Mao AW Band IV

Mao Werke


Mao Tse-tung: 

DER BANKROTT DER IDEALISTISCHEN GESCHICHTSAUFFASSUNG

(16. September 1949)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band IV, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 481-490


Die Chinesen sollten Acheson, dem Sprecher der amerikanischen Bourgeoisie, nicht bloß deshalb dankbar sein, weil er sich ausdrücklich zu der Tatsache bekannt hat, daß die USA Geld und Gewehre liefern, während Tschiang Kai-schek die Menschen stellt, um für die USA Krieg zu führen und das chinesische Volk abzuschlachten. Damit hat er den fortschrittlichen Chinesen Beweise geliefert, mit denen sie rückständige Elemente überzeugen können. Wie ihr seht, hat Acheson doch selbst zugegeben, daß dieser große blutige Krieg der letzten Jahre, der die Chinesen Millionen von Menschenleben gekostet hat, vom USA-Imperialismus geplant und organisiert worden war. Die Chinesen sollten Acheson ferner nicht bloß deshalb dankbar sein, weil er offen erklärt hat, daß die USA die "demokratischen Individualisten" in China anwerben, ihre Fünfte Kolonne organisieren und die von der Kommunistischen Partei Chinas geführte Volksregierung stürzen wollten, was die Aufmerksamkeit der Chinesen, insbesondere jener, die etwas liberal gefärbt sind, erregt hat, so daß sie sich miteinander verabreden, den Amerikanern nicht auf den Leim zu gehen, und sich auf Schritt und Tritt vor den in aller Stille betriebenen Intrigen der USA-Imperialisten in acht nehmen. Die Chinesen sollten Acheson auch dafür dankbar sein, daß er seiner Phantasie über die jüngste Geschichte Chinas freien Lauf gelassen hat, und seine Geschichtsauffassung deckt sich genau mit der gewisser Kreise chinesischer Intellektueller, nämlich mit der bürgerlich-idealistischen Geschichtsauffassung. Deshalb würde eine Widerlegung Achesons vielen Chinesen zugute kommen und ihren Horizont erweitern. Noch größeren Nutzen würde das wahrscheinlich für jene haben, deren Auffassungen völlig oder in gewisser Beziehung den Auffassungen Achesons gleichen.

Welcher Art sind Achesons Phantastereien über Chinas jüngste Geschichte? Zuerst versucht er, die Entstehung der chinesischen Revolution aus den wirtschaftlichen und ideologischen Zuständen Chinas zu erklären. Dabei erzählt er viele Märchen.

Acheson sagt:

Die Bevölkerung Chinas hat sich während des 18. und 19. Jahrhunderts verdoppelt und übte damit einen unerträglichen Druck auf das Land aus. Das erste Problem, mit dem jede chinesische Regierung zu tun hatte, war die Ernährung dieser Bevölkerung. Bis jetzt hatte dabei noch keine Regierung Erfolg. Die Kuomintang versuchte, das Problem dadurch zu lösen, daß sie viele Bestimmungen über eine Bodenreform in den Gesetzbüchern festlegte. Einige dieser Bestimmungen schlugen fehl, andere wurden einfach ignoriert. Die peinliche Lage, in der sich die Nationalregierung heute befindet, wurde in nicht geringem Maße durch das Unvermögen verursacht, China ausreichend mit Nahrung zu versorgen. Die Propaganda der chinesischen Kommunisten besteht zum großen Teil aus Versprechungen, das Bodenproblem lösen zu wollen.

Jenen Chinesen, die nicht klar sehen, erscheint das glaubwürdig. Zu viele Münder, zu wenig zu essen, daher Revolution. Der Kuomintang ist es nicht gelungen, dieses Problem zu lösen, und es ist unwahrscheinlich, daß es die Kommunistische Partei lösen wird. "Bis jetzt hatte dabei noch keine Regierung Erfolg."

