Mao AW Band IV

Mao Werke


Mao Tse-tung:

DIE LAGE NACH DEM SIEG IM WIDERSTANDSKRIEG GEGEN DIE JAPANISCHE AGGRESSION UND UNSER KURS*

 (23. August 1945)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band IV, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1969, S. 7-23


In den letzten Tagen gehen im Fernen Osten gewaltige Veränderungen vor sich. Die Kapitulation des japanischen Imperialismus ist bereits eine feststehende Tatsache. Der ausschlaggebende Faktor für die Kapitulation Japans war der Eintritt der Sowjetunion in den Krieg. Die eine Million Mann zählenden Truppen der Roten Armee, die in Nordostchina einmarschierten, sind eine Kraft, der niemand widerstehen kann. Der japanische Imperialismus ist bereits außerstande, die Kampfhandlungen fortzusetzen.l Das chinesische Volk hat in seinem schweren Widerstandskrieg den Sieg errungen. Als historische Periode gehört der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression nunmehr der Vergangenheit an.

Wie sehen unter diesen Umständen die Beziehungen zwischen den Klassen in China, die Beziehungen zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei aus und wie werden sie sich in Zukunft gestalten? Was ist der Kurs unserer Partei? Das sind Fragen, die das Volk des ganzen Landes, alle Genossen unserer Partei zutiefst bewegen.

Wie verhält sich die Kuomintang? Aus ihrer Vergangenheit kann man ihre Gegenwart verstehen; aus ihrer Vergangenheit und Gegenwart kann man auch ihre Zukunft erkennen. Diese Partei führte in der Vergangenheit volle zehn Jahre lang einen konterrevolutionären Bürgerkrieg. Mitten im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression, in den Jahren 1940, 1941 und 1943, entfesselte sie drei großangelegte antikommunistische Kampagnen2, wobei sie jedesmal versuchte, diese zu einem Bürgerkrieg im Landesmaßstab auszuweiten; daß ihr dies nicht gelang, ist einzig und allein der richtigen Politik unserer Partei und dem Widerstand des ganzen Volkes zu danken. Wie jedermann weiß, ist Tschiang Kai-schek, der politische Vertreter der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie Chinas, ein äußerst grausamer und hinterlistiger Kerl. Seine Politik bestand darin, mit verschränkten Armen zuzuschauen, auf den Sieg zu warten, seine Kräfte zu bewahren und den Bürgerkrieg vorzubereiten. Der Sieg, auf den er gewartet hatte, ist nun in der Tat eingetroffen, und dieser "Generalissimus" will jetzt "vom Berg herabsteigen"3. In den letzten acht Jahren haben wir mit Tschiang Kai-schek die Plätze vertauscht: Früher befanden wir uns in den Bergen, während er an den Ufern saß;4 im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression operierten wir hinter den feindlichen Linien, während er auf die Berge stieg.

Jetzt will er vom Berg herunterkommen, um dann mit Gewalt die Früchte des im Widerstandskrieg erfochtenen Sieges an sich zu reißen.

Das Volk und die Armee unserer befreiten Gebiete haben in diesen acht Jahren ohne jede Hilfe von außen, ausschließlich auf die eigenen Anstrengungen gestützt, weite Teile des Landes befreit; sie leisteten dem Großteil der in China eingefallenen japanischen Truppen und fast allen Marionettentruppen Widerstand. Nur unserem entschlossenen Widerstand und heldenhaften Kampf ist es zu verdanken, daß die 200 Millionen Menschen im Großen Hinterland5 vor dem Wüten der japanischen Aggressoren verschont wurden, daß das von diesen 200 Millionen Menschen bewohnte Gebiet von den japanischen Aggressoren nicht besetzt wurde. Tschiang Kai-schek hielt sich auf dem Ome-Berg hinter dem Schutzwall versteckt - der Schutzwall waren die befreiten Gebiete, deren Volk und Armee. Wir haben die 200 Millionen Bewohner des Großen Hinterlands und gleichzeitig damit auch diesen "Generalissimus" beschützt, wir gaben ihm Zeit und Raum, damit er mit verschränkten Armen zuschauen und auf den Sieg warten könne. Die Zeit - acht Jahre und ein Monat; der Raum - ein Gebiet mit 200 Millionen Bewohnern. Diese Bedingungen haben wir für ihn geschaffen. Ohne uns hätte er nicht tatenlos zuschauen können. Ist uns nun der "Generalissimus" dankbar? Ganz und gar nicht! Dieser Mensch wußte nie, was Dankbarkeit ist. Wie kam Tschiang Kai-schek ans Ruder? Durch den Nordfeldzug, durch die erstmalige Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, durch die Tatsache, daß ihn das Volk zu jener Zeit noch nicht durchschaut hatte und ihn noch unterstützte. An die Macht gelangt, versagte er nicht nur dem Volk seinen Dank, sondern schlug es mit wuchtigem Faustschlag nieder und stürzte es in das Blutbad eines zehnjährigen Bürgerkriegs. Dieser Geschichtsabschnitt ist den Genossen wohlbekannt. In diesem Widerstandskrieg gegen Japan hat das chinesische Volk ihn wiederum beschützt. Nun, da der Sieg errungen und Japan am Kapitulieren ist, dankt er keineswegs dem Volk, sondern schlägt im Gegenteil in den Archiven von 1927 nach, will auf die gleiche Weise wie damals verfahren. Tschiang Kai-schek behauptet, es hätte in China nie einen "Bürgerkrieg", sondern nur "Ausrottung von Banditen" gegeben; doch wie er auch immer das zu nennen beliebt, trachtet er jedenfalls danach, einen Bürgerkrieg gegen das Volk zu entfachen, das Volk zu massakrieren.

