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KOSOVO Antikriegsseite


From: C.MOELLER@3LANDBOX.comlink.apc.org   (Christian Moeller)
Redebeitrag zur Anti-Kriegs-Demonstration am 8. Mai 1999 in Freiburg, organisiert vom Freiburger Friedensforum

Der Beitrag wurde von Oppositionellen aus Jugoslawien verfaßt, aus Sicherheitsgründen wurde er nicht namentlich gezeichnet, sondern von einer dritten Person vorgetragen. TeilnehmerInnen etwa 400 Personen. Am Tag zuvor war die Geschäftsstelle der Grünen besetzt worden, um auf die eigenartige "historische" Begründung der Grünen Bezug zu  nehmen, und sich als anti-nationalistische und anti-militaristische Linke deutlich davon zu distanzieren

Als am 24. März die NATO ihre Luftangriffe auf BR-Jugoslawien startete, dachte niemand, daß dies ein Unterfangen von Dauer sein würde. Heute, am 47. Tag der Bombardierung ist klar, daß dies ein Irrtum war. Der Krieg eskaliert, der ganze Balkan wird in Brand gesetzt. Die BILANZ ist gleichermaßen tragisch wie erschreckend: Bomben und Raketen der NATO haben die lebenswichtige Infrastruktur Jugoslawiens zerstört und tun es täglich, sie treffen Strom- und Heizwerke, chemische Fabriken, Treibstoffdepots, Wasserwerke und Wohngebiete, zivile Industriegebiete, Schulen und Krankenhäuser. Durch die zerstörten Brücken ist die Donau als internationale Schiffahrtstrasse auf Dauer für alle Anrainerstaaten blockiert.

1000-de von zivilen Opfern machen das Märchen vom "chirurgisch-sauberen" KRIEG zunichte. Die nächtlichen Beschüsse sind längst in Angriffe am helligsten Tag übergegangen, die Anzahl der ZivilistInnen, die durch Raketen oder Bomben getötet werden, steigt von Stunden zu Stunde

Um nur einige zu nennen:

1. Nachdem die NATO-Raketen am 5.4. "versehentlich" in ein Wohngebiet der südserbischen Bergbaustadt Aleksinac eingeschlagen waren, spricht die serbische Seite von 7 Toten.

2. Als am 14.4. auf der Strasse Djakovica/Prizren im Westen des Kosovo ein Flüchtlingskonvoi "irrtümlich" unter NATO-Beschuss gerät, werden 75 Menschen getötet.

3. Am 23.4. sterben bei einem gezielten Angriff auf das Hauptgebäude des jugoslawischen Fernsehens RTS in Belgrad über 20 ZivilistInnen.

4. Am 28.4. fordert der Einschlag einer Rakete in einem Wohngebiet der südserbischen Stadt Surdulica mindestens 16 Menschenleben.

5. Bei einem Angriff von Kampfflugzeugen auf die Luzane -Brücke nördlich von Pristina wird "versehentlich" ein Bus getroffen, nach serbischen Informationen sterben 55 Personen.

Gestern das Krankenhaus in Nis, heute nacht die chines. Botschaft in Belgrad mit drei Cruise Missiles.

Die selbsternannten Herren der Welt nehmen es in Kauf, vollbesetzte Reisezüge, Busse und Flüchtlingstrecks zu treffen. Die wiederholten Schreckensmeldungen haben mit Fehlschlägen bzw. "versehentlichen Aktionen" nichts gemeinsam. Die NATO gerät zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. Die Liste ihrer Verbrechen im Namen der Menschlichkeit verlängert sich stündlich.

Beim Angriff in Nis wurde das Klinikzentrum und der Hauptmarktplatz getroffen, dabei wurden international geächtete Splitterbomben verwendet.

Der Aggressionskrieg fordert weit mehr Opfer unter der Zivilbevölkerung als die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre im Kosovo-Konflikt. Er kostet Milliarden Mark Steuergelder und Milosevic´s Macht ist derzeit gefestigter denn je. Es scheint, als ob der NATO Krieg genau das ausgelöst hat, was angeblich verhindert werden sollte:

  • nationalistischen Terror
  • Massive Flüchtlingswellen der kosovo-albanischen Bevölkerung
  • verschärfte Repressionen gegen die demokrat. Opposition in Jugoslawien.

Bei dieser Machtdemonstration spielen die zivilen Opfer offensichtlich keine Rolle. Im Gegenteil: Das -wohl bemerkt, verfehlte- Ziel scheint alle Mittel zu heiligen. So auch die Mißachtung des UNO Mandats. Eine Handvoll imperialistischer Staaten bricht alle Regeln des Völkerrechts und die Charta der Vereinten Nationen ist für sie nur noch MAKULATUR. Die neue Doktrin, die heute auf dem Balkan durchgeführt wird, kann morgen einen beliebigen anderen Staat treffen.

Die NATO führt als Verteidigungspakt einen Angriffskrieg, der völkerrechtswidrig ist und durch nichts zu legitimieren. Wenn auch die Entwicklungen auf dem Kosovo Anlaß zu Sorge und Verurteilung geben, so ist Jugoslawien ein souveräner Staat und hat kein anderes Land angegriffen bzw. die Grenzen der NATO-Staaten verletzt, wodurch eine Verteidigung zu rechtfertigen wäre. Die selbsternannten Weltschiedsrichter sind in ihrem diktatorischen Handeln mit den Mächten gleichzusetzten, die sie angeblich verurteilen und bekämpfen wollen.

