Mao AW Band II

Mao Werke


Mao Tse-tung:

 

STRATEGISCHE PROBLEME DES PARTISANENKRIEGS GEGEN DIE JAPANISCHE AGGRESSION*

 (Mai 1937)


Diese Version aus: Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.83-125


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KAPITEL I
WARUM STELLEN WIR DIE FRAGE DER STRATEGIE DES PARTISANENKRIEGS?

 

 Im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression spielt die reguläre Kriegführung die Hauptrolle und der Partisanenkrieg eine Hilfsrolle. Diese Frage haben wir bereits richtig gelöst. Wenn sich demnach im Partisanenkrieg nur taktische Probleme ergeben, warum stellen wir noch die Frage der Strategie?
Wäre China ein kleines Land, in dem der Partisanenkrieg lediglich die Aufgabe hätte, die Operationen der regulären Truppen unmittelbar über kurze Entfernung zu unterstützen, so erhöben sich selbstverständlich nur taktische, aber keine strategischen Probleme. Wäre China andererseits so stark wie die Sowjetunion und imstande, entweder den eingedrungenen Feind rasch zu vertreiben oder ihn, falls diese Vertreibung länger dauern sollte, daran zu hindern, größere
  |084|Gebiete zu besetzen, dann bestünde die Rolle des Partisanenkriegs ebenfalls in einem operativen Zusammenwirken mit der regulären Kriegführung, und es würden natürlich in ihm auch nur taktische, aber keine strategischen Probleme auftauchen.
Die strategischen Probleme des Partisanenkriegs ergeben sich aus folgenden Umständen: China ist weder ein kleines Land, noch gleicht es der Sowjetunion, sondern es ist ein großes, aber schwaches Land. Dieses große, aber schwache Land ist von einem kleinen, aber starken Land angegriffen worden, es befindet sich jedoch in einer Epoche fortschrittlicher Entwicklung. Und daraus ergibt sich die ganze Problematik. Unter diesen Umständen sind ausgedehnte Gebiete in die Hand des Feindes geraten und hat der Krieg einen langwierigen Charakter angenommen. Da das Territorium, das der Feind in unserem riesigen Land besetzt hält, sehr groß, Japan aber ein kleines Land ist, dem es an Streitkräften mangelt, so daß es auf dem von ihm besetzten Territorium viele Lücken gibt, wird unser Partisanenkrieg gegen Japan in der Hauptsache nicht aus Aktionen auf den inneren Kampflinien zur Unterstützung der Operationen der regulären Truppen, sondern aus selbständigen Aktionen auf den äußeren Kampflinien bestehen; und weil China fortschrittlich ist, das heißt, weil hier eine zuverlässige Armee und breite Volksmassen von der Kommunistischen Partei geführt werden, wird der Partisanenkrieg gegen Japan keinen kleinen, sondern einen großen Maßstab haben. Hieraus ergibt sich eine ganze Reihe von Problemen, wie die der strategischen Verteidigung, des strategischen Angriffs usw. Die Langwierigkeit des Krieges und die damit auftretende Härte führen dazu, daß man sich im Partisanenkrieg mit vielen ungewöhnlichen Dingen zu befassen hat. So taucht die Frage der Stützpunktgebiete, der Entwicklung des Partisanenkriegs zum Bewegungskrieg usw. auf.
  |085|Aus all diesen Gründen betritt Chinas Partisanenkrieg, der die Grenzen der Taktik gesprengt hat, den Bereich der Strategie und verlangt, daß seine Probleme vom strategischen Standpunkt aus betrachtet werden. Besonders beachtenswert ist hierbei die Tatsache, daß in der gesamten Kriegsgeschichte der Menschheit ein derart ausgedehnter und langwieriger Partisanenkrieg etwas völlig Neues ist; und das ist nicht von der Tatsache zu trennen, daß wir uns jetzt bereits im dritten und vierten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts befinden und die Kommunistische Partei und die Rote Armee haben. Hier liegt der Kern der Frage. Unser Feind gibt sich vermutlich noch immer süßen Träumen hin, dynastische Umstürze bzw. Eroberungszüge nachahmen zu können, wie sie die Mongolen gegen die Sung-Dynastie, die Mandschu gegen die Ming-Dynastie, die Engländer gegen Nordamerika und Indien oder die Spanier und Portugiesen gegen Mittel- und Südamerika unternahmen. Doch solche Träume haben im China von heute keinen realen Wert, weil es gewisse Faktoren aufweist, die zu den Zeiten der obenerwähnten historischen Ereignisse fehlten; und einer dieser Faktoren ist eben der Partisanenkrieg, der etwas völlig Neues darstellt. Wenn unser Feind diese Tatsache übersieht, wird ihn das teuer zu stehen kommen.
Dies sind die Gründe, warum unser Partisanenkrieg gegen Japan, obgleich er innerhalb des gesamten Widerstandskriegs nur eine untergeordnete Rolle spielt, doch vom strategischen Gesichtspunkt aus betrachtet werden muß.
Warum sollten wir dann nicht die allgemeinen strategischen Prinzipien des Widerstandskriegs auch auf den Partisanenkrieg anwenden?
Im Grunde genommen sind die strategischen Probleme des antijapanischen Partisanenkriegs mit den strategischen Problemen des gesamten Widerstandskriegs aufs engste verknüpft, da beide vieles gemeinsam haben. Andererseits jedoch unterscheidet sich der Partisanenkrieg von der regulären Kriegführung; er hat seine Besonderheiten, und infolgedessen haben auch die strategischen Probleme des Partisanenkriegs viele Besonderheiten. Man darf nicht die allgemeinen strategischen Prinzipien des Widerstandskriegs gegen Japan unverändert auf den Partisanenkrieg mit seinen vielen Besonderheiten übertragen.
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KAPITEL II
DAS GRUNDPRINZIP DES KRIEGES IST, DIE EIGENEN KRÄFTE ZU ERHALTEN UND DIE GEGNERISCHEN KRÄFTE ZU VERNICHTEN

Bevor wir die strategischen Probleme des Partisanenkriegs im einzelnen untersuchen, sind einige Worte über das Grundproblem des Krieges notwendig.

Alle leitenden Prinzipien der militärischen Operationen fußen auf einem Grundprinzip, nämlich: so weit als nur möglich die eigenen Kräfte bewahren und die feindlichen vernichten. Bei einem revolutionären Krieg ist dieses Prinzip unmittelbar mit dem politischen Grundprinzip verknüpft. So ist zum Beispiel das politische Grundprinzip, das China bei seinem Widerstandskrieg gegen Japan verfolgt, also sein politisches Ziel, die Vertreibung des japanischen Imperialismus und die Schaffung eines unabhängigen, freien und glücklichen neuen China. Bei seiner Durchführung auf militärischem Gebiet bedeutet dieses Prinzip, das Vaterland mit bewaffneten Kräften zu verteidigen und die japanischen Eindringlinge zu vertreiben. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Streitkräfte in ihren Operationen danach streben, so weit als möglich einerseits die eigenen Kräfte zu erhalten, andererseits die gegnerischen zu vernichten. Wie läßt es sich dann erklären, daß wir im Krieg zu heroischen Opfern aufrufen? Jeder Krieg fordert seinen Preis, manchmal einen äußerst hohen. Steht das nicht im Widerspruch zur "Selbsterhaltung"? In Wirklichkeit gibt es hier gar keinen Widerspruch; genauer gesagt: Aufopferung und Selbsterhaltung sind Gegensätze, die einander bedingen. Denn solche Opfer sind nicht nur notwendig, um den Feind zu vernichten, sondern auch, um die eigenen Kräfte zu erhalten - ein teilweises und zeitweiliges "Sich-nicht-Erhalten" (die Aufopferung oder die Bezahlung des Preises) ist unerläßlich, wenn das Ganze für die Dauer erhalten werden soll. Von diesem Grundprinzip rührt eine Reihe von Prinzipien für die Leitung der militärischen Operationen her; sie alle sind von dem Geist dieses Grundprinzips durchdrungen - angefangen bei dem Prinzip der Feuerführung (daß man Deckung nehmen und das Feuer entfalten muß, das erste zur Erhaltung der eigenen Kräfte, das zweite zur Vernichtung der gegnerischen Kräfte) bis hin
  |087|zu den Grundsätzen der Strategie. Alle technischen, taktischen, operativen und strategischen Prinzipien sind die Bedingungen für die Realisierung dieses Grundprinzips. Das Prinzip der Selbsterhaltung und der Vernichtung des Feindes ist die Basis aller militärischen Prinzipien.

KAPITEL III
SECHS KONKRETE PROBLEME DER STRATEGIE IM PARTISANENKRIEG GEGEN DIE JAPANISCHE AGGRESSION

Wir wollen jetzt untersuchen, welche Richtlinien oder Prinzipien in den militärischen Operationen des Partisanenkriegs gegen Japan befolgt werden müssen, wenn wir das Ziel der Selbsterhaltung und der Vernichtung des Feindes erreichen wollen. Da die Partisaneneinheiten im Widerstandskrieg (und in allen anderen revolutionären Kriegen) gewöhnlich aus dem Nichts erstehen und sich aus etwas Kleinem zu etwas Großem entwickeln, so gilt für sie neben dem Prinzip, sich selbst zu erhalten, noch das Prinzip, sich zu vergrößern. Folglich lautet die Frage, welche Richtlinien oder Prinzipien wir befolgen müssen, um unser Ziel zu erreichen, d. h. um uns selbst zu erhalten bzw. zu vergrößern und den Feind zu vernichten.

Allgemein gesprochen sind die wichtigen Richtlinien die folgenden:
1. Initiativreiche, flexible und planmäßige Durchführung von offensiven Aktionen im Rahmen der Defensive, von Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung im Rahmen eines langwierigen Krieges und von Aktionen auf den äußeren Kampflinien im Rahmen von Operationen auf den inneren Linien;
2. Koordination mit der regulären Kriegführung;
3. Errichtung von Stützpunktgebieten;
4. Strategische Defensive und strategische Offensive;
5. Entwicklung des Partisanenkriegs zum Bewegungskrieg;
6. Richtige Beziehungen zwischen den Kommandostellen.
Diese sechs Punkte bilden das gesamte strategische Programm des Partisanenkriegs gegen Japan, und sie zeigen die Wege, die einzuschlagen sind, um die eigenen Kräfte zu erhalten und zu vergrößern, den Feind zu vernichten und zu vertreiben, um im Zusammenwirken mit der regulären Kriegführung den endgültigen Sieg zu erringen.
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KAPITEL IV
INITIATIVREICHE, FLEXIBLE UND PLANMÄSSIGE DURCHFÜHRUNG VON OFFENSIVEN AKTIONEN IM RAHMEN DER DEFENSIVE, VON KAMPFHANDLUNGEN MIT RASCHER ENTSCHEIDUNG IM RAHMEN EINES LANGWIERIGEN KRIEGES UND VON AKTIONEN AUF DEN ÄUSSEREN KAMPFLINIEN IM RAHMEN VON OPERATIONEN AUF DEN INNEREN LINIEN

