Mao AW Band II

Mao Werke


Mao Tse-tung:

ÜBER UNSERE POLITIK*

      (25. Dezember 1940)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.521-531


Unter den gegenwärtigen Verhältnissen, da die antikommunistische Kampagne tobt, ist es von entscheidender Bedeutung, welche Politik wir verfolgen. Vielen unserer Funktionäre ist es jedoch noch nicht klar, daß sich die gegenwärtige Politik unserer Partei von ihrer Politik zur Zeit der Agrarrevolution notwendigerweise beträchtlich zu unterscheiden hat. Man muß verstehen, daß die von unserer Partei betriebene Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront während der gesamten Periode des Widerstandskriegs gegen Japan unter keinen Umständen abgeändert werden wird; auf viele politische Richtlinien aus der Periode der zehnjährigen Agrarrevolution darf jetzt nicht mehr ohne weiteres mechanisch zurückgegriffen werden. Insbesondere sind zahlreiche ultralinke politische Richtlinien, die in der letzten Periode der Agrarrevolution aufkamen - man hat nämlich zwei grundlegende Besonderheiten der chinesischen Revolution nicht begriffen, daß die chinesische Revolution eine bürgerlich-demokratische Revolution in einem halbkolonialen Land ist und daß diese Revolution lange andauern wird -, nicht nur ganz und gar unbrauchbar in der heutigen Periode des Widerstandskriegs gegen Japan, sondern waren auch damals falsch. Zum Beispiel: die Auffassung, in dem Kampf zwischen dem fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" der Kuomintang und unserer Gegenoperation eine Entscheidungsschlacht zwischen zwei Wegen, Revolution und Konterrevolution, zu sehen; die ökonomische Vernichtung der Bourgeoisie (durch eine ultralinke Arbeits- und Steuerpolitik) und der Großbauern (durch Zuteilung schlechter Böden) ; die physische Liquidierung der Grundherren (durch Verweigerung der Zuteilung von Ackerland) ; die Attacken gegen die Intellektuellen; die "linke" Abweichung bei der Hinaussäuberung von Konterrevolutionären; die völlige Monopolisierung der Machtorgane durch die Kommunisten; die kommunistischen Zielsetzungen in der Volksbildung; die ultralinke Militärpolitik (Angriffe auf Großstädte und Ablehnung des Partisanenkriegs) ; die putschistische Politik bei der Arbeit in den weißen Gebieten; die Attackenpolitik in Form des Mißbrauchs der organisatorischen Maßregelungen innerhalb der Partei usw. Diese ultralinke Politik war das genaue Gegenteil vom Rechtsopportunismus unter der Führung von Tschen Du-hsiu in der letzten Phase der Ersten Großen Revolution, war der Ausdruck "links"opportunistischer Fehler. In der Endphase der Ersten Großen Revolution galt die Vereinigung alles und der Kampf nichts; in der Endphase der Agrarrevolution hingegen galt der Kampf alles und die Vereinigung (die Hauptmasse der Bauern ausgenommen) nichts. Das sind überaus markante Fälle von zwei extremen politischen Linien. Und diese beiden extremen politischen Linien haben zu äußerst schweren Verlusten für die Partei und die Revolution geführt.

Die jetzige Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront heißt weder "Vereinigung gilt alles, Kampf nichts" noch "Kampf gilt alles, Vereinigung nichts", sondern sie verbindet beide Seiten miteinander, die Vereinigung und den Kampf. Konkret gesprochen besagt das:

1. Vereinigung aller gegen Japan kämpfenden Menschen (d. h. aller Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleute, die den Kampf gegen die japanische Aggression wollen) und Bildung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront.

2. Eine Politik der Unabhängigkeit und Selbständigkeit im Rahmen der Einheitsfront, d. h. Notwendigkeit sowohl der Einheit als auch der Unabhängigkeit.

3. Auf dem Gebiet der Militärstrategie: ein unabhängiger und selbständiger Partisanenkrieg im Rahmen einer einheitlichen Strategie, wobei im wesentlichen Partisanenkrieg geführt werden muß, aber unter günstigen Bedingungen auf den Bewegungskrieg nicht verzichtet werden darf.

