Mao AW Band IV

Mao Werke


Mao Tse-tung: 

ZWEI DOKUMENTE DES ZENTRALKOMITEES DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI CHINAS ÜBER DIE VORÜBERGEHENDE AUFGABE VON YENAN UND DIE VERTEIDIGUNG DES GRENZGEBIETS SCHENSI-KANSU-NINGSIA*

(November 1946 und April 1947)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band IV, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 131-134


1. DIREKTIVE VOM 18. NOVEMBER 1946

Tschiang Kai-schek befindet sich in einer ausweglosen Lage. Er versucht mit zwei Mitteln, unserer Partei Schläge zu versetzen und sich selbst zu stärken, nämlich die "Nationalversammlung" einberufen und Yenan angreifen. In Wirklichkeit wird er gerade das Gegenteil erreichen. Das chinesische Volk ist entschieden gegen eine von Tschiang Kai-schek inszenierte und auf Spaltung abgestellte "Nationalversammlung". Der Eröffnungstag dieser Versammlung ist der Anfang der Selbstvernichtung der Tschiangkaischek-Clique. In einer Zeit, da wir 35 Brigaden1 der Truppen Tschiang Kai-scheks vernichtet haben und deren Angriffskraft beinahe erschöpft ist, würde es nicht den siegreichen Ausgang des Volksbefreiungskriegs beeinträchtigen, noch Tschiang Kai-schek vor dem ihn erwartenden Untergang retten können, selbst wenn seine Truppen durch einen Überraschungsangriff Yenan besetzen sollten. Kurzum, Tschiang Kai-schek hat selbst den Weg ins Verderben gewählt; sobald er diese zwei Schritte - die Einberufung der "Nationalversammlung" und den Angriff auf Yenan - macht, werden alle seine Betrügereien entlarvt; das wird dazu beitragen, den Volksbefreiungskrieg vorwärtszubringen. In jedem Gebiet sollten wir allen Menschen innerhalb und außerhalb der Partei diese zwei Aktionen Tschiang Kai-scheks, die Einberufung der "Nationalversammlung" und den Angriff auf Yenan, genau erklären und die ganze Partei, die ganze Armee und das ganze Volk zum Kampf für die Zerschlagung der Offensive Tschiang Kai-scheks und für die Schaffung eines demokratischen China zusammenschließen.

2. RUNDSCHREIBEN VOM 9. APRIL 1947

Um ihr im Sterben liegendes Regime zu retten, hat die Kuomintang außer solchen Schritten, wie es die Einberufung der Pseudo-Nationalversammlung, die Aufoktroyierung einer Pseudoverfassung, die Ausweisung der Vertretungen unserer Partei aus Nanking, Schanghai und Tschungking und die Proklamation des Bruches zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei2 sind, einen weiteren Schritt unternommen, nämlich einen Angriff auf den Sitz des Zentralkomitees unserer Partei und des Oberkommandos der Volksbefreiungsarmee, Yenan, und auf das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia.

Die Tatsache, daß die Kuomintang diese Schritte unternommen hat, beweist nicht im geringsten, daß ihr Regime stark ist, sondern beweist, daß sich die Krise des Kuomintang-Regimes aufs äußerste zugespitzt hat. Der Angriff auf Yenan und das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia ist obendrein ein vergeblicher Versuch, die Frage des Nordwestens zuerst zu lösen, den rechten Arm unserer Partei abzuschneiden, das Zentralkomitee unserer Partei und das Oberkommando der Volksbefreiungsarmee aus dem Nordwesten zu vertreiben, dann die Kuomintang-Truppen vorrücken zu lassen, um Nordchina anzugreifen und so zu erreichen, daß unsere Streitkräfte einzeln zerschlagen werden.

Unter diesen Umständen hat das Zentralkomitee beschlossen:

1. Wir müssen, von festem Kampfgeist getragen, das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia und die befreiten Gebiete im Nordwesten verteidigen und erweitern; es ist durchaus möglich, dieses Ziel zu erreichen.

2. Das Zentralkomitee unserer Partei und das Oberkommando der Volksbefreiungsarmee müssen im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia bleiben. Das ist ein Gebiet, wo wir ein schwer zugängliches Gelände, eine gute Massenbasis, genügend Raum zum Manövrieren und eine volle Sicherheitsgarantie haben.

3. Um unsere Arbeit zu erleichtern, haben wir gleichzeitig einen Arbeitsausschuß des Zentralkomitees gebildet, der sich nach Nordwestschansi oder einem anderen geeigneten Ort begeben soll, um die ihm vom Zentralkomitee anvertrauten Aufgaben auszuführen.

Diese drei Beschlüsse wurden letzten Monat gefaßt und sind schon in die Tat umgesetzt worden. Euch sei das hiermit bekanntgegeben.

