Mao AW Band IV

Mao Werke


Mao Tse-tung: 

ÜBER DIE VERSCHIEDENEN ANTWORTEN DER KUOMINTANG AUF DIE FRAGE NACH DER VERANTWORTUNG FÜR DEN KRIEG

(18. Februar 1946)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band IV, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 373-382


Nach Beendigung des Widerstandskriegs war die Regierung bestrebt, indem sie dem Kurs auf friedlichen Aufbau des Landes folgte, das Problem der Kommunistischen Partei Chinas auf friedliche Weise zu lösen. Da aber die Kommunistische Partei Chinas anderthalb Jahre hindurch jede Vereinbarung gebrochen hat, sollte sie die Verantwortung für den Friedensbruch übernehmen. Statt dessen hat sie heute eine Liste von sogenannten Kriegsverbrechern aufgestellt, die alle verantwortlichen Persönlichkeiten der Regierung einschließt, und versteigt sich sogar zu der Forderung, daß die Regierung diese zuerst verhafte; das zeigt deutlich, wie arrogant und skrupellos die Kommunistische Partei Chinas ist. Wenn sie ihr Verhalten nicht ändert, wird es gewiß schwer sein, einen Weg zu Friedensverhandlungen zu finden.

Das ist die ganze Argumentation, mit der die Propagandaabteilung des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang in ihrer "Sonderdirektive für Propaganda" vom 13. Februar 1949 zur Frage der Verantwortung für den Krieg aufwarten kann.

Das ist die Argumentation von niemand anderem als dem Kriegsverbrecher Nr. 1, Tschiang Kai-schek. In seiner Erklärung vom Neujahrstag sagte er:

Als ergebener Anhänger der Drei Volksprinzipien und Befolger der Lehren des Vaters unserer Republik widerstrebte es mir, auf den Krieg gegen Japan militärische Operationen zur Ausrottung der Banditen folgen zu lassen und auf diese Weise die Leiden des Volkes zu vergrößern. Darum verkündete unsere Regierung, sobald der Widerstandskrieg zu Ende war, ihren Kurs auf friedlichen Aufbau des Landes, und ferner suchte sie das Problem der Kommunistischen Partei mittels politischer Konsultation und militärischer Vermittlung zu lösen. Aber gegen unsere Erwartungen hintertrieb die Kommunistische Partei anderthalb Jahre lang eigensinnig alle Abmachungen und Projekte, so daß diese nicht gemäß den vorgesehenen Maßnahmen verwirklicht werden konnten. Schließlich entfesselte sie sogar einen umfassenden bewaffneten Aufruhr, der die Existenz unseres Staates gefährdete. Daher sah sich die Regierung in die schmerzliche Zwangslage versetzt, daß sie die Mobilmachung anordnen mußte, um die Rebellion niederzuwerfen.

Am 21. Dezember 1948, sieben Tage bevor Tschiang Kai-schek diese Erklärung abgegeben hatte, legte eine autorisierte Persönlichkeit der Kommunistischen Partei Chinas eine Liste von 43 Kriegsverbrechern vor, und der Name, der an der Spitze dieser Liste prangte, war kein anderer als der desselben Tschiang Kai-schek. Die Kriegsverbrecher, die um Frieden betteln und sich gleichzeitig davor drücken, ihre Verantwortung zu übernehmen, haben keine andere Möglichkeit, als die Schuld auf die Kommunistische Partei abzuschieben. Aber das eine ist mit dem anderen unvereinbar. Denn wenn die Kommunistische Partei die Verantwortung für die Entfesselung des Krieges tragen sollte, dann müßte die Kommunistische Partei bestraft werden. Wären die Kommunisten "Banditen", dann müßten die "Banditen ausgerottet" werden. Wenn sie "einen umfassenden bewaffneten Aufruhr entfesselt" hätten, so müßte man die "Rebellion niederwerfen". "Banditenausrottung" und "Niederwerfung der Rebellion" wären also hundertprozentig richtig. Warum sollte man sie nun aufgeben? Warum wird der Ausdruck "kommunistische Banditen" seit dem 1. Januar 1949 in allen öffentlichen Dokumenten der Kuomintang durch den Ausdruck "Kommunistische Partei" ersetzt?