In einer Zeit, da ein das ganze Land erfassender Bürgerkrieg noch nicht ausgebrochen ist, gibt es im Volk und bei vielen Genossen in unserer Partei noch Unklarheiten in dieser Frage. Weil noch kein großangelegter Bürgerkrieg hereingebrochen ist, weil der Bürgerkrieg noch nicht allgemein, nicht offen und nicht massiv geführt wird, sind viele Menschen der Ansicht: "Es muß ja nicht unbedingt dazu kommen!" Viele andere fürchten einen Bürgerkrieg. Diese Furcht ist begründet, denn zehn Jahre hatte man sich geschlagen, weitere acht Jahre dauerte der Widerstandskrieg, wenn man so weiterkämpft, wohin wird das nur alles führen? Es ist ganz natürlich, daß da Angstgefühle aufkommen.. Was die hinterlistigen Pläne Tschiang Kai-scheks zur Entfesselung eines Bürgerkriegs betrifft, ist der Kurs unserer Partei klar und konsequent, nämlich: Wir widersetzen uns entschieden dem Bürgerkrieg, wir sind mit dem Bürgerkrieg nicht einverstanden, wir wollen den Bürgerkrieg verhindern. Auch weiterhin werden wir uns aufs äußerste bemühen und größte Geduld üben, das Volk beim Kampf zur Verhinderung eines Bürgerkriegs zu führen. Wir müssen aber nüchtern der überaus ernsten Gefahr eines Bürgerkriegs ins Auge sehen, denn Tschiang Kai-scheks Kurs steht bereits fest. Tschiang Kai-schek hat auf den Bürgerkrieg Kurs genommen. Unser Kurs, der Kurs des Volkes, ist gegen den Bürgerkrieg gerichtet. Gegner eines Bürgerkriegs sind nur die Kommunistische Partei Chinas und das chinesische Volk, leider gehören zu ihnen nicht Tschiang Kai-schek und die Kuomintang. Die eine Seite will den Krieg nicht, die andere will ihn. Wenn beide Seiten den Kampf ablehnten, dann würde es nicht dazu kommen. Gegenwärtig ist nur die eine Seite dagegen, und diese ist noch nicht stark genug, um die andere Seite in Schach zu halten; darum ist die Gefahr eines Bürgerkriegs äußerst ernst.

Tschiang Kai-schek hält an seiner reaktionären Politik der Diktatur und des Bürgerkriegs fest; unsere Partei hat beizeiten darauf hingewiesen. Vor unserem VII. Parteitag, während seines Verlaufs und nachher haben wir genügend Arbeit geleistet, um das Volk auf die Gefahr eines Bürgerkriegs aufmerksam zu machen, damit sich das ganze Volk, die Mitglieder unserer Partei und unsere Armee im voraus geistig darauf vorbereiten könnten. Das ist sehr wichtig, und es ist ein großer Unterschied, ob man geistig vorbereitet ist oder nicht. Im Jahre 1927 steckte unsere Partei noch in den Kinderschuhen, sie war auf den plötzlichen konterrevolutionären Überfall Tschiang Kai-scheks geistig nicht im geringsten vorbereitet; daher gingen in der Folge die Früchte des Sieges, die das Volk errungen hatte, wieder verloren, das Volk mußte eine lange Leidenszeit erdulden, ein lichterfülltes China versank in Finsternis. Diesmal ist es anders, unsere Partei besitzt die reichen Erfahrungen aus drei Revolutionen, sie hat einen viel höheren politischen Reifegrad erlangt. Das Zentralkomitee der Partei hat immer wieder die Gefahr eines Bürgerkriegs dargelegt, so daß sich das ganze Volk, alle Genossen unserer Partei und alle unter Führung der Partei stehenden Truppen in einem Zustand der Bereitschaft befinden.

Tschiang Kai-schek versucht stets, dem Volk jedes Quentchen Macht, jedes Quentchen Vorteil zu entreißen. Und wir? Unser Kurs lautet: jeden Schlag mit einem entsprechenden Gegenschlag beantworten, um jeden Zollbreit Boden kämpfen. Wir handeln nach der Methode Tschiang Kai-scheks. Tschiang Kai-schek versucht stets, dem Volk den Krieg aufzuzwingen. In der Linken hält er ein Schwert, und in der Rechten hat er ebenfalls ein Schwert. Wir machen es ebenso, wir nehmen ebenfalls die Schwerter in die Hände. Diese Methode haben wir erst nach Untersuchungen und Forschungen herausgefunden. Diese Untersuchungen und Forschungen sind sehr wichtig. Wenn wir sehen, daß jemand etwas in der Hand hält, müssen wir der Sache nachgehen. Was hält er in der Hand? Ein Schwert. Wozu dient ein Schwert? Man kann damit Menschen umbringen. Wen will er mit dem Schwert umbringen? Das Volk. Nachdem wir das alles festgestellt haben, fahren wir mit der Untersuchung fort: Auch das chinesische Volk hat Hände, es kann ebenfalls zum Schwert greifen, und wenn es kein Schwert hat, kann es sich eins schmieden. Das chinesische Volk hat durch lange Untersuchungen und Forschungen diese Wahrheit entdeckt, Die Militärmachthaber, die Grundherren und die Tuhao und Liäschen sowie die Imperialisten - sie alle haben Schwerter in den Händen, wollen töten. Das Volk begriff das und handelt nun auf die gleiche Weise. Manche unter uns schenken solchen Untersuchungen und Forschungen oft keine Aufmerksamkeit. So wußte z. B. Tschen Du-hsiu nicht, daß mit einem Schwert in der Hand Menschen umgebracht werden können. Manche fragen, wie es denn möglich sei, daß ein führender Funktionär der Kommunistischen Partei diese allbekannte, alltägliche Wahrheit nicht weiß. Nun, so unmöglich ist das doch nicht. Da Tschen Du-hsiu die Dinge nicht untersucht und erforscht hatte, verstand er sie nicht, und wir nannten ihn daher einen Opportunisten. Wer keine Untersuchungen und Forschungen angestellt hat, hat kein Recht mitzureden; wir entzogen ihm also dieses Mitspracherecht. Wir wenden andere Methoden an als Tschen Du-hsiu, nämlich solche, die es dem unterdrückten, Massakern ausgesetzten Volk ermöglichen, nach dem Schwert zu greifen; sollte uns wieder jemand totschlagen wollen, werden wir ihm mit gleicher Münze heimzahlen. Als vor kurzem die Kuomintang sechs Divisionen zum Angriff auf unseren Bezirk Guandschung entsandt hatte, gelang es drei Divisionen des Feindes, dort einzudringen und einen Gebietsstreifen von 200 zu 20 Li zu besetzen. Wir handelten nach ihrem Verfahren und vernichteten die in diesem Gebietsstreifen von 100 zu 20 Li befindlichen Kuomintang-Truppen völlig, gründlich und restlos.6 Wir beantworten jeden Schlag des Feindes mit einem entsprechenden Gegenschlag, kämpfen um jeden Zollbreit Boden, lassen die Kuomintang auf keinen Fall so leicht unser Gebiet besetzen und unsere Menschen morden. Natürlich, um jeden Zollbreit Boden kämpfen bedeutet nicht, wie es früher bei der "Links"abweichlerischen Linie der Fall war, "keinen einzigen Zollbreit Boden in den Stützpunktgebieten preiszugeben". Dieses Mal hatten wir einen Gebietsstreifen von 200 zu 20 Li aufgegeben. Ende Juli gaben wir ihn auf, Anfang August nahmen wir ihn wieder zurück. Nach den Ereignissen von Südanhui fragte einmal der Verbindungs-Stabsoffizier der Kuomintang, was wir für Absichten hätten. Ich entgegnete ihm: Sie sind doch ständig in Yenan und sind sich noch immer nicht darüber klar? "Wenn Ho uns angreift, schlagen wir zurück; wenn Ho aufhört, hören auch wir auf." Damals wurde Tschiang Kai-scheks Name noch nicht erwähnt, sondern nur der Ho Ying-tjins. Jetzt aber sagen wir: "Wenn Tschiao ; uns angreift, schlagen wir zurück; wenn Tschiang aufhört, hören auch wir auf." Wir handeln nach seiner Manier. Da nun Tschiang Kai-schek bereits seine Schwerter wetzt, müssen auch wir unsere Schwerter wetzen.

