägt die Bevölkerung eines ganzen Dorfes oder sogar einiger
Dörfer den gleichen Familiennamen, und es wird ziemlich lange dauern,
bis im Dorf der Prozeß einer bewußten Abgrenzung der Klassenkräfte
vollzogen und die Sippenmacht besiegt worden ist.
Der Verrat der Zwischenklassen unter dem weißen Terror.
Die Zwischenklassen, die in der Periode des Aufschwungs der Revolution
Schlägen ausgesetzt waren, gingen mit dem Einbruch des weißen
Terrors sofort auf die Seite des Feindes über. In den Kreisen Yunghsin
und Ninggang waren es gerade die kleinen Grundherren und die Großbauern,
die die reaktionären Truppen beim Niederbrennen der Häuser revolutionärer
Bauern anführten. Auf Anweisung der Reaktionäre steckten sie
Häuser in Brand und nahmen Verhaftungen vor, wobei sie ungewöhnlich
dreist auftraten. Als die Rote Armee in das Gebiet von Ninggang, Hsintscheng,
Gutscheng und Lungschi zurückkehrte, flüchteten einige tausend
Bauern, die auf die Agitation der Reaktionäre, die behaupteten, die
Kommunisten würden sie niedermachen, hereingefallen waren, zusammen
mit den Reaktionären nach Yunghsin. Und als wir in unserer Propaganda
erklärt hatten, daß wir "keine zum Feind übergelaufenen
Bauern töten" und daß wir "die Rückkehr der zum Feind übergelaufenen
Bauern zur Einbringung der Ernte begrüßen" würden, kehrte
ein gewisser Teil der Bauern nach und nach zurück.
In der Periode des Abflauens der Revolution im ganzen Land besteht in
den Gebieten der selbständigen Macht das schwierigste Problem darin,
die Zwischenklassen in Schach zu halten. Die Hauptursache für ihren
Übergang zum Feind besteht darin, daß ihnen von der Revolution
zu schwere Schläge versetzt wurden. Wenn aber das ganze Land einen
revolutionären Aufschwung erlebt, wird die arme Bauernschaft, da sie
nun eine Stütze hinter sich weiß, kühner handeln, während
die Zwischenklassen aus Angst keine Ausschreitungen wagen. Als der Krieg
zwischen Li Dsung-jen und Tang Scheng-dschi auf Hunan übergriff, richteten
die kleinen Grundherren des Kreises Tschaling an die Bauern ein Friedensangebot,
manche beschenkten die Bauern zu Neujahr sogar mit Schweinefleisch (obwohl
sich die Rote Armee zu diesem Zeitpunkt bereits aus Tschaling nach Suitschuan
zurückgezogen hatte). Aber nach Beendigung des Krieges zwischen Li
Dsung-jen und Tang Scheng-dschi waren solche Dinge nicht mehr zu beobachten.
Heute, da sich im ganzen Land die Welle
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der Konterrevolution erhebt, hängen
die Zwischenklassen, die schweren Schlägen ausgesetzt waren, in den
weißen Gebieten fast restlos der Feudalherrenklasse an, und die arme
Bauernschaft ist isoliert. Das ist tatsächlich eine sehr ernste Frage.[18]
Der Verrat der Zwischenklassen unter dem Druck materieller Entbehrungen
im Alltagsleben. Die miteinander kämpfenden roten und weißen
Gebiete stellen gleichsam zwei feindliche Staaten dar. Infolge der vom
Feind durchgeführten harten Blockade und unserer fehlerhaften Behandlung
des Kleinbürgertums hat der Handel zwischen diesen Gebieten fast gänzlich
aufgehört. Es mangelt an Gegenständen des täglichen Bedarfs,
wie an Salz, Baumwollstoffen und Medikamenten, und sie sind überdies
teuer; die Ausfuhr von Erzeugnissen der bäuerlichen Wirtschaft wie
Holz, Tee und Öl wurde unmöglich, den Bauern fließt kein
Geld mehr zu, und das alles wirkt sich auf die Bevölkerung in ihrer
Gesamtheit aus. Die arme Bauernschaft kann solche Härten noch eher
ertragen, aber die Mittelschichten kapitulieren vor der Feudalherrenklasse,
wenn sie es nicht mehr aushalten können. Wenn im Lager der Feudalherren
und Militärmachthaber die Zwistigkeiten und Kriege nicht weitergehen,
wenn sich die revolutionäre Situation im ganzen Land nicht weiter
entwickelt, werden die kleinen Gebiete der selbständigen roten Macht
unter einem äußerst starken wirtschaftlichen Druck leiden, und
die Möglichkeit ihres längeren Bestehens wird fraglich werden.
Denn ein solcher ökonomischer Druck ist nicht nur für die Mittelschichten
unerträglich, es besteht sogar die Möglichkeit, daß eines
Tages auch die Arbeiter, die armen Bauern und die Rote Armee diesem Druck
nicht standhalten können. In den Kreisen Yunghsin und Ninggang gab
es kein Salz, ganz verschwunden waren Baumwollstoffe und Medikamente, von
allem übrigen gar nicht erst zu reden. Jetzt gibt es wohl Salz im
Verkauf, aber es ist äußerst teuer; Baumwollgewebe und Medikamente
fehlen nach wie vor. Die Ausfuhr von Holz, Tee und Öl ist immer noch
unmöglich, das heißt die Ausfuhr von Produkten, die es im Kreis
Ninggang, im Westteil des Kreises Yunghsin und im Nordteil des Kreises
Suitschuan (alle diese Gebiete gehören jetzt zum Gebiet der selbständigen
Macht) in Hülle und Fülle gibt.[19]
Kriterium für die Aufteilung des Bodens. Bei der Aufteilung
des Bodens galt die Gemeinde als eine Einheit. In Gegenden, wo es mehr
gebirgiges Land als Ackerboden gibt, wie beispielsweise im Distrikt Hsiaodjiang,
Kreis Yunghsin, galten manchmal drei bis vier Gemeinden als eine Einheit;
allerdings gab es sehr wenige solcher
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Fälle. Der Boden wurde zu gleichen
Teilen allen Einwohnern eines jeden Dorfes - Männern und Frauen, alt
und jung - zugeteilt. Jetzt haben wir entsprechend den Richtlinien des
Zentralkomitees die Arbeitsfähigkeit als Maßstab genommen: Arbeitsfähige
erhalten doppelt soviel Boden wie Arbeitsunfähige.[20]
Die Frage der Zugeständnisse an Bauern auf Eigenland. Diese
Frage wurde noch nicht eingehend erörtert. Die Großbauern unter
den Bauern auf Eigenland haben von sich aus gefordert, daß für
die Aufteilung des Bodens die Produktionskapazität als Maßstab
diene, das heißt, diejenigen, die mehr Arbeitskraft und Kapital (landwirtschaftliche
Geräte usw.) besitzen, sollten mehr Boden erhalten. Die Großbauern
fühlen, daß eine Aufteilung des Bodens zu gleichen Teilen oder
nach der Anzahl der Arbeitsfähigen für sie Gleicherweise ungünstig
ist. Sie gaben zu verstehen, daß sie höhere Ernten einbringen
könnten, da sie gewillt seien, mehr Fleiß aufzubieten und außerdem
das Gewicht ihres Kapitals in die Waagschale zu werfen. Deshalb wollten
sie nichts davon wissen, wenn ihnen ebenso viel Boden wie allen anderen
zugeteilt würde und ihr besonderer Fleiß und ihre Kapitalüberschüsse
unbeachtet (ungenutzt) blieben. Hier halten wir uns bei der Aufteilung
des Bodens weiterhin an die Richtlinien, die vom Zentralkomitee herausgegeben
wurden. Aber diese Frage bedarf dennoch einer Erörterung, über
deren Ergebnisse wir berichten werden, wenn wir bestimmte Schlußfolgerungen
gezogen haben.