Sun Fo, der fühlte, daß da etwas nicht in Ordnung war, führte am Abend desselben Tages, an dem Tschiang Kai-schek seine Neujahrserklärung abgegeben hatte, in einer Radiorede ein anderes Argument hinsichtlich der Verantwortung für den Krieg ins Treffen. Er sagte:

Wir erinnern uns, wie wir vor drei Jahren, also in der ersten Zeit nach dem Sieg im Widerstandskrieg, Vertreter aller Seiten und bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu einer politischen Konsultativkonferenz zusammenriefen, weil sich das Volk von den Kriegsleiden erholen wollte und das Land einen tatkräftigen Wiederaufbau benötigte, wozu noch kommt, daß die Erkenntnis dieser Bedürfnisse allen politischen Parteien und Gruppen gemein war. Nach dreiwöchigen Anstrengungen und vor allem dank der gütigen Vermittlung des Sonderbotschafters des Präsidenten Truman, Herrn Marshalls, kamen wir über ein Programm für friedlichen Aufbau des Landes und über konkrete Maßnahmen für die Lösung verschiedener Streitfragen überein. Hätten wir diese Maßnahmen rechtzeitig durchgeführt- dann stelle man sich nur vor, welche Blüte China heute erleben würde, wie glücklich das chinesische Volk wäre! Leider konnte damals keine der verschiedenen beteiligten Seiten völlig auf ihre Eigeninteressen verzichten, auch das ganze Volk hatte nicht alle seine Kräfte angespannt, um den Erfolg dieser Friedensbewegung zu fördern, und so suchte uns wieder das Unheil des Krieges heim, das das Volk in Not und Elend stürzte.

Sun Fo ist ein bißchen "gerechter" als Tschiang Kai-schek. Denn seht! Anders als Tschiang Kai-schek schiebt er die Verantwortung für den Krieg nicht in Bausch und Bogen auf die Kommunistische Partei ab, sondern er verteilt die Schuld gleichmäßig auf "die verschiedenen beteiligten Seiten" nach der Methode des "Ausgleichs der Bodenrechte". Zu jenen, die dazu gehören, zählen die Kuomintang, die Kommunistische Partei, die Demokratische Liga und auch die bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Das ist noch nicht alles: Die Schuld trifft "das ganze Volk", und kein einziger von unseren 475 Millionen Landsleuten kann sich der Verantwortung entziehen. Während Tschiang Kai-schek die Kommunistische Partei allein prügelte, prügelt Sun Fo alle politischen Parteien und Gruppen, alle Parteilosen, alle seine Landsleute; dabei wird sogar Tschiang Kai-schek und vielleicht auch Sun Fo selbst eine Tracht Prügel kriegen. Seht! Hier geben zwei Kuomintang-Leute, Sun Fo und Tschiang Kai-schek, einander Ohrfeigen.

Ein dritter Kuomintang-Mann ist auf der Bildfläche erschienen, der da sagt: Nein, meiner Meinung nach sollte die Verantwortung ganz allein die Kuomintang tragen. Sein Name ist Li Dsung-jen. Am 22. Januar 1949 gab Li Dsung-jen in seiner Eigenschaft als "amtierender Präsident" eine Erklärung ab. Hinsichtlich der Verantwortung für den Krieg sagte er:

Die drei Jahre des Bürgerkriegs, die den acht Jahren des Widerstandskriegs folgten, haben nicht nur die letzte Hoffnung des Landes für seine Wiederherstellung nach dem Sieg im Widerstandskrieg zunichte gemacht, sondern das Unheil des Krieges über alle Gebiete nördlich und südlich des Gelben Flusses gebracht, unzählige Felder wurden verwüstet, unzählige Häuser zerstört, Tausende und aber Tausende unschuldiger Menschen wurden getötet oder verwundet, unzählige Familien zerrissen, und überall klagen hungernde und frierende Menschen. Eine solche welterschütternde Katastrophe gab es noch nie in der Geschichte der Bürgerkriege unseres Landes.