4. Im Kampf gegen die antikommunistischen Ultrakonservativen müssen wir die Widersprüche ausnutzen, die Mehrheit gewinnen, der Minderheit entgegentreten, die Feinde einzeln schlagen; dabei müssen wir im Recht sein, Vorteil haben und maßhalten.

5. In den vom Feind besetzten sowie in den von der Kuomintang beherrschten Gebieten verfolgen wir die Politik, einerseits die Einheitsfront so breit wie möglich zu entfalten, andererseits getarnt und effektiv zu arbeiten; das ist hinsichtlich der Organisations- und Kampfformen die Politik "getarnt und effektiv in langfristiger Illegalität arbeiten, die Kräfte sammeln und auf einen günstigen Zeitpunkt warten".

6. In bezug auf die wechselseitigen Beziehungen zu den verschiedenen Klassen innerhalb des Landes besteht unsere grundlegende Politik darin, die fortschrittlichen Kräfte zu entfalten, die Kräfte der Mitte zu gewinnen und die antikommunistischen ultrakonservativen Kräfte zu isolieren.

7. Gegenüber den antikommunistischen Ultras verfolgen wir eine revolutionäre Doppelpolitik, d. h., wir vereinigen uns mit ihnen, soweit sie noch imstande sind, gegen die japanische Aggression zu kämpfen, und isolieren sie, soweit sie hartnäckig gegen die Kommunistische Partei kämpfen. Was den Widerstand gegen Japan betrifft, haben die Ultrakonservativen gleichfalls einen zwiespältigen Charakter, und soweit sie noch imstande sind, gegen Japan zu kämpfen, vereinigen wir uns mit ihnen, soweit sie aber schwanken (zum Beispiel insgeheim mit den japanischen Aggressoren paktieren und nicht aktiv gegen Wang Djing-we und die anderen Landesverräter vorgehen), bekämpfen und isolieren wir sie. Die Ultras weisen auch in ihrem Antikommunismus einen zwiespältigen Charakter auf, und so ist denn auch unsere diesbezügliche Politik eine zweiseitige, nämlich eine Bündnispolitik, insofern sie noch nicht bereit sind, mit der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei vollends zu brechen, und eine Politik des Kampfes gegen sie und ihrer Isolierung, insofern sie eine Politik der grausamen Unterdrückung gegen unsere Partei und das Volk durchführen und militärische Überfälle unternehmen. Diese doppelgesichtigen Leute sind von den Landesverrätern und projapanischen Elementen zu unterscheiden.

8. Sogar unter den Landesverrätern und projapanischen Elementen gibt es doppelgesichtige Elemente, und wir müssen auch diesen gegenüber gemäß der revolutionären Doppelpolitik verfahren. Insofern sie projapanisch sind, bekämpfen und isolieren wir sie; insofern sie schwanken, streben wir danach, sie auf unsere Seite zu ziehen und zu gewinnen. Solche doppelgesichtigen Elemente müssen wir von den hartgesottenen Landesverrätern wie Wang Djing-we, Wang Yi-tang1 und Schi Yu-san2 unterscheiden.

9. Wir müssen unterscheiden zwischen solchen großen Grundherren und solchen Großbourgeois, die projapanisch eingestellt sind und gegen den antijapanischen Widerstand auftreten, und denjenigen anglo-amerikanisch orientierten großen Grundherren und Großbourgeois, die den Widerstand gegen Japan befürworten; ebenso müssen wir einen Unterschied machen zwischen den doppelgesichtigen großen Grundherren und Großbourgeois, die wohl für den Widerstand eintreten, aber schwanken, wohl den Zusammenschluß bejahen, aber die Kommunisten bekämpfen, und der nationalen Bourgeoisie, den mittleren und kleinen Grundherren sowie den aufgeklärten Schenschi, die alle eine weniger zwiespältige Haltung einnehmen. Auf diesen Unterscheidungen baut sich unsere Politik auf. Die genannten verschiedenen politischen Richtlinien leiten sich aus diesen Unterschieden in den Klassenbeziehungen ab.