Man darf keinesfalls zulassen, daß die Rechte, die das Volk erlangt hat, so leicht verlorengehen, man muß sie durch Kampf verteidigen. Wir wollen keinen Bürgerkrieg. Wenn Tschiang Kai-schek dem chinesischen Voll: unbedingt einen Bürgerkrieg aufzwingen will, wird uns nichts anderes übrigbleiben, als zur Selbstverteidigung, zum Schutz des Lebens, des Eigentums, der Rechte und des Wohlergehens des Volkes der befreiten Gebiete zu den Waffen zu greifen und den Kampf gegen ihn aufzunehmen. Das wird ein uns von ihm aufgezwungener Bürgerkrieg sein. Wenn wir ihn nicht gewinnen, werden wir es weder himmlischen noch irdischen Mächten, sondern nur uns selbst zuzuschreiben haben. Aber wenn jemand die vom Volk errungenen Rechte einfach entreißen oder ablisten will, wird er damit keinen Erfolg haben. Im vorigen Jahr fragte mich ein amerikanischer Korrespondent: "Wer hat euch zu euren Handlungen bevollmächtigt?" Ich antwortete ihm: "Das Volk." Wenn nicht das Volk, wer denn sonst? Die herrschende Kuomintang war es nicht. Die Kuomintang erkennt uns nicht an. Im Politischen Nationalrat sind wir nach dessen Statut als "kulturelle Organisation" vertreten.8 Wir sagen aber, daß wir keine "kulturelle Organisation" sind; wir besitzen eine Armee, wir sind eine "bewaffnete Organisation". Am 1. März dieses Jahres erklärte Tschiang Kai-schek, erst wenn die Kommunistische Partei ihre Armee übergibt, werde sie einen Legalen Status haben. Diese Erklärung Tschiang Kai-scheks wird noch immer aufrechterhalten. Wir haben unsere Armee nicht übergeben, haben also keinen legalen Status, wir "trotzen menschlichen und göttlichen Gesetzen". Es ist unsere Pflicht, dem Volk gegenüber verantwortlich zu sein. Jedes Wort, jede Handlung, jede politische Richtlinie muß den Interessen des Volkes entsprechen; wenn Fehler auftreten, müssen sie korrigiert werden - das eben heißt dem Volk verantwortlich sein. Genossen! Das Volk wünscht seine Befreiung und gibt daher denjenigen Machtbefugnisse, die es vertreten können, die ehrlich in seinem Sinne handeln können, und das sind wir Kommunisten. Als Vertreter des Volkes müssen wir es gut vertreten, nicht so wie Tschen Du-hsiu. Als die Konterrevolution das Volk angriff, machte es sich Tschen Du-hsiu nicht zur Richtlinie, jeden Schlag mit einem entsprechenden Gegenschlag zu beantworten und um jeden Zollbreit Boden zu kämpfen; infolgedessen gingen im Jahre 1927 binnen weniger Monate die vom Volk bereits errungenen Rechte wieder völlig verloren. Diesmal müssen wir gut aufpassen. Unser Kurs unterscheidet sich völlig von dem Tschen Du-hsius ; wir fallen auf keinerlei Betrug herein. Wir müssen einen klaren Kopf und eine richtige Politik haben, dürfen keine Fehler begehen.

Wem sollen die Früchte des Sieges im Widerstandskrieg gehören? Das Liegt klar auf der Hand. Nehmen wir z. B. einen Pfirsichbaum; die Pfirsiche, die er trägt, sind die Früchte des Sieges. Wer darf die Pfirsiche pflücken? Da muß man fragen, wer den Pfirsichbaum gepflanzt, wer Wasser getragen und ihn begossen hat. Tschiang Kai-schek hockte auf dem Berg und hat keine einzige Traglast Wasser geschleppt, dennoch streckt er jetzt seine Hand aus weiter Ferne aus, um die Pfirsiche zu pflücken. Er behauptet: Diese Pfirsiche gehören mir, Tschiang Kai-schek, ich bin der Grundherr, ihr seid meine Leibeigenen, ich erlaube euch nicht, sie zu pflücken. Wir haben ihm in der Presse eine Abfuhr erteilt.9 Wir sagen: Du hast kein Wasser getragen, also hast du auch nicht das Recht, die Pfirsiche zu pflücken. Das Volk unserer befreiten Gebiete hat den Baum jeden Tag begossen, also haben wir das meiste Recht, die Früchte zu pflücken. Genossen! Der Sieg im Widerstandskrieg wurde mit dem Blut und den Opfern des Volkes erkauft, er muß ein Sieg des Volkes sein, seine Früchte müssen dem Volk zufallen. Was Tschiang Kai-schek betrifft, verhielt er sich passiv im Widerstandskrieg, war aber aktiv gegen die Kommunisten. Er war ein Hemmschuh im Widerstandskrieg des Volkes. Dennoch kommt jetzt dieser Hemmschuh daher und will die Früchte des Sieges monopolisieren; er will, daß China nach dem Sieg im Widerstandskrieg wieder zu dem alten Vorkriegszustand zurückkehre, duldet nicht die geringste Veränderung. Infolgedessen ist es zum Kampf gekommen. Genossen!. Das ist ein sehr ernster Kampf.