Werden Revolutionen durch Übervölkerung verursacht? In alter und neuer Zeit, in China und im Ausland gab es viele Revolutionen; wurden sie aber alle durch Übervölkerung verursacht? Waren die zahlreichen Revolutionen Chinas während der letzten Jahrtausende etwa auch auf Übervölkerung zurückzuführen? Wurde denn vor 174 Jahren die amerikanische Revolution gegen Großbritannien1 auch durch Übervölkerung verursacht? Achesons Kenntnisse über die Geschichte sind gleich Null. Er hat nicht einmal die amerikanische Unabhängigkeitserklärung gelesen. Washington, Jefferson und andere machten die Revolution gegen Großbritannien wegen der Unterdrückung und Ausbeutung der Amerikaner durch die Engländer, nicht aber etwa wegen einer Übervölkerung Amerikas. Wenn das chinesische Volk eine feudale Dynastie stürzte, geschah das jedesmal, weil diese feudale Dynastie das Volk unterdrückt und ausgebeutet hatte, und nicht wegen irgendeiner Übervölkerung. Die Russen führten die Februar- und Oktoberrevolution durch, weil sie vom Zaren und von der russischen Bourgeoisie unterdrückt und ausgebeutet wurden, und nicht wegen irgendeiner Übervölkerung, denn bis zum heutigen Tag gibt es in Rußland, gemessen an der Bevölkerungszahl, einen bedeutenden Überfluß an Boden. In der Mongolei, wo das Land so weit und dünnbesiedelt ist, wäre nach Achesons Logik eine Revolution unvorstellbar; sie hat jedoch schon längst stattgefunden 2

Nach Acheson gibt es für China überhaupt keinen Ausweg. Eine Bevölkerung von 475 Millionen bedeute einen "unerträglichen Druck", und, ob Revolution oder nicht, der Fall sei hoffnungslos. Acheson erhofft sich davon sehr viel, und obwohl er diese Hoffnung nicht offen ausgesprochen hat, ließen sie eine große Anzahl amerikanischer Journalisten öfters durchsickern - die Hoffnung, daß die Kommunistische Partei Chinas die wirtschaftlichen Probleme nicht werde lösen können, daß in China ewiges Chaos herrschen würde und ein Ausweg erst gegeben wäre, wenn es sich vom USA-Mehl abhängig gemacht, d. h. sich in eine amerikanische Kolonie verwandelt hätte.

Warum war die Revolution von 1911 nicht erfolgreich, und warum hat sie das Ernährungsproblem nicht gelöst? Weil sie nur die Tjing-Dynastie gestürzt, nicht aber die imperialistische und feudale Unterdrückung und Ausbeutung beseitigt hat.

Warum war der Nordfeldzug nicht erfolgreich, und wieso ist es damals nicht gelungen, das Ernährungsproblem zu lösen? Weil Tschiang Kai-schek die Revolution verriet, sich dem Imperialismus unterwarf und zum konterrevolutionären Häuptling wurde, der die Chinesen unterdrückte und ausbeutete.

Stimmt es, daß "bis jetzt dabei noch keine Regierung Erfolg hatte"? Besteht in den alten befreiten Gebieten im Nordwesten, Norden, Nordosten und Osten Chinas, wo das Bodenproblem bereits gelöst wurde, dieses "Ernährungsproblem", wie Acheson es nennt, noch immer? Die USA haben nicht wenige Spione oder sogenannte Beobachter in China. Warum haben sie nicht einmal dies herausspionieren können? In Orten wie Schanghai war das Problem der Arbeitslosigkeit, also das Ernährungsproblem, nur durch die grausame und herzlose Unterdrückung und Ausbeutung durch Imperialismus, Feudalismus, bürokratischen Kapitalismus und die reaktionäre Kuomintang-Regierung entstanden. Unter der Volksregierung wird es nur einige wenige Jahre dauern, bis das Problem der Arbeitslosigkeit, d. h. das Ernährungsproblem, genauso vollkommen gelöst ist wie im Norden, Nordosten und in den anderen Teilen des Landes.

