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KOSOVO Antikriegsseite


From Anita.Bilek@blackbox.at  Sat May 15 14:30:29 1999
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Date: Sat, 15 May 1999 14:30:29 +0200

Appell an den Außenminister der Bundesrepublik Deutschland
Herrn Joseph Fischer

 

Sehr geehrter Herr Außenminister, lieber Joschka Fischer!

Wir, der Bundesvorstand und der Parlamentsklub der österreichischen Grünen, teilen Dein Ziel einer Lösung des Kosovokonfliktes und unterstützen Deinen Einsatz gegen die sogenannten ethnischen Säuberungen im Kosovo. Die österreichischen Grünen verurteilen die verbrecherische Politik des Regimes Milosevic und haben sich schon seit Jahren - wie auch die anderen Grünen Parteien Europas - für eine vorsorgliche Konfliktverhütung eingesetzt. Was wir nicht teilen, ist die Wahl der Mittel, um die systematischen Vertreibungen im Kosovo zu stoppen. Der militärische Angriff der NATO - ohne UN-Mandat und "out of area" - bedeutet einen Bruch des Völkerrechts und ist nicht zu rechtfertigen. Ausdrücklich begrüßen wir jedoch Deine Initiative die Verhandlungen von der NATO an die UNO zurückzuführen und über die Initiative des G-8 Außenministertreffens, Rußland direkt einzubinden.

Spätestens jetzt, nach fünf Wochen Bombenangriffe der NATO auf Jugoslawien, ist diese Strategie auch realpolitisch gescheitert. Auch die Zerstörung von großen Teilen der zivilen Infrastruktur Jugoslawiens haben ihr Ziel nicht erreicht: Im Gegenteil, durch den Abzug der OSZE-Beobachter und nach Verschwinden jeder innenpolitischen Opposition als Ergebnis der Bombenangriffe konnte Milosevic die Vertreibung und ethnische Säuberung des Kosovo sogar beschleunigen. Nationale Kräfte wurden gestärkt und die gesamte Region höchst gefährlich destabilisiert. Die militärische Logik hat Europa in eine Sackgasse geführt, weitere Bombenangriffe verstärken die Ausweglosigkeit der Situation. Daher treten wir für einen Bombenstop ein.

 Im Zusammenhang mit jüngsten Ereignissen stellen sich vor allem folgende Fragen:

  • Im Vertragsentwurf von Rambouillet war eine Führung der internationalen (Friedens-) Truppen durch die NATO vorgesehen, und zwar mit Bewegungsfreiheit über das Kosovo hinaus: ist das auch heute noch Standpunkt Deutschlands?
  • Der NATO-Angriff auf Jugoslawien ohne Mandat des UNO-Sicherheitsrats wurde verschiedentlich als Absicht interpretiert, den "Führungsanspruch" der NATO jenseits von UNO-Reglements zu dokumentieren. Haben diese Kritiker nach Bekanntgabe der neuen NATO-Doktrin (anläßlich der 50 Jahre NATO-Feiern) nicht recht behalten? Stimmt Deutschland einer generellen Selbst-Ermächtigung der NATO zur militärischen Intervention zu?
  • Und: Kann es wirklich im Interesse Deutschlands und Europas sein, einen solchen Wandel vom Defensiv- zum Offensivbündnis mitzuvollziehen?

Die österreichischen Grünen haben sich von Anfang an gegen eine Intervention der NATO gewandt, die nicht durch das Völkerrecht abgedeckt ist und damit auch zu einer Schwächung der UNO führen muß. Wenn die Grünen - in extremen Ausnahmefällen wie bei drohendem Genozid - für den Einsatz von militärischer Gewalt als ultima ratio eintreten, dann muß ein solcher Einsatz von der Gemeinschaft aller Staaten beschlossen werden. Was nun droht, ist eine Verschärfung der Spannungen, eine Desavouierung Rußlands und für längere Zeit die Unmöglichkeit, zu einem gemeinsamen, kooperativen Sicherheitssystem in Europa zu kommen. Das Durchbrechen der militärischen Logik und der Einsatz für eine politische Lösung sehen wir als Aufgabe der Grünen in Europa. Das heißt, eine weitere Eskalation, wie der Einsatz von Bodentruppen muß verhindert werden.

Mit diesem öffentlichen Appell ersuchen wir Dich als Bundesaußenminister für einen Stop der Bombardierungen einzutreten, der den Weg zu Verhandlungen unter Beteiligung Rußlands ermöglichen soll. 

Mit freundlichen Grüßen

A. Van der Bellen

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