Der Gegenstand läßt sich wiederum in vier Punkten abhandeln:
1. das Verhältnis zwischen Defensive und Offensive, zwischen Langwierigkeit und rascher Entscheidung, zwischen Operationen auf den inneren und den äußeren Linien;
2. Initiative bei allen Operationen;
3. flexibler Einsatz der Kräfte;
4. Planmäßigkeit bei allen Operationen.
Um mit dem ersten zu beginnen:
Die Tatsache, daß Japan, der Angreifer, ein starker Staat, und China, das sich verteidigt, schwach ist, bedingt, daß unser Widerstandskrieg als Ganzes genommen in strategischer Hinsicht ein defensiver und langwieriger Krieg ist. Was die Kampflinien betrifft, so operiert Japan auf den äußeren Linien und wir auf den inneren. So ist die Lage von der einen Seite aus gesehen. Auf der anderen Seite aber ist das Verhältnis genau umgekehrt. Die feindliche Armee ist zwar hinsichtlich gewisser Faktoren (Bewaffnung, bestimmte Eigenschaften ihrer Truppen) stark, aber zahlenmäßig schwach, während unsere Armee ebenfalls nur hinsichtlich gewisser Faktoren (Bewaffnung, bestimmte Eigenschaften der Truppen) schwach, jedoch zahlenmäßig stark ist. Nimmt man die Tatsache hinzu, daß der Gegner eine fremde Nation ist, die in unser Land eindringt, wir jedoch auf unserem eigenen Boden seiner Invasion Widerstand leisten, so ergibt sich hieraus der folgende strategische Kurs: Es ist möglich und notwendig, offensive Aktionen in operativer und taktischer Hinsicht im Rahmen der strategischen Defensive durchzuführen, Schlachten oder Gefechte mit rascher Entscheidung im Rahmen eines strategisch langwierigen Krieges und operative oder taktische Aktionen auf den äußeren Linien im Rahmen strategischer Operationen auf den inneren Linien auszutragen. Das ist der strategische Kurs, der im ganzen Widerstandskrieg eingehalten werden muß. Er gilt sowohl für die reguläre Kriegführung wie für den Partisanenkrieg. Der Unterschied
  |089|besteht nur im Grad und in der Form. Im Partisanenkrieg nehmen Offensiven gewöhnlich die Form von Überraschungsangriffen an. Obgleich man auch bei der regulären Kriegführung Überraschungsangriffe unternehmen soll und kann, ist hier doch der Grad der Überraschung geringer. Im Partisanenkrieg besteht die gebieterische Forderung, die Operationen zu einer raschen Entscheidung zu bringen, und der Ring, mit dem wir den Feind in Schlachten und Gefechten auf unserer äußeren Kampflinie umzingeln, ist hier sehr eng. All das unterscheidet den Partisanenkrieg von der regulären Kriegführung.
Daraus ist ersichtlich, daß die Partisaneneinheiten bei ihren Operationen bemüht sein müssen, ihre Kräfte so weit wie möglich zu konzentrieren, geheim und rasch zu handeln, den Feind überraschend anzugreifen und eine rasche Entscheidung der Gefechte herbeizuführen, und daß sie jede passive Verteidigung, jede Verlängerung der Aktion und jede Aufsplitterung ihrer Kräfte vor dem Kampf unbedingt vermeiden müssen. Natürlich schließt der Partisanenkrieg nicht nur die strategische, sondern auch die taktische Verteidigung ein. Zur letzteren gehören unter anderem Bindungs- und Sicherungsaktionen während der Gefechte, die Aufstellung von Truppen zur Verteidigung an Engpässen, an schwer passierbaren Stellen, an Flüssen und in Ortschaften usw., um den Feind zu zermürben und zu erschöpfen, und die Deckung von Rückzugsbewegungen. Die grundlegende Richtlinie des Partisanenkriegs muß jedoch der Angriff sein, der viel offensiver ist als bei der regulären Kriegführung. Obendrein muß dieser Angriff die Form einer Überraschungsaktion haben. Im Partisanenkrieg ist es noch weniger zulässig als im regulären Krieg, sich durch auffällige Zurschaustellung und laute Angeberei zu exponieren. Obwohl es auch im Partisanenkrieg vorkommt, daß sich Kämpfe über einige Tage hinziehen, wie z. B. beim Angriff auf eine kleine und isolierte feindliche Einheit, die von jeder Hilfe abgeschnitten ist, müssen jedoch die Operationen der Partisanenkriegführung in der Regel noch rascher entschieden werden als die der regulären Kriegführung; dies ist dadurch bedingt, daß der Feind stark, wir aber schwach sind. Der Partisanenkrieg wird im allgemeinen mit verteilten Kräften geführt und kann sich daher überallhin ausdehnen; obendrein gilt bei vielen seiner Aufgaben - wie z. B. bei der Beunruhigung des Gegners, bei seiner Bindung und bei Störaktionen sowie bei der Arbeit unter den Massen - stets das Prinzip der Auflockerung der Kräfte. Andererseits jedoch muß eine Partisaneneinheit oder ein Partisanenverband die Hauptkräfte zusammenziehen, wenn die Auf-
  |090| gabe gestellt ist, eine feindliche Einheit zu vernichten, und vor allem, wenn man bestrebt ist, einen feindlichen Angriff zu zerschlagen. "Konzentriert eine große Kraft, um eine kleine feindliche Truppe zu schlagen" bleibt eines der Operationsprinzipien auf dem Schlachtfeld des Partisanenkriegs.
Daraus folgt ebenfalls, daß vom Standpunkt des Widerstandskriegs als Ganzes das Ziel der strategischen Verteidigung erreicht und der endgültige Sieg über die japanischen Imperialisten nur dadurch errungen werden kann, daß sowohl bei der regulären Kriegführung wie auch beim Partisanenkrieg eine große Zahl von operativen und taktischen Angriffskämpfen ausgefochten wird, und zwar durchweg mit Erfolg. Nur dadurch, daß wir zahlreiche Schlachten und Gefechte mit rascher Entscheidung ausgetragen haben, d. h., daß wir die zahlreichen operativen und taktischen Angriffskämpfe durch ihre rasche Entscheidung alle zum siegreichen Ende geführt haben, können wir unseren Zweck - einen strategisch langwierigen Krieg - erreichen, nämlich einerseits Zeit zur Stärkung der Widerstandskraft gewinnen und andererseits Veränderungen in der internationalen Lage und die innere Zersetzung im Lager des Feindes fördern und abwarten, so daß wir zur strategischen Gegenoffensive übergehen und die japanischen Eindringlinge aus China vertreiben können. Wir müssen bei jeder Operation überlegene Kräfte zusammenziehen und in den Schlachten und Gefechten immer nur Aktionen auf den äußeren Linien durchführen - sei es in der Zeit der strategischen Verteidigung, sei es in der Zeit der strategischen Gegenoffensive -, um die feindlichen Einheiten einzukreisen und zu vernichten; können wir nicht alle einkreisen, dann kreisen wir einen Teil ein, können wir nicht alle Eingekreisten vernichten, so tun wir das mit einem Teil, können wir die Eingekreisten nicht in Massen gefangennehmen, so müssen ihnen große Verluste an Toten und Verwundeten zugefügt werden. Nur dadurch, daß wir viele solche Vernichtungsschlachten schlagen, können wir das Kräfteverhältnis zwischen dem Feind und uns verändern, seine strategische Einkreisung - also seine Politik von Operationen auf den äußeren Kampflinien - von Grund auf durchkreuzen und schließlich im Zusammenwirken mit internationalen Kräften und dem revolutionären Kampf des japanischen Volkes die japanischen Imperialisten einkreisen und endgültig vernichten. Diese Erfolge sind vor allem durch die reguläre Kriegführung zu erzielen, und der Partisanenkrieg spielt hierbei eine untergeordnete Rolle. Für beide jedoch gilt das gleiche, daß die Anhäufung vieler kleiner
  |091| Siege schließlich zu einem großen Sieg führt. Und mit der großen strategischen Rolle des Partisanenkriegs im Widerstandskrieg meinen wir eben das.
Jetzt wollen wir uns den Fragen der Initiative, der Flexibilität und der Planmäßigkeit im Partisanenkrieg zuwenden.
Was ist Initiative im Partisanenkrieg?
In jedem Krieg ringen die beiden kriegführenden Seiten mit allen Mitteln um die Initiative - ob auf einem Schlachtfeld, in einer Kampfzone, in einem Frontgebiet oder sogar im ganzen Krieg; denn Initiative bedeutet Handlungsfreiheit für eine Armee. Wenn eine Armee die Initiative verliert und in eine passive Lage gedrängt wird, büßt sie ihre Freiheit ein, gerät in Gefahr, vernichtet oder geschlagen zu werden. An sich ist es verhältnismäßig schwierig, die Initiative zu gewinnen, wenn man sich in der strategischen Verteidigung befindet und auf den inneren Kampflinien operiert, während man bei Angriffsoperationen auf den äußeren Kampflinien leichter die Initiative ergreifen kann. Der japanische Imperialismus weist jedoch zwei grundlegende Schwächen auf: Erstens mangelt es ihm an Streitkräften, und zweitens führt er den Krieg auf fremdem Boden. Außerdem haben die Unterschätzung der Stärke Chinas durch die Japaner und gewisse Gegensätze unter den japanischen Militaristen zu vielen Fehlern in der Truppenführung Anlaß gegeben: z. B. trafen die Verstärkungen nur in Abständen ein, es fehlte eine strategische Koordinierung, zu gewissen Zeiten gab es kein Hauptangriffsziel, bei einigen Operationen versäumten sie es, günstige Gelegenheiten auszunutzen, oder sie umzingelten Einheiten, ohne sie zu vernichten; das alles kann man als die dritte Schwäche des japanischen Imperialismus bezeichnen. So haben der Mangel Japans an Streitkräften (wozu noch kommt, daß das Land klein, die Bevölkerungszahl gering, die Hilfsquellen unzureichend sind, daß Japan ein feudal-imperialistischer Staat ist usw.), die Führung des Krieges auf fremdem Boden (einschließlich des imperialistischen und barbarischen Charakters des Krieges usw.) und die Ungeschicklichkeit seiner Truppenführung zur Folge, daß den japanischen Militaristen die Initiative mit jedem Tag mehr entgleitet, obwohl sie den Vorteil haben, sich in der Offensive zu befinden und auf den äußeren Kampflinien zu operieren. Japan ist zur Zeit weder gewillt noch imstande, den Krieg zu beenden, seine strategische Offensive ist noch nicht zum Stillstand gekommen, aber seiner Offensive sind, wie die allgemeine Entwicklung zeigt, gewisse Grenzen gesetzt - eine unvermeidliche Folge, die sich aus den drei
  |092| Schwächen ergibt. Japan kann nicht unbehindert weiter vordringen und schließlich ganz China schlucken. Schon jetzt sind Anzeichen dafür vorhanden, daß Japan eines Tages in eine völlig passive Lage geraten wird. China dagegen befand sich in der Anfangsperiode des Krieges in einer sehr passiven Lage, wendet sich aber jetzt, da es inzwischen Erfahrungen gesammelt hat, einem neuen Kurs zu, dem Kurs auf den Bewegungskrieg, d. h. auf Angriffsaktionen, rasche Entscheidungen und Kampfhandlungen auf den äußeren Linien - all das im operativen bzw. taktischen Maßstab -, was zusammen mit dem Kurs auf die allgemeine Entfaltung des Partisanenkriegs China dazu verhilft, von Tag zu Tag mehr Initiative zu gewinnen.
Im Partisanenkrieg ist die Frage der Initiative von noch entscheidenderer Bedeutung. Denn die meisten Partisaneneinheiten operieren unter sehr schwierigen Umständen: Sie kämpfen ohne Hinterland; sie stehen mit ihren schwachen Kräften den starken Kräften des Feindes gegenüber; es fehlt ihnen (wenn es sich um neuaufgestellte Einheiten handelt) an Erfahrung; und sie haben keine Verbindung miteinander usw. Trotzdem kann man auch im Partisanenkrieg die Initiative ergreifen; es kommt hauptsächlich darauf an, daß man sich die obenerwähnten drei Schwächen des Feindes zunutze macht. Indem sie aus der Knappheit Japans an Streitkräften Nutzen ziehen (wenn man den Krieg als Ganzes betrachtet), können die Partisaneneinheiten unbesorgt weite Gebiete als Operationsfeld benutzen; indem sie aus der Tatsache Nutzen ziehen, daß der Feind einer fremden Nation angehört und eine äußerst barbarische Politik betreibt, können die Partisaneneinheiten kühn um die Unterstützung durch Millionen und aber Millionen zählende Volksmassen werben; indem sie aus der Ungeschicklichkeit der feindlichen Truppenführung Nutzen ziehen, können die Partisaneneinheiten ihre eigene Geschicklichkeit voll zur Wirkung bringen. Alle diese Schwächen des Feindes muß auch die reguläre Armee ausnutzen, um sie in Waffen für den eigenen Sieg umzuwandeln. Vor allem aber müssen das die Partisaneneinheiten tun. Ihre eigene Schwäche können sie im Verlauf der Kämpfe allmählich verringern, ja, zuweilen liefert ihnen eben diese Schwäche die Voraussetzung dafür, um die Initiative zu ergreifen. So können zum Beispiel die Partisaneneinheiten, gerade weil sie klein und schwach sind, bei ihren Operationen im Hinterland des Feindes unbemerkt auftauchen und wieder verschwinden, ohne daß der Feind ihnen etwas anhaben kann. Sie genießen so eine weitgehende Handlungsfreiheit, die eine große reguläre Armee niemals haben kann.
  |093| Wenn der Feind einen konzentrischen Angriff unternimmt, ist es für eine Partisaneneinheit schwer, die Initiative zu behalten, und allzu leicht, sie zu verlieren. Schätzt sie in einem solchen Fall die Lage nicht richtig ein oder trifft falsche Maßnahmen, so kann sie leicht in eine passive Lage geraten und wird dann den konzentrischen Angriff des Feindes nicht zerschlagen können. So etwas kann sogar geschehen, wenn der Feind in der Defensive ist, während wir angreifen. Die Initiative erwächst folglich aus der richtigen Einschätzung der Lage (sowohl der eigenen wie der des Feindes) und aus richtigen militärischen und politischen Maßnahmen. Eine pessimistische Einschätzung, die mit den objektiven Umständen nicht im Einklang steht, und darauffolgende passive Maßnahmen werden zweifellos zum Verlust der Initiative führen und uns in eine passive Lage bringen. Ebenso werden eine zu optimistische Einschätzung, die den objektiven Umständen nicht entspricht, und daraus resultierende waghalsige (ohne Notwendigkeit waghalsige) Maßnahmen zum Verlust der Initiative führen und uns schließlich auf den gleichen Weg bringen, wie ihn die Pessimisten weisen. Die Initiative ist nicht eine angeborene Eigenschaft irgendeines Genies, sondern etwas, was ein intelligenter Kommandeur sich durch unvoreingenommene Untersuchung und zutreffende Einschätzung der objektiven Umstände sowie durch richtige militärische und politische Maßnahmen erwerben kann. Daraus folgt, daß die Initiative nichts Fertiges ist, sondern etwas, was man sich bewußt aneignen muß.
Wenn eine Partisaneneinheit infolge unzutreffender Einschätzung der Umstände und falscher Maßnahmen oder durch einen unüberwindlichen Druck des Feindes in eine passive Lage gedrängt wird, hat sie die Aufgabe, sich mit allen Mitteln aus ihr zu befreien. Wie dies zu bewerkstelligen ist, hängt von den Umständen ab. In vielen Fällen ist es notwendig, "wegzugehen". Die Fähigkeit, wegzugehen, ist das hervorstechende Merkmal der Partisaneneinheiten. Das Weggehen ist die Hauptmethode, um aus einer passiven Lage herauszukommen und die Initiative zurückzugewinnen. Doch es ist nicht die einzige Methode. Gerade der Augenblick, in dem der Feind uns sehr energisch entgegentritt und wir die größten Schwierigkeiten haben, ist oft der Zeitpunkt, da sich das Kampfgeschehen zu Ungunsten des Feindes und zu unseren Gunsten zu wenden beginnt. Es kommt oft vor, daß sich wieder eine günstige Situation einstellt und man die Initiative erneut an sich reißen kann, wenn man sich bemüht, "ein wenig länger auszuhalten".
  |094| Gehen wir jetzt zur Flexibilität über.
Flexibilität ist ein konkreter Ausdruck der Initiative. Der flexible Einsatz der Kräfte ist im Partisanenkrieg noch notwendiger als im regulären Krieg.
Ein Führer des Partisanenkriegs muß sich darüber klar sein, daß er mit dem flexiblen Einsatz seiner Truppen das wichtigste Mittel in der Hand hat, um das Kräfteverhältnis zwischen sich und dem Feind zu verändern und die Initiative zu ergreifen. Der Charakter des Partisanenkriegs macht es notwendig, daß die Kräfte jeweils entsprechend der vorliegenden Aufgabe sowie der Feindlage, dem Gelände, der örtlichen Bevölkerung und anderen Umständen flexibel eingesetzt werden. Die hauptsächlichen Formen des Einsatzes sind Auflockerung, Konzentration und Truppenverlegung. Wenn der Partisanenführer seine Truppen einsetzt, gleicht er dem Fischer, der sein Netz auswirft, es weit spannt und eng zusammenzieht. Wie der Fischer beim Auswerfen auf die Tiefe des Wassers, die Geschwindigkeit der Strömung und auf Hindernisse zu achten hat, muß der Partisanenführer, der seine Einheiten aufgelockert einsetzt, ebenso achtgeben, um sich nicht durch Unkenntnis der Lage oder falsche Aktionen Verlusten auszusetzen. So wie der Fischer die Schnüre fest in der Hand haben muß, um sein Netz eng zusammenziehen zu können, muß der Partisanenführer die Verbindung mit all seinen Truppenteilen aufrechterhalten und stets ein ausreichendes Kontingent seiner Hauptkräfte zur direkten Verfügung haben. Und genau wie man beim Fischen oft den Platz wechseln muß, so müssen auch die Partisaneneinheiten häufig ihren Standort wechseln. Auflockerung, Konzentration und Standortwechsel sind die drei Mittel des flexiblen Einsatzes der Kräfte im Partisanenkrieg.
Allgemein gesprochen wendet man die Auflockerung der Partisaneneinheiten oder die "Aufteilung des Ganzen" in der Regel in folgenden Fällen an:
1. Wenn der Feind sich in der Defensive befindet, im gegebenen Augenblick für uns keine Möglichkeit besteht, mit konzentrierten Kräften zu operieren, und wir den Feind an einer breiten Front bedrohen wollen;
2. wenn man den Feind in einem Gebiet, wo er nur über schwache Kräfte verfügt, allerorts beunruhigen und durch Diversion stören will;
3. wenn man nicht in der Lage ist, den konzentrischen Angriff des Feindes zu zerschlagen, und darum versucht, sich möglichst unauffällig zu machen und auf diese Weise zu entkommen;
4. wenn man durch das Gelände oder durch Versorgungsschwierigkeiten behindert ist;
5. wenn man in weiten Gebieten
  |095| die Arbeit unter den Massen entfaltet.
Gleich unter welchen Umständen, muß man bei der Auflockerung der Truppen auf das Folgende achten:
1. Man darf seine Kräfte niemals völlig gleichmäßig verteilen, sondern muß einen verhältnismäßig großen Teil in einem zum Manövrieren geeigneten Gebiet aufstellen, um einerseits mit allen Eventualitäten fertig werden zu können und andererseits diesen Teil der Kräfte für die Erfüllung der wichtigsten aller Aufgaben, die den aufgelockerten Kräften zugeteilt worden sind, einzusetzen;
2. man soll den aufgeteilten Einheiten klar umrissene Aufgaben, Operationsgebiete, Zeitpläne für die Aktionen, Sammelorte, Kommunikationsmittel usw. angeben.
Die Konzentration der Kräfte oder die "Zusammenziehung der Teile zu einem Ganzen" wird in der Regel angewendet, wenn es gilt, einen angreifenden Feind zu vernichten - gelegentlich auch, um gewisse Einheiten eines in der Defensive befindlichen Feindes, die haltgemacht haben, zu vernichten. Mit der Konzentration der Kräfte ist keine absolute Konzentration gemeint, sondern die Zusammenziehung der Hauptkräfte in einer wichtigen Richtung, während, was die übrigen Richtungen betrifft, ein Teil der Kräfte dort belassen oder dorthin beordert wird, um den Feind zu binden, zu beunruhigen und durch Diversion zu stören sowie um die Arbeit unter den Massen zu entfalten.
Die flexible Auflockerung bzw. Konzentration der Kräfte je nach den Umständen ist die Hauptmethode im Partisanenkrieg; man muß aber auch verstehen, die Truppen flexibel zu verlegen (ihren Standort zu ändern). Wenn der Feind sich durch Partisaneneinheiten ernstlich bedroht fühlt, wird er Truppen vorschicken, um diese Einheiten unter Druck zu setzen, oder einen Angriff auf sie unternehmen. Daher müssen die Partisaneneinheiten die Umstände in Betracht ziehen. Falls es möglich ist, ein Gefecht zu liefern, müssen sie an Ort und Stelle kämpfen; andernfalls dürfen sie keine Zeit verlieren und müssen schleunigst in eine andere Richtung abschwenken. Um die feindlichen Einheiten einzeln zu schlagen, müssen die Partisaneneinheiten, die soeben eine feindliche Einheit vernichtet haben, manchmal unverzüglich in eine andere Richtung hinüberwechseln, um eine andere Einheit aufzureiben; manchmal, wenn ein bestimmter Platz zum Kampf ungeeignet erscheint, soll sich die Partisaneneinheit sofort vom Feind lösen und in eine andere Richtung hinüberwechseln, um dort zu kämpfen. Wenn die Kräfte des Feindes an dem betreffenden Ort eine außerordentlich ernste Bedrohung bilden, dürfen sich die Par-
  |096| tisaneneinheiten dort nicht lange aufhalten, sondern müssen mit Windeseile ihren Standort wechseln. Im allgemeinen soll eine Verlegung der Truppen geheim und rasch vorgenommen werden. Um den Feind zu täuschen, ihn in eine Falle zu locken oder irrezuführen, muß man häufig verschiedene Kniffe anwenden, beispielsweise im Osten ein Scheinmanöver vollführen, während man im Westen den Angriff unternimmt, bald im Süden, bald im Norden auftauchen, mal dem Feind einen Schlag versetzen, mal sich von ihm loslösen, nächtliche Aktionen durchführen usw.
Flexibilität bei der Auflockerung, bei der Konzentration und Truppenverlegung ist der konkrete Ausdruck der Initiative im Partisanenkrieg, während Starrheit und Trägheit unweigerlich Passivität nach sich ziehen und unnötige Verluste verursachen. Die Klugheit eines Kommandeurs besteht nicht darin, daß er erkennt, wie wichtig es ist, seine Kräfte flexibel einzusetzen, sondern darin, daß er es versteht, die Kräfte je nach den konkreten Umständen rechtzeitig aufzulockern, zu konzentrieren oder zu verlegen. Dieses Witterungsvermögen, auch die winzigsten Veränderungen wahrzunehmen und den richtigen Augenblick zum Handeln geschickt zu wählen, ist nicht leicht zu erwerben; nur wer bereit ist, unvoreingenommen zu studieren, ständig die Umstände zu untersuchen und abzuwägen, kann es sich zu eigen machen. Damit die Flexibilität nicht zu einem unüberlegten Handeln wird, ist es notwendig, die Umstände sorgfältig in Betracht zu ziehen.
Abschließend kommen wir auf die Planmäßigkeit zu sprechen. Wenn man im Partisanenkrieg den Sieg erringen will, kommt man ohne Planmäßigkeit nicht aus. Aufs Geratewohl handeln hieße, daß man nur Partisanenkrieg spielt oder damit dilettantenhaft herumpfuscht. Sowohl den Aktionen in einem Partisanengebiet als Ganzes wie auch denen der einzelnen Partisaneneinheiten oder -verbände muß ein möglichst sorgfältiger Plan vorausgehen; das ist die Vorbereitungsarbeit für jede Aktion. Die Klärung der Lage, die Festlegung der Aufgabe, die Aufstellung der Kräfte, die Durchführung der militärischen Ausbildung und der politischen Erziehung, die Sicherung der Versorgung, das Instandsetzen der Ausrüstung, die Unterstützung durch die Bevölkerung usw. - das alles fällt in den Arbeitsbereich eines Führers, der alles gründlich durchdenken, gewissenhaft ausführen und die Durchführung kontrollieren muß. Ohne diese Voraussetzung sind weder Initiative noch Flexibilität, noch Angriffe möglich. Zwar lassen die Bedingungen des Partisanenkriegs im Unterschied zur
  |097| regulären Kriegführung, die mehr Planmäßigkeit aufweist, keine große Planmäßigkeit zu, und es wäre ein Fehler, wenn man versuchte, hier eine vollständige und strenge Planung durchzuführen; aber es ist trotzdem nötig, auch im Partisanenkrieg so vollständig zu planen, wie es die objektiven Bedingungen gestatten, denn jeder soll sich darüber im klaren sein, daß der Kampf mit dem Feind kein Spaß ist.
Die obengenannten Punkte dienen zur Erläuterung der ersten Frage der strategischen Prinzipien für den Partisanenkrieg: die initiativreiche, flexible und planmäßige Durchführung von offensiven Aktionen im Rahmen der Defensive, von Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung im Rahmen eines langwierigen Krieges und von Aktionen auf den äußeren Kampflinien im Rahmen von Operationen auf den inneren Linien. Hier liegt das Kernproblem der strategischen Prinzipien des Partisanenkriegs. Ist diese Frage gelöst, so wird der Sieg im Partisanenkrieg, was die militärische Führung betrifft, in bedeutendem Maße gesichert sein.
Obgleich wir hier über viele Probleme gesprochen haben, dreht sich doch alles um die Frage der Offensive operativen oder taktischen Maßstabs. Nur nach einer siegreichen Offensive kann die Initiative endgültig übernommen werden. Jede Angriffsoperation muß auf die eigene Initiative unternommen werden, aber niemals unter Druck. Der flexible Einsatz der Truppen dient der zentralen Aufgabe - der Durchführung offensiver Operationen, und Planmäßigkeit ist vor allem notwendig, um den Sieg bei den Angriffsoperationen zu sichern. Die taktischen Verteidigungsmaßnahmen wären sinnlos, wenn sie nicht zum Ziel hätten, direkt oder indirekt eine Offensive zu unterstützen. Mit rascher Entscheidung ist die Dauer der Offensive gemeint, und mit den äußeren Kampflinien der Bereich der Angriffshandlungen. Die Offensive ist das einzige Mittel, um den Feind zu vernichten, und sie ist zugleich das Hauptmittel zur Selbsterhaltung, während reine Verteidigung und reiner Rückzug nur eine vorübergehende und partielle Rolle für die Selbsterhaltung spielen können und für die Vernichtung des Feindes ohne jeden Wert sind.
Dieses Prinzip gilt grundsätzlich sowohl für den regulären Krieg wie für den Partisanenkrieg; nur in der Ausdrucksform besteht ein gradueller Unterschied. Im Partisanenkrieg ist es jedoch wichtig und notwendig, auf diesen Unterschied zu achten. Eben weil es diesen Unterschied gibt, unterscheiden sich die Operationsmethoden des Partisanenkriegs von denen des regulären Krieges. Wenn man diese beiden
  |098| verschiedenen Ausdrucksformen verwechselt, wird der Sieg im Partisanenkrieg unmöglich.