Es ist eine ausgezeichnete Sache, daß China eine große Bevölkerung hat. Sogar wenn sich die Bevölkerung Chinas auf ein Vielfaches erhöht, wird es trotzdem durchaus möglich sein, eine Lösung zu finden: die Lösung ist die Produktion. Die absurden Argumente westlicher bürgerlicher Ökonomen, wie zum Beispiel eines Malthus3, daß die Zunahme der Nahrungsmittel mit dem Bevölkerungszuwachs nicht Schritt halten könne, wurden nicht nur schon lange von Marxisten theoretisch restlos widerlegt, sondern auch durch die Wirklichkeit in der Sowjetunion nach der Revolution und in China in den befreiten Gebieten völlig entkräftet. Gestützt auf die Wahrheit, daß Revolution plus Produktion die Ernährungsprobleme lösen können, hat das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas den Parteiorganisationen und Einheiten der Volksbefreiungsarmee in allen Teilen des Landes den Befehl erteilt, früheren Mitarbeitern in den Institutionen der Kuomintang-Regierung nicht zu kündigen, sondern sie, sofern sie auf irgendeinem Arbeitsfeld nützlich sein können und nicht überführte Reaktionäre oder berüchtigte Übeltäter sind, weiterzubeschäftigen. Wo die Lage sehr schwierig ist, wird man Lebensmittel und Unterkunft miteinander teilen. Diejenigen, die entlassen wurden und sich den Lebensunterhalt nicht verdienen können, wird man wieder einstellen und ihnen eine Existenz geben. Nach demselben Prinzip werden wir alle Überläufer oder Gefangenen der Kuomintang-Truppen aufnehmen. Außer den Hauptschuldigen sollte auch allen Reaktionären Gelegenheit geboten werden, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, vorausgesetzt, daß sie Reue zeigen.

Unter allen Dingen in der Welt sind die Menschen das Wertvollste. Unter der Führung der Kommunistischen Partei kann - solange es Menschen gibt - jedes Wunder auf Erden vollbracht werden. Wir sind erklärte Gegner der konterrevolutionären Theorie Achesons. Wir glauben daran, daß die Revolution alles verändern kann und daß es nicht lange dauern wird, bis ein neues China ersteht mit einer großen Bevölkerung und großem Reichtum an Produkten, wo man im Überfluß leben und wo die Kultur erblühen wird. Alle pessimistischen Klagen entbehren jeder Grundlage.

"Der Einfluß des Westens" wird von Acheson als zweiter Grund dafür angegeben, warum es zur chinesischen Revolution kam. Acheson sagt:

Im Laufe von mehr als dreitausend Jahren hat China seine eigene hohe Kultur und Zivilisation entwickelt, die fast unberührt von äußeren Einflüssen war. Sogar nach militärischen Niederlagen gelang es den Chinesen letzten Endes immer, die Eindringlinge zu bezwingen und zu absorbieren. Es ist daher selbstverständlich, daß sie sich selbst für den Mittelpunkt der Welt und den höchsten Ausdruck der zivilisierten Menschheit hielten. Dann wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts die bisher undurchdringliche Mauer der chinesischen Isolierung vom Westen durchbrochen. Diese Fremden brachten mit sich Angriffslust, die beispiellose Entwicklung westlicher Technik und eine hohe Kultur, wie sie frühere ausländische Eindringlinge nie nach China eingeführt hatten. Teils wegen dieser Eigenschaften, teils wegen des Verfalls der Mandschu-Herrschaft wurden die Abendländer von den Chinesen nicht absorbiert; sie führten neue Ideen ein, die eine wichtige Rolle spielten, indem sie Gärung und Unruhe erregten.

Den Chinesen, die nicht klar sehen, erscheint das von Acheson Gesagte glaubwürdig - das Einströmen neuer Ideen aus dem Westen in China habe die Revolution verursacht.