Li Dsung-jen hat hier eine Erklärung ohne Namensnennung abgegeben ; er sagt darin nicht, daß die Kuomintang dafür verantwortlich zu machen sei, er sagt auch nicht, die Kommunistische Partei der andere Seiten trügen dafür die Verantwortung; aber er hat doch die Tatsache angeführt, daß eine solche "welterschütternde Katastrophe" wie in den "Gebieten nördlich und südlich des Gelben Flusses" nirgendwo sonst zu finden ist. Nun, laßt uns untersuchen, wer diese "welterschütternde Katastrophe" in dem Gebiet südlich des Gelben Flusses bis zum Yangtse und nördlich bis zum Sunghua-Fluß verursacht hat. Könnte diese "Katastrophe" etwa vom Volk und seiner Armee selbst, die sich in diesem Gebiet untereinander bekämpft hätten, verursacht worden sein? Da Li Dsung-jen einmal Chef des Hauptquartiers des Generalissimus der Kuomintang in Peiping war und die Truppen seiner Kuangsi-Clique zusammen mit denen der Tschiangkaischek-Clique einmal bis ins Gebiet des Yi-Meng-Gebirges1 in der Provinz Schantung eingedrungen waren, besitzt er zuverlässige Informationen über das Wo und das Wie dieser "Katastrophe". Wenn wir Li Dsung-jen auch sonst nichts Gutes nachweisen können, so ist es wenigstens doch gut, daß er in diesem einzigen Punkt die Wahrheit gesagt hat. Mehr noch, statt daß er diesen Krieg als "Niederwerfung der Rebellion" oder "Banditenausrottung" ausgibt, nennt er ihn einen "Bürgerkrieg", und dies kann für die Kuomintang als etwas ganz Ungewöhnliches anerkannt werden.

Seiner eigenen Logik folgend, sagte Li Dsung-jen in derselben Erklärung: "Die Regierung ist gewillt, sofort mit Verhandlungen auf der Grundlage der acht Bedingungen, die von der Kommunistischen Partei Chinas vorgeschlagen wurden, anzufangen." Li Dsung-jen weiß, daß die erste der acht Bedingungen die Bestrafung der Kriegsverbrecher ist und daß auch sein eigener werter Name sich unter diesen befindet. Daß die Kriegsverbrecher bestraft werden sollen, ist eine logische Folge der "Katastrophe". Aus diesem Grund murren bis jetzt noch die Ultrareaktionäre der Kuomintang und beklagen sich über Li Dsung-jen: Sie sagen, "die acht Bedingungen, die Mao Tse-tung in seiner Erklärung vom 14. Januar gestellt hat, würden die Nation zugrunde richten, und die Regierung hätte sie nicht annehmen sollen".

Es gibt Gründe dafür, warum diese Ultrareaktionäre ihre Beschwerden nur murrend vorbringen können und nicht wagen, damit offen herauszurücken. Vor Tschiang Kai-scheks "Rücktritt in den Ruhestand" wollten diese Elemente die acht Bedingungen widerlegen und rundweg ablehnen, dann besann sich aber Tschiang Kai-schek eines besseren und entschloß sich, dieses Vorhaben fallen zu lassen, wahrscheinlich weil er dachte, daß ihm, wenn er die Bedingungen rundweg ablehnte, kein Weg mehr offen stünde; dies war der Sachverhalt am 19. Januar. An jenem Morgen erklärte Dschang Djün-mai in Schanghai nach seiner Rückkehr von Nanking, daß "die Regierung vielleicht bald eine andere Erklärung abgeben wird als Antwort auf die von der Kommunistischen Partei Chinas gestellten acht Bedingungen", worauf die Zentrale Nachrichtenagentur noch am selben Abend eine interne Mitteilung herausgab, die lautete:

Bitte, fügt der Schanghaier Meldung betreffs Dschang Djün-mais Erklärung, die soeben durchgegeben wurde, folgende Anmerkung hinzu: Bezüglich Dschangs Feststellung, daß die Regierung bald eine andere Erklärung abgeben werde, hat ein Korrespondent der Zentralen Nachrichtenagentur soeben von den betreffenden Stellen erfahren, daß die Regierung nicht beabsichtigt, eine andere Erklärung abzugeben.

In der Erklärung vom 21 Januar über seinen "Rücktritt in den Ruhestand" äußerte Tschiang Kai-schek kein einziges kritisches Wort über die acht Bedingungen, er nahm sogar seine eigenen fünf Bedingungen zurück, indem er sie so abänderte: "den Frieden herbeiführen, gestützt auf den Grundsatz, daß die territoriale Integrität und die Souveränität gewahrt bleiben, daß die historische Kultur und die öffentliche Ordnung nicht vernichtet werden und daß der Lebensunterhalt des Volkes und seine Freiheitsrechte gesichert werden". Hier getraute er sich nicht mehr, Dinge wie die Verfassung, die Rechtsordnung oder die Armee zu erwähnen. Darum wagte Li Dsung-jen am 22. Januar die acht Bedingungen der Kommunistischen Partei Chinas als Verhandlungsgrundlage anzunehmen, und ebenfalls darum wagten die Ultrareaktionäre der Kuomintang nicht offen gegen sie aufzutreten, sondern konnten nur ein zaghaftes Murren von sich geben, daß "die Regierung sie nicht hätte annehmen sollen".