Daß die Früchte des Sieges im Widerstandskrieg dem Volk gehören sollen, ist eine Sache; aber in wessen Hände die Früchte des Sieges schließlich fallen werden, ob sie dem Volk zufallen werden, das ist eine andere Sache. Man darf nicht annehmen, daß alle Früchte des Sieges mit Bestimmtheit in die Hände des Volkes fallen werden. Eine Anzahl großer Pfirsiche, wie z. B. Schanghai, Nanking, Hangdschou und andere Großstädte, werden von Tschiang Kai-schek geraubt werden. Tschiang Kai-schek hat sich mit dem USA-Imperialismus verschworen, und sie sind in diesen Städten in der Übermacht, während das revolutionäre Volk vorerst im wesentlichen nur die ländlichen Gebiete besetzen kann. Um eine weitere Anzahl von Pfirsichen werden beide Seiten miteinander ringen. Die kleinen und mittelgroßen Städte an den Eisenbahnlinien, wie an der Linie Datung-Pudschou nördlich von Taiyüan, am mittleren Teil der Linie Peiping-Suiyüan, an der Linie Peiping Liaoning, der Linie Peiping-Hankou nördlich von Dschengdschou, der Linie Dschengding-Taiyüan, den Linien Baigui-Djintschenglo, Dödschou-Schidjiadschuang, Tientsin-Pukou, Tsingtao-Tsinan, der Lunghai-Linie östlich von Dschengdschou - sie alle werden unbedingt Gegenstand des Kampfes sein, sie alle sind die kleinen und mittelgroßen Früchte jener Pfirsichbäume, die mit dem Blut und Schweiß des Volkes der befreiten Gebiete begossen wurden. Ob diese Orte letzten Endes in die Hände des Volkes fallen werden, läßt sich jetzt noch nicht sagen. Jetzt kann man nur zwei Worte dazu sagen: hart kämpfen. Gibt es auch Früchte, die bestimmt in die Hände des Volkes fallen werden? Ja, die gibt es, und zwar die großen ländlichen Gebiete und die vielen Städte in den Provinzen Hopeh, Tschahar und Jehol,11 im größten Teil von Schansi, in Schantung und im nördlichen Teil von Kiangsu, wo sich ein Dorf mit dem anderen zusammengeschlossen hat und etwa hundert Städte, 70-80 Städte oder 40-50 Städte ein Gebiet bilden - also insgesamt Drei, vier, fünf oder sechs solche Gebiete von größerem oder kleinerem Ausmaß. Was für Städte sind das? Mittelgroße und kleine Städte. Wir sind ihrer gewiß, wir haben die Kraft, diese Früchte des Sieges zu ernten. Es wird das erste Mal in der Geschichte der chinesischen Revolution sein, daß wir einen solchen Haufen von Früchten erhalten. Im Laufe der Geschichte geschah es nur in der zweiten Hälfte des Jahres 1931, daß wir, nachdem der dritte "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Feindes zerschlagen worden war, im Zentralen Gebiet in der Provinz Kiangsi 21 Kreisstädte12 zusammenfaßten; darunter waren aber noch keine Städte mittlerer Größe. Diese 21 Kleinstädte hatten zusammengenommen eine Einwohnerzahl von maximal 2,5 Millionen. Auf dieser Grundlage konnte das chinesische Volk eine so lange Zeit kämpfen, so große Siege erringen und so großangelegte "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" zerschlagen. Daß wir nachher eine Niederlage erlitten, können wir nicht Tschiang Kai-schek zuschreiben, das müssen wir uns selbst zuschreiben, weil wir uns nicht gut genug geschlagen haben. Wenn es diesmal drei, vier, fünf oder sechs Gebiete gibt, in denen sich jeweils einige Dutzend größere und kleinere Städte zusammengeschlossen haben, dann wird das chinesische Volk drei, vier, fünf oder sechs revolutionäre Stützpunktgebiete besitzen, jedes von ihnen größer als das Zentrale Gebiet in der Provinz Kiangsi, und die chinesische Revolution wird sich in einer aussichtsreichen Lage befinden.

Aus der gesamten Situation ist ersichtlich, daß die Periode des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression abgeschlossen ist und daß die neuen Umstände und Aufgaben durch den inneren Kampf gekennzeichnet sind. Wenn Tschiang Kai-schek vom "Aufbau des Landes" redet, geht also von jetzt an der Kampf darum, was für ein Land aufgebaut werden soll. Geht es um den Aufbau eines Neudemokratischen Staates der breiten Volksmassen unter Führung des Proletariats oder eines halbkolonialen, halbfeudalen Staates unter der Diktatur der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie? Das wird ein äußerst komplizierter Kampf sein. Gegenwärtig kommt dieser Kampf darin zum Ausdruck, daß Tschiang Kai-schek die Früchte des Sieges im Widerstandskrieg usurpieren will, während wir diesem Versuch Widerstand entgegensetzen. Wenn es in dieser Periode einen Opportunismus geben wird, dann wird er darin bestehen, daß man, anstatt hart zu kämpfen, die dem Volk zustehenden Siegesfrüchte freiwillig Tschiang Kai-schek ausliefert.

Wird ein offener, umfassender Bürgerkrieg ausbrechen? Das hängt von inneren und internationalen Faktoren ab. Den inneren Faktor bilden hauptsächlich unsere Stärke und der Grad unseres politischen Bewußtseins. Können wir auf Grund der allgemeinen Tendenz in der internationalen und inneren Lage und der Stimmungen im Volk durch unseren Kampf erreichen, daß der Umfang des Bürgerkriegs beschränkt oder der Ausbruch eines umfassenden Bürgerkriegs verzögert wird? Eine solche Möglichkeit besteht.

Wenn Tschiang Kai-schek ohne weiteres einen Bürgerkrieg entfesseln will, wird er auf viele Schwierigkeiten stoßen. Erstens haben die befreiten Gebiete eine Bevölkerung von 100 Millionen, eine Armee von einer Million Mann und über zwei Millionen Angehörige der Volksmiliz. Zweitens sind die politisch bewußten Menschen in den von der Kuomintang beherrschten Gebieten gegen einen Bürgerkrieg, was bedeutet, daß Tschiang Kai-schek einigermaßen im Zaum gehalten wird. Drittens gibt es auch innerhalb der Kuomintang eine Reihe von Leuten, die mit einem Bürgerkrieg nicht einverstanden sind. zwischen der gegenwärtigen Lage und der des Jahres 1927 besteht ein sehr großer Unterschied. Insbesondere sind die Verhältnisse in unserer Partei gegenwärtig ganz anders als im Jahre 1927. Damals steckte die Partei noch in ihren Kinderschuhen, sie hatte noch keinen klaren Kopf, sie besaß keine Erfahrung im bewaffneten Kampf und befolgte nicht die Richtlinie, jeden Schlag mit einem entsprechenden Gegenschlag zu beantworten. Heute ist das Niveau des politischen Bewußtseins unserer Partei weit höher.