Bodensteuer. Die Bodensteuer, die im Kreis Ninggang erhoben wird,
macht 20 Prozent der Ernte aus, was die vom Zentralkomitee festgelegte
Norm um 5 Prozent übersteigt. Jetzt, da die Steuereinhebung bereits
im Gange ist, wären Änderungen nicht ratsam; allerdings wird
die Norm im kommenden Jahr gesenkt. Außerdem gehört je ein Teil
der Kreise Suitschuan, Linghsiän und Yunghsin zum Gebiet der selbständigen
Macht, alle diese Teile sind in gebirgigen Gegenden gelegen, dort leben
die Bauern in solcher Not, daß man davon absehen muß, von ihnen
noch Steuern zu holen. Die zur Deckung der Ausgaben der Regierung und der
Roten Garde benötigten Mittel pressen wir aus den Tuhao in den weißen
Gebieten heraus. Was die Verpflegung der Roten Armee anbelangt, so kann
man den Reis vorläufig dem Bodensteueraufkommen im Kreis Ninggang
entnehmen, das Geld aber muß man gänzlich aus den Tuhao herauspressen.
Im Oktober haben wir während unserer Partisanenoperationen im Kreis
Suitschuan mehr als 10000 Yüan
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dieses Geld, dann wird man weitersehen.
DIE FRAGE DER POLITISCHEN MACHT
Die Organe der politischen Macht der Volksmassen in den Kreisen, Distrikten
und Gemeinden sind überall geschaffen, aber die Bezeichnung entspricht
nicht ihrem Wesen. An vielen Orten gibt es keine Deputiertenräte der
Arbeiter, Bauern und Soldaten. Die Exekutivkomitees der Machtorgane der
Gemeinden, der Distrikte und sogar der Kreise werden alle auf einer Art
Massenkundgebung gewählt. Solche Massenkundgebungen, die aus einer
momentanen Betriebsamkeit Zustandekommen, machen eine Erörterung der
Fragen unmöglich und tragen zur politischen Schulung der Massen nicht
bei; außerdem sind solche Kundgebungen sehr geeignet, von Intellektuellen
oder Karrieristen manipuliert zu werden. An einigen Orten existieren die
Deputiertenräte, die aber lediglich als zeitweilige Organe zur Wahl
der Exekutivkomitees angesehen werden; nach den Wahlen konzentriert sich
die ganze Macht in den Komitees, und an die Räte denkt keiner mehr.
Nicht, daß wir überhaupt keine Deputiertenräte der Arbeiter,
Bauern und Soldaten hätten, die ihrer Bezeichnung entsprächen;
es gibt solche, aber es sind nur sehr wenige. Das erklärt sich eben
aus dem Mangel an Propaganda und Aufklärung über diese neue politische
Einrichtung - den Deputiertenrat. Die üblen Praktiken der Diktatur
und Willkür aus der Feudalepoche haben sich den Volksmassen und sogar
den einfachen Parteimitgliedern so tief ins Bewußtsein eingeprägt,
daß sie nicht von heute auf morgen beseitigt werden können;
beim Auftauchen von Fragen pflegen die Menschen zu ihrer Lösung den
bequemsten Weg zu wählen und haben kein Gefallen an dem umständlichen
demokratischen System. Das System des demokratischen Zentralismus wird
sich in den Massenorganisationen erst dann überall und richtig einbürgern,
wenn es seine Wirksamkeit im revolutionären Kampf an den Tag gelegt
und die Massen zu der Einsicht gebracht hat, daß es die Kräfte
der Volksmassen am besten mobilisiert und ihrem Kampf am meisten förderlich
ist. Wir arbeiten jetzt ein ausführliches organisatorisches Statut
über die Deputiertenräte aller Stufen aus (gemäß den
allgemeinen Richtlinien des Zentralkomitees), um die Fehler der Vergangenheit
allmählich zu korrigieren. In der Roten Armee sind wir jetzt im
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Begriff,
die Deputiertenräte der Soldaten aller Stufen ebenfalls als regelmäßig
funktionierende Organe zu errichten, um den früheren Fehler zu korrigieren,
der darin bestand, daß es nur Soldatenkomitees, aber keine Deputiertenräte
der Soldaten gab.
Unter der im Volk jetzt allgemein bekannten Bezeichnung "Regierung der
Arbeiter, Bauern und Soldaten" wird das Exekutivkomitee verstanden, weil
die Menschen die Macht der Deputiertenräte noch nicht kennen und glauben,
nur die Exekutivkomitees seien die wahre Macht. Ein Exekutivkomitee, das
sich nicht auf einen Deputiertenrat stützt, entscheidet häufig
die Angelegenheiten, ohne Rücksicht auf die Meinungen der Massen zu
nehmen, und überall sind Fälle festzustellen, in denen die Exekutivkomitees
Unschlüssigkeit und Kompromißlertum in Fragen der Beschlagnahme
und der Aufteilung des Bodens zeigen, ihre Fonds verschwenden bzw. unterschlagen,
aus Angst vor den weißen Kräften zurückweichen oder sich
nur unentschlossen auf den Kampf mit ihnen einlassen. Überdies treten
die Exekutivkomitees nur selten zu Vollversammlungen zusammen, und alle
Angelegenheiten werden von den ständigen Ausschüssen entschieden.
In den Machtorganen der Distrikte und Gemeinden treten auch die ständigen
Ausschüsse selten zusammen, und die Angelegenheiten werden je nachdem
getrennt vom Vorsitzenden, vom Sekretär, vom Kassierer bzw. vom Kommandeur
der Abteilung der Roten Garde (oder der Abteilung der Aufständischen)
geregelt und entschieden; diese vier arbeiten auch ständig im Büro
des Komitees. So ist das Prinzip des demokratischen Zentralismus nicht
einmal in der Arbeit der Machtorgane üblich geworden.
Anfänglich rissen sich die kleinen Grundherren und die Großbauern
darum, in die Exekutivkomitees, insbesondere in die der Gemeinden, einzudringen.
Indem sie rote Binden anlegten und einen ungewöhnlichen Enthusiasmus
vortäuschten, brachten sie es durch Betrug fertig, sich in die Exekutivkomitees
einzuschleichen und alles unter ihre Kontrolle zu stellen, wobei sie die
Mitglieder der Komitees aus der armen Bauernschaft in einfache Statisten
verwandelten. Und die Beseitigung solcher Menschen aus den Komitees gelingt
nur, wenn man ihnen im Verlauf des Kampfes die lügnerische Maske herunterreißt
und die arme Bauernschaft ihre Macht zur Geltung bringt. Derartige Erscheinungen
wurden schon an vielen Orten festgestellt, wenn auch nicht überall.
Die Partei erfreut sich unter den Massen einer gewaltigen Autorität,
während die Machtorgane viel weniger Autorität genießen.
|103| Das kommt daher, daß die Partei aus Bequemlichkeit viele Fragen
selbst, über die Köpfe der Machtorgane hinweg, entscheidet. Solche
Fälle kommen sehr häufig vor. Parteigruppen der leitenden Funktionäre
in den Machtorganen gibt es mancherorts noch nicht, und dort, wo es solche
gibt, werden sie unzureichend ausgenutzt. Von nun an muß die Partei
die Aufgabe erfüllen, die Machtorgane anzuleiten; Vorschläge
und Empfehlungen der Partei - nicht aber die Propaganda - müssen durch
die Machtorgane durchgeführt werden. Man muß die verwerfliche
Praxis der Kuomintang, ihre Befehle unmittelbar den Regierungsorganen zu
diktieren, vermeiden.
Der Verlauf des Kampfes gegen den Opportunismus. Man kann sagen,
daß vor und nach den Ereignissen des 21. Mai die Parteiorganisationen
in den Kreisen des Grenzgebiets in den Händen der Opportunisten waren.
