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KOSOVO Antikriegsseite


T970815.230 Le Monde diplomatique Nr. 5305 Seite 14-15 vom 15.08.1997

SUBCOMANDANTE MARCOS ÜBER DIE GLOBALEN BEZÜGE EINER REGIONALEN REBELLION

Der Vierte Weltkrieg hat schon begonnen
[...] Die Megapolitik und die fügsamen Zwerge
Figur 6 sieht aus wie eine wirre Kritzelei.

Wir haben gesagt, daß die Nationalstaaten durch die Finanzzentren gedrängt und gezwungen werden, sich in den Megapolis aufzulösen. Doch der Neoliberalismus führt seinen Krieg nicht nur, indem er Nationen und Regionen "vereint", seine Doppelstrategie von Zerstörung/ Entvölkerung und Wiederaufbau/ Neuordnung verursacht einen oder mehrere Risse in den bisherigen Staaten. Es ist eines der Paradoxe dieses Vierten Weltkrieges, daß er geführt wird, um Grenzen aufzuheben und Nationen zu "vereinen", in Wirklichkeit aber die Grenzen multipliziert, ja die Nationen, die er zerstört, geradezu pulverisiert. Wer bezweifelt, daß diese Globalisierung ein Weltkrieg ist, muß nur all die Konflikte registrieren, die der Zusammenbruch von Staaten mit sich gebracht hat. Wie etwa in der Sowjetunion, der Tschechoslowakei oder Jugoslawien, wo die Krisen die wirtschaftlichen Grundlagen der Staaten und deren gesellschaftliche Strukturen vernichtet haben. Wir haben von den Megapolis-Strukturen gesprochen, nun ist die Rede von der Fragmentierung der Staaten. Beides ist die Folge der Zerstörung der Nationalstaaten. Handelt es sich etwa um zwei parallele Vorgänge, die nichts miteinander zu tun haben? Sind es Symptome einer bevorstehenden Megakrise? Sind es Einzelepisoden? Die Aufhebung von Handelsgrenzen, die Universalität der Telekommunikation, die Informations- Superhighways, die allgegenwärtige Macht der Finanzmärkte, die internationalen Freihandelsabkommen, kurz, der ganze Globalisierungsprozeß führt mit der Zerstörung der Nationalstaaten auch zu einer Pulverisierung der Binnenmärkte. Paradoxerweise bringt die Globalisierung eine fragmentierte Welt hervor, die sich aus lauter isolierten (oder sich ausschließenden) Einzelteilchen zusammensetzt; eine Welt aus lauter abgeschotteten Abteilen, verbunden nur durch fragile wirtschaftliche Brücken; eine Welt von zerbrochenen Spiegeln, in denen sich die nichtsnutzige globale Einheit des neoliberalen Puzzles widerspiegelt. Doch der Neoliberalismus fragmentiert nicht nur die Welt, die er zu vereinen vorgibt, er stellt auch das politisch-ökonomische Zentrum, von wo aus dieser Krieg gelenkt wird. Damit sind wir bei der Megapolitik. Sie globalisiert die nationalen Politiken, unterwirft sie einer Führung, die mit der Verfolgung von Marktinteressen globale Strategien entwirft. Im Namen dieser Logik wird über Kriege entschieden, über Kredite, Kauf und Verkauf von Waren, über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, Handelsblockaden, über politische Hilfsprogramme, Migrationsgesetze, Staatsstreiche, Repressionsmaßnahmen, Wahlen, über internationale Zusammenschlüsse, internationale Friktionen, Investitionen, kurz über das Schicksal ganzer Nationen. Die Finanzmärkte kümmern sich nicht einmal darum, welche politische Couleur die Führung eines Landes hat: Hauptsache, sie übernimmt ihre Wirtschaftsprogramme. Ihre Finanzkriterien gelten für alle. Sie können auch eine linke Regierung problemlos tolerieren, vorausgesetzt, sie enthält sich aller Maßnahmen, die den Märkten schaden könnten. Niemals würden sie eine Politik tolerieren, die es wagt, mit dem dominanten Modell zu brechen. Für die Megapolitik sind die nationalen Politiken eine Sache von Zwergen, die sich einzufügen haben. So wird es immer bleiben, es sei denn, die Zwerge beginnen zu rebellieren. Das also ist die Figur, die die Megapolitik darstellt; sie läßt keine Spur von Rationalitat erkennen. [...]

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