KAPITEL V
KOORDINATION MIT DER REGULÄREN KRIEGFÜHRUNG

Das zweite strategische Problem im Partisanenkrieg ist die Koordination mit der regulären Kriegführung. Wir haben hier, von dem Charakter der konkreten Aktionen des Partisanenkriegs ausgehend, die Beziehung zwischen den Operationen des Partisanenkriegs und denen der regulären Kriegführung zu erläutern. Die Erkenntnis dieser Beziehung ist sehr wichtig, wenn man den Feind erfolgreich schlagen will.
Das Zusammenwirken zwischen dem Partisanenkrieg und der regulären Kriegführung kann auf dreierlei Art erfolgen: strategisch, operativ oder taktisch.
Die Rolle, die der Partisanenkrieg als Ganzes im Rücken des Feindes bei der Schwächung und Bindung des Gegners sowie bei der Behinderung seines Nachschubs spielt, und die moralische Begeisterung, die er bei den regulären Truppen überall im Land und beim gesamten Volk hervorruft, usw. stellen das strategische Zusammenwirken des Partisanenkriegs mit der regulären Kriegführung dar. Nehmen wir den Partisanenkrieg in den Drei Nordöstlichen Provinzen als Beispiel. Vor dem Ausbruch des ganz China erfassenden Widerstandskriegs bestand natürlich noch nicht die Frage der Koordination; aber seither ist ihre Bedeutung offenkundig geworden. Wenn die Partisanen dieser Provinzen noch einen feindlichen Soldaten töten, den Feind noch eine Kugel verschießen lassen, noch einen feindlichen Soldaten daran hindern, den Paß von Schanhaiguan zu überqueren und weiter südlich vorzurücken, dann leisten sie einen weiteren Beitrag zur Stärke des gesamten Widerstands. Ebenso offenkundig ist es, daß die Partisanen einen demoralisierenden Einfluß auf die gesamte feindliche Armee und ganz Japan ausüben, während sie auf unsere gesamte Armee und unser ganzes Volk einen moralisch begeisternden Einfluß haben. Noch offensichtlicher ist die Rolle beim strategischen Zusammenwirken, die der Partisanenkrieg spielt, der zu
  |099| beiden Seiten der Eisenbahnstrecken Peiping-Suiyüan, Peiping-Hankou, Tientsin-Pukou, Datung-Pudschou, Dschengding-Taiyüan und Schanghai-Hangdschou entfaltet wird. Die Partisaneneinheiten spielen nicht nur gegenwärtig, da der Feind seinen strategischen Angriff führt, eine bestimmte Rolle im Zusammenwirken mit den regulären Truppen in unserer strategischen Verteidigung; nicht nur, wenn der Feind nach Beendigung seines strategischen Angriffs dazu übergehen wird, das besetzte Territorium zu behalten, werden die Partisaneneinheiten unter Koordinierung mit den regulären Truppen den Feind daran hindern; sondern sie werden auch mit ihnen zusammenwirken, um die feindliche Armee hinauszuwerfen und alle verlorenen Gebiete zurückzuerobern, wenn die regulären Truppen die strategische Gegenoffensive beginnen. Die gewaltige Rolle beim strategischen Zusammenwirken, die der Partisanenkrieg spielt, darf keinesfalls übersehen werden. Sowohl die Führer der Partisaneneinheiten als auch die der regulären Truppen müssen sich über diese Rolle völlig im klaren sein.
Ferner wirkt der Partisanenkrieg in operativer Hinsicht mit der regulären Kriegführung zusammen. So haben zum Beispiel in der Schlacht bei Hsinkou nördlich von Taiyüan die Partisanen in operativer Hinsicht eine bemerkenswerte mitwirkende Rolle gespielt, indem sie nördlich und südlich von Yänmenguan die Eisenbahnstrecke Datung-Pudschou sowie die Autostraßen durch Pinghsingguan und Yangfangkou unbrauchbar machten. Oder ein anderes Beispiel: Nachdem der Feind Fenglingdu besetzt hatte, spielten die überall in der Provinz Schansi entfalteten Partisanenaktionen (hauptsächlich von den regulären Truppen durchgeführt) in operativer Hinsicht eine noch wichtigere mitwirkende Rolle bei den Verteidigungskämpfen westlich des Gelben Flusses in der Provinz Schensi und südlich des Gelben Flusses in der Provinz Honan. Ferner: Als der Feind Südschantung angriff, haben die Partisanenaktionen in den sämtlichen fünf Provinzen Nordchinas zur Unterstützung der Kampfhandlungen operativen Maßstabs unserer Armee in Südschantung einen beträchtlichen Beitrag geleistet. Bei der Erfüllung derartiger Aufgaben müssen die Leiter der Partisanen-Stützpunktgebiete hinter den feindlichen Linien oder die Kommandeure der vorübergehend aus regulären Truppen gebildeten Partisanenverbände ihre Kräfte wohlüberlegt einsetzen, je nach der gegebenen Zeit und dem gegebenen Ort verschiedene Methoden anwenden und entschlossene Aktionen gegen die verwundbarsten und schwächsten Stellen des Feindes unternehmen, um ihn zu schwächen und zu binden, seinen Nachschub zu unterbrechen, unseren in Kampf-
  |100| handlungen operativen Maßstabs auf den inneren Linien kämpfenden Truppen Mut einzuflößen und so ihre Aufgabe des operativen Zusammenwirkens zu erfüllen. Wenn jedes Partisanengebiet oder jede Partisaneneinheit auf eigene Faust und für sich handelt, ohne das Zusammenwirken mit den operativen Aktionen der regulären Truppen zu beachten, werden sie die Bedeutung des strategischen Zusammenwirkens verringern, auch wenn sie dabei in allgemeiner strategischer Hinsicht eine gewisse Hilfsrolle spielen könnten. Die Führer des Partisanenkriegs müssen dieser Frage größte Beachtung schenken. Um ein solches Zusammenwirken zu ermöglichen, ist es unbedingt notwendig, daß alle größeren Partisaneneinheiten und -verbände über eine Funkausrüstung verfügen.
Schließlich gehört das taktische Zusammenwirken, d. h. das Zusammenwirken auf dem Kampfplatz, zur Aufgabe aller Partisaneneinheiten, die unweit des auf der inneren Linie gelegenen Schlachtfelds operieren. Natürlich gilt dies lediglich für Partisaneneinheiten, die sich in der Nähe der regulären Truppen befinden, oder für jene Partisaneneinheiten, die vorübergehend aus den regulären Truppen gebildet worden sind. In solchen Fällen muß eine Partisaneneinheit laut Weisung des Kommandeurs der regulären Truppen die ihr gestellten Aufgaben erfüllen, und diese bestehen gewöhnlich darin, bestimmte Truppenteile des Feindes zu binden, seine Nachschubwege zu unterbrechen, die Lage beim Feind aufzuklären oder den regulären Truppen Führerdienste zu leisten usw. Aber auch ohne Weisungen des Kommandeurs der regulären Truppen sollen die Partisaneneinheiten aus eigener Initiative solche Aufgaben ausführen. Es ist völlig unzulässig, müßig abseits zu stehen, sich nicht zu rühren und nicht zu kämpfen, oder umherzuziehen, ohne den Kampf aufzunehmen.