Gegen wen hat sich die Revolution gerichtet? Wegen des "Verfalls der Mandschu-Herrschaft" und da immer die schwächsten Punkte angegriffen werden, scheint es so, als habe sich die Revolution gegen die Tjing-Dynastie gerichtet. Was Acheson hier sagt, ist aber nicht ganz richtig. Die Revolution von 1911 war gegen den Imperialismus gerichtet. Die Chinesen revoltierten gegen die Tjing-Dynastie, weil sie Lakai des Imperialismus war. Der Krieg gegen die britische Opium-Aggression, der Krieg gegen die Aggression der vereinten Truppen Englands und Frankreichs, der Taiping-Tiänguo-Krieg gegen die Tjing-Dynastie, den Lakaien des Imperialismus, der Krieg gegen die französische Aggression, der Krieg gegen die japanische Aggression und der Krieg gegen die Aggression der verbündeten Streitkräfte der acht Mächte endeten alle mit Niederlagen; deshalb flammte die Revolution von 1911 auf, die gegen den Lakaien des Imperialismus, die Tjing-Dynastie, gerichtet war. Das ist die jüngste Geschichte Chinas bis zum Jahr 1911. Was ist der "Einfluß des Westens", von dem Acheson spricht? Es ist das der Versuch der westlichen Bourgeoisie, wie Marx und Engels bereits im Manifest der Kommunistischen Partei von 1848 festgestellt haben, die Welt mit Terrormitteln nach ihrem eigenen Bilde zu verändern 4. Im Prozeß dieser Einflußnahme oder dieser Umwandlung mußte die westliche Bourgeoisie, die Kompradoren und mit westlichen Sitten wohlvertraute Kriecherseelen brauchte, Ländern wie China erlauben, Schulen zu eröffnen und Studenten ins Ausland zu entsenden, und so kam es, daß nach China "neue Ideen eingeführt wurden". Gleichzeitig entstanden in Ländern wie China eine nationale Bourgeoisie und ein Proletariat. zu gleicher zeit wurde die Bauernschaft ruiniert, wodurch ein riesiges Halbproletariat entstand. So hatte die westliche Bourgeoisie zwei Kategorien von Menschen im Osten geschaffen: eine kleine Minderheit, die Kriecherseelen des Imperialismus, und eine Mehrheit, die den Imperialismus bekämpfte und sich aus der Arbeiterklasse, der Bauernschaft, dem städtischen Kleinbürgertum, der nationalen Bourgeoisie und den aus diesen Klassen stammenden Intellektuellen zusammensetzte. Alle Angehörigen dieser Mehrheit sind die Totengräber des Imperialismus, die dieser selbst geschaffen hat, und die Revolution geht von ihnen aus. Es war nicht so, daß das sogenannte Einströmen westlicher Ideen "Gärung und Unruhe" erregte, sondern die imperialistische Aggression forderte zum Widerstand heraus.

Während dieser Widerstandsbewegung hatte das chinesische Volk lange Zeit, d. h. in den mehr als 70 Jahren vom Opiumkrieg 1840 bis zum Vorabend der Bewegung des 4. Mai 1919, dem Imperialismus keine ideologische Waffe entgegenzusetzen. Die ideologischen Waffen des erstarrten alten Feudalismus waren zerschlagen, konnten nicht standhalten und mußten den Bankrott erklären. So blieb den Chinesen nichts anderes übrig, als sich gezwungenermaßen solche ideologischen Waffen und politischen Rezepte anzueignen wie die Evolutionstheorie, die Theorie des Naturrechts und die bürgerliche Republik, die alle dem Arsenal der Periode der bürgerlichen Revolutionen des Westens, der Heimat des Imperialismus, entlehnt sind. Die Chinesen organisierten politische Parteien und führten Revolutionen durch in dem Glauben, daß sie so nach außen hin sich gegen die ausländischen Mächte verteidigen und im Inland eine Republik errichten könnten. Alle diese ideologischen Waffen erwiesen sich jedoch, genauso wie die des Feudalismus, als sehr schwach, konnten nicht standhalten, mußten zurückgezogen und für bankrott erklärt werden.

Die russische Revolution von 1917 erweckte die Chinesen, und sie lernten etwas Neues kennen, den Marxismus-Leninismus. Die Entstehung der Kommunistischen Partei in China war ein epochemachendes Ereignis. Auch Sun Yat-sen trat dafür ein, daß man "von Rußland lernt", ein "Bündnis mit Rußland" und ein "Bündnis mit der Kommunistischen Partei" schließt. Mit einem Wort, von dieser zeit an änderte China seine Richtung.

Als Sprecher einer imperialistischen Regierung wollte Acheson natürlich den Imperialismus nicht mit einem einzigen Wort erwähnen. Die imperialistische Aggression beschreibt er folgendermaßen: "Diese Fremden brachten mit sich Angriffslust . . ." "Angriffslust" - welch schöner Ausdruck! Nachdem die Chinesen diese "Angriffslust" kennengelernt hatten, griffen sie nicht etwa Großbritannien oder die USA an, sondern verursachten nur innerhalb Chinas "Gärung und Unruhe", das heißt, sie erhoben sich zu Revolutionen gegen den Imperialismus und seine Lakaien. Doch leider waren sie nicht ein einziges Mal erfolgreich; jedesmal wurden sie von den Imperialisten, den Erfindern der "Angriffslust", geschlagen. Daher wandten sich die Chinesen einem anderen Studium zu, und dieses erwies sich. - eigentümlich genug - sogleich als wirksam.