10. Auf dieselbe Weise behandeln wir den Imperialismus. Obwohl die Kommunistische Partei gegen jedweden Imperialismus ist, muß sie zwischen dem japanischen Imperialismus, der eine Aggression gegen China verübt, und den anderen imperialistischen Mächten, die gegenwärtig keine aggressiven Handlungen unternehmen, einen Unterschied machen; und sie muß wiederum differenzieren zwischen den deutschen und italienischen Imperialisten, die mit dem japanischen Imperialismus ein Bündnis eingegangen sind und "Mandschukuo" anerkannt haben, und den anglo-amerikanischen Imperialisten, die im Gegensatz zu Japan stehen; schließlich muß sie unterscheiden zwischen dem Großbritannien und den USA von früher, welche die Politik eines ;,fernöstlichen München" betrieben und dadurch dem Kampf Chinas gegen die japanische Aggression schadeten, und dem Großbritannien und den USA von heute, die jene Politik fallengelassen haben und den Widerstand Chinas gegen Japan fördern. Unsere taktischen Prinzipien bestehen nach wie vor darin, die Widersprüche auszunutzen, die Mehrheit zu gewinnen, der Minderheit entgegenzutreten und die Feinde einzeln zu schlagen. Auf dem Gebiet der Außenpolitik unterscheiden wir uns von der Kuomintang. Äußerlich betrachtet scheint die Kuomintang alle Staaten mit Ausnahme Japans in gleicher Weise zu behandeln, indem sie erklärte: "Es gibt nur einen Feind, alle anderen sind Freunde"; in Wirklichkeit ist sie aber probritisch und proamerikanisch. Wir hingegen müssen hier unterscheiden: erstens zwischen der Sowjetunion und den kapitalistischen Ländern; zweitens zwischen Großbritannien und den USA einerseits und Deutschland und Italien andererseits; drittens zwischen den Völkern Großbritanniens und der USA und den imperialistischen Regierungen dieser beiden Länder; viertens zwischen der anglo-amerikanischen Politik zur Zeit des "fernöstlichen München" und der gegenwärtigen Politik Großbritanniens und der USA. Auf diesen Unterscheidungen ist unsere Außenpolitik aufgebaut. Unser grundlegender Kurs besteht im Gegensatz zu dem der Kuomintang darin, bei strikter Wahrung des Prinzips der unabhängigen Kriegführung und des Vertrauens auf die eigene Kraft eine Hilfe von außen soweit wie möglich auszunutzen, nicht aber darin, so wie die Kuomintang unter Verzicht auf die unabhängige Kriegführung und das Vertrauen auf die eigene Kraft sich lediglich auf die auswärtige Hilfe zu verlassen oder sich irgendeinem imperialistischen Block zu verschreiben.

Die einseitigen Auffassungen vieler Parteifunktionäre in taktischen Fragen und die sich daraus ergebenden Schwankungen nach "links" und nach rechts können erst dann überwunden werden, wenn diese Funktionäre die Veränderung und Entwicklung, welche die Politik der Partei im Laufe ihrer Geschichte erfahren hat und welche sie derzeit erfährt, allseitig und als eine Einheit begreifen lernen, wozu man ihnen verhelfen muß. Gegenwärtig bilden nach wie vor die ihr Unwesen treibenden ultralinken Tendenzen die Hauptgefahr in der Partei. In den Kuomintang-Gebieten sind viele Leute nicht imstande, die Politik "getarnt und effektiv in langfristiger Illegalität arbeiten, die Kräfte sammeln und auf einen günstigen Zeitpunkt warten" gewissenhaft durchzuführen, weil sie die antikommunistische Politik der Kuomintang nicht ernst nehmen; daneben gibt es wiederum viele, die nicht imstande sind, die politische Richtlinie zur Entfaltung der Einheitsfront durchzuführen, weil sie die Kuomintang einfach als eine hoffnungslos verdorbene Masse betrachten und daher nicht aus noch ein wissen. In den von Japan besetzten Gebieten ist die Lage ähnlich.