KAPITEL VI
ERRICHTUNG VON STÜTZPUNKTGEBIETEN

Das dritte strategische Problem im Partisanenkrieg gegen Japan ist die Errichtung von Stützpunktgebieten; die Notwendigkeit und Wichtigkeit dieses Problems ergeben sich aus dem langwierigen und erbitterten Charakter des Krieges. Da mit der Rückgewinnung unserer verlorenen Gebiete erst nach der Eröffnung der strategischen Gegenoffensive in ganz China begonnen werden kann, wird der Feind bis
  |101|dahin seine Front tief nach Zentralchina hinein vorgeschoben und das Land nach Süden hin aufgespalten haben, und ein Teil - vermutlich sogar der größere Teil - unseres Territoriums wird in die Hände des Feindes gefallen und zu seinem Hinterland geworden sein. Wir aber werden den Partisanenkrieg überall auf dem weiten, vom Feind besetzten Gebiet entfalten, das Hinterland des Feindes zur Front machen und ihn zu unablässigen Kämpfen in diesem ganzen Gebiet zwingen: Bis unsere strategische Gegenoffensive begonnen hat und wir unsere verlorenen Gebiete zurückerobert haben, wird es daher nötig sein, im Hinterland des Feindes den Partisanenkrieg beharrlich fortzusetzen; und das sicherlich für eine sehr lange Zeit, wenn sich auch die Dauer nicht genau bestimmen läßt. Darin besteht eben der langwierige Charakter des Krieges. Andererseits wird der Feind, um seine Interessen in den besetzten Gebieten zu sichern, seine Maßnahmen gegen den Partisanenkrieg von Tag zu Tag verstärken, und besonders wenn seine strategische Offensive zum Stehen gekommen ist, wird er die Partisaneneinheiten grausam unterdrücken. Die Langwierigkeit und die Härte des Krieges machen es also unmöglich, den Partisanenkrieg im Hinterland des Feindes ohne Stützpunktgebiete fortzusetzen.
Was sind Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs? Es sind strategische Basen, mit deren Hilfe die Partisaneneinheiten ihre strategischen Aufgaben erfüllen und jenes Ziel - die eigenen Kräfte zu erhalten und sich zu vergrößern sowie den Feind zu vernichten und zu vertreiben - erreichen. Ohne solche strategischen Basen werden wir keine Stütze zur Ausführung aller strategischen Aufgaben und zur Verwirklichung des Kriegsziels haben. Es ist zwar eins der Merkmale des Partisanenkriegs im Hinterland des Feindes, daß die Partisanen ohne eigenes Hinterland operieren müssen, weil sie von dem allgemeinen Hinterland des Landes losgelöst sind. Ohne Stützpunktgebiet jedoch kann ein Partisanenkrieg nicht von Dauer sein und sich auch nicht entwickeln. Die Stützpunktgebiete sind also sein Hinterland.
Die Geschichte kennt viele Bauernkriege, die nach Methoden umherschweifender Rebellenhaufen geführt wurden, aber keiner dieser Kriege endete mit einem Sieg. Heute, im Zeitalter des Fortschritts von Kommunikation und Technik, ist es erst recht eine völlig unbegründete Illusion, man könne einen Sieg erringen, indem man nach Art der umherschweifenden Rebellenhaufen kämpft. Und doch existiert heute noch eine solche Rebellenmentalität unter den ruinierten Bauern, und in den Köpfen der Führer des Partisanenkriegs verwandelt sie sich in eine Ablehnung oder Unterschätzung der Bedeutung
  |102|der Stützpunktgebiete. Will man daher auf die Errichtung von Stützpunktgebieten Kurs nehmen, so ist es erforderlich, zunächst diese Vorstellung aus den Köpfen der Führer des Partisanenkriegs zu vertreiben. Die Frage, ob man Stützpunktgebiete errichten soll oder nicht und ob man sie als wichtig anzusehen hat oder nicht, mit anderen Worten, der Kampf zwischen der Einstellung auf Errichtung von Stützpunktgebieten und der Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen taucht in jedem Partisanenkrieg auf, und in gewissem Maße kann darin auch der Partisanenkrieg gegen Japan keine Ausnahme machen. Darum ist es unbedingt notwendig, die Mentalität der umherschweifenden Rebellenhaufen ideologisch zu bekämpfen. Nur wenn wir sie völlig überwinden, wenn wir den Kurs auf die Errichtung von Stützpunktgebieten ins Auge fassen und in die Tat umsetzen, können wir zur langfristigen Aufrechterhaltung des Partisanenkriegs beitragen.
Nachdem wir die Notwendigkeit und Bedeutung der Stützpunktgebiete erläutert haben, wollen wir uns den folgenden Problemen zuwenden, die bei der Errichtung von Stützpunktgebieten begriffen und gelöst werden müssen, nämlich: die Typen der Stützpunktgebiete; Partisanengebiete und Stützpunktgebiete; Bedingungen für die Errichtung von Stützpunktgebieten; Festigung und Erweiterung der Stützpunktgebiete und die Formen, in denen wir und der Feind einander einkreisen.

1. DIE TYPEN DER STÜTZPUNKTGEBIETE

Der antijapanische Partisanenkrieg kennt hauptsächlich drei Typen von Stützpunktgebieten: die im Gebirge, die in der Ebene und die in Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten.
Die Vorteile der Errichtung von Stützpunktgebieten in Gebirgsgegenden sind jedem offensichtlich. Zu solchen Stützpunktgebieten gehören jene, die wir in den Gebirgen Tschangbai [1], Wutai [2], Taihang [3], Tai [4], Yän [5] und Mao [6] bereits errichtet haben, errichten oder errichten werden. Diese Stützpunktgebiete werden Stellen sein, die am besten geeignet sind, den Partisanenkrieg gegen Japan auf lange Dauer durchzuhalten; sie sind die wichtigen Festungen in unserem Widerstandskrieg. Wir müssen in allen Gebirgsgegenden hinter den feindlichen Linien den Partisanenkrieg entwickeln und Stützpunktgebiete errichten.
  |103| Natürlich sind die Ebenen weniger geeignet als das Bergland, doch ist es trotzdem keineswegs ausgeschlossen, dort den Partisanenkrieg zu entfalten oder Stützpunktgebiete zu errichten. Der Partisanenkrieg, der in den Ebenen von Hopeh und von Nord- und Nordwestschantung bereits in breitem Maße entfaltet wurde, ist ein Beweis dafür, daß es möglich ist, auch in der Ebene den Partisanenkrieg zu führen. Zwar ist bisher noch nicht erwiesen, ob in derartigen Gegenden Stützpunktgebiete, die sich lange halten lassen, errichtet werden können, aber die Möglichkeit, zeitweilige Stützpunktgebiete zu errichten, ist bereits bestätigt worden, während es durchaus real ist, Stützpunktgebiete für kleinere Einheiten oder für bestimmte Jahreszeiten zu schaffen. Denn einerseits hat unser Feind nicht genügend Truppen und betreibt eine beispiellos brutale Politik, andererseits verfügt China über ein riesiges Territorium und über große Volksmassen, die den Japanern widerstehen, - all das schafft also die objektiven Bedingungen für die Entfaltung des Partisanenkriegs und die Errichtung von zeitweiligen Stützpunktgebieten in den Ebenen; wenn außerdem unsere Truppenführung auf der Höhe sein wird, sollte es selbstverständlich durchaus möglich sein, bewegliche Stützpunktgebiete für kleinere Einheiten zu errichten, die von Dauer sind [7] Es dürfte im allgemeinen kein Zweifel darüber bestehen, daß der Gegner, wenn er seine strategische Offensive beendet hat und zur Sicherung des von ihm besetzten Territoriums übergeht, erbitterte Angriffe gegen alle Stützpunktgebiete der Partisanen unternehmen wird, und natürlich werden die in den Ebenen gelegenen Stützpunktgebiete der Partisanen als erste der Wucht dieser Angriffe ausgesetzt sein. Die in den Ebenen operierenden größeren Partisanenverbände werden dann nicht mehr imstande sein, ihre Kampftätigkeit für lange Zeit hier fortzusetzen, und müssen sich deshalb den Umständen entsprechend nach und nach in die Berggegenden zurückziehen, so z. B. die Partisanen aus der Hopeh-Ebene in das Wutai-Gebirge und Taihang-Gebirge, und aus der Schantung-Ebene in das Tai-Gebirge und auf die Djiaodung-Halbinsel. Trotzdem ist unter den Bedingungen des nationalen Krieges keineswegs die Möglichkeit ausgeschlossen, daß viele kleine Partisaneneinheiten, die sich über verschiedene Kreise der weiten Ebenen verstreuen sollen, zurückgelassen werden und eine Art beweglichen Kampf führen, d. h. ihre Stützpunktgebiete dauernd wechseln, indem sie sie einmal hier, einmal dort errichten. Und auf jeden Fall ist es möglich, einen Partisanenkrieg in bestimmten Jahreszeiten zu führen, indem man sich den grünen Vorhang der sommerlichen Getreidefelder
  |104| und die zugefrorenen Flüsse des Winters zunutze macht. Da der Feind gegenwärtig außerstande ist, sich um diese Dinge zu kümmern, und auch in der Zukunft, wenn er das tun kann, nicht in vollem Maße dazu imstande sein wird, ist es unbedingt notwendig, gegenwärtig auf eine breite Entfaltung des Partisanenkriegs in den Ebenen sowie auf die Errichtung von zeitweiligen Stützpunktgebieten und in der Zukunft auf die Aufrechterhaltung des Partisanenkriegs durch kleine Einheiten oder zumindest für bestimmte Jahreszeiten sowie auf Errichtung von beweglichen Stützpunktgebieten Kurs zu nehmen.
Die Möglichkeiten, den Partisanenkrieg zu entwickeln und Stützpunktgebiete zu errichten, sind - objektiv gesehen - in den Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten größer als in den Ebenen, wenn auch nicht ganz so groß wie im Gebirge. Die unzähligen bewaffneten Kämpfe der "Seeräuber" und "Flußpiraten" in der Vergangenheit und auch der Partisanenkrieg, der zur Zeit der Roten Armee rund um den Hung-See mehrere Jahre hindurch im Gang war, beweisen die Möglichkeit, in Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten den Partisanenkrieg zu führen und Stützpunktgebiete zu errichten. Die politischen Parteien und Gruppen sowie die Volksmassen, die Japan widerstehen, haben jedoch bisher dieser Frage geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Wenn auch vorläufig die subjektiven Bedingungen dafür noch nicht erfüllt sind, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß man dieser Sache ernste Beachtung schenken und sie in Angriff nehmen muß. Es ist notwendig, im Gebiet des Hungdsö-Sees nördlich des Yangtse und im Gebiet des Tai-Sees südlich des Yangtse sowie in sämtlichen Flußmündungsgebieten in den vom Feind besetzten Landesteilen, die an den Strömen und an der Meeresküste liegen, den Partisanenkrieg aufs beste zu organisieren und an solchen Plätzen und in ihrer Umgebung feste Stützpunktgebiete zu errichten, was eine Seite der Entfaltung des Partisanenkriegs im ganzen Land darstellt. Wenn wir diese Seite nicht berücksichtigen, lassen wir damit faktisch dem Feind die Transportmöglichkeiten zu Wasser; das ist eine Lücke in unserem strategischen Plan für den Widerstandskrieg, die rechtzeitig ausgefüllt werden muß.