Es geht nicht nur um unser eigenes politisches Bewußtsein, um das politische Bewußtsein der Vorhut des Proletariats, sondern auch um das politische Bewußtsein der Volksmassen. Solange das Volk kein politisches Bewußtsein besitzt, ist es durchaus möglich, daß die Früchte der Revolution an andere verschenkt werden. Das ist in der Vergangenheit vorgekommen. Heute ist jedoch das Niveau des politischen Bewußtseins des chinesischen Volkes weit höher. Niemals zuvor war das Ansehen unserer Partei beim Volk so hoch wie heute. Doch gibt es im Volk, hauptsächlich in den japanisch besetzten und in den Kuomintang-Gebieten, noch eine ziemlich große Anzahl von Menschen, die zu Tschiang Kai-schek Vertrauen haben, die sich Illusionen über die Kuomintang und die USA machen, und Tschiang Kai-schek seinerseits bemüht sich auch, solche Illusionen zu verbreiten. Wenn dieser Teil des chinesischen Volkes politisch noch nicht bewußt ist, beweist das, daß unsere Propaganda- und Organisationsarbeit noch sehr ungenügend ist. Das Volk aufzuklären ist nicht leicht; es bedarf sehr vieler gründlicher Arbeit unsererseits, um die Köpfe der Menschen von irrigen Ansichten zu befreien. Das Rückständige im Denken des chinesischen Volkes müssen wir hinwegfegen, so wie man mit einem Besen die Stube sauber kehrt. Ohne Auskehren verflüchtigt sich Staub niemals von selbst. Wir müssen unter den Volksmassen eine umfassende Propaganda- und Erziehungsarbeit leisten, damit sie die wahre Lage und Entwicklungstendenz Chinas erkennen und Vertrauen in ihre eigene Kraft gewinnen.

Wir sind verpflichtet, das Volk zu organisieren. Was die chinesischen Reaktionäre betrifft, so sind wir verpflichtet, das Volk zu organisieren, damit es sie niederschlägt. Für alles Reaktionäre gilt, daß es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt. Es ist die gleiche Regel wie beim Bodenkehren - wo der Besen nicht hinkommt, wird der Staub nicht von selbst verschwinden. Am Südrand des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia gibt es den Djiädsi-Fluß. Südlich von ihm liegt der Kreis Luotschuan, nördlich der Kreis Fuhsiän. Das Südufer und das Nordufer sind zwei verschiedene Welten. Der Süden ist Kuomintang-Gebiet; da wir dort nicht hingekommen sind, ist das Volk nicht organisiert, es gibt dort daher noch eine ganze Menge Schmutz. Manche unserer Genossen glauben nur an den politischen Einfluß; sie bilden sich ein, man könne durch politischen Einfluß alle Probleme lösen. Das ist ein Aberglaube. Im Jahre 1936 hielten wir uns in Baoan auf.13 40 bis 50 Li entfernt lag ein befestigtes Dorf, das sich in der Gewalt eines despotischen Großgrundherrn befand. Da damals das Zentralkomitee der Partei seinen Sitz in Baoan hatte, konnte man den politischen Einfluß als sehr groß bezeichnen, aber die Konterrevolutionäre in diesem Dorf wollten sich um keinen Preis ergeben. Wir fegten im Süden, wir fegten im Norden, es half nichts - erst als wir mit unserem Besen mitten im Dorf ausfegten, rief der Grundherr aus: "O weih Ich geb's auf."14 In der Welt geht es immer so zu. Wenn man die Glocke nicht zieht, läutet sie nicht. Wenn man den Tisch nicht rückt, bewegt er sich nicht. Wäre die Rote Armee der Sowjetunion nicht in Nordostchina eingerückt, hätte Japan nicht kapituliert. Wenn unsere Truppen die Truppen des Feindes und die Marionettentruppen nicht bekämpfen, werden diese ihre Waffen nicht abliefern. Erst wenn der Besen dazwischenfährt, kann der politische Einfluß seine volle Wirkung haben. Unser Besen, das ist die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee. Nimmt man den Besen zur Hand, muß man auskehren lernen; man darf nicht im Bett liegenbleiben und glauben, es würde schon ein Windstoß kommen und allen Staub hinwegblasen. Wir Marxisten sind revolutionäre Realisten, wir geben uns keinerlei Illusionen hin. In China gibt es einen alten Spruch: "Beim Morgengrauen aufstehen und den Hof fegen."15 Das Morgengrauen kündet den Anbruch eines neuen Tages an. Die Vorfahren sagen uns also, man solle schon bei Tagesanbruch aufstehen und mit dem Auskehren beginnen. Damit haben sie uns eine Aufgabe gestellt. Nur wenn wir entsprechend denken und handeln, wird es von Nutzen sein und werden wir wirklich Arbeit zu verrichten haben. China hat ein riesiges Territorium, uns liegt es ob, es Zoll für Zoll reinzufegen.