Da fällt es sehr schwer, der Parole von dem "humanitären Noteinsatz" Glaubwürdigkeit zu entlocken. Kann man eine Bevölkerung unterstützen, indem man gleichzeitig eine andere zerstört??

Wie kann es den imperialistischen Staaten, insbesondere der USA, um Menschenrechte gehen und das Recht auf Selbstbestimung für die kosovo-albanische Bevölkerung, wenn sie gerade diese Prinzipien bei anderen Ländern mit Füßen tritt und seit Jahrzehnten verbrecherische und diktatorische Regimes in aller Welt unterstützt?! (Pinochet, türkische Generäle, Suharto, Saddam Hussein).

Terrorregimes in aller Welt erfreuen sich noch heute der Gunst jener Staaten, die sich jetzt auf dem BALKAN als HÜTER der MENSCHLICHKEIT aufspielen. (während sie von Menschenrechten im Kosovo reden, beliefern sie das türkische Militärregime mit modernstem Kriegsgerät für die Massaker an der kurdischen Bevölkerung).

ALSO WORUM GEHT ES?

Durch Gefügigmachen Serbiens wird ein abhängiger Vasallenstaat installiert, der Aktionsradius der NATO auf dem Balkan erhöht, strategisch-militärisch wichtige Punkte erobert. Der Preis für das Kontrollstreben und die Machtgier der verantwortlichen Machtinhaber (Sowohl Milosevic als auch USA) sind Menschenleben, unzähliges Leid, eine ökologische sowie wirtschaftliche Katastrophe.

Nach serbischen Informationen betragen die bisherigen materiellen Schäden 200 Mia DM. Umgerechnt auf die 10 Mio EinwohnerInnen entspricht das einer Summe von ca. 80.000 DM für eine 4-köpfige Familie. (Berücksichtigt man das um 10-fache geringere Bruttosozialprodukt, entspricht die Größenordnung etwa 800.000 DM. Nicht erwähnt sind hier die 1000de von Arbeitslosen, die nach der Zerstörung ihrer Betriebe auf der Strasse stehen.)

Die Umweltkatastrophe nimmt entsprechnend zu: Um nur ein Beispiel zu nennen: Nach der Bombardierung der chem. Fabrik im Industriegebiet von Belgrad, Pancevo, wurde die 7.600-fache Konzentration der freigesetzten krebserregenden Substanzen (PVC/Venyl Chlorid Monomer) gemessen. Die Zerstörung des ökologischen Lebensraums nimt durch die Verwendung von uran-haltigen Waffen unkontrollierbare Ausmaße an.

Die Folgen in allen Bereichen werden noch Jahrzehnte nach dem Krieg bleiben (Armut, Inflation, Krankheiten) und auch andere europäische Staaten belasten.

Dieser Vernichtungskrieg ist keine LÖSUNG für die komplexe Problematik des KOSOVO. Unter der Zivilbevölkerung gibt es keine Gewinner sondern nur VERLIERER. Die nationalistischen Kräfte und Haß werden auf beiden Seiten gestärkt. Die Nachbarstaaten sind bereits in den Krieg hineingezogen (Makedonien, Albanien, Ungarn, Bulgarien) und durch die massiven Flüchtlingswellen stark in Anspruch genommen. Der ganze Balkan wird in Brand gesetzt, Kosovo verwüstet. Eine Rückkehr der Flüchtlinge in ein zerbombtes, niedergebranntes und verseuchtes Land ist eine ILLUSION.

Alle Gewalt muß sofort gestoppt werden!.

Die fatalen Irrtümer der Weltgemeinschaft im Umgang mit BR-Yu dürfen nicht weiter fortgesetzt werden. Neue Irrtümer führen zu einer noch stärkeren Verhärtung der Gesamtsituation und bringen uns ab von der Suche nach einer friedlichen Lösung.

WIR APPELLIEREN an alle VERANTWORTLICHEN:

Präsident Milosevic, die Repräsentanten der Kosovo-Albaner, die NATO, die Führer der EU-Gemeinschaft und der USA:

ALLE GEWALT UND MILITÄRISCHEN AKTIVITÄTEN SOFORT ZU STOPPEN UND SICH FÜR DIE SUCHE NACH EINER POLITISCHEN LÖSUNG EINZUSETZEN.

DIE GEGENSEITIGEN VORSCHLÄGE MÜSSEN MIT ERNSTHAFTIGKEIT UND EHRLICHKEIT GEPRÜFT UND DISKUTIERT WERDEN UND EINE LÖSUNG GEFUNDEN WERDEN; WELCHE DIE BETROFENEN INTERESSEN REALISTISCH BERÜCKSICHTIGT:

NIEMAND KANN GLAUBWÜRDIG BEHAUPTEN: der Kosovo-Konflikt wäre nur mit Morden und Blut zu lösen!

DIE BLINDE ZERSTÖRUNGSWUT MUSS EIN ENDE HABEN:

GEBT DEM FRIEDEN EINE CHANCE; damit das DESASTER AUFHÖRT und keine TOTEN mehr, keine VERSTÜMMELUNG, keine verwaisten Kinder mehr, ratlose Eltern unv ergrämte Soldatenmütter im Namen der Humanität zurückbleiben!!

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