2. PARTISANENGEBIETE UND STÜTZPUNKTGEBIETE

Im Partisanenkrieg, der im Hinterland des Feindes geführt wird, unterscheidet man Partisanengebiete und Stützpunktgebiete. In den
  |105| vom Feind besetzten Gebieten gibt es jedoch Gegenden, die noch nicht in seiner Hand sind oder die von ihm besetzt waren und von uns wieder zurückgewonnen wurden, wie z. B. gewisse Kreise im Wutai-Gebirge (das Grenzgebiet Schansi-Tschahar-Hopeh) sowie einige Gegenden im Gebiet des Taihang-Gebirges und des Tai-Gebirges; sie bieten sich als fertige Stützpunktgebiete geradezu an; mit denen als Rückhalt können die Partisanen ihre Kampfhandlungen erfolgreich entfalten. Aber in anderen Gegenden, die in der Nähe dieser Stützpunktgebiete liegen, ist die Lage anders, wie z. B. in den östlichen und nördlichen Gebieten des Wutai-Gebirges, nämlich in einigen Gegenden von Westhopeh und Südtschahar sowie an vielen Orten östlich von Baoding und westlich von Tsangdschou. Im Anfangsstadium des Partisanenkriegs vermochten die Partisaneneinheiten diese Gegenden noch nicht vollständig zu besetzen, konnten nur häufige Streifzüge unternehmen, so daß diese Gebiete von den Partisaneneinheiten nur bei deren Anwesenheit kontrolliert werden und erneut unter die Marionettenmacht geraten, wenn die Partisaneneinheiten abziehen. Solche Gebiete sind noch keine Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs, sondern lediglich sogenannte Partisanengebiete. Derartige Gebiete werden zu Stützpunktgebieten, sobald sie die nötigen Prozesse des Partisanenkriegs durchlaufen haben, d. h., sobald hier eine größere Anzahl von feindlichen Truppen vernichtet oder geschlagen worden sind, sobald die Marionettenmacht gestürzt ist, die Aktivität der Volksmassen geweckt und antijapanische Massenorganisationen gegründet sind, sobald die Volksbewaffnung fortgeschritten und eine antijapanische politische Macht geschaffen worden ist. Wenn wir von einer Ausdehnung unserer Stützpunktgebiete sprechen, so meinen wir damit die Angliederung solcher Stützpunktgebiete an die bereits vorhandenen Stützpunktgebiete.
An einigen Orten war das gesamte von Partisanenoperationen erfaßte Gebiet anfänglich nur ein Partisanengebiet. Als Beispiel mag Osthopeh dienen. Dort halten sich die Marionettenbehörden schon seit langem, und das gesamte Gebiet, in dem die aus lokalen Aufständen hervorgegangenen bewaffneten Kräfte der Volksmassen und die aus dem Wutai-Gebirge entsandten Partisanenabteilungen operieren, war am Anfang lediglich ein Partisanengebiet. Zu Beginn konnten sie sich nur günstige Plätze als ihr zeitweiliges Hinterland oder, anders gesagt, als ihre vorübergehenden Stützpunktgebiete wählen. Nur wenn in einem solchen Gebiet der Feind vernichtet ist und die Volksmassen weitgehend mobilisiert sind, kann erst dieses Gebiet
  |106| seinen Charakter als Partisanengebiet verlieren und in ein relativ stabiles Stützpunktgebiet verwandelt werden.
Daraus ist ersichtlich, daß die Umwandlung eines Partisanengebiets in ein Stützpunktgebiet ein schwieriger Schaffensprozeß ist, dessen Vollendung vom Ausmaß der Vernichtung des Feindes und der Mobilisierung der Volksmassen abhängt.
Viele Gebiete werden auf lange Zeit den Charakter eines Partisanengebiets beibehalten. Der Feind wird hier nicht imstande sein, eine stabile Marionettenmacht zu errichten, sosehr er sich auch bemühen mag, diese Gebiete seiner Kontrolle zu unterstellen, während wir ebensowenig in der Lage sind, unser Ziel - die Gründung einer antijapanischen politischen Macht - zu erreichen, sosehr wir uns auch bemühen, den Partisanenkrieg zu entfalten. Beispiele hierfür finden sich in den vom Feind besetzten Landesteilen entlang den Eisenbahnstrecken und in der Nähe von Großstädten sowie in einigen Flachlandgebieten.
Was die Großstädte, die Eisenbahnstationen und gewisse Gebiete im Flachland betrifft, die von starken Kräften des Feindes kontrolliert werden, so können sich die Partisaneneinheiten ihnen nur nähern, aber nicht ins Innere solcher Orte und Gebiete eindringen, wo eine verhältnismäßig stabile Marionettenmacht besteht. Das ist ein anderer Fall.
Fehler in unserer Führung oder starker Druck des Feindes können gelegentlich eine Rückentwicklung des oben beschriebenen Zustands bewirken. So kann ein Stützpunktgebiet zu einem Partisanengebiet werden und ein Partisanengebiet zu einem Gebiet, das vom Feind verhältnismäßig stabil besetzt ist. Derartige Veränderungen sind möglich, und sie erfordern die besondere Wachsamkeit der Führer des Partisanenkriegs.
Infolge des Partisanenkriegs und unserer Kämpfe mit dem Feind wird demnach das gesamte vom Feind besetzte Territorium in die folgenden drei Kategorien zerfallen: (1) antijapanische Stützpunktgebiete, die von unseren Partisaneneinheiten und unseren Machtorganen kontrolliert werden; (2) Gebiete, die sich in der Hand des japanischen Imperialismus und seiner Marionettenmacht befinden; (3) Gebiete, die dazwischen liegen und von beiden Seiten umkämpft werden - mit anderen Worten: Partisanengebiete. Die Führer des Partisanenkriegs haben die Pflicht, die Gebiete der ersten und dritten Kategorie so weit wie möglich auszudehnen und die der zweiten
  |107| Kategorie nach besten Kräften zu verkleinern. Das ist die strategische Aufgabe des Partisanenkriegs.

3. VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE ERRICHTUNG VON STÜTZPUNKTGEBIETEN

Die Grundvoraussetzungen für die Errichtung eines Stützpunktgebiets sind, daß eine antijapanische Streitmacht vorhanden ist und dazu eingesetzt wird, den Feind zu schlagen und die Volksmassen zu mobilisieren. Deshalb geht es bei der Errichtung eines Stützpunktgebiets in erster Linie um den Aufbau einer Streitmacht. Die Führer des Partisanenkriegs müssen ihre ganze Energie einsetzen, um eine oder mehrere Partisaneneinheiten aufzustellen und ihnen dazu zu verhelfen, daß sie im Verlauf der Kämpfe nach und nach zu Partisanenverbänden oder sogar zu regulären Einheiten und Verbänden anwachsen. Der Aufbau einer Streitmacht ist das Hauptkettenglied bei der Errichtung eines Stützpunktgebiets; wenn keine oder nur eine schwache Streitmacht vorhanden ist, läßt sich nichts erreichen. Das ist die erste Voraussetzung.
Die zweite unerläßliche Voraussetzung für die Errichtung eines Stützpunktgebiets besteht darin, daß diese Streitmacht eingesetzt wird, um im Zusammenwirken mit den Volksmassen den Feind zu schlagen. Alle Orte unter feindlicher Kontrolle sind Stützpunktgebiete des Feindes, nicht aber der Partisanen. Es ist selbstverständlich, daß man ein Stützpunktgebiet des Feindes nicht in ein Stützpunktgebiet der Partisanen verwandeln kann, ohne den Feind geschlagen zu haben. Wenn wir die Angriffe des Feindes nicht zerschlagen und ihn nicht besiegen, werden sogar von uns gehaltene Orte und Gebiete in die Hand des Feindes geraten und wird es uns unmöglich sein, Stützpunktgebiete zu errichten.
Die dritte unerläßliche Voraussetzung für die Errichtung eines Stützpunktgebiets ist der Einsatz aller unserer Kräfte - einschließlich der Streitmacht - zur Mobilisierung der Volksmassen für den Kampf gegen Japan. Im Verlauf dieses Kampfes müssen wir die Volksmassen bewaffnen, d. h. Selbstschutzabteilungen und Partisanengruppen organisieren. Im Verlauf dieses Kampfes müssen wir Massenorganisationen gründen. Wir müssen die Arbeiter, die Bauern, die Jugend, die Frauen, die Kinder, die Kaufleute und die Angehörigen der freien Berufe - je nach dem Grad ihres politischen Bewußtseins und ihres
  |108| Kampfgeistes - in die verschiedenen zum Kampf gegen Japan erforderlichen Organisationen eingliedern und diese Organisationen Schritt um Schritt erweitern. Ohne Organisation kann die antijapanische Widerstandskraft der Volksmassen nicht wirksam werden. Im Verlauf dieses Kampfes müssen wir die offenen und versteckten Landesverräter ausmerzen; auch das können wir nur erreichen, wenn wir uns auf die Kraft der Volksmassen stützen. Besonders wichtig ist es, daß wir die Volksmassen im Verlauf dieses Kampfes dazu bringen, örtliche antijapanische Machtorgane zu schaffen bzw. vorhandene zu festigen. Dort, wo der Feind die früheren chinesischen Machtorgane nicht zerstört hat, müssen wir sie mit der Unterstützung der breiten Volksmassen reorganisieren und festigen; dort, wo sie, zerstört sind, müssen wir sie durch die Anstrengungen der breiten Volksmassen wiederherstellen. Diese Machtorgane müssen die Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront durchführen und alle Kräfte des Volkes zum Kampf gegen den einzigen Feind - den japanischen Imperialismus - und gegen seine Lakaien - die Landesverräter und die Reaktionäre - zusammenschließen.
Ein Stützpunktgebiet für den Partisanenkrieg kann nur dann tatsächlich errichtet werden, wenn die drei Grundvoraussetzungen schrittweise geschaffen sind, d. h., wenn die antijapanische Streitmacht aufgebaut ist, wenn der Feind geschlagen ist und wenn die Volksmassen mobilisiert worden sind.
Ferner müssen wir auch noch die geographischen und wirtschaftlichen Bedingungen erwähnen. Was die geographischen Bedingungen angeht, haben wir bereits im vorhergehenden Abschnitt "Die Typen der Stützpunktgebiete" von den drei Typen gesprochen und brauchen hier nur noch auf die Hauptforderung einzugehen: das Gebiet muß groß genug sein. An Orten, wo der Feind uns von allen vier Seiten oder von drei Seiten eingekreist hat, bieten Gebirgsgegenden selbstverständlich die besten Bedingungen für die Errichtung von Stützpunktgebieten, die wir auf lange Zeit hinaus halten können; die Hauptsache ist jedoch, daß die Partisaneneinheiten genügend Raum zum Manövrieren, d. h. ein großes Gebiet haben. Wenn ein großes Gebiet vorhanden ist, kann der Partisanenkrieg auch in den Ebenen entfaltet und aufrechterhalten werden, ganz zu schweigen von den Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten. Im allgemeinen ist diese Bedingung für die Entfaltung des Partisanenkriegs in China bereits durch die Größe des chinesischen Territoriums und die Truppenknappheit
  |109| des Feindes erfüllt. Vom Standpunkt der Möglichkeit, einen Partisanenkrieg zu führen, ist diese Bedingung von wichtiger, ja erstrangiger Bedeutung; in kleinen Ländern wie z.B. Belgien, wo diese Bedingung fehlt, ist eine solche Möglichkeit sehr gering oder gar ausgeschlossen. in China dagegen ist diese Bedingung von Natur aus gegeben, sie wartet geradezu darauf, genutzt zu werden; man braucht sie nicht erst zu erkämpfen, sie stellt kein Problem dar.
Die wirtschaftlichen Bedingungen gleichen, von der Naturseite aus betrachtet, den geographischen. Wir behandeln hier schließlich nicht die Errichtung von Stützpunktgebieten in einer Wüste, in der auch kein Feind anzutreffen ist, sondern im Hinterland des Feindes; überall, wohin der Feind vordringen kann, leben selbstverständlich bereits seit langem Chinesen und ist die wirtschaftliche Basis für ihre Existenz seit langem vorhanden, so daß sich die Frage nach der Wahl ökonomischer Bedingungen bei der Errichtung von Stützpunktgebieten gar nicht stellt. Wir sollen ohne jede Rücksicht auf die wirtschaftlichen Bedingungen unser Äußerstes tun, um überall, wo Chinesen und Feindkräfte anzutreffen sind, den Partisanenkrieg zu entfalten und ständige oder zeitweilige Stützpunktgebiete zu errichten. Betrachtet man aber die Sache von der politischen Seite, so sieht sie anders aus: Hier gibt es ein Problem, und zwar das Problem der Wirtschaftspolitik; das für die Errichtung von Stützpunktgebieten lebenswichtige Bedeutung hat. Die Wirtschaftspolitik in den Stützpunktgebieten der Partisanen muß den Grundsätzen der antijapanischen nationalen Einheitsfront folgen, die darin bestehen, daß die finanziellen Lasten rational verteilt werden und der Handel geschützt wird. Weder die örtlichen Machtorgane noch die Partisaneneinheiten dürfen gegen diese Grundsätze verstoßen, da sich ein solches Verhalten zum Schaden der Errichtung von Stützpunktgebieten und der Aufrechterhaltung des Partisanenkriegs auswirken würde. Die rationale Verteilung der finanziellen Lasten bedeutet die Verwirklichung der Parole "Wer Geld hat, soll zahlen", während die Bauern die Partisaneneinheiten innerhalb gewisser Grenzen mit Getreide zu versorgen haben. Der Schutz des Handels muß darin bestehen, daß die Partisaneneinheiten strikte Disziplin wahren und daß es streng verboten ist, auch nur einen Laden zu beschlagnahmen, abgesehen von den Fällen, in denen die Inhaber als unbestreitbar überführte Landesverräter entlarvt worden sind. Das wird eine schwierige Sache sein, aber das ist unsere festgelegte Politik, die durchgeführt werden muß.
  |110|  