In dem Augenblick, als die Konterrevolution zuschlug, wurde in seltenen
Fällen der entschlossene Kampf gegen sie aufgenommen. Im Oktober vorigen
Jahres, als die Rote Armee (das I. Regiment der I. Division des I. Korps
der Revolutionären Arbeiter- und Bauernarmee) in die Kreise des Grenzgebiets
kam, gab es dort nur noch einige wenige Parteimitglieder, die sich vor
den Verfolgungen versteckt hielten, während die Parteiorganisationen
restlos vom Feind zerschlagen waren. Die Zeit von November vorigen Jahres
bis April dieses Jahres war eine Periode des Wiederaufbaus der Parteiorganisationen,
und ab Mai setzte die Periode ihres stürmischen Wachstums ein. Seit
einem Jahr sind noch überall in der Partei Erscheinungen des Opportunismus
zu beobachten: Ein Teil der Parteimitglieder zeigte keine Entschlossenheit
zum Kampf und versteckte sich beim Nahen des Feindes tief in die Berge,
was "sich in den Hinterhalt legen" genannt wurde; andere dagegen glitten
in ihrem Aktivitätsdrang auf den Weg des blinden Putschismus ab. Alles
das sind Äußerungen kleinbürgerlicher Ideologie. Nach einer
längeren Zeit der Stählung im Kampf und der innerparteilichen
Erziehung sind allmählich immer weniger derartige Erscheinungen zu
verzeichnen. Diese kleinbürgerliche Ideologie fand sich zur gleichen
Zeit auch in der Roten Armee. Beim Angriff des Feindes wurde vorgeschlagen,
entweder einen rücksichtslosen Kampf aufzunehmen oder die Flucht zu
ergreifen. Häufig war es der Fall, daß bei der
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Erörterung
von Fragen der Kampfoperationen die beiden Meinungen von ein und derselben
Person geäußert wurden. Erst im Verlauf eines langwierigen innerparteilichen
Kampfes und durch Lehren, die aus objektiven Tatsachen gezogen wurden -
wenn beispielsweise ein rücksichtsloser Kampf zu Verlusten und die
Flucht zur Niederlage geführt hat -, besserte sich allmählich
die Lage.
Lokale Beschränktheit. Die Wirtschaft des Grenzgebiets ist
eine Agrarwirtschaft, die hier und da noch in dem Stadium des Mörsers
und Stößels zurückgeblieben ist (in den Berggebieten wendet
man zum Schälen von Reis im wesentlichen Mörser und Stößel
an, in den Ebenen gibt es hingegen viele Stampfvorrichtungen mit Fußbetrieb).
Die Einheit der sozialen Organisation ist überall die Sippe, deren
Angehörige denselben Familiennamen tragen. Die Parteiorganisationen
in den Dörfern sind mit Rücksicht auf den Wohnsitz ihrer Mitglieder
aufgebaut worden, daher stellt es sich häufig heraus, daß die
Parteizelle aus Menschen mit dem gleichen Familiennamen besteht und daß
die Versammlung der Parteizelle einfach eine Sippenversammlung darstellt.
Unter diesen Umständen ist es wirklich äußerst schwierig,
eine "kämpferische bolschewistische Partei" zu schaffen. Wenn den
Menschen gesagt wird, daß es für die Kommunistische Partei keine
Staats- und Provinzgrenzen gibt, können sie sich das kaum vorstellen;
ebenso ist es ihnen ziemlich unklar, daß es für sie weder Kreis-
noch Distrikts- und Gemeindegrenzen gibt. Die lokale Beschränktheit
äußert sich sehr stark in den Beziehungen zwischen den Kreisen.
Sie macht sich auch in starkem Maße in den Beziehungen zwischen den
Distrikten und sogar zwischen den Gemeinden ein und desselben Kreises bemerkbar.
Bei der Überwindung der lokalen Beschränktheit können Auseinandersetzungen
bestenfalls nur sehr geringe Ergebnisse zeitigen; wesentlich aber hilft
uns dabei objektiv der Druck der weißen Kräfte, der keinerlei
lokale Beschränktheit kennt. So haben beispielsweise die "vereinten
Ausrottungsfeldzüge" der konterrevolutionären Kräfte zweier
Provinzen bewirkt, daß sich die Volksmassen im Kampf gegen sie ihrer
gemeinsamen Interessen bewußt wurden, und nur auf diese Weise konnte
ihre lokale Beschränktheit nach und nach liquidiert werden. Dank einer
ganzen Reihe derartiger Lehren sind die Erscheinungen der lokalen Beschränktheit
seltener geworden.
Die Frage der eingesessenen und der zugewanderten Bevölkerung.
In den Kreisen des Grenzgebiets gibt es noch eine besondere Erscheinung:
das ist die Kluft zwischen der eingesessenen und der
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zugewanderten Bevölkerung.
zwischen der örtlichen Stammbevölkerung und den Nachkommen der
Einwanderer, die vor einigen hundert Jahren aus dem Norden zugewandert
sind, besteht eine tiefe Kluft, herrscht eine starke traditionelle Feindschaft,
die zuweilen in einen erbitterten Kampf ausartet. Diese zugewanderte Bevölkerung,
die sich von der Grenze zwischen den Provinzen Fukien und Kuangtung entlang
der Grenze zwischen den Provinzen Hunan und Kiangsi bis zum Südteil
der Provinz Hupeh angesiedelt hat, zählt einige Millionen. Die Zugewanderten,
die sich in den Bergen niedergelassen hatten, wurden von der Stammbevölkerung,
die die Ebenen besiedelte, unterdrückt und waren immer politisch rechtlos.
Die nationale Revolution der letzten beiden Jahre wurde von der zugewanderten
Bevölkerung freudig begrüßt, in der Annahme, daß
nun die Zeit anbrechen würde, da sie ihren Kopf hochhalten könnten.
Aber zu ihrer Enttäuschung erlitt die Revolution eine Niederlage,
und die zugewanderten werden nach wie vor von der Stammbevölkerung
unterdrückt. In unserem Gebiet, in den Kreisen Ninggang, Suitschuan,
Linghsiän und Tschaling, stößt man überall auf die
Frage der Beziehungen zwischen der Stammbevölkerung und der zugewanderten
Bevölkerung, wobei diese Frage im Kreis Ninggang außerordentlich
schwerwiegend ist. 1926/27 stürzte der revolutionär gesinnte
Teil der Stammbevölkerung des Kreises Ninggang, nachdem er sich mit
der zugewanderten Bevölkerung vereinigt hatte, unter Führung
der Kommunistischen Partei die Macht der eingesessenen Feudalherren und
bemächtigte sich des ganzen Kreises. Im Juni vorigen Jahres wandte
sich die Regierung der Provinz Kiangsi unter Dschu Pe-dö gegen die
Revolution, im September führten die Feudalherren die Truppen Dschu
Pe-dös zum "Ausrottungsfeldzug" nach Ninggang und schürten erneut
den Konflikt zwischen der Stammbevölkerung und der zugewanderten Bevölkerung.
Theoretisch sollte eigentlich eine solche Kluft zwischen Ortsansässigen
und Zugewanderten nicht in die ausgebeuteten Klassen der Arbeiter und Bauern
hineinreichen, erst recht nicht in die Kommunistische Partei. Aber in der
Tat besteht diese Kluft als Erbübel aus vielen Jahren weiter. Hier
ein Beispiel: Nach unserer Augustniederlage kehrten die Feudalherren aus
der Stammbevölkerung mit reaktionären Truppen nach Ninggang zurück
und verbreiteten das Gerücht, die zugewanderte Bevölkerung werde
die Stammbevölkerung niedermetzeln; die meisten Bauern aus der Stammbevölkerung
gingen auf die Seite des Feindes über, legten weiße Binden an
und dienten den weißen Truppen bei den Brand-
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stiftungen und Razzien
in den Bergen als Wegweiser. Als aber die Rote Armee im Oktober und November
die Weißen in die Flucht schlug, flohen die Bauern der Stammbevölkerung
zusammen mit den Reaktionären, und nun waren es die Bauern der zugewanderten
Bevölkerung, die das Eigentum der Geflüchteten beschlagnahmten.
Diese Sachlage, die ihre Widerspiegelung innerhalb der Partei findet, führt
oft zu sinnlosen Konflikten. Unsere Methode zur Lösung dieser Frage
läuft auf folgendes hinaus: Einerseits erklären wir in unserer
Aufklärungspropaganda, daß "die zum Feind übergelaufenen
Bauern nicht getötet werden" und daß "ein übergelaufener
Bauer, falls er zurückkehrt, ebenso wie die anderen Boden erhält";
auf diese Weise helfen wir den übergelaufenen Bauern, sich von dem
Einfluß der Feudalherren frei zu machen und beruhigt nach Hause zurückzukehren.