Worauf soll unsere Politik beruhen? Auf unseren eigenen Kräften, und das heißt, sich aus eigener Kraft emporarbeiten. Wir sind durchaus nicht isoliert; die Länder und die Völker der ganzen Welt, die den Imperialismus bekämpfen, sind unsere Freunde. Trotzdem legen wir Nachdruck auf das Schaffen aus eigener Kraft. Gestützt auf die von uns selbst organisierten Kräfte können wir alle chinesischen und ausländischen Reaktionäre besiegen. Tschiang Kai-schek ist anders als wir, ex verläßt sich völlig auf die Hilfe des USA-Imperialismus, betrachtet diesen als seinen Stützpfeiler. Die Dreieinigkeit von Diktatur, Bürgerkrieg und Landesverrat ist von jeher die Grundlage der Politik Tschiang Kai-scheks. Der USA-Imperialismus will Tschiang Kai-schek helfen, den Bürgerkrieg zu führen, will China zu einem Vasallen der USA machen, und er hat diesen Kurs auch schon längst festgelegt. Der USA-Imperialismus ist aber nur äußerlich stark, innerlich ist er schwach. Wir müssen einen klaren Kopf bewahren, und dazu gehört, daß wir weder den "schönen Worten" des Imperialismus Glauben schenken noch uns durch seine Drohungen einschüchtern lassen. Ein Amerikaner sagte einmal zu mir: "Ihr solltet auf Hurley hören und einige Leute schicken, die in der Kuomintang-Regierung Beamte werden."16 Ich entgegnete: "Mit gebundenen Händen und Füßen kann man nicht gut Regierungsfunktionen ausüben; wir gehen darauf nicht ein. Wenn wir Beamte werden, müssen wir volle Bewegungs- und Handlungsfreiheit haben, das heißt, man muß eine Koalitionsregierung auf demokratischer Grundlage bilden." Er meinte: "Es wird schlecht sein, wenn ihr das nicht tut." Ich fragte: "Warum denn?" Er erwiderte: "Erstens werden die Amerikaner auf euch schimpfen; zweitens werden die Amerikaner Tschiang Kai-schek stützen." Darauf sagte ich ihm: "Wenn ihr Amerikaner, genug Brot gegessen und ausgeschlafen, jemanden beschimpfen und Tschiang Kai-schek stützen wollt, so ist das eure Sache, ich mische mich da nicht ein. Wir haben jetzt Hirse plus Gewehre, während ihr Brot plus Kanonen habt. Wenn es euch Freude macht, Tschiang Kai-schek zu stützen, tut das nur, solange es euch beliebt. Eins aber merkt euch: Wem gehört China? China gehört keineswegs Tschiang Kai-schek, China gehört dem chinesischen Volk. Es wird der Tag kommen, wo ihr ihn nicht mehr halten könnt!" Genossen! Die Worte dieses Amerikaners sollten einschüchtern. Die Imperialisten verstehen sich nur auf dieses Spiel, und in den Kolonien gibt es viele, die sich einschüchtern lassen. Die Imperialisten nehmen an, daß sich in Kolonialländern jedermann einschüchtern läßt; sie wissen jedoch nicht, daß es in China Leute gibt, bei denen dieses Spiel nicht verfängt. Wir haben in der Vergangenheit die Politik der USA, die auf die Unterstützung Tschiang Kai-scheks im Kampf gegen die Kommunistische Partei gerichtet ist, offen kritisiert und entlarvt; das war notwendig, und wir werden sie auch weiterhin entlarven.

Die Sowjetunion hat Truppen geschickt, die Rote Armee hilft dem chinesischen Volk, die Aggressoren zu vertreiben; so etwas ist in der Geschichte Chinas noch nie dagewesen. Die Auswirkung dieses Ereignisses ist nicht abzuschätzen. Die Propagandamaschine der USA und Tschiang Kai-scheks möchte mit zwei Atombomben den politischen Einfluß der Roten Armee hinwegfegen.17 Aber er läßt sich nicht hinwegfegen; das ist nicht so leicht. Kann die Atombombe einen Krieg entscheiden? Sie kann es nicht. Die Atombombe konnte Japan nicht zur Kapitulation bringen. Allein, ohne den Kampf des Volkes, ist die Atombombe nutzlos. Wenn die Atombombe allein imstande wäre, einen Krieg zu entscheiden, warum war es da noch nötig, die Sowjetunion um die Entsendung von Truppen zu bitten? Warum kapitulierte Japan nicht nach dem Abwurf der beiden Atombomben, sondern erst in dem Moment, als die Sowjetunion ihre Truppen einmarschieren ließ? Auch manche unserer Genossen glauben, die Atombombe wäre allmächtig; das ist ein großer Irrtum. Diese Genossen sehen die Dinge sogar weniger klar als ein englischer Aristokrat. In England gibt es einen Lord namens Mountbatten. Der erklärte, es sei der größte Irrtum anzunehmen, daß die Atombombe den Krieg entscheiden könne.18 Diese unsere Genossen sind also noch rückständiger als Mountbatten. Welchen Einflüssen ist es zuzuschreiben, daß sie die Atombombe für eine Wunderwaffe halten? Bürgerlichen Einflüssen. Woher rühren diese Einflüsse? Aus der bürgerlichen Schulbildung, der bürgerlichen Presse, den bürgerlichen Nachrichtenagenturen. Es gibt zwei Arten von Weltanschauung und Methodologie: die Weltanschauung und die Methodologie des Proletariats sowie die Weltanschauung und die Methodologie der Bourgeoisie. Jene Genossen greifen häufig zur Weltanschauung und Methodologie der Bourgeoisie und vergessen die Weltanschauung und Methodologie des Proletariats. Die Theorie von der Allmacht der Waffen, der rein militärische Gesichtspunkt, der Arbeitsstil des Bürokratismus und der Losgelöstheit von den Massen, die individualistischen Ideen usw. - das alles sind bürgerliche Einflüsse in unseren Reihen. Wir müssen dieses bürgerliche Zeug ständig aus unseren Reihen wegfegen, so wie wir Staub wegzufegen pflegen.

Der Eintritt der Sowjetunion in den Krieg war entscheidend für die Kapitulation Japans, und die Entwicklung der Situation in China führt zu einer neuen Periode. Zwischen der Periode des Widerstandskriegs und der neuen Periode liegt eine Übergangsphase. In der Übergangsphase richtet sich unser Kampf dagegen, daß Tschiang Kai-schek die Früchte des im Widerstandskrieg errungenen Sieges usurpiert. Tschiang Kai-schek will einen das ganze Land erfassenden Bürgerkrieg entfesseln, sein Kurs liegt bereits fest, und wir müssen darauf vorbereitet sein. Wann immer auch ein Bürgerkrieg von gesamtstaatlichem Charakter ausbricht, müssen wir darauf vorbereitet sein. Wenn er bald, selbst morgen früh schon ausbrechen sollte, sind wir auch darauf gefaßt. Das ist der erste Punkt. Bei der gegenwärtigen internationalen und inneren Lage ist es möglich, daß der Bürgerkrieg zeitweilig dem Ausmaß nach beschränkt und lokalisiert bleibt. Das ist der zweite Punkt. Auf Punkt eins bereiten wir uns vor, Punkt zwei besteht schon seit langem. Kurz gesagt, wir müssen unsere Vorbereitungen treffen. Sind wir vorbereitet, können wir den verschiedenen komplizierten Situationen auf entsprechende Weise begegnen.