In den Kuomintang-Gebieten sowie in den antijapanischen Stützpunktgebieten hat früher in erheblichem Maße eine rechte Abweichung bestanden; ihre Vertreter hatten, weil sie nur das Bündnis, nicht aber auch den Kampf sehen wollten und die Bereitschaft der Kuomintang zum Widerstand gegen Japan überschätzten, die prinzipiellen Unterschiede zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei verwischt, eine unabhängige und selbständige Politik im Rahmen der Einheitsfront abgelehnt, den großen Grundherren und der Großbourgeoisie sowie der Kuomintang Zugeständnisse gemacht, sich freiwillig an Händen und Füßen binden lassen, nicht gewagt, die antijapanischen revolutionären Kräfte kühn zu entwickeln und einen entschlossenen Kampf gegen die Kuomintang-Politik der Bekämpfung und Einschränkung der Kommunistischen Partei zu führen; diese Tendenzen sind jetzt im wesentlichen überwunden. Doch seit dem Winter 1939 ist infolge der antikommunistischen "Reibungen" von seiten der Kuomintang und unseres entsprechenden Abwehrkampfes überall eine ultralinke Abweichung aufgekommen. Sie wurde zwar in gewissem Grade korrigiert, aber noch nicht völlig berichtigt, sie kommt immer noch an vielen Orten in vielen konkreten politischen Richtlinien zum Ausdruck. Es ist daher gegenwärtig dringend notwendig, unsere konkreten politischen Richtlinien zu überprüfen und richtig zu formulieren.

Da das Zentralkomitee bereits eine Reihe von Weisungen bezüglich der konkreten politischen Richtlinien ausgegeben hat, soll hier nur zusammenfassend auf einige Punkte hingewiesen werden.

Zur Organisation der politischen Macht. Man muß entschlossen das "Drei-Drittel-System" durchführen, wobei die Kommunisten nur ein Drittel der Plätze in den Machtorganen einnehmen und eine große Masse der Nichtkommunisten zur Teilnahme an der Macht herangezogen wird. In Gegenden wie Nordkiangsu, wo die Errichtung der antijapanischen demokratischen Macht erst begonnen hat, kann der Anteil der Kommunisten auch weniger als ein Drittel betragen. Jenen Vertretern des Kleinbürgertums und der nationalen Bourgeoisie sowie der aufgeklärten Schenschi, die nicht als aktive Antikommunisten auftreten, sollen sowohl in den Regierungsorganen wie in den Volksvertretungen Plätze eingeräumt werden; man muß auch Mitglieder der Kuomintang, die nicht antikommunistisch eingestellt sind, zulassen. In die Volksvertretungen kann auch eine kleine Zahl von Rechtselementen aufgenommen werden. Auf keinen Fall darf unsere Partei alles monopolisieren. Wir wollen nur die Diktatur der KompradorenGroßbourgeoisie und der Klasse der großen Grundherren zerstören, sie aber nicht durch eine Einparteiendiktatur der Kommunistischen Partei ersetzen.

Zur Arbeitspolitik. Man muß die Lebensbedingungen der Arbeiter verbessern, erst dann kann man die Aktivität der Arbeiter zum Widerstand gegen Japan entfalten. Man muß sich vor linken Überspitzungen streng hüten, darf keine übertriebenen Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen vornehmen. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen in China ist es noch schwer, überall den Achtstundentag einzuführen, und in gewissen Produktionszweigen muß noch ein Zehnstundentag gestattet sein. In anderen Produktionszweigen ist die Arbeitszeit je nach den Umständen festzusetzen. Nach Abschluß eines Vertrags zwischen Arbeit und Kapital müssen die Arbeiter die Arbeitsdisziplin einhalten und die Kapitalisten die Möglichkeit haben, einen bestimmten Profit zu erzielen. Andernfalls käme es zu Betriebsstillegungen, die sowohl dem Widerstand gegen Japan abträglich wären als auch den Arbeitern selbst schaden würden. Um so weniger darf man bei der Verbesserung der Lebenshaltung und bei der Lohnerhöhung der Arbeiter in den ländlichen Gebieten Übertreibungen zulassen; andernfalls würde das Einwände seitens der Bauern, Erwerbslosigkeit der Arbeiter und Produktionsschrumpfung hervorrufen.