"Die Kommunistische Partei Chinas wurde zu Beginn der zwanziger Jahre unter dem ideologischen Anstoß der russischen Revolution organisiert." Das hat Acheson richtig gesagt. Diese Ideologie war nichts anderes als der Marxismus-Leninismus. Sie überragt um ein Vielfaches die "hohe Kultur, wie sie frühere ausländische Eindringlinge nie nach China eingeführt hatten", und die Acheson der westlichen Bourgeoisie zuschreibt. Der überzeugende Beweis für die Wirksamkeit dieser Ideologie ist die sofortige Niederlage der westlichen bürgerlichen Kultur - die Achesons bezeichnen sie im Vergleich zur alten chinesischen feudalen Kultur Überheblicherweise als die "hohe Kultur" - bei dem Zusammentreffen mit der neuen marxistischleninistischen Kultur, nämlich der wissenschaftlichen Weltanschauung und der Theorie von der sozialen Revolution, die das chinesische Volk sich angeeignet hatte. In ihrer ersten Schlacht besiegte diese wissenschaftliche und revolutionäre neue Kultur, welche das chinesische Volk sich zu eigen gemacht hatte, die Militärmachthaber des Nordens, Lakaien des Imperialismus; in der zweiten Schlacht zerschlug sie auf dem Langen Marsch von 25000 Li die Hindernisse, die ein anderer Lakai des Imperialismus, Tschiang Kai-schek, der chinesischen Roten Armee aufgerichtet hatte; in der dritten Schlacht besiegte sie den japanischen Imperialismus und seinen Lakaien Wang Djing-we; und in der vierten Schlacht machte sie schließlich der Herrschaft der USA und aller anderen imperialistischen Mächte in China sowie der Herrschaft ihrer Lakaien - Tschiang Kai-schek und alle anderen Reaktionäre - ein Ende.

Der Marxismus-Leninismus hat seit seiner Einführung in China eine so große Rolle gespielt, weil Chinas gesellschaftliche Bedingungen danach verlangten, weil er mit der Praxis der Volksrevolution Chinas verbunden wurde und weil das chinesische Volk sich ihn zu eigen gemacht hat. Jede Ideologie - selbst die beste, sogar der Marxismus-Leninismus - ist wirkungslos, wenn sie nicht mit der objektiven Wirklichkeit verbunden ist, nicht den objektiv vorhandenen Erfordernissen entspricht und von den Volksmassen nicht angeeignet wird. Wir sind historische Materialisten, die gegen den historischen Idealismus auftreten.

Es ist eigentümlich genug, daß "sowjetische Lehren und die sowjetische Praxis eine merkliche Einwirkung auf das Denken und die Prinzipien Dr. Sun Yat-sens hatten, besonders auf den Gebieten der Wirtschaft und der Parteiorganisation". Was für eine Einwirkung hatte die "hohe Kultur" des Westens, auf die Acheson und seinesgleichen so stolz sind, auf Dr. Sun? Acheson sagt nichts darüber. War es ein Zufall, daß Dr. Sun, der den größten Teil seines Lebens damit verbrachte, in der westlichen bürgerlichen Kultur die Wahrheit zu suchen, die die Nation retten könnte, schließlich enttäuscht wurde und sich, um "von Rußland zu lernen", dorthin wandte? Offensichtlich nicht. Natürlich war es kein Zufall, daß Dr. Sun und das leidende chinesische Volk, das er vertrat, über den "Einfluß des Westens" erzürnt waren und sich entschlossen, ein "Bündnis mit Rußland" und ein "Bündnis mit der Kommunistischen Partei" einzugehen und einen Kampf auf Leben und Tod gegen den Imperialismus und seine Lakaien zu führen. Acheson wagt hier nicht zu behaupten, daß die Sowjetmenschen imperialistische Aggressoren seien und Sun Yat-sen von Aggressoren gelernt habe. Nun gut, wenn Sun Yat-sen von den Sowjetmenschen lernen konnte und die Sowjetmenschen keine imperialistischen Aggressoren sind, warum können dann seine Nachfolger, die Chinesen, die nach seinem Tode leben, nicht von den Sowjetmenschen lernen? Warum werden die Chinesen, mit Ausnahme Sun Yat-sens, als "von der Sowjetunion beherrscht" bezeichnet, als "Fünfte Kolonne der Komintern", als "Lakaien des roten Imperialismus", nur weil sie vom Marxismus-Leninismus die wissenschaftliche Weltanschauung und die Theorie von der sozialen Revolution gelernt haben, diese mit Chinas Besonderheiten verbanden, den Volksbefreiungskrieg und die große Volksrevolution Chinas entfalteten und eine Republik der demokratischen Diktatur des Volkes gründeten? Kann es noch sonst irgendwo auf der Welt eine so überlegene Logik geben?