Andererseits sollen die Machtorgane der Kreise die Bauern der zugewanderten
Bevölkerung verpflichten, den früheren Besitzern ihr Eigentum
zurückzugeben, und eine Bekanntmachung herausgeben, wonach die Bauern
der Stammbevölkerung unter Schutz genommen würden. In der Partei
aber verstärken wir die Erziehungsarbeit, um unbedingt den Zusammenschluß
der Parteimitglieder, die den beiden Gruppen angehören, zu erzielen.
Der Verrat der Karrieristen. In der Periode des Aufschwungs der
Revolution (Juni) schlichen sich viele Karrieristen unter Ausnutzung der
offenen Werbung von Parteimitgliedern in die Partei ein, so daß die
Anzahl der Parteimitglieder im Grenzgebiet bald über zehntausend hinausging.
Die leitenden Funktionäre der Zellen und der Distriktskomitees waren
überwiegend neue Parteimitglieder, und deshalb konnte eine gute innerparteiliche
Erziehung nicht zustande kommen. Mit Einbruch des weißen Terrors
verrieten uns die Karrieristen und dienten den Reaktionären als Führer
bei der Verfolgung unserer Genossen, mit dem Ergebnis, daß der größte
Teil der Parteiorganisationen in den weißen Gebieten aufflog. Nach
dem September gingen wir tatkräftig daran, die Partei zu säubern,
und legten strenge Maßstäbe für die Zugehörigkeit
zur Partei fest. In den Kreisen Yunghsin und Ninggang wurden die Parteiorganisationen
völlig aufgelöst, und es wurde eine Neuregistrierung durchgeführt.
Die Anzahl der Parteimitglieder ging stark zurück, dafür aber
wuchs die Kampfkraft der Parteiorganisationen. In der Vergangenheit waren
alle Parteiorganisationen offen gewesen, aber nach dem September wurden
Geheimorganisationen geschaffen, die selbst nach dem Einfall reaktionärer
Kräfte ihre Tätigkeit fortsetzen
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können. Gleichzeitig haben
wir uns bemüht, auf allen möglichen Wegen in die weißen
Gebiete einzudringen, um im Lager des Feindes selbst unsere Tätigkeit
zu entfalten. Allein in den nahegelegenen Städten ist noch keine Grundlage
für den Parteiaufbau vorhanden, weil erstens der Feind in den Städten
relativ stark ist und weil zweitens unsere Truppen während der Besetzung
dieser Städte zu sehr die Interessen der Bourgeoisie verletzt haben,
so daß es unseren Parteimitgliedern schwerfällt, dort Fuß
zu fassen. Jetzt korrigieren wir diese Fehler und machen die größten
Anstrengungen, in den Städten unsere Organisationen zu schaffen, haben
jedoch vorläufig noch nicht viel erreicht.
Die leitenden Parteiorgane. Die Büros der Zellen sind in
Komitees umbenannt worden. Über der Zelle steht das Distriktskomitee
und über dem Distriktskomitee das Kreiskomitee. Unter besonderen Umständen
werden Sonderdistriktskomitees als Zwischenglied zwischen den Distrikts-
und Kreiskomitees geschaffen; das sind zum Beispiel das Nord-Sonderdistriktskomitee
und das Südost-Sonderdistriktskomitee des Kreises Yunghsin. Insgesamt
gibt es im Grenzgebiet fünf Kreiskomitees: in Ninggang, Yunghsin,
Liänhua, Suitschuan und Linghsiän. Ein Kreiskomitee bestand früher
auch in Tschaling, aber da die Arbeit dort nicht Wurzel fassen konnte,
wurde der größere Teil der im vergangenen Winter und in diesem
Frühjahr geschaffenen Organisationen von den weißen Kräften
zerschlagen, und im letzten halben Jahr vermochten wir nur in den Berggebieten
zu arbeiten, die an die Kreise Ninggang und Yunghsin angrenzen; deshalb
wurde das Kreiskomitee in Tschaling in ein Sonderdistriktskomitee umgewandelt.
In die Kreise Yuhsiän und Anjen gelangt man nur über Tschaling.
Wir schickten Menschen dahin, aber sie kehrten unverrichteterdinge zurück.
Das Kreiskomitee von Wan-an hat mit uns im Januar dieses Jahres eine gemeinsame
Sitzung in Suitschuan abgehalten, danach war es durch die weißen
Kräfte über ein halbes Jahr lang von uns abgeschnitten, und erst
im September, als Einheiten der Roten Armee während ihrer Partisanenaktionen
in den Kreis Wan-an einzogen, gelang es uns, ein zweites Mal mit ihm Verbindung
aufzunehmen. Zusammen mit unseren Einheiten gingen von dort 80 revolutionäre
Bauern nach dem Djinggang Gebirge, und aus ihnen ist die Abteilung der
Roten Garde von Wan-an geschaffen worden. Im Kreis Anfu gibt es keine Parteiorganisationen.
Das Parteikomitee des Kreises Dji-an, der dem Kreis Yunghsin benachbart
ist, hat nur zweimal Verbindung mit uns
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aufgenommen und uns keinerlei Hilfe
geleistet. Das ist in höchstem Maße sonderbar. Im Gebiet von
Schatiän, Kreis Guidung, wurde die Aufteilung des Bodens zweimal -
im März und im August durchgeführt, es wurden Parteiorganisationen
geschaffen, die dem Südhunaner Sonderkomitee mit dem Zentrum in Lunghsischidung
unterstellt sind. Die Kreiskomitees des Grenzgebiets Hunan-Kiangsi sind
dem Sonderkomitee dieses Gebiets unterstellt. Am 20. Mai wurde in Maoping,
Kreis Ninggang, der 1. Parteitag des Grenzgebiets durchgeführt, der
zum erstenmal dieses Sonderkomitee, bestehend aus 23 Genossen mit Mao Tse-tung
als Sekretär, wählte. Im Juli wurde vom Hunaner Provinzparteikomitee
Yang Kai-ming geschickt, der als kommissarischer Sekretär eingesetzt
wurde. Im September erkrankte Yang Kai-ming, und an seine Stelle trat Tan
Dschen-lin. Im August, als die Hauptmasse der Roten Armee nach Südhunan
abgerückt war und die weißen Kräfte einen starken Druck
auf das Grenzgebiet ausübten, führten wir in Yunghsin eine außerordentliche
Beratung durch. Als dann die Rote Armee im Oktober nach Ninggang zurückgekehrt
war, wurde in Maoping der 2. Parteitag des Grenzgebiets einberufen. Auf
diesem Parteitag, der am 14. Oktober eröffnet wurde und drei Tage
dauerte, wurden die Resolution "Die politischen Fragen und die Aufgaben
der Parteiorganisation des Grenzgebiets" und andere Beschlüsse angenommen
sowie folgende 19 Genossen in das neue Sonderkomitee des Grenzgebietes
gewählt: Tan Dschen-lin, Tschu Teh, Tschen Yi, Lung Tschao-tjing,
Dschu Tschang-djiä, Liu Tiän-tjiän, Yüan Pan-dschu,
Tan Si-tsung, Tan Bing, Li Hsi-fe, Sung Yi-yüä, Yüan Wen-tsai,
Wang Dsuo-nung, Tschen Dscheng-jen, Mao Tse-tung, Wan Hsi-hsiän, Wang
Dsuo, Yang Kai-ming und Ho Ting-ying. In den ständigen Ausschuß
wurden fünf Genossen mit Tan Dschen-lin (Arbeiter) als Sekretär
und Tschen Dscheng-jen (Intellektueller) als stellvertretendem Sekretär
gewählt. Am 14. November trat der VI. Parteitag des 4. Korps der Roten
Armee zusammen, auf dem das Korpskomitee, bestehend aus 23 Genossen, und
der ständige Ausschuß, bestehend aus 5 Genossen mit Tschu Teh
als Sekretär, gewählt wurden. Das Sonderkomitee des Grenzgebiets
und das Korpskomitee unterstehen dem Frontkomitee. Dem Frontkomitee, das
am 6. November reorganisiert wurde, gehören laut Weisung des Zentralkomitees
der Partei folgende 5 Genossen an: Mao Tse-tung, Tschu Teh, der Sekretär
der örtlichen Parteiorganisation (Tan Dschen-lin), ein Genosse aus
den Reihen der Arbeiter (Sung Tjiao-scheng) und ein Genosse aus den Reihen
der
|109| Bauern (Mao Kö-wen), mit Mao Tse-tung als Sekretär. Im Frontkomitee
wurden provisorisch eingerichtet: das Sekretariat, die Propagandaabteilung,
die Organisationsabteilung, eine Kommission für die Gewerkschaftsbewegung
und eine Militärkommission. Das Frontkomitee leitet die örtlichen
Parteiorganisationen. Die Existenz des Sonderparteikomitees des Grenzgebiets
bleibt trotzdem notwendig, da das Frontkomitee zuweilen mit den Truppen
unterwegs sein muß. Wir sind uns bewußt, daß die Frage
der führenden Rolle der proletarischen Ideologie äußerst
wichtig ist. Die Parteiorganisationen in den Kreisen des Grenzgebiets bestehen
fast ausschließlich aus Bauern, und ohne die proletarische ideologische
Führung werden sie eine falsche Richtung einschlagen. Abgesehen davon,
daß man der Gewerkschaftsbewegung in den Kreisstädten und in
großen Marktflecken starke Beachtung schenken muß, ist die
Anzahl der Arbeitervertreter in den Machtorganen zu erhöhen. Ebenso
ist es notwendig, den Anteil der Arbeiter und der armen Bauern in den leitenden
Parteiorganen auf allen Ebenen zu vergrößern.