Hat Sun Fo die Politik des "Ausgleichs der Bodenrechte" konsequent verfolgt? Nein! Nachdem er am 5. Februar 1949 "die Verlegung der Regierung nach Kanton" vollbracht hatte, hielt er am 7. Februar eine Rede, in der er über die Frage der Verantwortung für den Krieg folgendes sagte:

In den letzten sechs Monaten hat die Ausdehnung der Kriegsnot ernstliche Veränderungen in der Lage hervorgerufen und dem Volk unsagbare Leiden auferlegt. Das alles hat seinen Ursprung in den Fehlern, Mißerfolgen und Mißständen in der Vergangenheit, und die Folge davon ist die ernste Lage von heute. Wir glauben alle zutiefst, daß China die Drei Volksprinzipien nötig hat. Solange die Drei Volksprinzipien nicht verwirklicht werden, bleiben die Probleme Chinas ungelöst. Wir erinnern uns, wie vor zwanzig Jahren der Präsident unserer Partei persönlich die Drei Volksprinzipien unserer Partei als sein Vermächtnis in der Hoffnung anvertraut hat, daß sie Schritt für Schritt verwirklicht werden könnten. Wären sie in die Tat umgesetzt worden, hätte sich die Situation bestimmt nicht so hoffnungslos verschlimmert, wie das heute der Fall ist.

Man beachte bitte, daß hier der Präsident des Exekutivrats der Kuomintang-Regierung die Verantwortung für den Krieg nicht gleichmäßig auf alle Parteien und Gruppen und alle seine Landsleute verteilt, sondern sie ganz und gar der Kuomintang selbst auferlegt. Es gibt einem ein herrliches Gefühl, wenn man sieht, wie Sun Fo alle seine Stockhiebe auf den Hintern der Kuomintang niedersausen läßt. Und was hält er von der Kommunistischen Partei? Präsident Sun sagt:

Unsereiner möge einsehen, daß die Kommunistische Partei Chinas einzig und allein deshalb das Volk verlocken und verblenden konnte, weil sie die Parole ausgab, den Ausgleich der Bodenrechte zu verwirklichen, d. h. das Prinzip des Volkswohls, eins der Drei Volksprinzipien. Wir sollten uns in Grund und Boden schämen, unsere Wachsamkeit erhöhen und unsere früheren Fehler von neuem überprüfen.

Wir sollten dem liebenswerten Präsidenten danken. Obwohl er die Kommunistische Partei immer noch der "Verlockung und Verblendung des Volkes" beschuldigt, gibt er ihr wenigstens keine Schuld an anderen abscheulichen Verbrechen, und daher entgeht sie dem Prügel und kommt mit heilem Kopf und heilem Hintern davon.

Nicht nur deswegen ist der Herr Präsident Sun liebenswert. In derselben Rede hören wir:

Das Umsichgreifen des kommunistischen Einflusses heutzutage ist darauf zurückzuführen, daß wir die Prinzipien, an die wir glauben, nicht verwirklicht haben. In der Vergangenheit bestand der größte Fehler unserer Partei darin, daß gewisse Parteimitglieder zu sehr die Waffengewalt anbeteten, untereinander um Macht stritten und gegeneinander Intrigen spannen. Auf diese Weise gaben sie dem Feind Gelegenheit, in unseren Reihen Zwietracht zu säen. Die Beendigung des achtjährigen Widerstandskriegs hat die Gelegenheit zur Verwirklichung einer friedlichen Einigung geboten, eine einmalige Gelegenheit in tausend Jahren, und ursprünglich hatte die Regierung auch geplant, die inneren Streitigkeiten mit politischen Mitteln zu lösen, aber leider wurde das nicht durchgeführt. Nach all den Jahren der Kriegswirren hatte das Volk ein dringendes Bedürfnis nach Erholung von den Kriegsleiden. Das erneute Aufflammen des bewaffneten Konflikts machte das Leben des Volkes unerträglich, und dem Volk wurden unermeßliche Leiden zugefügt; das führte auch dazu, daß die Moral der Truppen sank, so daß wir immer wieder militärische Mißerfolge hatten. Präsident Tschiang folgte wohlwollend den Gefühlen des Volkes und verkündete, eingedenk des Versagens der militärischen Mittel bei der Lösung der Probleme, seine Neujahrsbotschaft mit dem Aufruf zum Frieden.

