Mao Werke


Mao Tse-tung:

EINE BEDEUTSAME WENDUNG IN DER MILITÄRISCHEN LAGE CHINAS*

(14. November 1948)

 

* Ein Kommentar, den Genosse Mao Tse-tung für die Nachrichtenagentur Hsinhua geschrieben hat. Gestützt auf die neue Lage, die infolge der Veränderung im Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Feind nach der Operation von Westliaoning-Schenyang eingetreten war, gab Genosse Mao Tse-tung darin eine neue Schätzung der Zeitspanne, die benötigt würde, um den Sieg im Volksbefreiungskrieg zu erringen, und wies darauf hin, daß die reaktionäre Herrschaft der Kuomintang in etwa einem Jahr, vom November 1948 an gerechnet, gestürzt werden könnte. Die darauffolgende Entwicklung in der militärischen Lage Chinas hat diese Voraussage des Genossen Mao Tse-tung vollinhaltlich bestätigt.

Die militärische Lage in China hat einen neuen Wendepunkt erreicht: Das Kräfteverhältnis der beiden kriegführenden Seiten hat eine grundlegende Veränderung erfahren. Die Volksbefreiungsarmee, die schon seit langem qualitativ überlegen ist, besitzt jetzt auch zahlenmäßig die Übermacht. Das ist ein Kennzeichen dafür, daß der Sieg der chinesischen Revolution und die Verwirklichung des Friedens in China nahe sind.

Am Ende des zweiten Kriegsjahrs, d. h. Ende Juni dieses Jahres, hatte die Kuomintang-Armee immer noch insgesamt etwa 3.650000 Mann. Das waren 650000 Mann weniger als die 4.300000 Mann, über welche die Kuomintang im Juli 1946 verfügte, als sie den ganz China umfassenden Bürgerkrieg entfachte. Die Kuomintang rekrutierte während der zwei Kriegsjahre ungefähr 2.440000 Mann; das ist der Grund, warum die Abnahme nur 650000 Mann beträgt, obwohl in jenem Zeitabschnitt ungefähr 3.090000 Mann der Kuomintang-Truppen getötet, verwundet oder gefangengenommen wurden bzw. desertierten (die Zahl der Getöteten, Verwundeten und Gefangenen unter ihnen betrug 2.640000). Vor kurzem ist eine radikale Wendung eingetreten. Bereits in den ersten vier Monaten des dritten Kriegsjahrs, vom 1. Juli bis zum 2. November dieses Jahres, als Schenyang befreit wurde, verlor die Kuomintang-Armee 1.000000 Mann. Wie weit sich die Kuomintang-Armee im Laufe dieser vier Monate ergänzt hat, haben wir noch nicht festgestellt; nehmen wir aber an, daß sie 300000 Mann rekrutieren konnte, dann beliefe sich die Abnahme auf 700000 Mann. Daher betragen jetzt sämtliche Streitkräfte der Kuomintang Land-, See- und Luftstreitkräfte, reguläre und irreguläre Truppen, Kampfeinheiten und Personal der rückwärtigen Dienste - nur noch ungefähr 2.900000 Mann. Andererseits wuchs die Volksbefreiungsarmee, die im Juni 1946 1.200000 Mann besaß, im Juni 1948 auf 2.800000 an und hat sich jetzt auf mehr als 3.000000 vermehrt. Daher ist die zahlenmäßige Überlegenheit, deren sich die Kuomintang-Armee lange Zeit erfreute, rasch in eine Unterlegenheit umgeschlagen. Das ist das Ergebnis des heldenhaften Kampfes der Volksbefreiungsarmee in den vergangenen vier Monaten auf allen Kriegsschauplätzen des Landes; es ist besonders das Ergebnis der Operationen von Sui-Tji1 und Tsinan2 an der Südfront und bei Djindschou, Tschangtschun, in Westliaoning und bei Schenyang3 an der Nordfront. Ende Juni dieses Jahres besaß die Kuomintang den Bezeichnungen nach noch 285 Divisionen regulärer Truppen, weil sie verzweifelt bemüht war, ihre irregulären Streitkräfte in die regulären Verbände einzugliedern. Aber schon in den letzten vier Monaten betrugen die Truppeneinheiten von Bataillonsstärke aufwärts, die von der Volksbefreiungsarmee vernichtet wurden, insgesamt 83 Divisionen, darunter 63 komplette Divisionen.

Folglich wird der Verlauf des Krieges viel kürzer sein, als wir ursprünglich geschätzt haben. Früher rechneten wir damit, daß die reaktionäre Kuomintang-Regierung in ungefähr fünf Jahren - vom Juli 1945 an gerechnet - endgültig zu Fall gebracht werden könnte. Wie wir jetzt sehen, wird dazu - von jetzt gerechnet - nur noch etwa ein Jahr notwendig sein. Eine längere Zeit wird aber benötigt, um die reaktionären Kräfte in allen Teilen des Landes auszumerzen und die Befreiung des Volkes zu vollenden.

Der Feind bricht schnell zusammen, aber die Kommunisten, die Volksbefreiungsarmee und alle Bevölkerungskreise des Landes müssen sich weiter einmütig zusammenschließen und ihre Anstrengungen vervielfachen; nur so können wir die reaktionären Kräfte endgültig und vollständig vernichten und eine einheitliche demokratische Volksrepublik im ganzen Land errichten.

ANMERKUNGEN

1. Die Operation von Sui-Tji, auch als Schlacht von Osthonan bekannt, wurde von der Volksbefreiungsarmee in Kaifeng und im Raum Suihsiän-Tjihsiän in Osthonan ausgefochten. Sie begann am 17. Juni 1948. Am 28. Juni nahm unsere Armee Kaifeng ein. Um die kritische militärische Lage zu retten, begab sich Tschiang Kai-schek persönlich an die Front, übernahm das Kommando und zog drei Armeen unter Tjiu Tjing-tjüan, Ou Schou-niän und Huang Bo-tao zusammen, die Kaifeng aus verschiedenen Richtungen angreifen sollten. Sechs Kolonnen unserer Ostchina-Feldarmee, zwei Kolonnen der Feldarmee der Zentralebene und die Kuangtung-Kuangsi-Kolonne kreisten die Armeen von Ou Schou-niän und Huang Bo-tao im Raum Suihsiän-Tjihsiän ein und vernichteten nach erbitterten Kämpfen, die neun Tage und Nächte, vom 27. Juni bis zum 6. Juli, dauerten, zwei Divisionen, d.h., sechs Brigaden, der Armee von Ou Schou-niän und einen Teil der Armee Huang Bo-taos, insgesamt über 90000 Mann. Der Armeebefehlshaber Ou Schou-niän und der Kommandeur der reorganisierten 75. Division, Schen Tscheng-niän, wurden gefangengenommen.

2. Über die Operation von Tsinan siehe "Über den Kurs der Kampfhandlungen bei der Huai-Hai-Operation", Anmerkung 2, vorliegender Band, S. 300.

3. Die Schlachten bei Djindschou, Tschangtschun, in Westliaoning und bei Schenyang wurden zusammen die Operation von Westliaoning-Schenyang genannt. Siehe "Über den Kurs der Kampfhandlungen bei der Westliaoning-Schenyang-Operation, Anmerkung 1, vorliegender Band, S.282 f.

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