Zur Bodenpolitik. Man muß den Parteimitgliedern und den Bauern klarmachen, daß jetzt nicht die Zeit für die Durchführung einer konsequenten Agrarrevolution ist und daß die ganze Reihe von Maßnahmen, die während der Agrarrevolution getroffen wurden, gegenwärtig nicht angewendet werden können. In der gegenwärtigen Politik muß einerseits festgesetzt werden, daß die Grundherren die Pacht- und Darlehenszinsen herabsetzen müssen, damit man die Aktivität der Hauptmasse der Bauern zum Widerstand gegen Japan entfalten kann, ohne daß jedoch diese Senkung ein allzu großes Ausmaß erreicht. Was die Pachtzinsen für den Boden betrifft, soll im allgemeinen der Grundsatz einer 25-prozentigen Herabsetzung verwirklicht werden; wenn die Massen eine größere Senkung fordern, so kann man bei der Teilung der Ernte das Verhältnis 4:6 oder 3:7 zugunsten des Pächters einführen, darf aber über diese Norm nicht hinausgehen. Hinsichtlich der Darlehenszinsen darf die Senkung nur so weit gehen, wie es die ökonomischen Kreditbeziehungen der Gesellschaft vertragen können. Andererseits muß festgelegt werden, daß die Bauern Pacht- und Darlehenszinsen zu zahlen haben und daß den Grundherren das Eigentumsrecht an Grund und Boden und an sonstigen Vermögenswerten verbleibt. Die Darlehenszinsen dürfen nicht so weit gesenkt werden, daß es den Bauern nicht mehr möglich wird, Darlehen zu erhalten, und die Bereinigung alter Rechnungen darf nicht dazu führen, daß verpfändete Grundstücke der Bauern kostenlos zurückgenommen werden.

Zur Steuerpolitik. Das Ausmaß der Steuerleistung ist nach der Höhe des Einkommens festzulegen. Mit Ausnahme der Allerärmsten, die von der Steuer befreit werden müssen, hat jeder, der ein Einkommen bezieht, Steuern an den Staat zu entrichten, also die Steuerlast muß von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung, einschließlich der Arbeiter und Bauern, getragen, darf nicht völlig den Grundherren und Kapitalisten aufgebürdet werden. Eine solche Methode, den Unterhalt der Armee zu sichern, wie es die Festnahme von Leuten zwecks Eintreibung von Kontributionen ist, muß man verbieten. Für die Steuereintreibung kann, solange wir noch kein neues zweckmäßigeres Verfahren ausgearbeitet haben, das alte Verfahren der Kuomintang angewendet werden, wobei man an ihm entsprechende Verbesserungen vornimmt.

Zur Politik der Ausmerzung der feindlichen Agenten. Eingefleischte Landesverräter und Antikommunisten muß man entschlossen unterdrücken, sonst kann man die revolutionären Kräfte des Widerstands gegen Japan nicht schützen. Keinesfalls darf es aber zu viele Hinrichtungen geben, und keinesfalls darf es dazu kommen, daß Unschuldige in Mitleidenschaft gezogen werden. Schwankende Elemente unter den Reaktionären und deren unfreiwillige Mitläufer muß man mit Milde behandeln. Alle physischen Mißhandlungen von Verbrechern müssen abgeschafft werden; Nachdruck ist auf das Beweismaterial zu legen, und Geständnissen darf man nicht leichtfertig Glauben schenken. Was die Kriegsgefangenen aus den Reihen der japanischen Armee, der Marionettentruppen und der antikommunistischen Einheiten betrifft, muß unsere Politik darauf gerichtet sein, sie alle freizulassen, mit Ausnahme jener, die den bitteren Haß der Volksmassen auf sich geladen haben und, mit Zustimmung der höheren Instanzen, hingerichtet werden müssen. Unter den Gefangenen sollen jene, die zwangsweise zum Kriegsdienst gepreßt worden sind und mehr oder weniger zur Revolution neigen, in großer Zahl für unseren Armeedienst gewonnen werden. Die übrigen sind freizulassen; und wenn sie abermals gegen uns kämpfen und erneut in unsere Hände fallen, sollen sie wiederum freigelassen werden. Man darf sie nicht beleidigen, darf ihnen die persönlichen Habseligkeiten nicht wegnehmen, darf keine Schuldbekenntnisse von ihnen verlangen, sondern man muß vielmehr sie alle aufrichtig und freundlich behandeln. Wie reaktionär sie auch gesinnt sein mögen, wir müssen ihnen allen gegenüber diese Politik durchführen. Das ist für die Isolierung des reaktionären Lagers ungemein wirkungsvoll. Was die Renegaten betrifft, so sollen sie mit Ausnahme jener unter ihnen, die Kapitalverbrechen begangen haben - die Möglichkeit erhalten, ein neues Leben zu beginnen, vorausgesetzt, daß sie ihre antikommunistische Tätigkeit einstellen; und wenn sie zurückkehren und sich den Reihen der Revolution anschließen wollen, kann man sie aufnehmen, doch darf ihnen der Wiedereintritt in die Partei nicht gestattet werden. Die gewöhnlichen Informanten der Kuomintang sind nicht mit den japanischen Spionen und den Landesverrätern in einen Topf zu werfen; man muß die einen und die anderen streng auseinanderhalten und differenziert behandeln. Den chaotischen Zuständen, wo jede beliebige Institution oder Organisation Verhaftungen vornehmen kann, muß ein Ende gesetzt werden; um die für den Widerstandskrieg gegen Japan erforderliche revolutionäre Ordnung einzuführen, ist festzulegen, daß - mit Ausnahme der Truppen während ihrer Kampftätigkeit - nur die Gerichts- und Sicherheitsinstanzen der Regierung das Recht haben, Verhaftungen durchzuführen.

