From: MARC_WIEMERS@VLBERLIN.comlink.de
(Marc Wiemers) Aufruf an alle
Soldaten der Bundeswehr, die am Jugoslawien-Krieg beteiligt sind
Verweigern Sie Ihre weitere Beteiligung an diesem Krieg!
Wir rufen alle Soldaten dazu auf, sich nicht weiterhin an dem Krieg gegen die
Bundesrepublik Jugoslawien zu beteiligen. Dazu rufen wir die direkt an den Bombardements
beteiligten Piloten,
die Truppen in Mazedonien und alle an der Logistik der Kriegsführung beteiligten Soldaten
auf - zum Beispiel im Verteidigungsministerium. Die Verweigerung kann sich auf Art. 4 Abs.
3 GG (Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen) oder auf § 22 Soldatengesetz
stützen:
Befehle, die die Menschenwürde verletzen oder deren Befolgung eine Straftat bedeutet,
dürfen nicht ausgeführt werden.Bei dem Krieg gegen Jugoslawien handelt es sich um einen
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, der gemäß Art. 26 Grundgesetz verboten ist. Die
Völkerrechtswidrigkeit ergibt sich aus der UN-Charta, die auch für die Bundesrepublik
Deutschland Gültigkeit besitzt. Nach Art. 25 GG sind die allgemeinen Regeln des
Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts. Der gegenwärtige Krieg ist ein Verstoß gegen
das Gewaltverbot der UN-Charta. Eine Ermächtigung durch den Weltsicherheitsrat hat es
nicht gegeben. Eine solche wäre wegen der Weigerung Rußlands und Chinas auch nicht
zustande gekommen.
Die Bombardements machen alle zu Opfern dieses Krieges, ob dies Soldaten oder Zivilisten
sind. Die 2. Phase des NATO-Angriffs richtet sich vor allem gegen die Truppen der
serbischen
Armee. Jedoch werden von den Bombenangriffen Menschen in Serbien, Montenegro und im Kosovo
unterschiedslos verängstigt, verletzt oder getötet. Im Schatten dieses Bombardements
können die Massaker und Vertreibungen im Kosovo weiter betrieben werden. Auch dort kann
die NATO nur unterschiedslos serbische Truppen bombardieren, mit dem zusätzlichen Risiko,
albanische und serbische Zvilisten in Mitleidenschaft zu ziehen.Ziel des Angriffskrieges
sollte es sein, eine humanitäre Katastrophe abzuwenden. Doch diese ist jetzt erst recht
durch
die NATO herbeigebombt worden. Am Sonntag, 28. 3. 99, sprach Verteidigungminister
Scharping von einem beginnenden Völkermord im Kosovo. Friedensbewegung und
Friedensforschung hatten vor Kriegsbeginn genau hiervor gewarnt. Die ansatzweise
erfolgreiche OSZE-Mission, die immerhin einen Puffer zwischen den Parteien bildete und
Öffentlichkeit herstellte, mußte wegen des Krieges abgebrochen werden.
Nun gilt es, den Krieg sofort zu beenden. In Italien gibt es im Parlament deutlichen
Widerstand gegen eine Fortsetzung des Krieges. Wenn die bundesdeutschen Parlamentarier
sich scheuen, die notwendigen Konseqenzen zu ziehen, müssen die Soldaten selbst
entscheiden und ihrem Gewissen folgen.Eine Beteiligung an diesem Krieg ist nicht zu
rechtfertigen. Verweigern Sie deshalb Ihre Einsatzbefehle! Entfernen Sie sich von der
Truppe!
Lehnen Sie sich auf gegen diesen Krieg!
Es ist nicht wahr, daß es zwischen Wegschauen und Bomben keine Alternative gibt. Statt
den Krieg fortzusetzen, muß ganz neu verhandelt werden. Das ist nicht die Aufgabe der
NATO.
Die UN und Rußland müssen in die Suche nach einer konstruktiven und dauerhaften
Konfliktlösung für den Balkan einbezogen werden. Es muß eine Lösung für die Konflikte
auf
dem Balkan gefunden werden, die nicht Krieg und mörderische Gewalt heißt, weder von
seiten des jugoslawischen Staates oder der UCK-Guerilla noch von seiten der NATO-Staaten.
Zugleich müssen alle Länder des Balkans von der EU wirtschaftlich massiv unterstützt
werden. Dafür hätte man das Geld dringend gebraucht, das jetzt verbombt wird. Es kann
geschehen, daß sich weigernde Soldaten mit Verfahren nach dem Wehrstrafgesetz wegen
Gehorsamsverweigerung, Fahnenflucht oder Meuterei überzogen werden. Wir werden in diesem
Fall den Betroffenen nach unseren Kräften beistehen und in der Öffentlichkeit für ein
Klima sorgen, damit eine strafrechtliche Verurteilung verhindert wird. Gemäß unserem
Verständnis der Menschenwürde trägt jeder die Verantwortung für seine Entscheidung
selbst.
Wir erklären zugleich, alle unsere Möglichkeiten zu nutzen, um Verweigerern und
Deserteuren der jugoslawischen Armee oder der albanischen UCK zu helfen, insbesondere
denen, die die
Bundesrepublik Deutschland als Fluchtort erreichen. Es gilt: Aktive Soldaten sind
potentielle Mörder. Und Opfer eines mörderischen Krieges. Deserteure und
Kriegsdienstverweigerer
jedoch sind Friedensboten.
Erstunterzeichnerinnen:
Wolfgang Hertle, Ulmenweg 26, 25451 Quickbom
Pfarrer Hubertus Janssen, Mainzer Straße 3, 65552 Limburg-Eschhofen
Dr. Wilfried Kerntke, Lehrstraße 8. 63075 Offenbach
Brigitte Klaß, Vogelsbergstraße 25, 60316 Frankfurt
Armin Lauven, In der Maar 40, 53175 Bonn
Stephan Nagel, Wohlers Allee 18, 22767 Hamburg
Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr, Potsdamer Straße 41, 12205 Berlin
Clemens Ronnefeldt, Dorfstraße 3, 56288 Krastel
Prof. Dr. Roland Roth, Fronhoferstr. 3, 12165 Berlin
Martin Singe, Lennestraße 45, 53113 Bonn
Manfred Stenner, Bonner Talweg 211, 53129 Bonn
Dr. Elke Steven, Landgrafenstraße 47, 50931 Köln
Volker Strom, Alfred-Bucherer-Str. 18, 53115 Bonn
Helga und Konrad Tempel, Föhrenstieg 8, 22926 Ahrensburg
Hanne und Klaus Vack, An der Gasse l, 64759 Sensbachtal
Dirk Vogelskamp, Euskirchener Straße 95, 52351 Düren
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106 106, Postbank Berlin, BLZ: 100100 10 |