DIE FRAGE DES CHARAKTERS DER REVOLUTION
Wir sind mit der Resolution der Kommunistischen Internationale über
die chinesische Frage voll und ganz einverstanden. Gegenwärtig durchlebt
China tatsächlich noch das Stadium der bürgerlichdemokratischen
Revolution. Das Programm der konsequenten demokratischen Revolution in
China schließt ein: auf außenpolitischem Gebiet - Sturz des
Imperialismus und damit vollständige nationale Befreiung; auf innenpolitischem
Gebiet - Liquidierung der Macht der Kompradorenklasse in der Stadt, Vollendung
der Agrarrevolution zur Vernichtung der Feudalverhältnisse im Dorf
und Sturz der Regierung der Militärmachthaber. Nur durch eine solche
demokratische Revolution kann die wahre Grundlage für den Übergang
zum Sozialismus geschaffen werden. Während wir seit einem Jahr die
verschiedensten Gebiete kämpfend durchziehen, spüren wir zutiefst
das Abebben der revolutionären Flut im ganzen Land. Einerseits besteht
in wenigen kleinen Gebieten die rote Macht; andererseits genießt
das Volk in seiner Gesamtheit noch nicht die üblichen demokratischen
Rechte, die Arbeiter, die Bauern und sogar die demokratischen Kreise der
Bourgeoisie besitzen keine Rede- und Versammlungsfreiheit, die Zugehörigkeit
zur Kommunistischen Partei
|110| gilt als schwerstes Verbrechen. Wohin auch die
Rote Armee kommt, überall verhalten sich die Massen teilnahmslos und
passiv, und erst nachdem eine Agitationsarbeit geleistet worden ist, treten
sie nach und nach in Aktion. Auf welche Teile des Gegners wir auch stoßen,
wir müssen einen erbitterten Kampf mit ihnen ausfechten; Fälle
des Überlaufens auf unsere Seite oder Aufstände innerhalb der
gegnerischen Armee gibt es nicht. So steht es sogar auch um das 6. Korps
des Gegners, das nach den Ereignissen des 21. Mai die meisten "Aufrührer"
angeworben hat. Wir fühlen uns stark isoliert und sehnen uns die ganze
Zeit nach dem Ende dieses Zustands. Doch der Weg zum stürmischen Aufschwung
der Revolution im ganzen Land verläuft unbedingt über die Entfaltung
des politischen und ökonomischen Kampfes für die Demokratie unter
Einbeziehung des städtischen Kleinbürgertums in diesen Kampf.
Die Politik gegenüber dem Kleinbürgertum wurde von uns bis
Februar dieses Jahres verhältnismäßig richtig durchgeführt.
Im März kam ein Vertreter des Südhunaner Sonderkomitees nach
Ninggang, der uns kritisierte, weil wir angeblich zu weit nach rechts abgewichen
seien, weil wir zu wenig niederbrannten und töteten und nicht die
sogenannte Politik durchführten, "die Kleinbürger in Proletarier
umzuwandeln und sie dann zum Anschluß an die Revolution zu zwingen".
Infolgedessen wurde die Leitung des Frontkomitees umbesetzt und unsere
Politik geändert. Im April, als das ganze Korps in das Grenzgebiet
kam, wurde zwar auch weiterhin wenig niedergebrannt und getötet, aber
mit außerordentlicher Härte wurden die Beschlagnahme des Vermögens
der mittleren Kaufleute in den Städten und die Zwangsbesteuerung der
kleinen Grundherren und der Großbauern in den Dörfern durchgeführt.
Die Losung des Südhunaner Sonderkomitees "Alle Betriebe den Arbeitern
!" wurde ebenfalls weit und breit propagiert. Diese linksradikale Politik,
die gegen die Kleinbürger gerichtet war, drängte die meisten
von ihnen auf die Seite der Feudalherren und trieb sie dazu, weiße
Binden anzulegen und den Kampf gegen uns aufzunehmen. In der letzten Zeit
jedoch hat sich die Lage infolge der allmählichen Änderung dieser
Politik etwas gebessert. Besonders im Kreis Suitschuan wurden gute Ergebnisse
erzielt, die Kaufleute in der Kreisstadt und in den Marktflecken meiden
uns nicht mehr aus Angst, und es gibt recht viele von ihnen, die sogar
Gutes von der Roten Armee zu erzählen wissen. In Tsaolinhsü (wo
alle drei Tage mittags ein Markt abgehalten wird) kommen bis zu 20000 Menschen
auf dem Marktplatz
|111| zusammen, was früher nie vorgekommen ist. Diese
Tatsache zeugt davon, daß wir die richtige Politik eingeschlagen
haben. Die Steuern und Abgaben, die die Feudalherren der Bevölkerung
auferlegt hatten, waren sehr drückend; auf der 70 Li langen Landstraße
zwischen Huang-ao und Tsaolin wurde vom Suitschuaner Befriedungskorps [21]
fünfmal Zoll erhoben, und kein landwirtschaftliches Erzeugnis blieb
davon verschont. Wir zerschlugen dieses Befriedungskorps, hoben den Zoll
auf und erwarben damit die Unterstützung aller Bauern, der mittleren
und der kleinen Händler.
Das Zentralkomitee hat uns aufgefordert, ein politisches Programm zu
veröffentlichen, das auch den Interessen des Kleinbürgertums
Rechnung trägt, und wir schlagen unsererseits dem Zentralkomitee vor,
als Richtlinie für die örtlichen Organisationen ein politisches
Programm für die gesamte demokratische Revolution auszuarbeiten, das
die Interessen der Arbeiter, die Agrarrevolution und die nationale Befreiung
in Betracht zieht.
Ein besonderes Merkmal der Revolution in China, das in der Hauptsache
ein Agrarland ist, besteht darin, daß man Aufstände mit militärischen
Kräften entwickelt. Wir machen den Vorschlag, das Zentralkomitee möge
sich energisch mit der militärischen Tätigkeit befassen.
DIE FRAGE DER GEBIETE DER SELBSTÄNDIGEN MACHT
Das Gebiet, das sich vom Nordteil der Provinz Kuangtung entlang der
Grenze der Provinzen Hunan und Kiangsi bis zum Südteil der Provinz
Hupeh erstreckt, liegt gänzlich im Bereich der Luohsiao Gebirgskette.