ANMERKUNGEN

1. Am 8. August 1946 erklärte die Sowjetregierung Japan den Krieg. Am 10. August tat die mongolische Regierung das gleiche. Die Rote Armee der Sowjetunion marschierte von zwei Seiten - zu Wasser und zu Lande - in Nordostchina und Korea ein und schlug in kürzester Frist die japanische Guandung-Armee. Die Alliierten Truppen der Sowjetunion und der Mongolei drangen durch die Wüste der Inneren Mongolei in Jehol und Tschahar ein. Am to. August sah sich die japanische Regierung gezwungen, eine Note zum Angebot der Kapitulation zu senden, und erklärte am 14. August offiziell ihre bedingungslose Übergabe. Die Guandung-Armee war die Elite der Hauptkräfte des japanischen Heeres und bildete die strategische Hauptreserve Japans. Der japanische Imperialismus hatte vergebens davon geträumt, gestützt auf diese Armee, mit Hilfe ihrer strategisch günstigen Positionen - Nordostchina und Korea - einen langwierigen Krieg zu führen. Mit dem Eintritt der Sowjetunion in den Krieg wurden diese Pläne restlos zum Scheitern gebracht, die japanische Regierung mußte ihre Niederlage eingestehen und sah sich gezwungen, ihre Kapitulation zu erklären.

2. Über den Verlauf der drei von den Kuomintang-Reaktionären entfesselten antikommunistischen Kampagnen siehe die Arbeit "Über das elfte Plenum des Zentralexekutivkomitee der Kuomintang und die zweite Tagung des Politischen Nationalrats (3. Einberufung)", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III, S. 157 ff.

3. Der "Berg", von dem hier die Rede ist, ist der Ome-Berg, aber im weiteren Sinne sind die Gebirgsgegenden im Südwesten und Nordwesten Chinas gemeint. Nach der Besetzung Wuhans durch die japanischen Truppen im Jahre 1938 verkroch sich Tschiang Kai-schek mit seinen Hauptstreitkräften in diese Gebirgsgegenden und sah untätig zu, wie die Armee und das Volk der befreiten Gebiete hinter den feindlichen Linien erbitterte Kämpfe gegen die japanischen Aggressoren führten.

4. Vor dem Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression befand sich die Mehrzahl der unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas stehenden revolutionären Stützpunktgebiete in den Gebirgsgegenden. Damals war das Zentrum der Herrschaft Tschiang Kai-scheks in den Großstädten an den Strömen und an der Küste. Deshalb spricht Genosse Mao Tse-tung hier davon, daß sich die eine Seite "in den Bergen", die andere "an den Ufern" aufhielt.

5. In der Periode des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression verliefen die Fronten in Nord-, Ost-, Zentral- und Südchina; man bezeichnete gewöhnlich die Gebiete im Südwesten und Nordwesten Chinas, die unter der Herrschaft der Kuomintang standen und nicht von den japanischen Aggressionstruppen besetzt waren, als das "Große Hinterland".

6. Am 21. Juli 1949 unternahmen die Provisorische 59. Division und die 2. Kavallerie-Division unter dem Oberbefehlshaber der 1. Kriegszone der Kuomintang, Hu Dsung-nan, einen Überraschungsangriff auf den Yätai-Berg im Kreis Tschunhua, Bezirk Guandschung des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia. Am 23. Juli wurde noch die ;. Reserve-Division bei dieser Offensive eingesetzt. Unsere Truppen zogen sich am 27. Juli zur eigener Initiative vom Yätai-Berg und aus 40 westlich davon gelegenen Dörfern zurück. Die Kuomintang-Truppen setzten ihre Angriffe auf Hsünyi, Yaohsiän usw. fort. Unsere Armee ging darauf am 8. August zum Gegenangriff gegen die vordringenden Kuomintang-Truppen über und eroberte das Gebiet um den YätaiBerg zurück.

7. Während des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression gab es in Yenan einen Verbindungs-Stabsoffizier der Kuomintang-Regierung. Mit "Ho" ist Ho Ying-tjin gemeint. Am 19. Oktober und 8. Dezember 1940 sandte Tschiang Kai-schek im Namen des Generalstabschefs der Kuomintang-Armee, Ho Ying-tjin, und seines Stellvertreters, Bai Tschung-hsi, zwei Telegramme, in denen er die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee, die hinter den feindlichen Linien standhaft den Widerstandskrieg führten, aufs übelste verleumdete und den antijapanischen Volksstreitkräften, die südlich des Gelben Flusses operierten, eigenmächtig befahl, sich bis zu einem bestimmten Termin in die nördlich des Gelben Flusses gelegenen Gebiete zurückzuziehen. Bald darauf führten die Kuomintang-Reaktionäre die "Ereignisse von Südanhui" herbei, indem sie die nach Norden marschierenden Abteilungen der Neuen Vierten Armee überfielen. Die Kommunistische Partei Chinas bezeichnete damals Ho Ying-tjin als den Vertreter der Kuomintang-Reaktionäre, die die antikommunistische Kampagne entfesselt hatten, in Wirklichkeit war aber Tschiang Kaischek gemeint.

8. Der "Politische Nationalrat" war eine nach dem Beginn des Widerstandskriegs gegen Japan von der Kuomintang-Regierung ins Leben gerufene beratende Körperschaft. Alle seine Mitglieder wurden von der Kuomintang-Regierung "Ausgewählt" und gehörten in ihrer Mehrzahl der Kuomintang an; nur verschwindend wenige von ihnen waren Vertreter der Kommunistischen Partei Chinas und anderer Parteien und Gruppen. Außerdem erkannte die Kuomintang-Regierung die antijapanischen Parteien und Gruppen nicht als gleichberechtigt und legal an und gestattete deren Vertretern nicht, ihre Partei oder Gruppe im "Politischen Nationalrat" zu repräsentieren. Ein Artikel des von der Kuomintang-Regierung erlassenen "Organisationsstatuts des Politischen Nationalrats" bestimmte, daß "wer mehr als drei Jahre in einer wichtigen kulturellen oder wirtschaftlichen Organisation mitgearbeitet hat und Ansehen genießt, oder wer sich um die Staatsgeschäfte bemüht und seit langem in hohem Ansehen steht", Mitglied des Politischen Nationalrats sein könne. Dieser Bestimmung gemäß wurden von der Kuomintang Ratsmitglieder aus den Reihen der Kommunistischen Partei Chinas "Ausgewählt".

9. Gemeint ist der von Genossen Mao Tse-tung für die Hsinhua-Nachrichtenagentur verfaßte Kommentar "Tschiang Kai-schek provoziert den Bürgerkrieg", vorliegender Band, S. 25 ff.

10. Die Linie Baigui-Djintscheng war eine nicht fertiggestellte Eisenbahnlinie im südöstlichen Teil der Provinz Schansi zwischen Baigui im Kreis Tjihsiän und Djintscheng.