Vortrefflich! Hier hat der Kriegsverbrecher Sun Fo freiwillig eine Beichte abgelegt, und dazu noch eine wahrheitsgetreue, obwohl er weder verhaftet noch geprügelt wurde. Wer war es, der die Waffengewalt anbetete, einen Krieg entfesselte und erst dann um Frieden nachsuchte, als militärische Mittel zur Lösung der Probleme versagt hatten? Niemand anders als die Kuomintang, kein anderer als Tschiang Kai-schek selbst. Präsident Sun ist auch sehr präzis in der Wahl seiner Worte, wenn er sagt, daß "gewisse Mitglieder" seiner Partei allzusehr die Waffengewalt anbeten. Das stimmt mit der Forderung der Kommunistischen Partei Chinas überein, daß nur gewisse Kuomintang-Mitglieder bestraft und als Kriegsverbrecher gebrandmarkt werden, keine größere Anzahl und schon gar nicht die ganze Mitgliederschaft der Kuomintang.

Über diese Frage der Zahl gibt es keinen Streit zwischen uns und Sun Fo. Die Schlußfolgerung, die gezogen wird, ist aber verschieden. Wir sind der Meinung, daß "gewisse Mitglieder" der Kuomintang, die "die Waffengewalt anbeteten" und an dem "erneuten Aufflammen des bewaffneten Konflikts" schuldig sind, der "das Leben des Volkes unerträglich machte", als Kriegsverbrecher bestraft werden müssen. Aber Sun Fo ist nicht unserer Meinung. Er sagt:

Die Kommunistische Partei hat, indem sie die Ernennung ihrer Delegierten verzögert und die Sache immer noch verschleppt, auch ihrerseits gezeigt, daß sie heute ebenfalls die Waffengewalt anbetet und sich einbildet, flügge geworden zu sein und das ganze Land mit ihrer Waffengewalt erobern zu können; darum lehnte sie die Einstellung der Feindseligkeiten als ersten Schritt ab. Ihr Motiv ist ganz offenkundig. Hiermit erkläre ich feierlich, daß die beiden Parteien, um einen dauernden Frieden zu erlangen, die Verhandlungen auf gleicher Basis führen müssen und die Bedingungen gerecht, vernünftig und für das ganze Volk annehmbar sein sollen.,

Daraus ist zu ersehen, daß Präsident Sun nun doch nicht ganz so liebenswert ist. Er denkt anscheinend, daß die Bestrafung der Kriegsverbrecher nicht als eine gerechte und vernünftige Bedingung zu betrachten sei. Was die Kriegsverbrecher betrifft, zeigen seine Worte die gleiche Einstellung, wie sie in der von der Propagandaabteilung der Kuomintang am 13. Februar ausgegebenen "Sonderdirektive für Propaganda" zu finden ist, denn auch er murrt nur und wagt keinen offenen Einwand. Er unterscheidet sich stark von Li Dsung-jen, der die Bestrafung der Kriegsverbrecher als eine der grundlegenden Verhandlungsbedingungen anzunehmen wagt.

Aber Präsident Sun hat immer noch etwas Liebenswertes an sich; denn er sagt, die Kommunistische Partei zeige zwar in zwei Punkten "Verzögerung der Ernennung ihrer Delegierten" und "Ablehnung der Einstellung der Feindseligkeiten als ersten Schritt" -, daß sie "heute ebenfalls die Waffengewalt anbetet" ; dennoch gleicht sie aber nicht der Kuomintang, die schon im Jahre 1946 die Waffengewalt angebetet und einen Krieg entfesselt hat, der wegen seiner Grausamkeit die ganze Welt erschütterte. Gut, die Kommunistische Partei "verzögert die Ernennung ihrer Delegierten", was aber nur deshalb geschieht, weil die Aufstellung einer Liste von Kriegsverbrechern eine wichtige Sache ist und diese Liste "für das ganze Volk annehmbar" sein muß; eine Liste, die zu lang oder zu kurz ist, wäre nicht realistisch und nicht "für das ganze Volk" (die Kriegsverbrecher und ihre Helfershelfer werden hierbei ausgenommen) annehmbar. Das erfordert eine Beratung mit den demokratischen Parteien und Gruppen sowie Massenorganisationen; darum wird die Sache eine Zeitlang "verschleppt" und sind wir nicht in der Lage, schnell unsere Delegation zu ernennen, wodurch wir uns den Unwillen von Sun Fo und Konsorten zugezogen haben. Aber auch daraus kann man nicht ohne weiteres den Schluß ziehen, daß die Kommunistische Partei "heute ebenfalls die Waffengewalt anbetet". Vielleicht wird es nicht mehr lange dauern, und man wird die Kriegsverbrecherliste veröffentlichen, unsere Delegierten ernennen und die Verhandlungen einleiten können; dann wird der Herr Präsident Sun nicht mehr sagen können, daß wir "die Waffengewalt anbeten". Was die "Ablehnung der Einstellung der Feindseligkeiten als ersten Schritt" betrifft, ist das die richtige Haltung, die in Befolgung der Neujahrsbotschaft des Präsidenten Tschiang eingenommen wurde. In jener Botschaft verkündete Präsident Tschiang:

Sobald nur die Kommunistische Partei den aufrichtigen Wunsch nach Frieden hegt und diesen Wunsch deutlich zeigt, wird ihr die Regierung gewiß in aller Aufrichtigkeit entgegenkommen und gewillt sein, mit ihr über konkrete Maßnahmen zur Einstellung der Feindseligkeiten und Wiederherstellung des Friedens zu diskutieren.

Am 19. Januar faßte Sun Fos Exekutivrat einen der besagten Botschaft Tschiang Kai-scheks widersprechenden Beschluß, in dem solche albernen Phrasen vorkommen wie "vorerst eine sofortige und bedingungslose Einstellung der Feindseligkeiten herbeiführen, worauf dann beiderseits Delegierte zu nominieren sind, die Friedensverhandlungen aufnehmen sollen". Am 21. Januar kritisierte ein Sprecher der Kommunistischen Partei Chinas mit aller Schärfe diesen widersinnigen Beschluß 2 Wider Erwarten stellte sich der Präsident des Exekutivrats taub und wiederholte am 7. Februar stur sein Gefasel, die "Ablehnung der Einstellung der Feindseligkeiten als ersten Schritt" durch die Kommunistische Partei Chinas beweise, daß diese "heute ebenfalls die Waffengewalt anbetet". Sogar ein Kriegsverbrecher wie Tschiang Kai-schek weiß, daß es ohne Verhandlungen unmöglich ist, die Feindseligkeiten einzustellen und den Frieden wiederherzustellen; in diesem Punkt bleibt Sun Fo weit hinter Tschiang Kai-schek zurück.

Wie allgemein bekannt, steht Sun Fo auf der Liste der Kriegsverbrecher, weil er immer dafür war, daß Tschiang Kai-schek den Krieg entfesseln sollte, und stets auf der Fortsetzung des Krieges beharrt hat. Noch am 22. Juni 1947 sagte er, daß "es schließlich zu einer Lösung kommen wird, wenn wir militärisch bis zum Ende kämpfen", und daß "gegenwärtig keine Friedensverhandlungen in Frage kommen können und die Regierung die Kommunistische Partei zerschlagen muß oder sonst die Nationalregierung selbst von den Kommunisten gestürzt wird" 3. Sun Fo ist selbst einer von jenen "gewissen Mitgliedern" der Kuomintang, die die Waffengewalt anbeten. Aber jetzt tritt er zur Seite und nörgelt herum, als ob er selbst nie die Waffengewalt angebetet hätte und auch nicht mitverantwortlich dafür wäre, daß die Drei Volksprinzipien nicht verwirklicht wurden. Das ist unehrlich. Ob laut Staatsgesetz oder gemäß der Parteidisziplin der Kuomintang, Sun Fo kann dem Prügel nicht entgehen.

 

ANMERKUNGEN

1. Das bezieht sich auf das Bergland um die Bergmassive Yi und Meng in der Provinz Schantung. Es war das 46. Korps der Kuangsi-Clique, das gemeinsam mit Tschiang Kai-scheks Truppen dieses Gebiet angegriffen hatte. Dieses Korps wurde von der Insel Hainan auf dem Seeweg befördert und landete im Oktober 1946 in Tsingtao. Im Februar 1947 wurde es im Gebiet von Laiwu in der Provinz Schantung vollständig vernichtet.

2. Siehe "Kommentar des Sprechers der Kommunistischen Partei Chinas zum Beschluß des Nankinger Exekutivrats", vorliegender Band, S. 341 ff.

3. Diese Worte sind einem Interview entnommen, das Sun Fo, damals Vizepräsident der Kuomintang-Regierung, am 22. Juni 1947 in Nanking Berichterstattern der AP, des Nankinger Kuomintangorgans Dschungyang Jibao und der Hsinmin Bao gegeben hat.

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