4. KONSOLIDIERUNG UND ERWEITERUNG VON STÜTZPUNKTGEBIETEN

Um den in China eingedrungenen Feind in seinen wenigen Stützpunkten, d. h. in den Großstädten und an den Hauptverbindungslinien, einzukreisen, müssen die Partisanen mit allen Kräften bestrebt sein, den Partisanenkrieg von ihren Stützpunktgebieten aus in die umliegenden Gegenden vorzutragen und sich allen Stützpunkten des Feindes zu nähern; so werden sie seine Existenz bedrohen, die Moral seiner Armee erschüttern und gleichzeitig die Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs erweitern. Das ist absolut notwendig. In diesem Zusammenhang müssen wir uns dem Konservatismus im Partisanenkrieg widersetzen. Der Konservatismus, gleichgültig ob er aus dem Wunsch nach einem bequemen Leben oder aus einer Überschätzung der gegnerischen Kräfte hervorgeht, kann im Widerstandskrieg nur zu Schaden führen und sich ungünstig auf den Partisanenkrieg und die Stützpunktgebiete selbst auswirken. Andererseits darf man nicht versäumen, die Stützpunktgebiete zu konsolidieren, wobei die Hauptaufgabe in der Mobilisierung und Organisierung der Volksmassen und in der Ausbildung der Partisaneneinheiten und der lokalen bewaffneten Kräfte besteht. Eine derartige Konsolidierung ist sowohl für die Aufrechterhaltung eines langwierigen Krieges als auch für die Erweiterung der Stützpunktgebiete vonnöten, denn ohne Konsolidierung ist eine kraftvolle Erweiterung nicht möglich. Wenn wir im Partisanenkrieg nur die Erweiterung im Sinne haben und die Konsolidierung außer acht lassen, werden wir nicht in der Lage sein, den Angriffen des Feindes standzuhalten, und infolgedessen nicht nur jede Möglichkeit einer Erweiterung einbüßen, sondern auch das Bestehen der Stützpunktgebiete selbst gefährden. Der richtige Kurs ist: Erweiterung auf der Grundlage der Konsolidierung; das ist eine gute Methode, die uns gestattet, beim Vorrücken erfolgreich anzugreifen und uns beim Rückzug wirksam zu verteidigen. Soweit es sich um einen langwierigen Krieg handelt, steht vor jeder Partisaneneinheit ständig die Frage der Konsolidierung und Erweiterung der Stützpunktgebiete. Ihre konkrete Lösung hängt von den gegebenen Umständen ab. In manchen Zeitabschnitten kann der Schwerpunkt auf der Erweiterung der Partisanengebiete, also auf ihrer Ausdehnung und der zahlenmäßigen Stärkung der Partisaneneinheiten liegen. In anderen Augenblicken liegt er auf der Konsolidierung, also auf der Organisierung der Volksmassen und der Ausbildung der Truppen.
  |111| Da diese beiden Aufgaben ihrer Natur nach verschieden sind und folglich die militärischen Anordnungen und die Durchführung der genannten Aufgaben in dem einen und dem anderen Fall voneinander abweichen, ist eine erfolgreiche Lösung der Frage nur möglich, wenn man den Schwerpunkt je nach Zeit und Umständen verlagert.

5. DIE VON UNS UND DIE VOM GEGNER ANGEWANDTEN FORMEN DER EINKREISUNG

Betrachtet man den Widerstandskrieg als Ganzes, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß wir in strategischer Hinsicht vom Feind eingekreist sind, da er strategisch in der Offensive ist und auf den äußeren Kampflinien operiert, während wir uns in der strategischen Defensive befinden und auf den inneren Kampflinien operieren. Dies ist die erste Form unserer Einkreisung durch den Feind. Da wir unter Einsatz unserer zahlenmäßig überlegenen Kräfte in operativer und taktischer Hinsicht eine Politik des Angriffs und der Kampfhandlungen auf den äußeren Linien gegen den Feind anwenden, der von den äußeren Linien her aus verschiedenen Richtungen gegen uns vorrückt, so wird jede der einzelnen Kolonnen des Feindes in unsere Einkreisung geraten. Dies ist die erste Form der Einkreisung des Feindes durch uns. Wenn wir sodann die Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs im Hinterland des Feindes betrachten, so ist jedes dieser isolierten Stützpunktgebiete entweder von allen vier oder von drei Seiten durch den Feind eingekreist. Zu den ersteren gehört beispielsweise das Gebiet im Wutai-Gebirge und zu den letzteren das Gebiet von Nordwestschansi. Dies ist die zweite Form unserer Einkreisung durch den Feind. Wenn man jedoch die einzelnen Stützpunktgebiete der Partisanen im Zusammenhang miteinander oder mit den Kampffronten der regulären Truppen betrachtet, so sieht man, daß viele Teile des Feindes von uns eingekreist sind. So haben wir beispielsweise in der Provinz Schansi die Eisenbahnstrecke Datung-Pudschou von drei Seiten (vom Osten, vom Westen und vom Süden her) und die Stadt Taiyüan von allen Seiten eingekreist. In den Provinzen Hopeh und Schantung gibt es viele Beispiele für eine derartige Einkreisung. Dies ist die zweite Form der Einkreisung des Feindes durch uns. Somit entstehen je zwei Formen der Einkreisung durch den Feind und durch uns, die im großen und ganzen dem "Wetji"-Spiel [8] gleichen; die Schlachten und Gefechte, die der Feind gegen uns und die wir gegen
  |112| ihn führen, gleichen dem "Nehmen" der Spielsteine, während die Stützpunkte des Feindes und die Stützpunktgebiete der Partisanen sich mit den "Fenstern" auf dem Brett vergleichen lassen. Eben in diesen "Fenstern" offenbart sich die große strategische Bedeutung der Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs im Hinterland des Feindes. Dieses Problem wird vom Widerstandskrieg aufgeworfen, und so müssen sowohl die militärischen Befehlsstellen des Landes als auch die Führer des Partisanenkriegs in den verschiedenen Gebieten die Aufgabe, den Partisanenkrieg im Hinterland des Feindes zu entfalten und überall, wo es möglich ist, Stützpunktgebiete zu errichten, auf die Tagesordnung setzen und als eine strategische Aufgabe durchführen. Wenn es uns möglich ist, auf internationaler Ebene eine antijapanische Front im Pazifikraum zu bilden, bei der China als eine strategische Einheit auftritt, während die Sowjetunion und möglicherweise auch andere Staaten weitere strategische Einheiten darstellen, werden wir dem Feind eine Art von Einkreisung voraus haben und eine äußere Kampflinie im Pazifikraum bilden können, auf der wir das faschistische Japan einkesseln und vernichten werden. Heute hat das natürlich noch keine praktische Bedeutung, aber eine solche Perspektive ist nicht unmöglich.

KAPITEL VII
STRATEGISCHE DEFENSIVE UND STRATEGISCHE OFFENSIVE IM PARTISANENKRIEG

Das vierte strategische Problem im Partisanenkrieg betrifft die strategische Defensive und die strategische Offensive. Hier erhebt sich die Frage, wie der Kurs auf offensive Operationen, den wir bereits bei der Behandlung des ersten Problems erörtert haben, im Partisanenkrieg gegen Japan sowohl bei der Defensive wie auch bei der Offensive konkret durchgeführt wird.

Innerhalb der sich über ganz China erstreckenden strategischen Defensive oder strategischen Offensive (genauer ausgedrückt: der strategischen Gegenoffensive) finden in jedem Stützpunktgebiet des Partisanenkriegs und seiner Umgebung noch eine strategische Defensive und eine strategische Offensive kleineren Ausmaßes statt. Mit strategischer Defensive ist eine strategische Situation gemeint, bei welcher der Feind in der Offensive ist, während wir uns in der
  |113| Defensive befinden, sowie unser dementsprechender strategischer Kurs; mit strategischer Offensive ist eine strategische Situation gemeint, bei der sich der Feind in der Defensive befindet, während wir in der Offensive sind, sowie unser entsprechender strategischer Kurs.

1. DIE STRATEGISCHE DEFENSIVE IM PARTISANENKRIEG

Nachdem der Partisanenkrieg ausgebrochen ist und einen gewissen Umfang angenommen hat, wird der Feind unweigerlich die Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs angreifen - vor allem dann, wenn seine strategische Offensive gegen das ganze Land zum Stillstand gekommen ist und er dazu übergeht, die eroberten Gebiete zu sichern. Es ist notwendig, diese Unvermeidlichkeit zu erkennen; denn sonst würden die Führer des Partisanenkriegs völlig unvorbereitet sein, und sie könnten, wenn sie sich den schweren feindlichen Angriffen einmal gegenübersehen, erschrecken und den Kopf verlieren, und ihre Truppen würden vom Feind geschlagen.
Um den Partisanenkrieg und dessen Stützpunktgebiete zu liquidieren, setzt der Feind häufig konzentrische Angriffe an. So hat er z. B. gegen das Gebiet des Wutai-Gebirges bereits vier bis fünf "Strafexpeditionen" durchgeführt und jedesmal rückte er in drei, vier und sogar sechs oder sieben Kolonnen vor, und zwar gleichzeitig, planmäßig. Je größer das Ausmaß des Partisanenkriegs, je wichtiger die geographische Lage der Stützpunktgebiete ist und je stärker die strategischen Basen und die wichtigen Verbindungslinien des Feindes bedroht werden, um so verbissener werden seine Angriffe gegen die Partisanen und deren Stützpunktgebiete sein. Wenn der Feind dort sehr heftige Angriffe durchführt, ist es ein Zeichen dafür, daß der Partisanenkrieg besonders erfolgreich und die Koordination des Partisanenkriegs mit der regulären Kriegführung sehr wirkungsvoll ist.
Unternimmt der Feind einen konzentrischen Angriff in mehreren Kolonnen, soll im Partisanenkrieg darauf Kurs genommen werden, ihn durch eine entsprechende Gegenoperation zu zerschlagen. Das kann leicht geschehen, wenn jede der vorrückenden feindlichen Kolonnen nur aus einer größeren oder kleineren Einheit besteht, wenn die einzelne Kolonne weder durch nachfolgende Truppen verstärkt wird, noch die Möglichkeit hat, entlang der Vormarschstraße Truppen zu stationieren, Befestigungen zu errichten und Autostraßen zu bauen. Zu dieser Zeit befindet sich der Feind in der Offensive und operiert
  |114| auf den äußeren Kampflinien, während wir uns in der Defensive befinden und auf den inneren Kampflinien operieren. Unsere Truppen sollen so verteilt werden, daß eine kleine Anzahl mehrere Kolonnen des Gegners bindet, während die Hauptkräfte gegen eine der feindlichen Kolonnen eingesetzt werden, wobei sie die Methode operativer und taktischer Überraschungsangriffe anwenden (hauptsächlich in Form von Überfällen aus dem Hinterhalt) und den Feind schlagen, während er sich auf dem Marsch befindet. Der Feind wird, wie stark er auch sein mag, durch solche wiederholten Überraschungsangriffe geschwächt. Häufig wird er sich zurückziehen, auch wenn er schon auf halbem Wege ist. Dann können die Partisaneneinheiten während der Verfolgung weitere Überraschungsangriffe gegen ihn führen und ihn noch mehr schwächen. Gewöhnlich besetzt der Feind, bevor seine Offensive zum Stillstand kommt oder er sich zurückzuziehen beginnt, die Kreisstädte oder Marktflecken innerhalb unseres Stützpunktgebiets. Daraufhin müssen wir diese Städte bzw. Marktflecken umzingeln, den Feind von den Lebensmittelquellen abschneiden und seine Verbindungswege unterbrechen, damit wir, sobald er nicht mehr standhalten kann und den Rückzug antritt, die Gelegenheit ausnutzen können, ihn zu verfolgen und anzugreifen. Wenn wir eine feindliche Kolonne vernichtet haben, müssen wir unsere Kräfte verlegen, um eine andere zu vernichten, und indem wir eine Kolonne nach der anderen zerschlagen, zerschmettern wir den konzentrischen Angriff des Feindes.
Ein großes Stützpunktgebiet, wie das Wutai-Gebirge, das einen "Militärbezirk" bildet, zerfällt in vier, fünf oder sogar mehr "militärische Unterbezirke", und in jedem solchen "militärischen Unterbezirk" gibt es selbständig operierende Streitkräfte. Bei Anwendung der oben beschriebenen Operationsmethode haben diese Kräfte oft die Angriffe des Feindes entweder gleichzeitig oder nacheinander zerschlagen.
Gemäß unserem Operationsplan gegen einen konzentrischen Angriff des Feindes stellen wir unsere Hauptkräfte gewöhnlich auf den inneren Kampflinien auf. Verfügen wir jedoch über genügend Truppen, so ist es notwendig, die Hilfskräfte (z. B. Partisaneneinheiten der Kreise und Distrikte oder sogar aus den regulären Truppen bereitgestellte Abteilungen) auf die äußeren Kampflinien zu werfen, um die Verbindungswege des Feindes zu unterbrechen und seine Verstärkungen zu binden. Falls der Feind sich in unserem Stützpunktgebiet festsetzt, bietet sich für uns die Umkehrung dieser Taktik an, das heißt, wir belassen einen Teil unserer Kräfte im Stützpunktgebiet, um den
  |115| Feind hier einzuschließen, während wir mit unseren Hauptkräften einen Angriff in der Gegend unternehmen, aus der er gekommen ist, und dort aktive Aktionen entfalten, um den sich in unserem Stützpunktgebiet festsetzenden Feind zum Abzug und zu einem Angriff auf unsere Hauptkräfte zu veranlassen. Dies ist die Taktik "Den Staat Dschao retten, indem man den Staat We belagert" [9].
Im Verlauf der Operationen zur Abwehr des konzentrischen Angriffs des Feindes sollen die antijapanischen Selbstschutzabteilungen der örtlichen Bevölkerung sowie sämtliche Massenorganisationen restlos dazu mobilisiert werden, an den Kampfhandlungen teilzunehmen, unseren Truppen in jeder Weise zu helfen und den Feind zu bekämpfen. Im Kampf gegen den Feind erweist es sich als wichtig, den Ausnahmezustand in der betreffenden Gegend zu verhängen und - soweit irgend möglich - unsere Verteidigungsanlagen zu verstärken und die Felder abzuernten. Der Zweck der ersten Maßnahme besteht darin, Landesverräter zu unterdrücken und zu verhindern, daß. der Feind Informationen erhält; die zweite Maßnahme zielt darauf ab, die Operationen unserer Truppen (durch Verstärkung der Verteidigungsanlagen) zu unterstützen und die Lebensmittelzufuhr des Feindes (durch das Abernten der Felder) zu unterbinden. Mit dem Abernten der Felder ist hier die frühe Einbringung der herangereiften Ernte gemeint.
Beim Rückzug brennt der Feind häufig die Häuser in den Städten, die er zuvor besetzt hatte, und die Dörfer, die an seinem Rückzugsweg liegen, nieder, um so Stützpunktgebiete der Partisanen zu zerstören. Aber damit beraubt er sich selbst aller schützenden Dächer und der Lebensmittel, die er bei seiner nächsten Offensive benötigt, und der Schaden fällt auf sein eigenes Haupt zurück. Das ist einer der konkreten Beweise für die These, daß ein und dieselbe Sache zwei entgegengesetzte Seiten hat.
Die Führer des Partisanenkriegs dürfen nicht daran denken, ihr Stützpunktgebiet zu verlassen und in ein anderes hinüberzuwechseln, es sei denn, wiederholte Operationen zur Abwehr des konzentrischen Angriffs des Feindes hätten erwiesen, daß es unmöglich ist, die schweren konzentrischen Angriffe des Feindes zu zerschlagen. Unter diesen Umständen muß man sich vor Pessimismus hüten. Solange in der Führung keine grundsätzlichen Fehler begangen werden, ist es normalerweise möglich, in Gebirgsgegenden derartige Angriffe zu zerschlagen und die Stützpunktgebiete zu halten. Nur wenn im Flachland ein schwerer konzentrischer Angriff erfolgt, sind gemäß den
  |116| konkreten Umständen folgende Maßnahmen zu erwägen: Zahlreiche kleinere Partisaneneinheiten sollen dort zur Durchführung aufgelockerter Einzeloperationen zurückgelassen und die großen Partisanenverbände vorübergehend in gebirgige Regionen verlegt werden, aus denen sie dann zurückkehren, um ihre Tätigkeit im Flachland wiederaufnehmen zu können, sobald die Hauptkräfte des Feindes abgezogen sind.
Infolge des Widerspruchs zwischen dem riesigen Territorium Chinas und der Knappheit Japans an Streitkräften können die Japaner im allgemeinen nicht zur Methode des Blockhauskriegs greifen, wie sie die Kuomintang zur Zeit des Bürgerkriegs in China anwandte. Wir müssen jedoch mit der Möglichkeit rechnen, daß sie diese Methode bis zu einem gewissen Grad in solchen Stützpunktgebieten der Partisanen anwenden, die eine besondere Gefährdung ihrer lebenswichtigen Positionen darstellen. Aber auch in diesem Fall sollen wir darauf gefaßt sein, den Partisanenkrieg in derartigen Gebieten aufrechtzuerhalten. Wenn wir, wie das die Erfahrungen des Bürgerkriegs zeigen, selbst damals imstande waren, den Partisanenkrieg fortzusetzen, so kann nicht der leiseste Zweifel daran bestehen, daß wir in einem nationalen Krieg erst recht dazu imstande sind. Denn selbst wenn der Feind, was das Verhältnis der militärischen Kräfte anbetrifft, es fertigbringen kann, gegen einige unserer Stützpunktgebiete nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ absolut überlegene Kräfte einzusetzen, bleiben dennoch nach wie vor die nationalen Widersprüche zwischen dem Feind und uns unlösbar und Schwächen in seiner Truppenführung unvermeidlich. Unsere Siege beruhen darauf, daß wir tief in den Volksmassen arbeiten und uns elastischer Methoden der Kriegführung bedienen.