11. Die früheren Provinzen Tschahar und Jehol wurden 1952 bzw. 1966 aufgelöst. Ihr Territorium wurde unter die Provinzen Hopeh, Schansi, Liaoning und das Autonome Gebiet der Inneren Mongolei aufgeteilt.

12. Es handelt sich um die Kreisstädte Juidjin, Huitschang, Hsünwu, Anyüan, Hsinfeng, Yüdu, Hsingguo, Ningdu, Guangtschang, Schitscheng und Litschuan in der Provinz Kiangsi sowie um die Kreisstädte Djiänning, Taining, Ninghua, Tjingliu, Guihua, Lungyän, Tschangting, Liäntscheng, Schanghang und Xungding in der Provinz Fukien.

13. Baoan, heute Dschidan, ist ein Kreis im nordwestlichen Teil der Provinz Schensi. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas hatte dort von Anfang Juli 1936 bis Januar 193~ seinen Sitz. Dann übersiedelte es nach Yenan.

14. Das befestigte Dorf, von dem hier die Rede ist, heißt Danbadschai, es liegt südwestlich des Kreises Baoan. Dieses Dorf hatte über 200 Haushalte, und das Gelände war sehr schwer zugänglich. Dort verschanzte sich lange Zeit hindurch Tsao Djün-dschang, ein despotischer Großgrundherr des Ortes und Häuptling der örtlichen Schutzwehr, der eine über hundert Mann starke bewaffnete reaktionäre Bande befehligte. Die Rote Armee belagerte diese Stellung zu wiederholten Malen, konnte sie aber nicht nehmen. Als dann im August 1936 die Rote Armee mit Hilfe der örtlichen bewaffneten Kräfte das Dorf umzingelte, zog sie die Hauptmasse seiner Bevölkerung auf ihre Seite und zersplitterte von innen her die feindlichen Kräfte. Im Dezember desselben Jahres flüchtete der Bandit Tsao Djün-dschang mit einigen wenigen Angehörigen seiner Bande, und Danbadschai wurde befreit.

15. Aus den von Dschu Bo-lu Ende der Ming-Dynastie verfaßten Maximen für einen guten Haushalt.

16. Mit dem "Amerikaner" ist hier der Leiter der Beobachtergruppe der USA-Armee in Yenan, Oberst David D. Barrett, gemeint. Diese Beobachtergruppe wurde im Jahre 1944 von der damals gegen Japan Krieg führenden USA-Armee mit Einwilligung der Kommunistischen Partei Chinas nach Yenan entsandt. Hurley, einer der reaktionären Politiker der Republikanischen Partei der USA, kam im September 1944 als persönlicher Vertreter des Präsidenten der USA nach China und wurde Ende desselben Jahres amerikanischer Botschafter in China. Siche "Yü Gung versetzt Berge", Anmerkung 2, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III, S. 324.

17. Am 6. und 8. August 1946 warfen die USA über den japanischen Städten Hiroschima und Nagasaki je eine Atombombe ab. Die Propagandastellen der USA und der Kuomintang machten davon viel Aufhebens und behaupteten, die japanische Regierung hätte aus Furcht vor den amerikanischen Atombomben kapituliert. Sie wollten mit dieser Propaganda die entscheidende Rolle herabmindern, die dem Eintritt der Sowjetunion in den Krieg beim Erzwingen der japanischen Kapitulation zukam.

18. Mountbatten war damals Oberbefehlshaber der Alliierten Truppen in Südostasien. Am 9. August 1946 begrüßte er in einer Erklärung den Eintritt der Sowjetunion in den Krieg gegen Japan und stellte fest: "Es ist der größte Irrtum zu glauben, daß die Atombombe den Krieg im Fernen Osten beenden kann."

ANMERKUNGEN

 

* Diese Rede hielt Genosse Mao Tse-tung auf einer Funktionärkonferenz in Yenan. Auf Grund der marxistisch-leninistischen Methode der Klassenanalyse wird darin das Wesentliche an der politischen Lage in China nach dem Sie; im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression gründlich untersucht und die revolutionäre Taktik des Proletariats aufgestellt. Wie Genosse Mao Tse-tung in seiner Eröffnungsrede auf dem VII. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im April 1945 ausführte, stand China nach der Niederwerfung des japanischen Imperialismus immer noch vor der Entscheidung zwischen zweierlei Geschicken, zwei Perspektiven: entweder ein neues China zu werden oder das alte China zu bleiben. Die von Tschiang Kai-schek vertretene Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie Chinas wollten dem Volk die Früchte seines Sieges im Widerstandskrieg entreißen, sie wollten, daß China nach wie vor ein halbkoloniales, halbfeudales Land unter ihrer Diktatur bleiben sollte. Die Kommunistische Partei Chinas, die die Interessen des Proletariats und der großen Masse des Volkes vertritt, setzte sich einerseits mit aller Kraft für den Frieden ein und widersetzte sich einem Bürgerkrieg; sie mußte andererseits gegen den konterrevolutionären Plan Tschiang Kai-scheks, einen Bürgerkrieg im ganzen Land zu entfesseln, alle Vorbereitungen treffen und einen richtigen Kurs einschlagen, das heißt, sie durfte keine Illusionen über den Imperialismus und die Reaktionäre hegen und keine Angst vor Drohungen haben, mußte die vom Volk im Kampf errungenen Erfolge entschlossen schützen und alle Anstrengungen unternehmen, um ein vom Proletariat geführtes neues China der breiten Volksmassen und der Neuen Demokratie zu errichten. Der Entscheidungskampf zwischen den beiden Geschicken, den beiden Perspektiven Chinas bildet den Inhalt des Geschichtsabschnitts vom Ende des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression bis zur Gründung, der Volksrepublik China, der historischen Periode des Befreiungskriegs des chinesischen Volkes oder des Dritten Revolutionären Bürgerkriegs. Nach dem Widerstandskrieg zerriß Tschiang Kai-schek mit Unterstützung des USA-Imperialismus immer wieder die Friedensvereinbarungen und entfesselte einen konterrevolutionären Bürgerkrieg von bisher ungeahnten riesigen Ausmaßen, in dem Versuch, die Kräfte des Volkes zu vernichten. Dank der richtigen Führung der Kommunistischen Partei Chinas konnte jedoch das chinesische Volk in einem nur vier Jahre dauernden Kampf im ganzen Land seinen großen Sieg erringen, nämlich Tschiang Kai-schek zu schlagen und ein neues China zu errichten.

Mao AW Band IV

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