Über die Rechte des Volkes. Es muß festgelegt werden, daß alle nicht gegen den Widerstandskrieg eingestellten Grundherren und Kapitalisten in gleicher Weise wie die Arbeiter und Bauern persönliche und Vermögensrechte, das Wahlrecht, Rede-, Versammlungs-, Koalitions-, Gedanken- und Glaubensfreiheit genießen. Die Machtorgane greifen nur ein, um gegen Leute vorzugehen, die in unseren Stützpunktgebieten eine Wühltätigkeit organisieren und Aufruhr anstiften; alle anderen stehen jedoch unter ihrem Schutz und werden von ihnen nicht belästigt.

Zur Wirtschaftspolitik. Man muß die Industrie, die Landwirtschaft und den Warenverkehr energisch entwickeln. Man muß Kapitalisten aus anderen Gegenden heranziehen, falls sie gewillt sind, in unseren antijapanischen Stützpunktgebieten Unternehmungen zu gründen. Man muß die Privatunternehmen fördern und die Staatsunternehmen nur als einen Sektor der Gesamtwirtschaft betrachten. Das alles dient dem Zweck, die Selbstversorgung aus eigener Produktion zu erreichen. Jede Schädigung nützlicher Unternehmungen muß vermieden werden. Die Zoll- und Währungspolitik muß mit dem grundlegenden Kurs auf Entwicklung der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels koordiniert werden, darf ihm nicht zuwiderlaufen. Der ausschlaggebende Faktor für die langfristige Behauptung der Stützpunktgebiete ist, daß die Wirtschaft dieser Gebiete gewissenhaft und sorgfältig und nicht leichtfertig und schlampig organisiert wird, damit ihre Selbstversorgung erreicht werden kann.

Zur Kultur- und Volksbildungspolitik. Wir müssen die Hebung und Verbreitung der für den Widerstandskrieg gegen Japan erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten der breiten Volksmassen sowie ihre Erziehung zum Gefühl der nationalen Würde in den Mittelpunkt unserer Politik stellen. Bürgerlich-liberalen Pädagogen, Kulturschaffenden, Journalisten, Gelehrten und Technikern muß gestattet werden, in unsere Stützpunktgebiete zu kommen und mit uns im Schul- und Pressewesen sowie auf anderen Gebieten zusammenzuarbeiten. Wir müssen alle jene Intellektuellen, die sich durch eine größere Aktivität im Widerstandskampf gegen Japan auszeichnen, in die von uns geleiteten Schulen aufnehmen, damit sie nach kurzfristiger Ausbildung in der Armee, im Verwaltungsdienst der Regierung und in den Massenorganisationen arbeiten können; wir müssen sie mutig heranziehen, ihnen kühn Posten anweisen, sie beherzt im Dienst befördern. Wir dürfen nicht übervorsichtig sein und uns davor fürchten, daß sich reaktionäre Elemente einschleichen könnten. Von solchen Elementen werden sich einige unvermeidlich einschleichen, es wird aber nicht zu spät sein, sie erst im Verlauf ihres Studiums oder ihrer Arbeit auszukämmen. Jedes Stützpunktgebiet muß Druckereien errichten, Bücher und Zeitungen herausgeben, Vertriebs- und Versandorganisationen gründen. Jedes Stützpunktgebiet muß sein Möglichstes tun, Kaderschulen großen Maßstabs einzurichten; je größer diese Schulen sein werden und je mehr es ihrer geben wird, desto besser.