Wir haben das ganze Luohsiao-Gebirgsland durchstreift, und wenn man seine
verschiedenen Teile miteinander vergleicht, so ist sein mittlerer Teil
mit dem Zentrum in Ninggang am günstigsten geeignet für unsere
bewaffnete selbständige Macht. Der Nordteil der Gebirgskette ist mit
dem zentralen Teil nicht zu vergleichen, dessen Geländeverhältnisse
sowohl für Angriff als auch für Verteidigung günstig sind;
außerdem liegt der Nordteil zu nahe bei den großen politischen
Zentren, und wenn uns keine Pläne für die rasche Eroberung von
Tschangscha oder Wuhan vorliegen, ist die Unterbringung des größeren
Teils unserer militärischen Kräfte im Gebiet der Kreise Liuyang,
Liling, Pinghsiang und Tunggu äußerst riskant. Im Südteil
der Gebirgskette sind die Geländeverhältnisse
|112|
für uns günstiger
als im Nordteil, aber die Massenbasis ist hier schwächer als im Zentralteil,
und die politischen Einflüsse, die von hier aus auf die Provinzen
Hunan und Kiangsi ausgeübt werden können, sind beschränkter
als im Zentralteil, wo wir bei unseren Operationen mit jedem Zug die am
Unterlauf des Hsiang-Flusses bzw., des Gan-Flusses gelegenen Teile der
beiden Provinzen beeinflussen können. Vorzüge des zentralen Teils
der Luohsiao-Gebirgskette: 1. Es gibt da eine Massenbasis, an der wir über
ein Jahr gearbeitet haben; 2. die Parteiorganisationen stützen sich
auf eine relativ feste Grundlage; 3. es bestehen örtliche bewaffnete
Kräfte, die im Verlauf von mehr als einem Jahr geschaffen wurden und
über reiche Kampferfahrungen verfügen - ein Erfolg, wie wir ihn
nur selten erzielen konnten; diese Kräfte bilden, unterstützt
von dem 4. Korps der Roten Armee, eine Macht, die kein Feind zu vernichten
vermag; 5. hier befindet sich ein vortrefflicher militärischer Stützpunkt
- das Djinggang-Gebirge, und Stützpunkte der örtlichen bewaffneten
Kräfte sind in allen Kreisen vorhanden; 6. es ist möglich, Einfluß
auf die beiden Provinzen und die Gebiete am Unterlauf ihrer Flüsse
auszuüben; im Vergleich zu Südhunan oder Südkiangsi, von
wo aus man jeweils nur auf eine Provinz, und zwar nur auf die Gebiete am
Oberlauf der Flüsse und auf entlegene Gebiete der jeweiligen Provinz
Einfluß ausüben kann, ist das Gebiet des zentralen Teils der
Luohsiao-Gebirgskette von unvergleichlich größerer politischer
Bedeutung. Nachteile dieses Teils bestehen in außerordentlichen ökonomischen
Schwierigkeiten, besonders im Hinblick auf Bargeld, weil er bereits lange
Zeit unter der selbständigen Macht gestanden hat und ringsum starke
Kräfte des Feindes zu "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzügen"
konzentriert sind.
Im Laufe weniger Wochen des Juni und des Juli änderte das Hunaner
Provinzparteikomitee dreimal seine Stellung zu dem Aktionsplan im Grenzgebiet.
Das erstemal kam Yüan Dö-scheng zu uns und billigte den Plan,
die Macht im zentralen Teil der Luohsiao Gebirgskette zu schaffen. Das
zweitemal kamen Du Hsiu-djing und Yang Kai-ming mit der Anweisung, die
Rote Armee solle, ohne auch nur im geringsten zu zögern, den Vormarsch
nach Südhunan antreten und nur einen Truppenteil mit Zoo Gewehren
zurücklassen, der zusammen mit den Abteilungen der Roten Garde das
Grenzgebiet schützen sollte, und sie erklärten, das sei der "absolut
richtige" Kurs. Das drittemal, nur zehn Tage später, kam erneut Yüan
Dö-scheng. Diesmal wurde uns in einem Schreiben, in dem wir mit Beschimpfun-
|113|
gen
überschüttet wurden, die Anweisung gegeben, die Rote Armee nach
Osthunan in Marsch zu setzen, wobei wiederum betont wurde, das sei der
"absolut richtige" Kurs und wir sollten handeln, "ohne auch nur im geringsten
zu zögern". Als wir solche kategorischen Anweisungen erhielten, gerieten
wir tatsächlich in ein Dilemma: Sich nicht fügen grenzte an Gehorsamverweigerung,
sich fügen bedeutete eine ganz sichere Niederlage herbeiführen.
Nach Erhalt des zweiten Briefes wurde eine gemeinsame Sitzung des Korpskomitees,
des Sonderkomitees und des Yunghsiner Kreiskomitees einberufen. Diese Sitzung
betrachtete den Marsch nach Südhunan als gefährlich und beschloß,
die Direktive des Provinzparteikomitees nicht auszuführen. Einige
Tage später verleiteten Du Hsiu-djing und Yang Kai-ming, die sich
auf den Standpunkt des Provinzparteikomitees versteiften, unter Ausnutzung
der Heimwehstimmungen im 29. Regiment, die Rote Armee zu einem Angriff
auf Tschendschou; das Resultat war, daß sowohl das Grenzgebiet als
auch die Rote Armee eine Niederlage erlitten. Die Rote Armee verlor rund
die Hälfte ihres Bestands. Im Grenzgebiet wurden unzählige Häuser
niedergebrannt und zahllose Menschen niedergemetzelt, die Kreise fielen
einer nach dem anderen dem Feind in die Hand, und es ist uns bis jetzt
noch nicht gelungen, sie alle zurückzuerobern. Was den Marsch nach
Osthunan betrifft, darf man - solange das Regime der Feudalherren der Provinzen
Hunan, Hupeh und Kiangsi noch nicht gespalten ist - die Hauptkräfte
der Roten Armee unter keinen Umständen dorthin schicken. Wäre
der Julifeldzug nach Südhunan nicht unternommen worden, so wäre
es uns gelungen, nicht nur die Augustniederlage im Grenzgebiet zu vermeiden,
sondern auch die Rauferei zwischen dem 6. Korps der Kuomintang und den
Truppen Wang Djüns bei Dschangschu in der Provinz Kiangsi auszunutzen,
um die Truppenteile des Feindes in Yunghsin zu zerschlagen und die Kreise
Dji-an und Anfu aufzurollen; da hätte unsere Vorhut Pinghsiang erreichen
und die Verbindung mit dem 5. Korps der Roten Armee herstellen können,
das im Nordteil der Gebirgskette operierte. Aber selbst in diesem Fall
hätte man Ninggang als Hauptstützpunkt behalten müssen und
nach Osthunan nur Partisaneneinheiten schicken dürfen. Da es im Lager
der Feudalherren noch nicht zum Krieg gekommen ist und sich noch starke
Truppenteile des Feindes in den Kreisen Pinghsiang, Tschaling und Yuhsiän
an der Grenze der Provinz Hunan befinden, wäre die Verlegung unserer
Hauptkräfte nach Norden unweigerlich vom Feind ausgenutzt worden.
Das Zentralkomitee gab uns die Anweisung, ein
|114|
Vorrücken nach Ost-
oder Südhunan zu überlegen, aber die Verwirklichung dieses Planes
wäre in beiden Fällen sehr gefährlich gewesen. zwar haben
wir nicht versucht, die Osthunan-Variante zu verwirklichen, dafür
erwies sich die Erfahrung der Südhunan-Variante als überzeugend
genug. An diese bittere Lehre sollten wir stets denken.