Seitdem die Chinesen den Marxismus-Leninismus beherrschen, haben sie aufgehört, geistig passiv zu sein, und haben die Initiative ergriffen. Von diesem Augenblick an muß die Periode der jüngsten Weltgeschichte, in der man auf die Chinesen und auf die chinesische Kultur herabgeblickt hat, abgeschlossen sein. Der siegreiche große Volksbefreiungskrieg und die große Volksrevolution Chinas haben die große Kultur des chinesischen Volkes wiederbelebt und tun das weiter.

Ihrem geistigen Gehalt nach steht die Kultur des chinesischen Volkes auf einer höheren Stufe als irgendeine der kapitalistischen Welt. Nehmen wir zum Beispiel den amerikanischen Außenminister Acheson und seinesgleichen. Das Niveau ihres Verständnisses für das moderne China und die moderne Welt ist niedriger als das eines einfachen Kämpfers der Chinesischen Volksbefreiungsarmee.

Bis zu diesem Punkt hat Acheson - mit der Geste eines bürgerlichen Professors, der einen langweiligen Text vorliest - so getan, als suche er nach Ursachen und Auswirkungen der Geschehnisse in China. Die Revolution sei in China erstens wegen der Übervölkerung und zweitens wegen der Anregung durch westliche Ideen ausgebrochen. Seht, er scheint ein Anhänger der Kausalitätstheorie zu sein. Doch im Folgenden verschwindet sogar dieses bißchen langweiliger und gefälschter Kausalitätstheorie, und man findet nur eine Masse unerklärlicher Ereignisse. Ganz grundlos kämpften die Chinesen gegeneinander um Macht und Vorteile, verdächtigten und haßten einander. Eine unerklärliche Veränderung ergab sich im Verhältnis der moralischen Stärke der miteinander kämpfenden Kuomintang und Kommunistischen Partei; die Moral der einen fiel jäh unter Null, während die der anderen bis zur Weißglut stieg. Was war der Grund? Niemand kennt ihn. Das ist die Logik, die der "hohen Kultur" der USA, vertreten durch Acheson, innewohnt.

ANMERKUNGEN

1. Die bürgerliche Revolution von 1775-1783, bekannt als der Unabhängigkeitskrieg, in dem sich das Volk Nordamerikas der britischen Kolonialherrschaft widersetzte.

2. Gemeint ist der Befreiungskampf des mongolischen Volkes in den Jahren 1921-1923. In diesem Kampf verjagte das mongolische Volk unter Führung der Mongolischen Revolutionären Volkspartei die Banden der russischen Weißgardisten und die Truppen der chinesischen Militärmachthaber des Nordens, die beide vom japanischen Imperialismus unterstützt wurden, stürzte die mongolische Feudalherrschaft und gründete die Mongolische Volksrepublik.

3. Th. R. Malthus (Ende des 18. Anfang des 19. Jahrhunderts), anglikanischer Geistlicher und reaktionärer Ökonom. Er schrieb in seiner Abhandlung Über die Bevölkerung, die im Jahre 1798 zum ersten Mal veröffentlicht wurde: " . . unkontrollierter Bevölkerungszuwachs . . . wächst in geometrischer Progression . . . (während) die Mittel des Unterhalts . . . unmöglich rascher vermehrt werden können als in arithmetischer Progression." Gestützt auf diese willkürliche Annahme kam er zu dem Schluß, daß die Armut und alle Übel in der menschlichen Gesellschaft ewigwährende Naturerscheinungen seien. Seiner Ansicht nach wäre die einzige Möglichkeit, die Armut der Werktätigen zu beseitigen, die Kürzung ihrer Lebensdauer, Verminderung der Bevölkerung oder Einschränkung ihrer Vermehrung. Er betrachtete Hungersnöte, Seuchen und Kriege als Mittel zur Verringerung der Bevölkerungszahl.

4. Siehe Manifest der Kommunistischen Partei, Kapitel 1, "Bourgeois und Proletarier". Die Bourgeoisie "zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen; sie zwingt sie, die sogenannte Zivilisation bei sich selbst einzuführen, d.h. Bourgeois zu werden. Mit einem Wort, sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde".

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