Zur Militärpolitik. Wir müssen die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee soweit wie möglich vergrößern, denn sie sind die verläßlichsten Streitkräfte, mit denen das chinesische Volk den nationalen Widerstandskrieg beharrlich fortführen kann. Was die Kuomintang-Truppen betrifft, müssen wir bei der Politik "Wir greifen nicht an, wenn wir nicht angegriffen werden" bleiben und nach Möglichkeit die Bemühungen verstärken, Freunde unter ihnen zu gewinnen. Wir müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, jene Kuomintang oder parteilosen Offiziere, die mit uns sympathisieren, in die Achte Route-Armee oder die Neue Vierte Armee herüberzuziehen, und auf diese Weise den militärischen Aufbau unserer Armee stärken. Der Umstand, daß in unserer Armee alles von den Kommunisten kraft ihrer großen Anzahl monopolisiert ist, muß geändert werden. Selbstverständlich darf man in unserer regulären Armee das "Drei-Drittel-System" nicht einführen; aber man braucht - solange die Führung der Truppen in den Händen unserer Partei liegt (das ist absolut unerläßlich und unantastbar) - keine Angst zu haben, wenn für den militärischen und technischen Aufbau der Armee Sympathisierende in großer Anzahl herangezogen werden. Jetzt, da unsere Partei und unsere Armee auf einem festen ideologischen und organisatorischen Fundament ruhen, besteht nicht nur keine Gefahr darin, daß wir Sympathisierende (natürlich keinesfalls Saboteure) in großer Zahl heranziehen, sondern ist eine solche Politik geradezu notwendig, da wir andernfalls nicht imstande sind, die Sympathie des ganzen Landes zu gewinnen und die Reihen der revolutionären Kräfte zu erweitern.

Diese Prinzipien der Taktik in der Einheitsfront und die zahlreichen auf Grund dieser Prinzipien festgelegten konkreten politischen Richtlinien müssen von der ganzen Partei entschieden in die Tat umgesetzt werden. Zu einer Zeit, da die japanischen Eindringlinge ihre Aggression gegen China verstärken und da im Land selbst die Klasse der großen Grundherren und die Großbourgeoisie eine Politik der grausamen Unterdrückung und militärische Überfälle gegen die Kommunistische Partei und das Volk durchführen, kann man nur dann, wenn die dargelegten taktischen Prinzipien und konkreten politischen Richtlinien verwirklicht werden, beharrlich den Widerstandskrieg gegen Japan führen, die Einheitsfront erweitern, die Sympathien des ganzen Volkes gewinnen und eine günstige Wendung der Lage herbeiführen. Bei der Berichtigung von Fehlern muß man jedoch Schritt für Schritt vorgehen, darf man nicht übereilt handeln, damit keine Unzufriedenheit unter den Kadern, kein Mißtrauen unter den Massen, keine Gegenangriffe der Grundherren und keine sonstigen unliebsamen Erscheinungen hervorgerufen werden.

ANMERKUNGEN

* Eine parteiinterne Direktive; die Genosse Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verfaßt hat.

1) Wang Yi-tang war ein hoher Bürokrat in der Periode der Militärmachthaber des Nordens und ein projapanischer Landesverräter. Nach den Nordchina-Ereignissen vom Jahre 1935 wurde er von Tschiang Kai-schek aus dem Ruhestand zurückgerufen und trat in den Dienst der Kuomintang-Regierung. Im Jahre 1938 diente er den Japanern als Marionette in Nordchina und wurde zum Oberhaupt der Marionettenbehörde "Politischer Rat von Nordchina" gemacht.

2) Schi Yu-san war einer der Kuomintang-Militärmachthaber, der häufig von einer Seite zur anderen überging. Et war nach Ausbruch des Widerstandskriegs Oberkommandierender der 10. Armeegruppe der Kuomintang und war im Süden der Provinz Hopeh nur damit beschäftigt, in Kollaboration mit den japanischen Streitkräften die Achte Route-Armee anzugreifen, antijapanische demokratische Machtorgane zu vernichten sowie Kommunisten und fortschrittliche Elemente niederzumetzeln.

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