Gegenwärtig befinden wir uns in einer Periode, wo das Regime der
Feudalherrenklasse noch nicht gespalten ist, und die "Ausrottungs"-Truppen
des Feindes, die das Grenzgebiet eingeschlossen haben, zählen immer
noch über zehn Regimenter. Aber wenn es uns gelingt, auch künftig
Wege zur Beschaffung von Bargeld ausfindig zu machen (Lebensmittel und
Kleidung sind für uns kein brennendes Problem mehr), dann werden wir,
gestützt auf die von uns im Grenzgebiet geschaffene Grundlage, imstande
sein, mit diesen und sogar noch größeren Kräften des Feindes
fertig zu werden. Was das Grenzgebiet betrifft, wird es sofort erneut solchen
Verwüstungen, wie sie im August waren, ausgesetzt sein, falls die
Rote Armee abzieht. Wenn auch die Abteilungen der Roten Garde nicht völlig
vernichtet sein werden, so würden doch die Basis der Parteiorganisationen
und unsere Basis unter den Massen stark zerstört werden, und abgesehen
von einigen Gebieten der selbständigen Macht in den Bergen, die verschont
bleiben können, würden wir alle in den Ebenen genau so wie im
August und September in die Illegalität gehen müssen. Rückt
jedoch die Rote Armee nicht ab, dann kann man, gestützt auf die von
uns bereits geschaffene Grundlage, allmählich das Territorium unseres
Gebiets nach allen Richtungen erweitern, und die Perspektiven in dieser
Hinsicht sind überaus vielversprechend. Wenn wir die Rote Armee vergrößern
wollen, müssen wir in der Umgebung des Djinggang-Gebirges, nämlich
in den Kreisen Ninggang, Yunghsin, Linghsiän und Suitschuan, wo wir
eine Massenbasis haben, einen langwierigen Kampf gegen den Feind führen,
wobei wir den Umstand ausnutzen müssen, daß die Interessen der
feindlichen Kräfte Hunans und Kiangsis auseinandergehen, diese Gruppen
sich daher gegen Angriffe von allen Seiten sichern müssen und außerstande
sind, ihre Kräfte zu konzentrieren. Bei Anwendung einer richtigen
Taktik das heißt: wir kämpfen nur, wenn wir des Sieges sicher
sind und unbedingt Gefangene und Beute machen werden, sonst lassen wir
uns überhaupt auf keinen Kampf ein - können wir die Rote Armee
nach und nach erweitern. Zieht man die Vorbereitungsarbeiten in Betracht,
die unter den Volksmassen des Grenzgebiets in der Periode von April bis
Juli getroffen wurden, so ist nicht daran zu zweifeln,
|115|
daß sich die
Rote Armee im August vergrößert hätte, wenn die Hauptmasse
der Roten Armee nicht nach Südhunan abgerückt wäre. Trotz
dieses Fehlers ist die Rote Armee wieder in das Grenzgebiet zurückgekehrt,
das sowohl hinsichtlich der geographischen Bedingungen als auch der Stimmung
der Massen für uns günstig ist, und unsere Perspektiven sind
auch heute nicht schlecht. Nur wenn die Rote Armee sich fest für den
Kampf in solchen Gebieten wie dem Grenzgebiet entschließt und den
Mut aufbringt, beharrlich langwierige Kämpfe zu führen, kann
sie ihre Bewaffnung verstärken und gute Kämpfer heranbilden.
Schon seit einem Jahr weht über dem Grenzgebiet die rote Fahne; sie
ruft bei der Feudalherrenklasse der Provinzen Hunan, Hupeh und Kiangsi,
ja sogar des ganzen Landes Haß hervor; gleichzeitig erweckt sie aber
allmählich Hoffnungen bei den Arbeitern, Bauern und Soldaten in den
nahegelegenen Provinzen. Nehmen wir die Soldaten als Beispiel. Da die Militärmachthaber
den "Ausrottungsfeldzügen gegen Banditen" im Grenzgebiet große
Bedeutung beimessen und solche Erklärungen abgeben wie etwa: "Wir
haben für die über ein Jahr lang währenden Ausrottungsfeldzüge
gegen die Banditen eine Million Yüan hinausgeworfen" (Lu Di-ping)
und "Sie sollen eine Stärke von 20000 Mann mit 5000 Gewehren haben"
(Wang Djün), wird allmählich die Aufmerksamkeit der Soldaten
und der keinen Ausweg sehenden unteren Offiziere der feindlichen Truppen
auf uns gelenkt, wird die Zahl jener, die freiwillig dem Feind den Rücken
kehren und zu uns überlaufen, von Tag zu Tag wachsen, und das wird
eine weitere Quelle für die Ergänzung der Roten Armee sein. Ferner
zeugt die Tatsache, daß die rote Fahne des Grenzgebiets niemals eingezogen
wurde, nicht nur von der Kraft der Kommunistischen Partei, sondern auch
vom Bankrott der herrschenden Klassen, und das ist für die politische
Lage im ganzen Land von großer Bedeutung. Deshalb vertreten wir nach
wie vor die Meinung, daß es absolut notwendig und absolut richtig
ist, im zentralen Teil der Luohsiao-Gebirgskette die rote Macht zu schaffen
und auszudehnen.
ANMERKUNGEN
* Bericht des Genossen Mao Tse-tung an das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas.
1 Dieser Krieg fand im Oktober 1927 statt.
2 Dieser Krieg fand im November/Dezember I927 statt.
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3 Das System der Deputiertenräte der Soldaten
und der Soldatenkomitees in der Roten Armee wurde später abgeschafft.
Im Jahre 1947 wurde in der Volksbefreiungsarmee das System der Konferenzen
der Militärangehörigen und der Soldatenkomitees neu eingeführt;
sowohl die Konferenzen wie die Komitees wurden von Funktionären geleitet.
4 Hier sind die Truppen gemeint, die früher unter dem Befehl der Genossen Yä Ting und Ho Lung standen und sich am 1. August 1927 in Nantschang zum Aufstand erhoben hatten (über die Truppen Yä Tings siehe Anmerkung 14). Nach der Niederlage dieser Truppen bei ihrem Vormarsch auf Tschaodschou und Swatou zog sich ein Teil unter dem Befehl der Genossen Tschu Teh, Lin Biao und Tschen Yi aus Kuangtung über Kiangsi nach dem Südteil von Hunan zurück, um dort den Partisanenkrieg aufzunehmen. Im April 1928 trafen diese Einheiten im Djinggang-Gebirge ein und vereinigten sich mit den Einheiten des Genossen Mao Tse-tung.
5 Der Kaderbestand des Wachregiments der Nationalregierung in Wutschang setzte sich in den Tagen der Revolution im Jahre 1927 in seiner Mehrheit aus Kommunisten zusammen. Nachdem Wang Djing-we und seinesgleichen die Revolution verraten hatten, verließ dieses Wachregiment Ende Juli 1927 Wutschang in der Absicht, sich mit den aufständischen Einheiten in Nantschang zu vereinigen. Als das Regiment auf halbem Weg erfuhr, daß die aufständischen Einheiten aus Nantschang nach dem Süden gezogen waren, wandte sich dieses Regiment nach dem Kreis Hsiuschui, wo es sich mit den Bauernabteilungen aus den Kreisen Pingdjiang und Liuyang vereinigte.
6 Im Frühjahr 1927 hatten sich im Gebiet der Kreise Pingdjiang und Liuyang in der Provinz Hunan ziemlich starke bewaffnete Bauernabteilungen gebildet. Am 21. Mai 1927 entfesselte Hsü Kö-hsiang den konterrevolutionären Handstreich in Tschangscha (Ereignisse des 21. Mai) und richtete ein Blutbad unter den revolutionären Massen an. Am 31. Mai traten die Bauernabteilungen aus dem Gebiet der Kreise Pingdjiang und Liuyang den Vormarsch gegen Tschangscha an, um den Konterrevolutionären eine Abfuhr zu erteilen, aber ihr Vormarsch wurde von dem Opportunisten Tschen Du-hsiu aufgehalten, und sie kehrten um. Aus einem Teil der Bauernabteilungen wurde kurz darauf ein selbständiges Regiment gebildet, das den Partisanenkrieg aufnahm. Nach dem Nantschang-Aufstand am 1. August vereinigten sich die Bauernabteilungen aus Pingdjiang und Liuyang im Gebiet der Kreise Hsiuschui, Tunggu, Pingdjiang und Liuyang mit dem ehemaligen Wachregiment der Nationalregierung in Wutschang und führten gemeinsam mit den bewaffneten Bergarbeitern der Pinghsianger Kohlengruben den Herbsternte-Aufstand durch. Im Oktober trafen diese Abteilungen der Aufständischen unter dem Befehl des Genossen Mao Tse-tung im Djinggang-Gebirge ein.