2. DIE STRATEGISCHE OFFENSIVE IM PARTISANENKRIEG

Wenn wir einen feindlichen Angriff zurückgeworfen haben, befindet sich der Feind, bevor er eine neue Offensive startet, in der strategischen Defensive, während wir uns in der strategischen Offensive befinden.
In dieser Zeit besteht die Richtlinie unserer Operationen nicht darin, jene feindlichen Kräfte anzugreifen, die sich in ihren Verteidigungsstellungen verschanzt haben und die zu besiegen wir nicht sicher sein können, sondern darin, die kleinen feindlichen Einheiten und die
  |117| bewaffneten Kräfte der Landesverräter, mit denen die Partisaneneinheiten fertig werden können, systematisch in bestimmten Gegenden zu vernichten oder zu vertreiben, das von uns gehaltene Gebiet auszudehnen, die Volksmassen zum Kampf gegen Japan zu mobilisieren, unsere Truppen aufzufüllen und auszubilden und neue Partisaneneinheiten aufzustellen. Wenn der Feind, nachdem wir diese Aufgaben einigermaßen erfüllt haben, immer noch in der Defensive verharrt, können wir unsere neuen Gebiete noch mehr erweitern, die vom Feind mit schwachen Kräften besetzten Städte und Verbindungslinien angreifen und sie je nach den Umständen für die Dauer oder zeitweilig halten. Dies alles sind Aufgaben der strategischen Offensive; und sie zielen darauf ab, den Defensivzustand des Feindes auszunutzen, um unsere militärischen Kräfte und die Kräfte der Volksmassen wirksam zu vergrößern, die Kräfte des Feindes effektiv zu schmälern und uns so weit vorzubereiten, daß wir den Feind durch planmäßige und tatkräftige Aktionen schlagen können, sobald er wieder zu einer Offensive ansetzt.
Es ist notwendig, unsere Truppen ausruhen zu lassen und sie weiter auszubilden. Das geschieht am besten in der Zeit, da der Feind sich in der Defensive befindet. Allerdings dürfen wir nicht alles andere unberücksichtigt lassen und uns nur mit dem Ausruhen und der Ausbildung befassen; wir sollen vielmehr Zeit zum Ausruhen und für die Ausbildung finden, während wir das von uns gehaltene Territorium erweitern, die kleineren feindlichen Einheiten vernichten und an der Mobilisierung der Volksmassen arbeiten. Gewöhnlich ist dies auch der geeignete Zeitpunkt, um schwierigere Probleme wie die Beschaffung von Lebensmitteln, Bettzeug und Kleidung in Angriff zu nehmen.
Zu diesem Zeitpunkt bieten sich auch Gelegenheiten, die Verbindungslinien des Feindes in großem Maßstab zu zerstören, seine' Transporte zu behindern und den regulären Truppen bei ihren operativen Kampfhandlungen direkte Unterstützung zukommen zu lassen.
In einem solchen Augenblick herrscht in allen Stützpunktgebieten, Partisanengebieten und Partisaneneinheiten eine allgemeine Begeisterung, und in den vom Feind zerstörten Gebieten wird allmählich die Ordnung wiederhergestellt, und sie erwachen zu neuem Leben. Auch in den vom Feind besetzten Gebieten sind die Volksmassen frohen Mutes; überall wird vom Ruhm und von der Macht der Partisaneneinheiten gesprochen. Im Lager des Feindes und seiner Lakaien, der Landesverräter, nehmen Panik und Zersetzung zu; es wächst zugleich
  |118| der Haß des Gegners gegen die Partisaneneinheiten und deren Stützpunktgebiete, und die Vorbereitungen von Maßnahmen gegen den Partisanenkrieg werden verstärkt. Darum dürfen sich die Führer des Partisanenkriegs während der strategischen Offensive niemals ihren freudigen Gefühlen so weit überlassen, daß sie dabei den Feind unterschätzen und vergessen, den Zusammenschluß ihrer eigenen Reihen zu fördern und ihre Stützpunktgebiete sowie ihre Truppen zu konsolidieren. In dieser Zeit müssen sie scharf verfolgen, was beim Feind vor sich geht, und sorgsam auf jedes Anzeichen achten, das auf eine neue Offensive des Feindes schließen läßt, um - sobald eine solche erfolgt - ihre eigene strategische Offensive in entsprechender Weise abschließen, sich einer strategischen Defensive zuwenden und so wiederum im Verlauf der strategischen Defensive die Offensive des Feindes zerschlagen zu können.

KAPITEL VIII
ENTWICKLUNG DES PARTISANENKRIEGS ZUM BEWEGUNGSKRIEG

Das fünfte strategische Problem im Partisanenkrieg gegen Japan ist das Problem seiner Entwicklung zum Bewegungskrieg. Die Notwendigkeit und Möglichkeit einer solchen Entwicklung ergeben sich ebenfalls aus dem langwierigen und erbitterten Charakter des Krieges. Wäre China imstande, die japanischen Eindringlinge in kurzer Zeit zu besiegen und rasch seine verlorenen Gebiete zurückzugewinnen, und wäre dieser Krieg weder langwierig noch erbittert, dann bestünde auch keine Notwendigkeit, den Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg zu entwickeln. Da aber im Gegenteil der Krieg sowohl langwierig als auch erbittert ist, kann man den Aufgaben eines solchen Krieges nur dann gewachsen sein, wenn man den Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg entwickelt. Bei einem langwierigen und erbitterten Krieg besteht die Möglichkeit, daß die Partisaneneinheiten die nötige Stählung erhalten und sich allmählich in reguläre Truppen verwandeln, infolgedessen ihre Operationsmethoden nach und nach reguläre werden; so wird der Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg. Die Führer des Partisanenkriegs können nur dann den Kurs auf die Entwicklung zum Bewegungskrieg beharrlich einhalten und ihn planmäßig in die
  |119| Tat umsetzen, wenn sie die Notwendigkeit und Möglichkeit einer solchen Entwicklung klar erkennen.
In vielen Gegenden, wie z. B, im Wutai-Gebirge, wird gegenwärtig der Partisanenkrieg von starken Abteilungen entfaltet, die aus dem Bestand der regulären Truppen dorthin entsandt worden sind. Obgleich die Operationen hier im allgemeinen Partisanenaktionen sind, schließen sie doch von Anfang an gewisse Elemente des Bewegungskriegs ein. Diese Elemente werden sich immer mehr verstärken, wenn der Krieg sich in die Länge zieht. Hierin liegt eben der Vorteil des gegenwärtigen Partisanenkriegs gegen Japan, ein Vorteil, der nicht nur die rasche Entfaltung des Partisanenkriegs fördert, sondern ihn auch in kürzester Zeit auf eine höhere Stufe bringt und wesentlich günstigere Bedingungen für den Partisanenkrieg schafft, als sie seinerzeit in den Drei Nordöstlichen Provinzen vorhanden waren.
Um aus Partisaneneinheiten, die den Partisanenkrieg führen, reguläre Truppen zu machen, die einen Bewegungskrieg führen können, müssen zwei Vorbedingungen erfüllt werden: die Erhöhung der Zahl und der Qualität der Truppen. Abgesehen von der direkten Mobilisierung der Volksmassen zum Eintritt in die Kampfeinheiten läßt sich eine Erhöhung der Truppenzahl auch durch die Zusammenlegung kleinerer Einheiten erreichen; eine höhere Qualität der Truppe erzielt man durch ihre Stählung im Verlauf des Krieges und durch die Verbesserung ihrer Bewaffnung.
Bei der Zusammenlegung kleinerer Einheiten müssen wir uns einerseits vor einem Lokalpatriotismus hüten, der lediglich auf örtliche Interessen ausgerichtet ist und der Zusammenlegung Hindernisse in den Weg legt; andererseits müssen wir aber auch einen rein militärischen Standpunkt vermeiden, bei dem die lokalen Interessen überhaupt nicht berücksichtigt werden.
Man findet den Lokalpatriotismus bei den örtlichen Partisaneneinheiten und Machtorganen, die sich häufig nur um die lokalen Interessen kümmern und die allgemeinen Interessen vernachlässigen oder danach streben, vereinzelt zu handeln, da sie an das kollektive Handeln nicht gewöhnt sind. Die Führer der hauptsächlichen Partisaneneinheiten oder der Partisanenverbände müssen dieser Tatsache Rechnung tragen und die Vereinigung allmählich und teilweise durchführen, damit den örtlichen Leitungen genügend Kräfte für die weitere Entfaltung des Partisanenkriegs verbleiben. Man soll diese kleineren Einheiten mit den größeren verschmelzen, indem man zunächst ihre Operationen koordiniert und dann ihre Eingliederung
  |120| zustande bringt, ohne ihre organisatorische Struktur zu zerstören und die Kader zu versetzen.
Im Gegensatz zum Lokalpatriotismus ist der rein militärische Standpunkt Ausdruck einer falschen Einstellung, die in der Hauptstreitmacht von jenen vertreten wird, welche allein nach der Vergrößerung ihrer Truppenzahl trachten und die Unterstützung der lokalen bewaffneten Einheiten außer acht lassen. Diese Menschen haben nicht begriffen, daß die Entwicklung vom Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg nicht die Preisgabe des Partisanenkriegs, sondern die schrittweise Herausbildung einer zum Bewegungskrieg befähigten Hauptstreitmacht im Verlauf eines ausgedehnten Partisanenkriegs bedeutet, einer Streitmacht, um die herum noch zahlreiche Partisaneneinheiten und ein breit entfalteter Partisanenkrieg bestehen müssen. Diese zahlreichen Partisaneneinheiten bilden gleichsam ausgewachsene Flügel der Hauptstreitmacht und eine unerschöpfliche Quelle für ihr stetiges Anwachsen. Wenn daher die Führer der Hauptstreitmacht auf Grund ihres rein militärischen Standpunkts den Fehler begangen haben, die Interessen der örtlichen Volksmassen und ihrer Machtorgane zu vernachlässigen, müssen sie ihn korrigieren, damit sowohl die Vergrößerung der Hauptstreitmacht als auch die Vermehrung der lokalen bewaffneten Einheiten den gebührenden Platz einnehmen.
Will man die Qualität der Partisaneneinheiten heben, so ist es notwendig, ihr politisches und organisatorisches Niveau zu steigern, ihre Ausrüstung, ihr militärisches Können, ihre Taktik und Disziplin zu verbessern, dann müssen sie sich die reguläre Armee zum Muster nehmen und allmählich ihre Partisanengepflogenheiten reduzieren. In politischer Hinsicht sind sowohl die Kommandeure als auch die Kämpfer von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Partisaneneinheiten auf eine höhere Stufe - auf das Niveau der regulären Truppen - zu bringen ; man muß sie zum Kampf dafür ermutigen und die Erreichung dieses Zieles durch politische Arbeit garantieren. Auf organisatorischem Gebiet ist nach und nach ein für einen regulären Truppenverband erforderlicher militärischer und politischer Apparat zu schaffen, sind entsprechende militärische und politische Kader zur Verfügung zu stellen, entsprechende militärische und politische Arbeitsmethoden einzuführen und ständige Einrichtungen für Versorgung, Sanitätswesen usw. aufzubauen. Was die Ausrüstung angeht, so ist es notwendig, die Qualität der Waffen zu verbessern, ihre Arten zu vervielfältigen und die notwendigen Verbindungsmittel zu vermehren. Was die Technik und Taktik betrifft, so muß man die Partisanenein-
  |121| heiten auf das Niveau heben, das für einen regulären Truppenverband unerläßlich ist. Hinsichtlich der Disziplin muß man den Zustand anstreben, daß überall einheitliche Richtlinien gelten, daß Befehle und Anordnungen sofort ausgeführt, Disziplinlosigkeit und Zerfahrenheit ausgemerzt werden. Die Erfüllung all dieser Aufgaben setzt ein beharrliches Bemühen voraus, sie läßt sich nicht über Nacht erreichen; aber jedenfalls ist dies die Richtung, in der die Entwicklung gehen muß. Nur auf diese Weise kann in jedem Stützpunktgebiet der Partisanen ein Verband als Hauptstreitmacht herausgebildet werden, nur so kann man zum Bewegungskrieg gelangen, der es ermöglicht, wirksamere Schläge gegen den Feind zu führen. Dort, wo aus den regulären Truppen abkommandierte Abteilungen oder Kader zur Verfügung stehen, läßt sich dieses Ziel leichter erreichen. Daher erwächst für alle regulären Truppen die Verantwortung, den Partisaneneinheiten bei ihrer Umwandlung in reguläre Einheiten zu helfen.