ANMERKUNGEN

 

* Das erste dieser beiden Dokumente wurde von Genossen Mao Tse-tung in Yenan im Winter 1946 abgefaßt, als sich die Kuomintang-Truppen zum Angriff auf Yenan rüsteten, das zweite in Tjingyangtscha, Kreis Hengschan, Nordschensi, 20 Tage nachdem die Kuomintang-Truppen Yenan am 19. März 1947 besetzt hatten. Nachdem Tschiang Kai-scheks Plan für eine allgemeine Offensive gegen die befreiten Gebiete vereitelt wurde, ergriff er verzweifelte Maßnahmen, um sein dem Tode geweihtes Regime zu retten, indem er eine Pseudo-Nationalversammlung einberief, die Vertreter der Kommunistischen Partei Chinas aus den Kuomintang-Gebieten wies und Yenan, den Sitz des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, angriff und ähnliches tat. Wie in diesen Dokumenten gezeigt wird, war die Folge der Maßnahmen Tschiang Kai-scheks in politischer Hinsicht nichts anderes als Selbstvernichtung. In militärischer Hinsicht versuchte er durch Zusammenziehung seiner Truppen an der östlichen und der westlichen Flanke der befreiten Gebiete, d. h. gegen das befreite Gebiet Schantung und das befreite Gebiet Schensi-Kansu-Ningsia, "Angriffe in Schwerpunktrichtungen" durchzuführen; und wieder war das Ergebnis eine vollständige Niederlage. Mehr als 230000 Mann der Kuomintang-Truppen griffen das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia an, während die Volksbefreiungsarmee des Nordwestens dort nur etwas mehr als 20000 Mann stehen hatte. Darum konnten die feindlichen Truppen Yenan und alle Kreisstädte im Grenzgebiet besetzen, die wir aus eigener Initiative aufgaben. Dem Feind aber gelang es nicht, sein Ziel zu erreichen, das darin bestand, das Hauptquartier des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und die Volksbefreiungsarmee des Nordwestens zu vernichten oder sie auf das Ostufer des Gelben Flusses zu treiben. Hingegen erlitt er mehrmals schwere Schläge von unserer Armee, verlor ungefähr 100000 Mann und mußte schließlich in großer Panik aus unserem Grenzgebiet flüchten, während unsere Armee triumphierend zur Offensive überging, um den Großen Nordwesten zu befreien. Ferner band und vernichtete unsere Armee auf dem nordwestlichen Kriegsschauplatz mit einer geringen Streitmacht eine große Anzahl der feindlichen Hauptkräfte, und auf diese Weise unterstützte sie wirksam die Operationen unserer Truppen auf anderen Kriegsschauplätzen, vor allem auf dem Kriegsschauplatz des befreiten Gebiets Schansi-Hopeh-Schantung-Honan, und half ihnen, schneller zur Offensive überzugehen. Genosse Mao Tse-tung, das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas und das Oberkommando der Volksbefreiungsarmee blieben die ganze Zeit über im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia - vom März 1947, als unsere Armee sich von Yenan zurückzog, bis zu dem Augenblick, als sie ein Jahr später zur Offensive auf dem nordwestlichen Kriegsschauplatz überging. Diese Tatsache war von großer politischer Bedeutung. Sie inspirierte und stärkte außerordentlich den Kampfwillen und die Siegeszuversicht der Armee und des Volkes im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia und in den anderen befreiten Gebieten des Landes. Während Genosse Mao Tse-tung im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia blieb, leitete er nicht nur nach wie vor den Volksbefreiungskrieg an allen Fronten des Landes, sondern er befehligte auch persönlich den Volksbefreiungskrieg auf dem nordwestlichen Kriegsschauplatz; und das in diesem Dokument angeführte Ziel wurde erfolgreich erreicht: "von festem Kampfgeist getragen, das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia und die befreiten Gebiete im Nordwesten zu verteidigen und zu erweitern". Über die Operationen auf dem nordwestlichen Kriegsschauplatz siehe die Arbeit "Über den Kurs für Operationen auf dem nordwestlichen Kriegsschauplatz" sowie die Arbeit "Über den großen Sieg im Nordwesten und die Konsolidierungsbewegung von neuem Typus in der Befreiungsarmee", vorliegender Band, S. 135 f. bzw. S. 223 ff.

1. Diese Angaben beziehen sich auf die Zeit von Anfang Juli bis 13. November 1946.

2. Am z7. und z8. Februar r947 wurden die Vertreter der Kommunistischen Partei Chinas, die in Nanking, Schanghai und Tschungking zur Durchführung von Verhandlungen und zur Aufrechterhaltung der Verbindung stationiert waren, und ihre Mitarbeiter von der Kuomintang-Regierung gezwungen, innerhalb einer bestimmten Frist diese Städte zu verlassen. Am r5. März i947 hielt das Zentralexekutivkomitee der Kuomintang seine 3. Plenartagung ab, auf welcher Tschiang Kai-schek den Bruch der Kuomintang mit der Kommunistischen Partei und seinen Entschluß verkündete, den Bürgerkrieg bis zum Ende auszukämpfen.

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