7 Anfang 1928, als Genosse Tschu Teh die revolutionären Partisanenaktionen in Südhunan leitete, wurden in den Kreisen Yidschang, Tschendschou, Leyang, Yunghsing und Dsihsing, wo die Bauernbewegung bereits eine Grundlage hatte, Bauernabteilungen aufgestellt. Später trafen diese Bauernabteilungen unter dem Befehl des Genossen Tschu Teh im Djinggang-Gebirge ein und vereinigten sich mit den Einheiten des Genossen Mao Tse-tung.
8 Schuikouschan - im Kreis Tschangning in der Provinz Hunan, wichtig wegen der Bleierzvorkommen. Die Bergarbeiter von Schuikouschan hatten bereits im Jahre 1922 unter Führung der Kommunistischen Partei eine Gewerkschaft gegründet und führten einige Jahre lang den Kampf gegen die Konterrevolution. Nach dem Herbsternte-Aufstand von 1927 traten viele Bergarbeiter in die Rote Armee ein.
9 Die Kohlengruben von Anyüan im Kreis Pinghsiang,
Provinz Kiangsi, gehörten zum Hüttenkombinat von Hanyäping.
In dieser Periode arbeiteten in Anyüan 12000
|117|
Bergarbeiter. Seit 1921
schickte das Hunaner Provinzkomitee der Kommunistischen Partei Chinas zur
Arbeit unter den Bergarbeitern Genossen nach Anyüan, die dort eine
Partei-
und eine Gewerkschaftsorganisation gründeten.
10 Seit 1929 wurden die Parteivertreter in der Roten Armee als Politkommissare bezeichnet, während im Jahre 1931 die Politkommissare der Kompanien in Politleiter umbenannt wurden.
11 Die Methode, für den Unterhalt der Truppen durch Geldstrafen "Geld aus den Tuhao herauszupressen", konnte das Problem nur vorübergehend und teilweise lösen. Als die Armee größer wurde und das Territorium sich erweiterte, wurde es notwendig und auch möglich, zur Methode der Steuereinziehung überzugehen, um Mittel für den Unterhalt der Armee zu erhalten.
12 Eine solche Regelung bestand in der Roten Armee sehr lange und war damals notwendig; später wurden geringe Unterschiede entsprechend der Dienststellung eingeführt.
13 Genosse Mao Tse-tung betont hier besonders die Notwendigkeit des demokratischen Lebens in einem bestimmten Umfang innerhalb der revolutionären Truppen, da es in der Anfangsperiode der Schaffung der Roten Armee ohne eine beharrliche Durchsetzung der demokratischen Prinzipien unmöglich gewesen wäre, die revolutionäre Aktivität der neu in die Armee eingetretenen Bauern und gefangengenommenen Soldaten der weißen Armee zu heben; es wäre unmöglich gewesen, die von den reaktionären Truppen in die Reihen unseres Kaderbestands hineingetragenen Manieren des Militärmachthabertums auszurotten. Natürlich ist das demokratische Leben in den Truppen nur im Rahmen der militärischen Disziplin annehmbar und soll darauf gerichtet sein, die Disziplin zu festigen, nicht aber sie zu schwächen; deshalb muß man bei der Förderung der notwendigen Demokratie in den Truppen zugleich den Kampf gegen die Disziplinlosigkeit führen, die aus der Tendenz zur extremen Demokratisierung stammt. Diese Erscheinungen stellten in der Anfangsperiode zeitweilig ein ernstes Problem für die Rote Armee dar. Siehe die Arbeit des Genossen Mao Tse-tung "Über die Berichtigung falscher Ansichten in der Partei" (vorliegender Band, S. 119 ff.), in der sein Kampf gegen die extreme Demokratisierung in der Armee zum Ausdruck kommt.
14 Die Einheiten des Genossen Yä Ting, die in der Periode des Nordfeldzugs im Jahre 1926 ein selbständiges Regiment bildeten, dessen Kern aus Kommunisten bestand, machten sich in den Schlachten des Nordfeldzugs einen Namen. Nach der Einnahme Wutschangs durch die Revolutionäre Armee wurde das Regiment zur 24. Division und nach dem Nantschang-Aufstand zum 11. Korps erweitert.
15 Faktisch hat es sich als angemessen erwiesen, wenn in der Roten Armee etwa ein Drittel des gesamten Armeebestands aus Parteimitgliedern besteht; später ist es in der Roten Armee und in der Volksbefreiungsarmee im großen und ganzen bei diesem Verhältnis geblieben.
16 Am m. Mai 1927 unternahmen die konterrevolutionären Hunaner Kuomintang Kommandeure Hsü Kö-hsiang, Ho Djiän und andere auf Betreiben Tschiang Kai-scheks und Wang Djing-wes in der Stadt Tschangscha einen Überfall auf den Hunaner Provinzrat der Gewerkschaften, das Provinzkomitee der Bauernvereinigungen und auf alle anderen revolutionären Organisationen, wobei sie unter den Kommunisten und den revolutionären Massen der Arbeiter und Bauern Verhaftungen vornahmen und ein Blutbad anrichteten. Diese Ereignisse, die als Ereignisse des 21. Mai bekannt sind, waren das Signal zum offenen Paktieren der von Wang Djing-we geführten Kuomintang-Konterrevolutionäre in Wuhan mit den Konterrevolutionären in Nanking, an deren Spitze Tschiang Kai-schek stand.
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17 Gemeint ist eine der Bestimmungen des Bodengesetzes,
das im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi im Jahre 1928 ausgearbeitet wurde. Genosse
Mao Tse-tung wies später darauf hin, daß die Beschlagnahme des
gesamten Bodens und nicht nur des Bodens der Grundherren ein Fehler war,
der sich aus dem damaligen Mangel an Erfahrungen im Kampf um Boden erklärte.
Im April 1924 wurde in dem Bodengesetz des Kreises Hsingguo die Formulierung
"Beschlagnahme des gesamten Grund und Bodens" durch die Formulierung ersetzt:
"Beschlagnahme des öffentlichen Grund und Bodens sowie des Grund und
Bodens der Grundherren".
18 In Anbetracht der Wichtigkeit, die Zwischenklassen des Dorfes zu gewinnen, korrigierte Genosse Mao Tse-tung bald die falsche Politik, wonach den Zwischenklassen allzu schwere Schläge versetzt worden waren. Die Einstellung des Genossen Mao Tse-tung zur Politik gegenüber den Zwischenklassen ist - abgesehen vom vorliegenden Artikel - ersichtlich aus seinem Antrag an den im November 1928 durchgeführten 4. Parteitag des 4. Korps der Roten Armee (in dem es solche Punkte gab wie "Verbot sinnloser Brandstiftungen und Tötungen", "Schutz der Interessen der mittleren und kleinen Händler" usw.), aus der Bekanntmachung des 4. Korps der Roten Armee im Januar 1929 (in der es unter anderem hieß: "Die städtischen Kaufleute, die nach und nach einiges Vermögen angehäuft haben, dürfen ihren Geschäften nachgehen, solange sie uns gehorchen"), sowie aus dem Bodengesetz des Kreises Hsingguo vom April 1929 (siehe Anmerkung 17), usw.
19 Mit der Entwicklung des revolutionären Krieges und mit der Erweiterung der Stützpunktgebiete sowie durch die Politik der revolutionären Regierung zum Schutz von Industrie und Handel war es möglich, die geschilderte Lage zu ändern, und sie wurde dann auch geändert. Das Entscheidende war hier der entschlossene Schutz der nationalen Industrie und des nationalen Handels, der Kampf gegen linksradikale Richtlinien.
20 Die Methode der Bodenverteilung nach dem Prinzip der Arbeitsfähigkeit war unangebracht. Faktisch bestand auf dem Territorium der roten Gebiete lange Zeit das Prinzip der ausgleichenden Pro-Kopf-Verteilung des Bodens.
21 Befriedungskorps - örtliche konterrevolutionäre
bewaffnete Kräfte.
ANMERKUNGEN DES ÜBERSETZERS
[1] Li (Längenmaß) = 0,5 km