KAPITEL IX
DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEN KOMMANDOSTELLEN

Das letzte strategische Problem im Partisanenkrieg gegen Japan betrifft die Beziehungen bei der Führung der Truppen. Eine richtige Lösung dieses Problems ist eine der Voraussetzungen für die erfolgreiche Entwicklung des Partisanenkriegs.
Da die Partisaneneinheiten eine niedrigere Form der Organisation der bewaffneten Kräfte sind und dekonzentrierte Aktionen durchführen, was ihre Besonderheit ist, läßt der Partisanenkrieg keine so starke Zentralisierung der Truppenführung zu, wie sie bei der regulären Kriegführung besteht. Versuchte man, die Methoden des Kommandos bei der regulären Kriegführung auf den Partisanenkrieg zu übertragen, würde seine hochgradige Beweglichkeit unvermeidlich eingeschränkt und seine Vitalität völlig untergraben werden. Eine starke Zentralisierung des Kommandos ist mit der hochgradigen Beweglichkeit des Partisanenkriegs unvereinbar; in dem äußerst beweglichen Partisanenkrieg das System eines stark zentralisierten Kommandos einzuführen ist nicht nur unangebracht, sondern auch unmöglich.
  |121| Das bedeutet jedoch nicht, daß sich der Partisanenkrieg ohne jegliche Zentralisierung des Kommandos erfolgreich entwickeln kann. Wenn neben einem breit entfalteten regulären Krieg auch ausgedehnte Partisanenaktionen durchgeführt werden, ist ihre entsprechende Koordinierung notwendig; eben dazu bedarf es einer Truppenführung, die die Koordinierung zwischen der regulären Kriegführung und dem Partisanenkrieg gewährleistet, das heißt, es bedarf einer einheitlichen strategischen Truppenführung, die vom Generalstab des Landes und von den Oberbefehlshabern der einzelnen Kriegszonen verwirklicht wird. In einem Partisanengebiet oder einem Stützpunktgebiet der Partisanen, wo zahlreiche Partisaneneinheiten operieren, gibt es gewöhnlich einen oder mehrere die Hauptkraft bildende Partisanenverbände (manchmal operieren hier auch die regulären Truppenverbände), eine Anzahl größerer oder kleinerer Partisaneneinheiten, die die Hilfskräfte darstellen, und zahlreiche bewaffnete Einheiten der Volksmassen, deren Angehörige von ihrer Berufstätigkeit nicht losgelöst sind. Die dortigen feindlichen Kräfte bilden meistens eine Einheit, um einheitlich gegen den Partisanenkrieg vorzugehen. Demzufolge stellt sich in derartigen Partisanengebieten oder Stützpunktgebieten das Problem der einheitlichen Truppenführung, d. h. das Problem der Zentralisierung der Truppenführung.
Daher fordert das Prinzip der Truppenführung im Partisanenkrieg, daß einerseits die absolute Zentralisierung und andererseits die absolute Dezentralisierung der Truppenführung bekämpft wird, dieses Prinzip muß in der Zentralisierung der Truppenführung in strategischer Hinsicht und in ihrer Dezentralisierung in operativer und taktischer Hinsicht bestehen.
Eine zentralisierte strategische Truppenführung umfaßt die Planung des Partisanenkriegs als Ganzes durch den Staat, die Koordinierung des Partisanenkriegs mit der regulären Kriegführung in jedem Frontgebiet und die einheitliche Leitung aller antijapanischen bewaffneten Kräfte in jedem Partisanengebiet oder jedem Stützpunktgebiet. In dieser Hinsicht muß sich das Fehlen von Koordinierung, Einheitlichkeit und Zentralisierung unheilvoll auswirken; daher ist es notwendig, nach Möglichkeit die Koordinierung, Einheitlichkeit und Zentralisierung anzustreben. In allen allgemeinen Fragen, d. h. in Fragen, die strategische Bedeutung haben, müssen die unteren Kommandostellen den höheren Kommandostellen Bericht erstatten und sich ihrer Führung fügen, um so koordinierte Aktionen zu sichern. Allerdings muß sich die Zentralisierung hierauf beschränken; es ist
  |123| ebenfalls schädlich, diese Grenzen zu überschreiten, sich in die konkreten Angelegenheiten der unteren Kommandostellen, beispielsweise in die konkreten Dispositionen bei den einzelnen Schlachten oder Gefechten usw., einzumischen. Denn solche konkreten Fragen müssen unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände behandelt werden, und diese wandeln sich von Tag zu Tag und sind von Ort zu Ort verschieden, entziehen sich somit der Kenntnis der entfernten höheren Kommandostellen. Dies ist das Prinzip der Dezentralisierung der Truppenführung in operativer und taktischer Hinsicht. Das gleiche Prinzip gilt im allgemeinen auch für Operationen der regulären Kriegführung, vor allem wenn die Verbindungsmittel unzureichend sind. Kurz gesagt: Unser Prinzip ist ein selbständiger und unabhängiger Partisanenkrieg bei einer einheitlichen Strategie.
Wo ein Stützpunktgebiet der Partisanen einen Militärbezirk bildet, der in verschiedene Unterbezirke eingeteilt ist, deren jeder mehrere Kreise umfaßt, die ihrerseits wieder in Distrikte zerfallen, ist die Beziehung zwischen der Kommandostelle des Militärbezirks und denen der Unterbezirke, bis hinunter zu den Machtorganen der Kreise und Distrikte, durch ein System der Unterordnung charakterisiert, während die bewaffneten Kräfte ihrem Charakter entsprechend verschiedenen Kommandostellen unterstellt sind. Gemäß dem oben dargelegten Prinzip sollen die Beziehungen zwischen den Kommandostellen so gestaltet sein, daß Fragen der allgemeinen Richtlinien in der höheren Kommandostelle zentralisiert werden, während konkrete Aktionen je nach den konkreten Umständen unternommen werden sollen, wobei die unteren Kommandostellen berechtigt sind, selbständig und nach eigener Initiative zu handeln. Wenn eine höhere Stelle sich über gewisse konkrete Aktionen unterer Stellen zu äußern wünscht, so kann und soll sie ihre Bemerkungen in Form von "Weisungen", aber keinesfalls als kategorische "Befehle" vorbringen. Je ausgedehnter das Gebiet, je komplizierter die Lage und je größer die Entfernung zwischen den höheren und niederen Kommandostellen, um so notwendiger ist es, den unteren Kommandostellen ein größeres Recht auf Selbständigkeit und eigene Initiative in ihren konkreten Aktionen zuzusprechen, diesen Aktionen mehr Lokalcharakter zuzubilligen und sie mehr den Erfordernissen der örtlichen Verhältnisse anzupassen, damit die Befehlshaber der unteren Stellen und die Kader der örtlichen Parteileitungen oder Machtorgane ihre Fähigkeit zu selbständigem Handeln entwickeln, komplizierte Situationen meistern und den Partisanenkrieg erfolgreich weiter entfalten können. Wenn es sich um
  |124| Truppeneinheiten oder um Truppenverbände handelt, die konzentriert operieren, muß hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Kommandostellen das Prinzip der Zentralisierung vorherrschen, da in diesem Fall die Lage klar ist. Sobald jedoch diese Einheiten oder Verbände zu einer aufgelockerten Operation eingesetzt werden, tritt in allgemeinen Fragen das Prinzip der Zentralisierung, in konkreten Fragen das der Dezentralisierung in Kraft, da der höheren Kommandostelle die konkreten Umstände nicht klar sein können.
Mangel an Zentralisierung dort, wo sie nötig wäre, bedeutet Nachlässigkeit seitens der höheren Kommandostellen und Eigenmächtigkeit seitens der unteren Stellen. Das kann in der Beziehung zwischen höheren und unteren Instanzen, besonders in der militärischen Sphäre, nicht geduldet werden. Wird die Dezentralisierung dort, wo sie vonnöten ist, nicht verwirklicht, so bedeutet das eine Monopolisierung der Macht seitens der höheren Kommandostellen und ein Fehlen der Initiative seitens der unteren Stellen. Auch das kann in der Beziehung zwischen höheren und unteren Instanzen nicht geduldet werden - schon gar nicht, wenn es um die Beziehungen bei der Truppenführung im Partisanenkrieg geht. Nur die oben dargelegten Prinzipien sind die Richtlinien für die korrekte Lösung dieses Problems.

ANMERKUNGEN

* Zu Beginn des Widerstandskriegs gegen Japan gab es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Partei viele Leute, die die große strategische Bedeutung des Partisanenkriegs unterschätzten und ihre Hoffnung nur auf die reguläre Kriegführung, insbesondere auf die Operationen der Kuomintang-Truppen, setzten. Genosse Mao Tse-tung widerlegte diese Ansicht und schrieb diese Arbeit, um den richtigen Weg aufzuzeigen, auf dem der Partisanenkrieg gegen Japan entfaltet werden muß. Das Ergebnis war: Die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee, die im Jahre 1937 etwas mehr als 40000 Mann zählten, wuchsen im Verlauf des Widerstandskriegs immer mehr an, bis sie schließlich im Jahre 1945, als Japan kapitulierte, zu einer großen Macht von einer Million Mann geworden waren; diese Armeen errichteten zahlreiche revolutionäre Stützpunktgebiete und spielten eine große Rolle in diesem Krieg, so daß es Tschiang Kai-schek während der Zeit des Widerstandskriegs nicht wagte, vor Japan zu kapitulieren oder einen Bürgerkrieg im Landesmaßstab zu entfachen. Als Tschiang dann im Jahre 1946 schließlich einen solchen Bürgerkrieg entfesselte, war die Volksbefreiungsarmee, die sich aus der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee zusammensetzte, stark genug, um seinen Angriffen Widerstand zu Leisten.

1) Die Kette des Tschangbai-Gebirges liegt an der nordöstlichen Grenze Chinas. Nach den Ereignissen des 18. September 1931 wurde diese Gegend zu einem antijapanischen Stützpunktgebiet der Partisanen unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas.

2) Die Kette des Wutai-Gebirges liegt im Grenzgebiet der Provinzen Schansi, Hopeh und der ehemaligen Provinz Tschahar. Im Oktober 1937 begann die von der Kommunistischen Partei Chinas geführte Achte Route-Armee mit der Errichtung des antijapanischen Stützpunktgebiets Schansi-Tschahat-Hopeh, dessen Mittelpunkt das Wutai-Gebirge bildete.

3) Die Kette des Taihang-Gebirges liegt im Grenzgebiet der Provinzen Schansi, Hopeh und Honan. Im November 1937 begann die Achte Route-Armee, das antijapanische Stützpunktgebiet in Südostschansi zu errichten. Den Mittelpunkt dieses Stützpunktgebiets bildete das Taihang-Gebirge.

4) Der Tai-Berg liegt in Mittelschantung und ist einer der bedeutendsten Gipfel der Tai- und Yi-Gebirge. Im Winter 1937/38 gingen die von der Kommunistischen Partei Chinas geführten Partisaneneinheiten an den Aufbau des antijapanischen Stützpunktgebiets Mittelschantung, dessen Zentrum die Tai- und Yi-Gebirge waren.
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5) Die Kette des Yän-Gebirges liegt in der Provinz Hopeh. Im Sommer 1938 begann die Achte Route-Armee mit der Errichtung des antijapanischen Stützpunktgebiets Osthopeh, dessen Mittelpunkt das Yän-Gebirge bildete.

6) Das Mao-Gebirge liegt in Südkiangsu. Im Juni 1938 begann die Neue Vierte Armee unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas mit dem Aufbau des antijapanischen Stützpunktgebiets Südkiangsu, dessen Mittelpunkt das Mao-Gebirge bildete.

7) Unsere im weiteren Verlauf des Widerstandskriegs gewonnene Erfahrung hat bewiesen, daß es möglich war, im Flachland Stützpunktgebiete für eine längere Dauer und an vielen Orten stabile Stützpunktgebiete zu errichten. Dieser Erfolg wurde ermöglicht durch die Größe des Territoriums und die Bevölkerungsdichte, durch die Richtigkeit der von der Kommunistischen Partei verfolgten Politik, durch die starke Mobilisierung der Volksmassen und die Truppenknappheit des Feindes usw. Später hat Genosse Mao Tse-tung in seinen konkreten Anweisungen diese Möglichkeit noch entschiedener bekräftigt.

8) "Wetji" ist ein altes chinesisches Schachspiel, bei dem zwei Spieler versuchen, die Steine des Gegners einzukreisen. Wenn ein Stein oder eine Gruppe von Steinen des Spiels von den Steinen des anderen Spielers eingekreist sind, gelten sie als "geschluckt". Liegt jedoch noch eine genügende Anzahl freier Felder ("Fenster") in der Gruppe der eingekreisten Steine, so können diese Steine nicht "geschluckt" werden, sie bleiben "am Leben".

9) Im Jahre 353 v. u. Z. belagerten die Truppen des Staates We die Hauptstadt des Staates Dschao, Handan. Der Fürst von Tji befahl seinen Heerführern Tiän Dji und Sun Bin, dem Staat Dschao mit ihren Truppen zu Hilfe zu eilen. Sun Bin, der genau wußte, daß die Elitetruppen von We in Dschao eingedrungen waren und ihr eigenes Land ohne Schutz blieb, griff den Staat We an, worauf sich die Truppen von We zurückzogen, um ihr Land zu retten. Die Tji-Truppen machten sich die Ermattung der We-Truppen zunutze und brachten ihnen in der Schlacht bei Guiling (nordöstlich des heutigen Kreises Hodsö in Schantung) eine schwere Niederlage bei, so daß die Belagerung des Staates Dschao aufgehoben wurde. Seitdem bezeichnen chinesische Militärfachleute eine solche Taktik mit den Worten: "Den Staat Dschao retten, indem man den Staat We belagert."

Mao AW Band II

Mao Werke